Xilica im Praxistest: Konsequente CAT-Konnektivität
von Dominik Roenneke, Artikel aus dem Archiv vom
Xilica bietet ein modulares Conferencing-System, das sehr flexibel mit Fremd-Hardware kombinierbar ist. Fester Bestandteil im Portfolio sind auch Bundles mit Partnern.
2002 wurde das Unternehmen Xilica in Toronto, Kanada gegründet. Seine Produkte basierten auf DSPs (Digital Sound Processor) z.B. für Retail-Anwendungen in Kaufhäusern. Ab Mitte 2020 wechselte Xilica auf Produkte speziell für Konferenzraum-Installationen. Ein Blick auf die aktuellen Angebote weist nur 17 verschiedene Artikel aus, die frei kombiniert und mit Tools anderer Hersteller für Konferenzraum-Lösungen ergänzt werden können. Kernstück der Xilica-Geräte sind zwei Prozessoren mit unterschiedlicher Anzahl an Steckplätzen für die jeweilige Aufgabenstellung. Diese werden über Steckkarten mit unterschiedlichen Schnittstellen und Konnektivitäten abgedeckt.
Xilica Solaro FR1 (Full Rack) ist als 19″-Gehäuse mit einer HE ausgeführt. Über Netzwerk angebunden kann es problemlos in zentral gelegenen 19″-Schränken installiert werden. Mit dem Solaro FR1 können Anwendungen mit hoher Kanalanzahl und verteilten Anwendungen bedient werden. Die Anzahl der Steckplätze liegt bei 16 individuell bestückbaren Slots. So kann der Prozessor beispielsweise 64 × 64 Dante-Kanäle unterstützen. In vielen Installationen reicht dagegen der Processor Xilica Solaro QR1 (Quarter Rack) aus, um die Funktionen der Konferenzumgebungen abzudecken. Der Solaro QR1 verfügt über acht individuell bestückbare I/O-Slots. Damit ist es möglich, bis zu 16 unabhängige Beschallungsbereiche zu betreiben. In einem Kaufhaus könnten so z.B. bis zu 16 Abteilungen völlig unabhängig voneinander mit Audiosignalen versorgt werden. Der Solaro QR1 kann beispielsweise unter einem Tisch, hinter einem Display oder in einer Zwischendecke montiert werden.
Die beiden Prozessoren können die typischen Anforderungen in Video-Konferenzräumen abdecken: BYOM (Bring your own Meeting) z.B. auch in Zoom- oder MTR-Umgebungen, volle Audio-Kontrolle über Deckenmikrofone, PTZ-Kameras und Lautsprecher, Raum- und Mediensteuerung sowie Wandeingabe-Module oder Touch-Displays.
Um eine typische Arbeitsumgebung zu simulieren, haben wir den Prozessor Solaro QR1-UC verwendet. In die Umgebung wurden ergänzend aufgenommen: das Deckenmikrofon Sennheiser TeamConnect Ceiling 2, die PTZ-Kamera Lumens VC-TR40, als Lautsprechersystem Xilica Sonia C5 mit dem Verstärker Xilica Sonia Amp, der Touchscreen Xilica XTouch, ein Xilica Lucia zur vereinfachten Steuerung mit Display und Drehregler sowie als „Netzwerk-Endpunkt“ Xilica Gio Bluetooth. Zur Vollständigkeit noch der Hinweis, dass im Xilica-System ein Endpunkt Xilica Gio USB mit Dante-Integration existiert, der in der Testumgebung allerdings nicht zum Einsatz kam. Laut Hersteller schließt dieser USB-zu-Dante-Endpunkt die „Lücke zwischen IT und AV“ für BYOM (Bring your own Meeting), indem er Laptops und UC-Geräte in das installierte Netzwerk einbindet. Dazu ein Best Case: in einem größeren Konferenzzentrum verwaltet ein einziger Solaro FR1-D zentral rund 50 Räume. Ergänzend ist in jedem der Räume ein Xilica Gio USB montiert, über dessen USB-Schnittstelle die BYOM -Funktion zur Verfügung steht, zum Beispiel für MTR (Microsoft Teams Rooms).
Der Prozessor Solaro QR1 als DSP ist ausschließlich via Netzwerk an seine Peripherie angebunden. Weitere Kabelverbindungen sind nicht nötig. Alle Xilica-Komponenten inkl. der Endpunkte werden dabei über PoE (Power over Ethernet) mit Strom versorgt, den die Netzwerk-Switche liefern.
Um die Anforderungen einer kleineren Konferenzraumsituation zu erfüllen, ist der Solaro QR1 in einer Ausführung mit USB-Schnittstelle (Solaro QR1 UC) beispielsweise unter dem Tisch installiert und ermöglicht BYOM mit MTR. Hierbei werden im Solaro QR1 zwei der acht Steckplätze für die bidirektionale USB-Schnittstelle benötigt. In dieser Version ist eine AEC-Lizenz (Echo Cancelling) im Preis bereits enthalten. Parallel lassen sich weitere Audiokomponenten, insbesondere auch von Fremdherstellern integrieren, wozu die I/O-Slots individuell bestückt werden können. Hierbei ist darauf zu achten, dass die erworbenen Steckkarten die aktuelle Firmware aufgespielt haben. Somit kann der modulare Solaro QR1 für alle Installationssituationen vorbereitet werden. Das umfasst auch Steuerfunktionen für den Raum und die Medientechnik. Unter Einsatz von Barco ClickShare kann die BYOM-Nutzung im Raum auch drahtlos erfolgen, indem der Barco ClickShare-Empfänger direkt mit der USB-Schnittstelle des Solaro QR1 verbunden wird.
Für die Beschallung des Testraumes kamen die Deckenlautsprecher Xilica Sonia C5 zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um ein passives Zwei-Wege-Bassreflex-System mit 5,25″-Tieftöner. Auch die Lautsprecher werden via CATx-RJ45-Stecker angebunden, und zwar an den Sonia Amp. Bei flüchtiger Betrachtung dieses Verstärkers besteht die leichte Verwechselungsgefahr mit einem Netzwerk-Switch, da ja nur die RJ45-Anschlüsse vorhanden sind. Bei näherer Betrachtung sind vier der Anschlüsse tatsächlich die Audioanbindung von bis zu acht Lautsprechern mit der Bezeichnung „Sonia Speakers“ Dies geschieht unter Bündelung der Adern des CATx-Kabels zur einwandfreien 15- oder 30-W-Versorgung von ein oder zwei Lautsprechern pro RJ45-Anschluss). Hierbei handelt es sich also tatsächlich um die analoge Ansteuerung über ein Netzwerkkabel. Neben diesen vier Lautsprecheranschlüssen verfügt der Verstärker auch noch über einen für PoE+ spezifizierten Eingang und eine weitere Netzwerkanbindung z.B. für ein Deckenmikrofon, wie im Testaufbau ausgeführt.
Anwender dürften sich sofort verwundert Sorgen über die Verwechselbarkeit der unterschiedlich spezifizierten RJ45-Anschlüsse machen. Doch der Hersteller verfolgt damit ganz konsequent den Ansatz, dass in Festinstallationen nur CATx-Kabel verlegt werden müssen, was den Installationsaufwand verringert. Vor diesem Hintergrund betrachtet besteht tatsächlich kein Zerstörungsrisiko bei Verwechselung, da das Gerät ohne die PoE-Anbindung stromfrei bleibt, falls ein Lautsprecher versehentlich, aber folgenlos, an den Netzwerkanschluss aufgeschaltet wird.
Was beim AV-Planer/Integrator möglicherweise auf Ablehnung stößt, könnte bei einer IT-orientierten Planung sicherlich als Vorteil wahrgenommen werden. Tatsächlich sorgt diese Lösung für zwei bis acht Lautsprecher mit einem einzigen „zentralisierten“ Verstärker mit Dante-Input auch den Hardware-Aufwand erheblich.
Das Deckenmikrofon Sennheiser TeamConnect Ceiling 2 ist im Testaufbau via Netzwerk-Anbindung mit dem Solaro QR1-UC verbunden. Dieser kann mithilfe eines kostenlosen Treibers die Winkeldaten des Sennheiser TCC2 auslesen und über Presets einen Kameraausschnitt der Lumens PTZ Kamera realisieren. Aktuell unterstützt der Solaro QR1-UC diese Funktion nur mit dem Sennheiser TCC2, weitere Modelle sollen folgen. Aver und Lumens sind als Kamerahersteller bereits in der Treiberauswahl aufgelistet.
Die Sprachverständlichkeit in der Testumgebung war einwandfrei und der umhergehende Sprecher war von der Gegenstelle her gut zu verstehen.
Zur Steuerung wurde zwei Geräte an den Start gebracht: der Touchscreen „XTouch“ und „Lucia“, eine vernetzte Wandfernbedienung mit versenkbarem Drehregler und OLED-Display. Letztere bietet eine eher minimalistische Steuermöglichkeit, leicht bedienbar und auf das Wesentliche begrenzt, in kleineren Räumen in die Wand oder den Tisch eingelassen.
Mit dem Gio Bluetooth-Endpunkt, ebenfalls für den festen Einbau konzipiert, können sich die Anwender im Raum per Bluetooth in die Audioanlage „einwählen“. Die Konfiguration erlaubt dabei einen einfachen Audio-Input z.B. über ein Smartphone oder auch eine bidirektionale Anbindung, so dass wie mit einer Freisprecheinrichtung gearbeitet werden kann.
Mit dem Xilica Designer werden die aktiven Komponenten des Gesamtsystems konfiguriert und überwacht. Er läuft als eigenständige Software auf Windows- und Mac-Systemen und wird mit den Xilica-Komponenten via Netzwerk verbunden. Nach Projekt-Fertigstellung wird die Software in den DSP-Prozessor geladen und der PC wird für den Betrieb nicht mehr benötigt. Die Software kann unkompliziert von der Homepage des Herstellers heruntergeladen werden. Nach Installation und Start mit Sprachauswahl (u.a. deutsche Version) bietet die Software im „Device Firmware Manager“ Downloads an. Hier kann die Firmware einer jeden Xilica-Komponente individuell aktualisiert oder der Download aller Firmware-Komponenten heruntergeladen werden. Letzteres ist recht umfangreich und benötigt einen Moment, daher kann eine gezielte Auswahl ggf. sinnvoll sein. Im nächsten Schritt kann der Anwender ein neues Projekt anlegen. Der Designer verfügt dabei über drei grundsätzliche Ansichtsformen: Project View, Netzwerk View und die Dante-Ansicht.
In der Software werden Geräte ausgewählt, die Signalverarbeitung angelegt und geroutet. Die Steuerung für eventuelle User Interfaces wird hier ebenfalls angelegt und die individuelle Kontrolle von angebundener Medientechnik programmiert.
Unter Netzwerk View werden die im Netzwerk aktiv verbundenen Geräte angezeigt. Den lokalisierten Devices werden zunächst die MAC- und IP-Adressen zugewiesen. Befinden sich z.B. zwei Deckenmikrofone in einer Anwendung, haben diese zwar jeweils eine MAC-Adresse, aber zwei IP-Adressen: Dante-IP und Netzwerk-IP. Insgesamt sind das dann vier IP-Adressen, die verknüpft werden müssen.
Weiterhin wird für den DSP Xilica QR1 konfiguriert, wie die Steckkartenzuordnung aussieht, z.B. mit Funktionen wie analogem Audio In- und Output oder auch mit GPIO-Ausgang.
Unter Project im „Design Modus“ werden die Verknüpfungen der Geräte definiert, die Zuordnung der Ein- und Ausgänge strukturiert. Damit die Arbeit mit dem Designer schnell und effizient verläuft, stehen verschiedene Hersteller-Templates zur Verfügung, mit denen die Zuordnung und Konfiguration deutlich vereinfacht wird. Diese können bearbeitet und angepasst werden. So ist ein effizientes Konfigurieren für den Integrator, bzw. IT-Spezialisten möglich.
Für eine Vielzahl an verfügbaren Geräten auf dem Markt stehen „Designs“ zur Verfügung, die aus der Liste „Komponenten Bibliothek“, nach Herstellernamen sortiert, auswählbar sind. Diese Liste wird vom Hersteller ständig erweitert. Ein Bespiel dazu ist die im Test verwendete PTZ-Tracking-Kamera Lumens VC-TR 40 für die das Tracking im System in Abhängigkeit des „Beam-Winkels“ des Deckenmikrofons mit verschiedenen raumabhängigen Presets angelegt werden kann.
Das Sound Processing mit allen benötigten Komponenten wird im Anschluss definiert. Im Routing wird der Audio-Input festgelegt, der wiederum für das Signal Processing nach „Near End“ und „Far End“ führt. In der Testumgebung wurden dazu im Near End ein Xilica HearClear, ein HighPass Filter, ein Mic Audio Compressor und ein Parametric Equalizer angelegt, wie auch die Funktion „Mic Mute“, die über die Steuerungsmöglichkeiten bedient werden kann. Diese Struktur führt unter Verwendung von Echo Cancelling zu einer möglichst hohen Sprachverständlichkeit und der Möglichkeit, das Deckenmikrofon stumm zu schalten.
In der Ansicht „Dante“ unter „Dante Transmitters/Senders“ ist für den Anwender die Dante-Matrix mit dem aktiven Routing zu sehen, die der Xilica Designer automatisch anlegt und darstellt.
Wie bereits erwähnt, lassen sich mit Xilica auch klassische Mediensteuerungen programmieren und ausführen. In unserer Testumgebung ist das beispielsweise eine Steuerung, die auf dem Xilica XTouch für die Nutzer eines Konferenzraumes zur Verfügung stehen könnte. Mit dieser kann per Touch nicht nur die Steuerung der PTZ-Kamera übernommen werden und diese in gewünschte Positionen ausgerichtet werden, sondern auch die Audiokontrolle über das Deckenmikrofon und die Lautsprecheranlage übernommen werden, inklusive Mute-Funktionen. Externe Medientechnik kann aus dem Xilica Designer heraus programmiert werden. Die Steuerung erfolgt dann entweder über die im Xilica Solera QR1 „gesteckten“ GPIO-Schnittstellen, oder auch über das Netzwerk. Als Beispiel dient hier die Steuerung eines Projektors im Konferenzraum, der von den Anwendern ein- und ausgeschaltet werden können soll. Die Funktion wird als Modul mit TCP Client angelegt mit definierter IP-Adresse. Ein Doppelklick auf das grafische Modul und es können die gewünschten Steuerbefehle editiert werden. Sie werden mit Steuer-Strings (Befehlssequenzen) für die auszuführenden Funktion hinterlegt.
Dazu ist im Xilica Designer, „Driver Design Mode“, der „Lua Script Editor“ vorhanden. Lua ist eine leistungsfähige Script-Sprache mit einfacher Syntax. Somit können im Designer gerätespezifische Treiber geschrieben werden. Allerdings stehen auch bereits programmierte Treiber zur Verfügung, wie zum Beispiel für Sennheiser.
Im Testaufbau konnte bereits nachvollzogen werden, wie modular die Xilica-Produkte verwendet werden können. Das erleichtert die Integration eines DSP-Systems mit raumabhängiger Audio-/Video-Anbindung in einem hohen Maße. Bei der Audioausgabe setzt Xilica auf seine Deckenlautsprecher, die sich ebenfalls raumabhängig und dezentral „in der Fläche“ installieren lassen. Der Vorteil ist, z.B. in mittleren und großen Räumen, dass sich die Sprachverständlichkeit bei gleichmäßiger Lautstärke über den ganzen Raum einrichten lässt, ebenfalls ausschließlich mit CAT-Leitungen angebunden. Gleichzeitig ist der Deckeneinbau sehr einfach bis hin zum Sonia Amp, der an einen der Lautsprecher angeschraubt, ebenfalls in der Decke positioniert wird. Von dort aus werden die anhängenden Lautsprecher versorgt.
Bei den Xilica Sonia C5 Lautsprechern steht das Sprachverständnis im Vordergrund, womit es sich beispielsweise im Bildungsbereich in Seminarräumen oder auch in Hörsälen, wie auch in Gerichtssälen anbietet. Dabei können die Beschallungsszenarien im laufenden Betrieb angepasst werden, wenn beispielsweise Räume nicht nur in ihrer Gesamtheit, sondern mittels Raumtrennern abgeteilt werden. Die unterschiedlichen Szenarien können im Designer angelegt werden. Der Szenenaufruf erfolgt dann beispielsweise über das XTouch oder andere Eingabegeräte. Über die Xilica Prozessoren lassen sich weiterhin Sprachalarmierungssysteme anbinden.
Xilica kommt mit 17 verschiedenen Produkten im Portfolio aus. Das ist ausreichend, um die Fülle an möglichen Szenarien unter Anwendung von DSPs und zu kontrollierender AV-Technik in mittleren oder auch großen Video-Konferenzräumen oder in Seminarräumen jeder Größe bis hin zu Hörsälen abzudecken. Richtig, bei manchen Komponenten hat der Kunde zu schwarz bzw. weiß ausgeführten Produkten keine Alternative, aber die Modularität schafft eine vorteilhafte und passende Hardware-Konfiguration, die in der Folge im Vergleich sehr kosteneffektiv ist. Und die Konnektivitäten sind für Installationssituationen ebenfalls sehr effizient einfach auf CAT-Anbindungen ausgelegt: Alles, aber mit nur einem Kabeltyp, und zwar via standardisiertem CATx ist das Motto des Herstellers. Und wo wegen gewünschter Anbindung von Third Party-Hardware andere Konnektivitäten benötigt werden, kann diese über die Wahl der passenden Steckkarten abgedeckt werden.
Auf Rückfrage wird das Portfolio um Neuentwicklungen bei den Produkten erweitert. Softwareseitig stellt Xilica immer weitere Treiber und Templates zur Verfügung, was die Handhabung bei Konfiguration und Programmierung vereinfacht. So konzipiert, spricht die Xilica-Technik nicht nur Planer und Integratoren an, sondern adressiert auch ganz klar die IT-Welt: mit einem modularen und materialeffizienten System.
Das kanadische Unternehmen wurde 2002 in Toronto gegründet und bietet Audio-DSP-Systeme speziell für Konferenzraum-Installationen und für den Bildungsbereich an. In der DACH-Region werden die Xilica-Produkte exklusiv von Exertis AV aus Uhingen distribuiert.