Networked Power Amplifier Blustream NPA100DA im Test
von Anselm Goertz, Artikel aus dem Archiv vom
Der auf Audio- und Video-Distributionssysteme spezialisierte australische Hersteller Blustream bietet mit den „Networked Power Amplifier“-Modellen 100DA und 70DA zwei Verstärker an, die für den Einsatz in vernetzter Gebäudetechnik optimiert sind und Signale sowohl aus dem Netzwerk via Dante wie auch lokal in verschiedenen Formaten entgegennehmen können. Mit 100 oder 70 W Verstärkerleistung können niederohmige Lautsprecher ebenso wie 100V-Systeme versorgt werden. Die Stromversorgung erfolgt über ein externes Netzteil oder – ganz im Trend der Zeit – mit PoE. Das alles klingt verlockend und erweckt das Bedürfnis, mehr über die NPA-Geräte zu erfahren.
Seit der Gründung 2014 in Melbourne beschäftigt man sich bei Blustream schwerpunktmäßig mit Video- und Netzwerktechnik. Da zum Video meist auch Audio gehört und in den letzten Jahren alles inklusive der Netzwerke als Transportmedium zusammenwächst, hat man sich bei Blustream konsequenterweise auch der Audio-Integration und Distribution zugewandt. Im Rahmen dessen fiel im Jahre 2020 auch die Entscheidung, Lizenznehmer bei Audinate für das Dante-Netzwerk zu werden. Neben diversen Dante-Breakout-Boxen und anderen Audio-Tools entstanden so auch die beiden NPA-Verstärker. Das auch von der Ausgangsleistung mit 2 × 35 W etwas kleinere Modell NPA70DA empfängt seine Eingangssignale ausschließlich über das Dante-Netzwerk, wogegen der hier vorgestellte NPA100DA auch am Gerät selbst noch Eingänge für analoge Line-Pegel-Signale, für ein Mikrofon, für HDMI-Signale und für S/PDIF optisch hat. Die Idee dahinter ist es, sowohl über das Netzwerk-Signale empfangen zu können wie auch die Möglichkeit der Einspielung lokaler Quellen zu bieten.
Der NPA100DA ist dazu auf der Frontseite mit einigen beleuchteten Tastern ausgestattet, welche die Auswahl der Quellen und auch die Pegeleinstellung direkt am Gerät ermöglichen. Falls gewünscht, kann die Bedienung am Gerät auch gesperrt werden, so dass die Taster dann nur noch als Anzeige agieren, welcher Eingang ausgewählt ist. Der komplette Funktionsumfang des Gerätes ist in einer auf dem Gerät gespeicherten Web-GUI abgelegt, die über jeden Browser von einem beliebigen netzwerkfähigen Gerät aufgerufen werden kann, vorausgesetzt der NPA ist mit einem Netzwerk verbunden. Bevor wir die Web-GUI genauer anschauen, gilt es zunächst noch einen Blick auf die Rückseite des NPA zu werfen, die oft mehr über die Funktion eines Gerätes aussagt als die Vorderseite.
Hier finden sich die Eingänge für Line-Pegel L/R und Mikrofon mit Phoenix-Anschlüssen, ein HDMI-Eingang, ein optischer Eingang und die Netzwerkbuchse für das Dante-Interface. Direkt darunter ist noch eine zweite Netzwerkbuchse mit der Bezeichnung TCP/IP angeordnet, die dann zum Einsatz kommt, wenn ein anderes Netzwerk als das Dante-Netz für die Konfiguration und Bedienung des Gerätes genutzt werden soll. Ob diese Buchse aktiv ist oder alles über den Dante-Port läuft, kann über den dazugehörigen kleinen Schalter ausgewählt werden. Der im normalen Betrieb nicht notwendige direkte Zugriff auf den NPA mithilfe eines Terminalprogramms geht jedoch nur über den TCP/IP-Anschluss. Weitere Control-Anschlüsse, ebenfalls auf Phoenix-Buchsen, sind ein RS-232-Interface, ein Trigger-Eingang zum Einschalten des Gerätes und ein Anschluss für einen mitgelieferten IR-Empfänger, der abgesetzt vom NPA platziert werden kann. Die zugehörige Fernbedienung gehört ebenfalls zum Lieferumfang. Auf etwas größeren Phoenix-Anschlüssen befinden sich die Lautsprecher-Ausgänge.
Die interne Stereo-Endstufe kann im Low-Z-Modus für 4-Ω- oder 8-Ω-Lasten zweikanalig oder in Brücke einkanalig genutzt werden. Auf separaten Anschlüssen gibt es Darüber hinaus nur einkanalige Ausgänge für 70V- oder 100V-Systeme. Die Betriebsart der Endstufen wird über einen Schiebeschalter auf der Rückseite ausgewählt. Neben der Endstufe als Signalausgang für Lautsprecher steht das Signal auch noch zweikanalig – plus einem Ausgang für einen Subwoofer mit Line-Pegel – auf symmetrischen Ausgängen zur Verfügung.
Einen 230V-Netzanschluss sucht man am NPA vergebens. Die Stromversorgung kann entweder über das mitgelieferte Netzteil 36V/5,5A erfolgen oder mit PoE in der „PoE++ Type 4“-Version, dann allerdings mit etwas verminderter Ausgangsleistung im Vergleich zur Stromversorgung über das Netzteil.
Die Bedienoberfläche des NPA ist im Gerät als Web-GUI gespeichert und kann über die IP-Adresse direkt aufgerufen werden. Die IP kann fest oder über DHCP vergeben sein. Alternativ kann der Aufruf auch über den mDNS-Dienst mit npa100da.local erfolgen. Beim ersten Start erfordert die GUI einen Login mittels Passwort „1234“, welches dann als Admin-Passwort geändert werden muss. Ohne neues Passwort, da ist der NPA unnachgiebig, geht es an dieser Stelle nicht weiter.
Nach dem Login zeigt die Oberfläche neben den üblichen Systemeinstellungen eine Input- und eine Output-Seite, auf denen die Ein- bzw. Ausgänge konfiguriert werden können. Die Input-Seite in Abb. 1 zeigt die vier Eingänge Dante, Optisch, HDMI und Line sowie den Mono-Mikrofoneingang. Für jeden Eingang kann der Pegel eingestellt und ein Mute ausgewählt werden. Es kann aber immer nur ein Eingang aktiv sein; es handelt sich daher nicht, wie man auf den ersten Blick meinen könnte, um einen Mischer. Etwas unglücklich ist an dieser Stelle auch die Beschriftung an den Fadern in Prozent geraten, wo dB-Werte doch eingänglicher und auch üblicher wären. Der etwas nach unten abgesetzte Mikrofoneingang kann mit Mic Only wie jeder andere Kanal auch solo genutzt oder mit einem Ducker über den gerade aktiven Kanal gelegt werden. Der Ducker kann in seiner Wirkung und Sensitivity eingestellt werden. Ebenfalls im Mikrofonweg befindet sich auch noch eine Anti-Feedback-Funktion, deren Arbeitsweise nicht so genau nachvollziehbar war. Ebenfalls nur für den Mikrofonweg gibt es dann noch einen kleinen EQ mit drei Filtern fester Frequenz und fester Güte, wie in Abb. 7 dargestellt.
Wendet man sich der Output-Seite zu, dann finden sich hier die drei Ausgänge des NPA mit Line, Dante und AMP. Diese können parallel betrieben und separat eingestellt werden. Dazu verfügt jeder Ausgang über individuelle Fader, Mute, Delay (0-50 ms) und Phase-invers-Funktionen sowie einen grafischen 31-Band-EQ mit zwei Custom-Ebenen. Der oben auf der Oberfläche angeordnete Master-Fader beeinflusst alle Ausgänge.
Arbeitet man mit Admin-Rechten in der GUI, dann können von hier aus User-Accounts und auch ein Gast-Account (ohne Passwort) angelegt und mit individuellen Rechten versehen werden. Neben der GUI auf dem Gerät können alle Funktionen auch via Telnet-Protokoll über das Netzwerk oder über die RS-232-Schnittstelle bedient werden.
Bei den Messungen zum NPA100DA ging es zunächst um einfache Werte für den Frequenzgang und das Gain. Abb.. 3 zeigt dazu Messungen jeweils vom Line Input mit der Fader-Einstellung bei 100 % zum Ausgang der Endstufe. Das Gain der Endstufe ist dabei anhängig vom gewählten Betriebszustand Low-Z oder 70/100V. Der Frequenzgang ist in allen Fällen für den gesamten dargestellten Frequenzbereich von 20 Hz bis 20 kHz makellos gerade.
Die zweite Messung zum Thema Frequenzgang und Gain in Abb. 4 wurde an den Line-Ausgängen mit Signaleinspeisung am Line- oder Mikrofoneingang erfasst. Von Line zu Line beträgt die Verstärkung erwartungsgemäß 0 dB. Benutzt man den Mikrofoneingang, dann wird das Signal um 20 dB verstärkt. Der zusätzliche Subwoofer-Ausgang verfügt über ein Tiefpassfilter 3. Ordnung mit einer Eckfrequenz von 110 Hz.
Auf der Front des NPA befindet sich noch ein kleiner, bislang noch nicht beachteter Trimmer, mit dem das Gain des Mikrofoneingangs um ±10 dB verändert werden kann. In der 0-dB-Einstellung beträgt das Gain +20 dB, das sich somit von 10 dB bis 30 dB variieren lässt. Die Einstellung greift jedoch auf der digitalen Seite und ist kein echtes Preamp Gain, wie man es sonst kennt. Wie die Kurven in Abb. 5 erkennen lassen, verändert sich die Clip-Grenze für den Mikrofonweg nicht und befindet sich unabhängig von der Stellung des Trimmers bei –26 dBu. Ebenfalls aus Abb. 5 lässt sich die Clip-Grenze der Line-Eingänge bei +4 dBu ablesen. In der Fader-Einstellung 100 % für den Amp-Kanal lässt sich damit die Endstufe in jedem Fall voll aussteuern.
Der an den Line-Ausgängen zu messende Störpegel beträgt je nach gewähltem Eingang bei den digitalen Eingängen 92,6 dBu, bei Nutzung der Line-Eingänge –84,2 dBu und für den Mikrofoneingang –80,4 dBu, die jeweils in Relation zum maximalen Ausgangspegel von +4 dBu stehen. Misst man an den Ausgängen der Endstufen, dann beträgt der Störpegel dort im 8-Ω-Low-Z-Modus –52 dBu, woraus ein Störabstand von 80 dB resultiert. Würde man an diesen Ausgang einen Lautsprecher mit einer Sensitivity von 85 dB 1W/1m anschließen, dann würde das in 1 m Abstand einen Störpegel von 22 dB bedeuten. Ein solcher Wert ist für typische Anwendung in Schulungsräumen, Gastronomie oder Konferenzzentren unproblematisch. Verwendet man nur die digitalen Eingänge, dann reduziert sich der Störpegel um weitere 8-9 dB.
An dieser Stelle folgt ein kleiner Exkurs zum Thema Filter, der vor allem auf die richtige Nutzung der grafischen EQs in den Ausgängen hinweisen soll.
Zunächst aber ein kurzer Blick auf den einfachen EQ im Mikrofoneingang. Drei Filter sind für die Bearbeitung eines Mikrokanals fast immer hinreichend. Hier besteht jedoch ein Problem in den fest definierten Frequenzen der Filter, die bei 250 Hz, 1,25 kHz und 6,3 kHz liegen, und der ebenfalls unveränderlichen Güte bzw. Bandbreite. Das untere Filter wäre bei 150 Hz und mit einer größeren Bandbreite praxisgerechter. Für die beiden anderen wäre zumindest eine größere Bandbreite wünschenswert. Für noch mehr Flexibilität hätte man sich an dieser Stelle drei voll parametrische Filter gewünscht, die in der Umsetzung auch nicht mehr Rechenleistung beansprucht hätten. Ein großer Vorteil an dieser Stelle ist es, dass fast alles und vor allem auch die Filterparameter nur Software sind. Falls man nun als Hersteller etwas ändern möchte, dann lässt sich das relativ einfach mit einem Firmware-Update durchführen.
Kommen wir zu den grafischen Terzband-EQs in den Ausgangswegen, dann kann man auch hier ein wenig kritisch sein. Grafische EQs haben ebenfalls das Problem, wenig flexibel zu sein, und bieten nicht die Möglichkeiten vollparametrischer Filter, von denen meist schon einige Wege ausreichen, um zu einem vergleichbaren oder sogar besser passenden Ergebnis zu gelangen. Auf der anderen Seite ist ein parametrisches Filter für unerfahrene Nutzer schwieriger einzustellen. Ein grafischer EQ dagegen zeigt schon anhand der Fader-Einstellung die Filterfunktion an, so könnte man denken.
Zwei Dinge sind dabei jedoch zu beachten. Erstens die relativ harmlose Eigenschaft digitaler Filter, die nicht im Kurvenverlauf kompensiert sind, die Filterkurve bei Annäherung an die halbe Abtastrate (24 kHz) zu stauchen. Abb. 8 zeigt den Effekt, wo zunächst bei tieferen Frequenzen alle Filter den gleichen Kurvenverlauf aufweisen, nur Mittenfrequenzen ändern sich. Ab 10 kHz aufwärts werden die Kurven dann jedoch auch optisch sichtbar gestaucht. Ob das bei Frequenzen von 10 kHz aufwärts bei einer typischen Anwendung für den NPA noch relevant ist, sei einmal dahingestellt.
Das zweite Problem grafischer Filter ist prinzipbedingt und täuscht den Anwender bezüglich der Filterkurve. Zieht man einen Block-Filter hoch oder runter und denkt, dass man damit den betroffenen Frequenzbereich um den eingestellten Wert anhebt oder absenkt, dann ist das in den meisten Fällen nicht so, sondern viel ausgeprägter. Abb. 9 zeigt dazu ein Beispiel, wo die Fader von 500 Hz bis 2 kHz im Block bei +10 dB bzw. –10 dB stehen. Durch die starke Überlappung der Filter kommt es jedoch zu einer weitaus größeren Anhebung oder Absenkung, die hier bei ±35 dB anstatt der optisch erwarteten ±10 dB liegen. Das ist nicht den Filtern an sich anzulasten und ist bei vielen grafischen EQs zu beobachten. Kennt man als Anwender das Verhalten, dann weiß man, damit umzugehen.
Drei weitere Messungen befassen sich abschließend noch mit den Endstufen im NPA100DA. Abb. 10 zeigt die THD+N-Werte in Abhängigkeit von der Ausgangsleistung für 8-Ω-Lasten an beiden Ausgängen. Die Messungen erfolgten bei 100 Hz, 1 kHz und 6,3 kHz. In allen drei Messreihen wird die nominelle Ausgangsleistung von 50 W pro Kanal sicher erreicht und sogar etwas übertroffen. Das gilt ebenfalls an 4-Ω-Lasten. Im 70V- bzw. 100V-Modus wurde entsprechend eine Leistung von 100 W stabil erreicht.
Die Verzerrungswerte bei 100 Hz und 1 kHz von ca. –70 dB (0,03 %) sind hinreichend und bedürfen keiner weiteren Diskussion. Bei 6,3 kHz steigt die Kurve auf —50 dB (0,3 %) an, was zwar immer noch unkritisch ist, aber auch besser sein könnte.
Gleiches gilt für das Klirrspektrum in Abb. 11 gemessen bei 1 kHz und 2 × 25 W Ausgangsleistung, wo recht ausgeprägte Verzerrungskomponenten höherer Ordnung zu erkennen sind.
Die letzte Grafik aus Abb. 12 wurde mit einer sehr hohen Abtastrate von 2,5 MHz gemessen, womit auch weit außerhalb des Audiofrequenzbereiches liegende Signale sichtbar gemacht werden können. Im Spektrum erkennt man, ganz typisch für Class-D-Endstufen, bei ca. 220 kHz die Schaltfrequenz und darüber deren ganzzahlige Vielfache. Die Grundwelle und alle höheren Anteile liegen unterhalb von 300 mV, was zum einen für die Funktion der Tiefpassfilter in den Ausgängen der Endstufen spricht, und auch zeigt, dass vom NPA keine HF-Störungen für andere Geräte zu befürchten sind.
Der NPA100DA von Blustream ist ein sehr flexibel einsetzbarer Verstärker für Anwendungen in Konferenz- und Schulungsräumen. Signale können analog, über HDMI oder auch S/PDIF optisch eingespielt werden ebenso wie über das Dante-Netzwerk. Die zur Verfügung stehende Verstärkerleistung mit 2 × 50 W oder 1 × 100 W dürfte für nahezu alle Anwendungen dieser Art mehr als ausreichend sein. Bei Bedarf kann dann sogar noch ein aktiver Subwoofer über den zugehörigen Ausgang angesteuert werden. Gut gelungen und intuitiv verständlich ist auch die WEB GUI zur Einrichtung des NPA100DA, die ganz einfach über jeden Browser zugänglich ist. Für den System Admin besteht zudem die Möglichkeit, User-Profile mit unterschiedlichen Rechten und Möglichkeiten einzurichten, was speziell in Schulen und ähnlichen Einrichtungen ein wichtiger Aspekt sein dürfte.
Die Verarbeitung des NPA ist exzellent, und alles notwendige Zubehör für die Montage und den Betrieb liegt dem Verstärker bei. Etwas Luft nach oben gibt es noch bei den Filterfunktionen und bei einigen Messwerten, was an dieser Stelle aber auch nicht überbewertet werden sollte. Als UVP für den NPA100DA wurde von der PAT GmbH in Gelenhausen 1.502,- € inkl. MwSt. genannt, für die man einen sehr angemessenen Gegenwert erhält.