Echtes Plug&Play: Crestron Air Media 2.0 im Praxistest
von Sven Schuhen, Artikel aus dem Archiv vom
Mehr als 20 drahtlose Präsentationslösungen konnten wir in den vergangenen Jahren testen. Zunehmend boten sie auch Wireless Conferencing an – also die Möglichkeit, an Videokonferenzen teilzunehmen, indem man die Audio- und Videoausstattung des Raumes nutzt, ohne auf Kabel angewiesen zu sein. Obwohl alle diese Produkte als unkomplizierte Plug&Play-Lösungen beworben wurden, ist es Crestron gelungen, eine Lösung auf den Markt zu bringen, die diesen Titel nun wirklich verdient.
Designtechnisch bleibt sich Crestron mit dem AM-3200-WF-I, also der Empfängereinheit, treu. Eine schwarze, kleine Kiste, die wohl eher hinter einem Bildschirm oder in einem Möbel platziert wird, als sichtbar im Raum. Um trotzdem guten Empfang zu gewährleisten, sind zwei abgesetzte Antennen dabei, die dank Klebepads überall positioniert werden können. Auch der Dongle (bei Crestron als Connect Adapter bezeichnet) für den Rechner, der die drahtlose Verbindung zum Display und der restlichen Hardware im Raum herstellt, ist eher schlicht, aber durchaus gefällig gehalten.
Die Basis AM-3200-WF-I ist die derzeit größte Einheit in der AirMedia-Familie und bietet den größten Funktionsumfang. Die beiden kleineren Empfangseinheiten AM-3100-WF-I und AM-3000-WF-I haben ein anderes Design und sollen dadurch auch z.B. unter einem Display im Raum platziert werden können. Die jeweiligen Basiseinheiten werden jeweils solo als auch mit einem oder zwei Dongles angeboten. Außerdem wird die Basis über eine Partnerschaft mit Jabra auch als Kit mit der Videobar PanaCast 50 angeboten. Letzteres konnten wir mit freundlicher Unterstützung von Jabra ebenso testen.
Crestron sieht sein drahtloses Konferenzsystem vor allem natürlich in Konferenzräumen oder in kleineren Huddle Rooms. Aber auch Lounges oder Lobbys sollen mit AirMedia schnell und einfach für Konferenzen, gerne auch spontan, nutzbar gemacht werden. Im Prinzip kann jeder Raum, der bereits mit entsprechender Hardware ausgestattet ist oder über ein mobiles Display bzw. Projektor mit verbundener Audiotechnik ausgestattet ist, adhoc zu einer Wireless-Conferencing-Umgebung transformiert werden. Gerade für Umgebungen wie Lobbys oder Lounges bietet das AirMedia-System die Möglichkeit, auch Digital-Signage-Anwendungen über Appspace laufen zu lassen, um Menschen zu informieren oder zu unterhalten, wenn das System gerade nicht für Präsentationen oder Videokonferenzen genutzt wird. Hier kann über den HDMI-Ausgang bis zu 4K Auflösung auf dem Display dargestellt werden.
Neben der Digital-Signage-Einbindung lassen sich aber auch ein Exchange Server, Google Kalender oder Crestron Fusion für die Ansicht des Raumkalenders und in Verbindung mit einem optionalen Touchscreen auch zur Raumbuchung integrieren.
Sobald ein drahtloser Input über den Connect Adapter, über die AirMedia-Software, -App sowie -Browser-Erweiterung, per Miracast, ChromeCast sowie AirPlay oder auch ein kabelgebundener Input über den HDMI-Eingang (1080p60) erfolgt, schaltet die Basiseinheit sofort auf das entsprechende Signal um. Hierbei können bis zu vier Quellen gleichzeitig im Split-Screen dargestellt werden. Crestron nennt dies „Canvas-Funktion“, bei der automatisch das bestmögliche Layout basierend auf der Anzahl der aktiven Moderatoren, dem Typ der Quellen und deren Seitenverhältnisse generiert wird. Mit der AirMedia-App oder einem optionalen Touchscreen lassen sich die Quellen und deren Position während der Präsentation verwalten.
Für die Verbindung kann die Basiseinheit sowohl ein eigenes WLAN aufbauen oder aber in ein vorhandenes per Kabelverbindung über den Ethernetanschluss eingebunden werden. Im Canvas-Mode wird der Farbraum des HDMI-Eingangs von 4:4:4 auf 4:2:0 begrenzt.
Besonders komfortabel ist die Stromversorgung über PoE (Power over Ethernet), bei der das Gerät direkt über die Netzwerkleitung betrieben wird und kein externes Netzteil notwendig ist.
Das Wireless-Conferencing-Feature sorgt dafür, dass an der AirMedia-Basisstation angeschlossene USB-Geräte wie Kameras, Lautsprechersysteme und Mikrofone über den Connect-Adapter drahtlos so zu Verfügung gestellt werden, als wären sie per USB direkt am Laptop angeschlossen. Und in diesem Fall funktioniert das endlich ganz ohne jegliche zusätzliche Software oder notwendige Treiber völlig nativ im Sinne der Bedeutung von Plug&Play. Hier haben wir die Kolleg:innen in unserem eigenem Büro in letzter Zeit oft genervt, weil das wirklich bei allen unterschiedlichen Modellreihen unserer Firmenlaptops sowohl in Windows und in MacOS ausprobiert sein wollte. Und ausnahmslos bei jedem Rechner hat die Verbindung und die Einbindung der Jabra Panacast50 Videobar über den Connect-Adapter auf Anhieb funktioniert. Bei allen anderen von uns bisher getesteten Lösungen konnte Wireless Conferencing nur genutzt werden, wenn die entsprechende Software bzw. der Treiber auf dem Endgerät installiert war. Gerade bei zentral verwalteten Rechnern ist man hier auf die IT angewiesen, und wenn man als Gast mal schnell irgendwo präsentieren oder gar adhoc an einer Videokonferenz teilnehmen will, funktioniert dies oft nicht.
Zusätzlich zum Connect Adapter lässt sich das Wireless Conferencing Feature aber auch über die AirMedia Software ohne Dongle nutzen. Hier wird dann aber evtl. der eigene IT-Administrator benötigt, um die Software auf dem Firmen-Laptop installieren zu können. Bei Verbindung mit der Software erscheint auf dem Raumdisplay dann ein Code, mit dem die Verbindung aktiviert werden muss.
Der Connect Adapter ist mit Windows 10 und 11 sowie ab MacOS 11 nutzbar. Einzige Voraussetzung für die Bildschirmübertragung ist, dass der USB-C-Anschluss des Endgeräts mit dem DisplayPort Alt-Modus kompatibel sein muss. Offiziell werden MS Teams und Zoom als Konferenzanwendungen unterstützt. Crestron hält auf seiner Webseite eine Liste aller unterstützten USB-Peripheriegeräte bereit, die mit AirMedia genutzt werden können.
Die Übermittlung des eigenen Bildschirminhaltes erfolgt je nach genutzter Verbindungsart mit einer maximalen Auflösung von 4K und 30 Hz Bildwiederholrate. Je nach Auflösung des Raumdisplays erfolgt eine Skalierung des Bildinhaltes.
Laut Crestron soll AirMedia auch besonders sicher sein. Hierzu wird auf Standard-Netzwerksicherheitsprotokolle wie 802.1x-Netzwerkzugriffskontrolle, Active Directory-Authentifizierung und AES-Inhaltsverschlüsselung zum Schutz der Privatsphäre und Einhaltung der IT-Richtlinien des Unternehmens zurückgegriffen. Mit einem zweiten LAN-Anschluss lässt sich die Verwaltung des Gerätes über ein anderes physikalisches Netz realisieren, als für die Nutzer zum Teilen von Inhalten zu Verfügung steht.
In AirMedia sind bereits zahlreiche Funktionen implementiert, die eine intelligente Automatisierung auf Raumebene ermöglichen. Hierzu gehört die Displaysteuerung, Steuerung angeschlossener Geräte sowie Anwesenheitserkennung. Zusätzlich kann AirMedia über die Crestron XiO-Cloud in ein breiteres vernetztes Ökosystem eingebunden werden, um Fernverwaltung und Monitoring zu ermöglichen.
Für die schnelle Kontrolle des Gerätestatus befinden sich zahlreiche LEDs am Gerät. Hier können Stromversorgung, Verbindungsstatus, Netzwerkstatus, Status des HDMI-Signals sowie die erfolgreiche Paarung des Connect Adapters mit dem Empfänger kontrolliert werden. Über eine Reset-Taste lässt sich das Gerät neu starten und über eine Setup-Taste die IP-Adresse anzeigen oder ein neuer Connect-Adapter verbinden.
Falls sich jemand wundern sollte, warum aus bestimmten Quellen kein Bild zu sehen ist: AirMedia unterstützt nicht über alle Verbindungsarten die Übertragung von DRM-verschlüsselten Content, wie er z.B. über Netflix bereitgestellt wird.
Die Basiseinheiten der abgespeckten Versionen AM-3000-WF-I und AM-3100-WF-I verzichten auf einen zweiten Ethernet-Port und den HDMI-Eingang. Ebenfalls fehlen integratorfreundliche, symmetrische Audioausgänge sowie RS-232- und IR-Ports. Auch auf die externen Antennen müssen die beiden Einheiten verzichten. Dafür kommen sie in einem ansprechenden Gehäuse, welches auch auf einem Möbel platziert werden kann.
Das Einstiegsmodell AM-3000-WF-I kommt völlig ohne integrierten Wifi-Access-Point und kann daher nur in Verbindung mit einem externen WLAN oder Corporate Network betrieben werden. Wireless Conferencing wird nicht unterstützt.
Das AirMedia System soll in Zukunft noch weitere Features erhalten. Geplant ist unter anderem eine Connect Adapter-Variante mit einem „Teams-Button“. Wird dieser nach dem Verbinden des Connect Adapters mit dem Notebook betätigt, startet Teams auf dem Notebook des Nutzers und verwendet dabei die Geräte, welche an das Airmedia angeschlossen sind (Kamera, Mikrofon und Lautsprecher). Selbstverständlich kann der Nutzer aber weiterhin unter Nutzung von Wireless Conferencing eigene Konferenzsoftware auf seinem Rechner nutzen. Diese Variante soll nach Aussage von Crestron in Q1 2024 erscheinen.
Hinweis: Das Ende der jeweiligen Produktcodes mit -I referenziert auf die verwendeten Wifi-Kanäle und damit auf die Konformität der nationalen Gesetzgebung. Crestron bietet auch alle Typen mit Wifi ohne das Kürzel -I am Ende, welche dann aber eine Zulassung exklusiv für den nordamerikanischen Markt besitzen.
Man kann es nur noch einmal wiederholen: endlich echtes Plug&Play: Basiseinheit einrichten und ab da nur noch den Connect-Adapter per USB-C mit jedem beliebigen Rechner verbinden – und es läuft. Wie sehr man schon von anderen Systemen gefrustet war, die mal funktionierten und mal nicht oder die besonders bei MacOS immer wieder Probleme hatten. Zumindest mit AirMedia gehört das nun der Vergangenheit an.
Doch natürlich gibt es auch etwas Schatten, wo viel Licht ist. Die Verwaltung von AirMedia im Backend wirkt häufig überladen, ist nicht sehr sexy und oft nicht intuitiv. Da war man selbst als Nerd hin und wieder überfordert. Trotzdem war es wie gewünscht ans Laufen zu bekommen, und die Integration des Systems in die XiO-Cloud begeistert. Selbst an Tagen, in denen man nicht im Büro war, ließen sich remote Updates einspielen und Kollegen vor Ort nerven, doch bitte kurz etwas zu testen. Daher, wenn das Preis/Leistungs-Verhältnis passt, klare Empfehlung für das Crestron AirMedia System in seiner aktuellen Version mit dem Empfänger AM-3100-WF-I oder AM-3200-WF-I (weil es hier ja um Wireless Conferencing geht).