Interview mit Timo Brehme zur Planung von Open Space Offices
Was muss man heute bei der Planung von Großraumbüros beachten?
von Redaktion,
Die Digitalisierung hat zunehmend maßgeblichen Einfluss auf die Strukturen der Arbeitswelt. Viele Unternehmen suchen die Antwort auf die neuen Herausforderungen und auf steigende Kosten in puncto Büroflächen im Bereich von Großraumbüros oder Open Office Spaces. Timo Brehme, Gründer und Geschäftsführer des Münchner Beratungsunternehmen conceptsued°, erläutert im Interview, welche Aspekte bei der Planung von Großraumbüros beachtet werden sollten, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen.
Großraumbüros oder Open Space Offices sind derzeit in aller Munde. Geht es dabei „nur“ um Sparmaßnahmen und die bessere Kontrolle der Mitarbeiter oder wo liegen die Gründe für diese Entwicklung?
Der Begriff „Großraumbüro” ist inzwischen etwas negativ behaftet, da er den eigentlichen Zweck nur ungenügend beschreibt. Es geht nicht darum, ein großes Büro für alle zu schaffen, sondern den Mitarbeitern eines Unternehmens einen Ort für aktive Kommunikation bereitzustellen. Aus dem Grund bevorzuge ich als Definition das „Teambüro”, was der Funktion des Raumes wesentlich näher kommt. Ein wesentlicher Grund für die Entwicklung, die inzwischen auch in Deutschland umfangreich thematisiert wird, sind die grundsätzlichen Veränderungen der Arbeitsweise. Sacharbeiten geraten durch die technischen Entwicklungen der letzten Jahre immer weiter in den Hintergrund, während Projektarbeiten, die mehrere Mitarbeiter ausführen, immer wichtiger für den Erfolg der meisten Unternehmen werden. Dadurch sinkt die Notwendigkeit an abgeschotteten Räumen, in denen stur vor sich hin gearbeitet wird und der Bedarf an Kommunikationsfläche steigt im gleichen Maße an.
Anzeige
Ist dies einfach nur ein unreflektierter Trend oder ein Geheimnis so mancher Erfolgsgeschichte?
Ein Bürokonzept an sich kann nicht alleine für Erfolg verantwortlich sein – aber es kann und muss die Anforderungen eines Unternehmens abbilden und so Teil des Ganzen und natürlich auch des Erfolges werden. Nur wenn die Grundvoraussetzungen für kreatives und zielorientiertes Arbeiten geschaffen werden, können sich Unternehmen gewinnbringend und langfristig am Markt behaupten.
Also sollte eine moderne Unternehmenskultur auch über eine offene Bürolandschaft verfügen?
Diese Frage pauschal mit „Ja” zu beantworten wäre gewiss unsinnig! Bei der Planung geht es in erster Linie um die Ausarbeitung und Definition der individuellen Anforderungen. Wenn hier die offene Kommunikation eine entscheidende Rolle spielt, so muss dies entsprechend Berücksichtigung finden – alles andere wäre grob fahrlässig und nicht zielführend. Selbst Anwaltskanzleien haben inzwischen erkannt, dass es durchaus Projekte beziehungsweise Fälle gibt, bei denen es erforderlich ist, dass sich ein Team um die Bearbeitung und Lösung kümmert und nicht mehr der Einzelkämpfer in seinen begrenzten vier Wänden. Es gibt nur noch wenige Bürokulturen, in denen das aktive Miteinander unerwünscht ist beziehungsweise keine Rolle spielt. Aber natürlich gibt es auch Ausnahmen, bei denen ein offenes Büro eher kontraproduktiv wäre.
Von Störfaktoren und anderen Vorbehalten
Aber Sie rennen mit einer solchen Planung doch vermutlich nicht nur offene Türen ein – wie begegnen Sie den Kritikern eines Großraum- beziehungsweise Teambüros?
Wer Jahre oder sogar Jahrzehnte in seinem eigenen Büro gesessen hat, ist bei dem ersten Gedanken an eine Umstrukturierung nicht unbedingt begeistert. Das ist durchaus verständlich und hat nicht unbedingt nur etwas mit der Angst vor der Transparenz und eventueller Kontrolle zu tun. Es geht dabei einfach um Gewohnheiten, die wir ja alle eher schlecht ablegen können. Aus dem Grund ist es besonders wichtig, dass alle Mitarbeiter bei der Entscheidungsfindung, was die Gestaltung des zukünftigen Arbeitsbereiches angeht, mit ins Boot genommen werden. Wir realisieren dies über strukturierte Workshops in denen jeder seine Bedürfnisse einbringen kann und als Ziel gemeinsam eine Lösung für alle erarbeitet wird. Das hat sich in der Vergangenheit als ausgesprochen effektiv herausgestellt.
Sie sprechen von den Ängsten der Mitarbeiter. Ist da nicht auch die Akustik ein ganz großes Thema?
Natürlich – vor der Akustik beziehungsweise den entsprechenden Störgeräuschen fürchten sich die meisten, wenn es um die Zusammenführung von Büroflächen geht. Allerdings habe ich im Laufe der Jahre feststellen müssen, dass diese Sorgen oftmals psychisch bedingt sind und wesentlich tiefgründiger veranlagt sind, als dass es nur um den „lauten Kollegen” nebenan ginge. Auch in kleineren Büros mit zwei bis drei Mitarbeitern ist durchaus eine konstante Geräuschkulisse vorhanden, jedoch ist die Akzeptanz der „gewohnten Geräusche” eher gegeben. Außerdem besteht in solchen Fällen die Möglichkeit der freundschaftlichen Maßregelung, die durchaus untereinander erfolgreich vollzogen wird. Die Geräusche, die in einer offenen Fläche entstehen, sind da natürlich wesentlich vielfältiger und vor allem weniger zu kontrollieren. Hier ist es teilweise auch das Unbekannte, welches Sorgen bereitet. Gleiches gilt für andere Störfaktoren, die aus Bewegung, Klimabedingungen und der simplen Eigenarten der unterschiedlichen Personen erwachsen. Dies alles sind verständliche Probleme, die es zu lösen gilt.
Wie sehen da Ihre Vorschläge und Verwirklichungen aus, um hier möglichst umfangreich Abhilfe zu schaffen? Spielt beispielsweise das Thema Soundmasking eine Rolle?
Eben aufgrund der Komplexität und der wichtigen Rolle dieser Störfaktoren sind am Markt reichlich Lösungsvorschläge vorhanden, die jedoch nicht immer den gewünschten Effekt erzielen. Außerdem ist es ganz elementar zu wissen, in welchem Umfang man beispielsweise Akustikabsorber einsetzt. Geht man hier zu euphorisch vor und versucht getreu dem Motto „viel hilft viel” die Situation zu verbessern, kann dieser Schuss schnell nach hinten losgehen. Denn wird der Nachhall zu sehr reduziert, steigt letztendlich die Gefahr, dass die vorhandenen Geräusche – denn sie bleiben ja grundsätzlich bestehen – als wesentlich unangenehmer empfunden werden. Es ist letztendlich ein ganz subjektives Empfinden, wie wir diese akustischen Störquellen einordnen. Nehmen Sie das Beispiel des Meeresrauschens im Vergleich zu Verkehrslärm. Schon die Begriffe machen deutlich, dass hier eine ganz unterschiedliche Wahrnehmung zweier eigentlich recht ähnlicher Grundgeräusche vorliegt. Was ich damit sagen möchte ist, dass die meisten akustischen Lösungen, und dazu zähle ich auch das Soundmasking, nur als Hilfsmittel zu bewerten sind, um die Störfaktoren in solchen Räumen zu verringern. Eine merkliche Reduktion ist nur über Regeln, gegenseitige Rücksichtnahme und Verständnis effektiv zu erbringen.
Rückzugsmöglichkeiten sind wichtig
Besteht denn dann überhaupt noch die Möglichkeit in diesen Büroräumen einer konzentrierten Arbeit nachzugehen, die vielleicht mal keine Kommunikation mit anderen erfordert?
Selbstverständlich müssen für solche Bedürfnisse – und die sind definitiv nahezu überall vorhanden – entsprechende Rückzugsmöglichkeiten angeboten werden. Das können entweder separat getrennte Zonen beziehungsweise Räume sein, dies kann aber auch mal die Arbeit im Homeoffice mit einschließen. Entscheidend für das Funktionieren einer solchen Lösung ist die Bereitstellung der technischen Möglichkeiten, um letztendlich von jedem Ort aus anstehende Arbeiten erledigen zu können. Und das gehört mit zu den Hauptaufgaben bei der Umsetzung einer strukturierten Bürolösung. Der Arbeitsalltag hat sich elementar verändert! Die wenigsten sitzen fünfmal die Woche acht Stunden an ihrem Platz, sondern sind in Bewegung. Und das meine ich nicht nur geistig, sondern im Besonderen auch räumlich. Inzwischen sind Gruppenarbeitsräume ebenso wichtig wie Konzentrationsräume. Nur so kann der Arbeitgeber von einem Maximum an Arbeitseffektivität ausgehen.
Das hat vermutlich auch alles seinen Preis und ich kann mir gut vorstellen, dass Ihre Verhandlungen über Budgetgrößen auch einen wesentlichen Teil Ihrer Arbeit ausmachen.
Die Finanzierung spielt bei Umbau- oder Neubau eines Bürokomplexes immer eine große Rolle, aber ich versuche das Thema eigentlich nicht in den Vordergrund zu stellen, da es mit der angestrebten Philosophie beinahe im Gegensatz steht. Raumkosten sind wesentlich niedriger als Personalkosten – sie nehmen nur einen Bruchteil der Ausgaben eines Unternehmens ein. Und zufriedene Mitarbeiter leisten nicht nur nachweislich bessere Arbeit, sondern sind weniger krank und werden auch nicht unbedingt von Veränderungswünschen getrieben. Dies hat den Vorteil, dass sich die Unternehmer auf ihre Arbeitskräfte verlassen können und diese ein maßgeblicher Faktor eines jeden Businessplans werden. Die Unsicherheiten im gegenseitigen Verhältnis schwinden, so dass auf beiden Seiten ein entspanntes Arbeiten möglich ist. Und sollte es trotzdem dazu kommen, dass wir unseren Plan finanziell nach unten anpassen müssen, so besteht in der Ausstattung des Mobiliars natürlich das möglichste Einsparpotenzial, das nicht unbedingt eine Reduzierung der Qualität, aber vielleicht des Designanspruches zur Folge hat.
Zum Thema Innenausstattung: Gibt es da bevorzugte Farbwelten oder müssen Sie sich oftmals an den Vorgaben hinsichtlich der Corporate Identity, der CI, orientieren beziehungsweise unterordnen?
Dieser Trend, die CI über alles und jeden im Unternehmen gedankenlos drüber zu stülpen, ist diesbezüglich glücklicherweise am Abflauen. Sie können sich vorstellen, was z. B. rote Büroräume, nur weil die „Firmenfarbe” eben rot ist, für eine Konsequenz haben würden. Wir berücksichtigen hier die Farbpsychologie unter den Aspekten einer Wohlfühlatmosphäre. Das bedeutet, dass sich die Farbgebung weitestgehend an einen Wohnraum angleicht und nicht mehr das gefürchtete und nüchterne Kaltweiß dominiert. Insbesondere in den Kreativzonen haben wir da natürlich noch weiteren Spielraum. Damit meine ich jedoch nicht, dass wir die Firmensprache oder die CI in der Planung nicht mit berücksichtigen – ganz im Gegenteil. Es darf nur nicht um jeden Preis dominieren, sondern muss sich unterstützend in das Gesamtkonzept integrieren.
Trends und Entwicklungen
In Ihrem Portfolio geben Sie auch die Lichtplanung an. Man hört in diesem Zusammenhang immer häufiger die Begriffe Lichtsteuerung und Human Centric Lighting. Sind dies auch Themen Ihrer Arbeit?
Die Beleuchtung eines Bürokomplexes ist so umfangreich, dass wir das durch kompetente Partnerunternehmen beziehungsweise externe Lichtplaner erarbeiten lassen. Jeder muss sich auf das konzentrieren, was er beherrscht. Trotzdem bekommen unsere Kunden die Lösung natürlich nur aus einer Hand. Und gerade auf großen Büroflächen ist eine durchdachte Beleuchtungslösung ein wesentliches Mittel, um die Zonen visuell voneinander zu trennen und über ein Steuerungssystem bedarfsgerecht zu schalten. Da spielt das biologisch wirksame Licht ebenfalls eine große Rolle und wird immer häufiger angefragt. Es scheitert im Augenblick noch oftmals an den Kosten – doch da wissen wir sicherlich alle, dass dies nur eine Frage der Zeit ist, bis dies zu einer Art Standard heranwächst und somit auch für alle bezahlbar wird.
Wie glauben Sie, wird sich die Bürowelt in den nächsten Jahren verändern? Können Sie langfristige Trends erkennen?
Da wir uns hier in Deutschland noch am Anfang der Entwicklung von Großraum-, Team- oder Kommunikationsbüros befinden, wird uns dies die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre gewiss noch beschäftigen. Hier gilt es, viel zu modernisieren und auf den aktuellen Stand zu bringen, damit die Attraktivität dieser Berufswelt im Vergleich zu anderen Regionen nicht abfällt. Aus den Erfahrungen werden Lernprozesse entstehen und die Konzepte eine immer größer werdende Akzeptanz bei allen Beteiligten erlangen. Fest steht in jedem Fall, dass wir diesbezüglich weniger dogmatisch, sondern viel mehr lösungsorientiert denken und diskutieren müssen. Auch dies will gelernt sein.
Die rege Kommunikation ist ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Charakters – oder anders formuliert: Der Mensch will und muss den Menschen treffen. Und dies in allen Lebenslagen. Denken Sie an das Beispiel „Messen”: Theoretisch gibt es keine Notwendigkeit, diese in der noch immer vorhandenen Form abzuhalten. Die technologischen Errungenschaften der letzten Jahre und Jahrzehnte könnten das dort Präsentierte durchaus in die Büros und Wohnzimmer der Interessenten transportieren. Aber wollen wir das? Offensichtlich nicht! Uns begeistern die Diskussionen, die Zufallsbekanntschaften und das bewusste Sehen, Fühlen und Erleben von Dingen und Themen so sehr, dass dies in absehbarer Zeit nicht aus unseren Köpfen wegzudenken ist.
Die direkte Begegnung mit dem Gegenüber kann weder durch eine Telefonkonferenz noch durch eine Videobotschaft ersetzt werden. Dafür sind wir alle zu sensibel gestrickt und legen zu viel Wert auf die sprichwörtliche persönliche Bekanntschaft, da wir mehr Sinnesorgane, als nur das Auge und die Ohren haben und diese auch einsetzen müssen, um Urteile zu fällen. Und genau diese unsere Eigenarten machen die konsequente Umsetzung der anhaltenden Trends bezüglich der neuen Bürowelten so sinnvoll und wichtig. Wir werden diesbezüglich noch eine Menge toller Erfahrungen und Erlebnisse sammeln, die uns bewegen werden.
Herr Brehme, vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Alexander Schwarz
Noch mehr zu den Do’s & Dont’s bei der Planung von Großraumbüros erfahren Sie hier.
Danke für die tollen Inspirationen, was man bei der Großraumbüro-Gestaltung beachten sollte. Wir möchten für unser Büro in Wien auch gemütliche Ecken schaffen und Sichtschutzfolie einsetzen. Die Mitarbeiter sollen sich nicht beobachtet fühlen, es soll aber dennoch einfach möglich sein zu kommunizieren.
Ich persönlich bin ein Fan von Großraumbüros. Sie schaffen ein Wohzimmergefühl und machen den Arbeitsplatz zu einem gemütlichen Ort. Man kann sich besser bei der Arbeit fühlen. Wir bauen ein neues Bürogebäude und suchen dafür eine Firma, die mit der Projektentwicklung helfen kann.
Danke für die tollen Inspirationen, was man bei der Großraumbüro-Gestaltung beachten sollte. Wir möchten für unser Büro in Wien auch gemütliche Ecken schaffen und Sichtschutzfolie einsetzen. Die Mitarbeiter sollen sich nicht beobachtet fühlen, es soll aber dennoch einfach möglich sein zu kommunizieren.
Ich persönlich bin ein Fan von Großraumbüros. Sie schaffen ein Wohzimmergefühl und machen den Arbeitsplatz zu einem gemütlichen Ort. Man kann sich besser bei der Arbeit fühlen. Wir bauen ein neues Bürogebäude und suchen dafür eine Firma, die mit der Projektentwicklung helfen kann.