Energiesparmaßnahmen sind nicht nur notwendig, sondern inzwischen auch durchaus als „hip“ zu bezeichnen. Gerne wird in neue Gerätschaften investiert, mit denen man diesem Trend folgen kann. Besonders interessant, da offensichtlich für jeden leicht zu realisieren, sind da die sogenannten LED-Retrofit Lampen. Das Werbeversprechen klingt durchaus plausibel: Alte Lampe aus der Fassung schrauben und durch ein neues umweltfreundliches LED-Leuchtmittel ersetzen. Doch für welche Situationen und Gewerke rechnet sich ein solcher Tausch und mit welchen Problemen ist eventuell noch zu rechnen?
Ursprünglich war die Entwicklung der LED-Lampen für die gängigen Fassungen als Übergangslösung gedacht, um moderne und energiesparende Technik in veraltete Leuchten zu platzieren. Doch diese als temporäre Notlösung gedachte Entwicklung erfreut sich offensichtlich einer solch großen Beliebtheit, dass ein Ende dieses lukrativen Geschäfts nicht in Sicht ist. Es mag an dem „alten“ Problem liegen, dass sich die Gesellschaft einfach viel zu lange mit dem Prinzip der sogenannten Glühlampen beschäftigt und angefreundet hat. Anders lässt sich nicht erklären, dass die Lampenindustrie immer neue Produkte mit erweiterten Features und für teils exotische Fassungen auf den Markt bringt. Aber auch die Leuchtenindustrie, insbesondere im südeuropäischen Raum, sorgt durch die konsequente Entwicklung neuer Leuchten mit Standardfassungen weiterhin für einen regen Bedarf an LED-Leuchtmitteln. Einzig die miniaturisierten Lampenfassungen der Niedervolt Halogentechnik (G 4 und Gy 6,35) scheinen aus dem Rahmen zu fallen und vom akuten Aussterben bedroht zu sein. Und dies liegt in erster Linie an technischen Hürden und lichttechnischen Eigenschaften, die sich mit LEDs einfach nicht befriedigend umsetzen lassen.
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Eine Lösung für alle Ansprüche?
Dies entsprach jedenfalls dem ursprünglichen Plan der Industrie. Indirekt durch die Politik beziehungsweise das so genannte Glühlampenverbot gefördert, bringt die Industrie ein LED-Leuchtmittel nach dem anderen auf den Markt, um die vorhandenen Energiefresser zu ersetzen. Es steht außer Frage, dass ein solcher Tausch als sinnvoll erachtet werden muss, da die Energieeffizienzwerte der LEDs den Temperaturlampen deutlich überlegen sind. Dies liegt zum einen an der deutlich geringeren Leistungsaufnahme bei gleichem Helligkeitsniveau und ebenso an der wesentlich längeren mittleren Lebensdauer einer LED-Lampe. Es wäre auch nicht gerechtfertigt, hier allzu kritisch zu urteilen. Trotzdem müssen einige Punkte berücksichtigt werden, damit sich ein solcher Austausch sogar vor dem Lebensende einer vorhandenen Temperaturlampe lohnt. Bedenkt man die beiden großen Vorteile (Energieeffizienz und Lebensdauer) der LED-Technik, so ergeben sich daraus letztendlich von ganz alleine die Anwendungsgebiete moderner LED-Lampen: Überall dort, wo mit langen Einschaltzyklen der Beleuchtung zu rechnen ist. Dies betrifft sämtliche öffentlichen Bereiche ebenso wie Shops, Hotels und letztendlich auch Büros. Bleibt die Frage, ob es sinnvoller ist, die Leuchtmittel oder die komplette Leuchte einem Update zu unterziehen.
Da bestimmte Bereiche wie Büros und Shops relativ regelmäßig runderneuert werden, für die gewöhnlich verwendeten Leuchten nicht immer sinnvolle LED-Ersatzlampen zur Verfügung stehen und neue LED-Leuchten oftmals mit einem Vielfachen an Funktionen aufwarten, bieten sich hier eher Komplettsanierungen an. Anders verhält es sich in den dekorativen Segmenten, die auch in den oben genannten Bereichen vorkommen, aber im Besonderen in der Gastronomie und Hotellerie zu berücksichtigen sind. Wenn sich hier vor Jahren für ein ganzheitliches Designkonzept entschieden wurde und die Betreiber nur ungern auf die vorhandene Beleuchtung verzichten wollen, wird die Lösung mithilfe von LED-Retrofits schnell thematisiert. Pendelleuchten (Kronleuchter), Wandleuchten und andere designorientierte Lichtobjekte stellen eine Vielzahl an Brennstellen dar, die es noch immer zu modernisieren gilt und für die oftmals auch die passenden LED-Leuchtmittel verfügbar sind. Insbesondere Leuchten ohne Transformatoren oder Vorschaltgeräte bieten sich an, da mit einem Maximum an Kompatibilität zu rechnen und der Austausch einer eventuell überalterten elektronischen Komponente auszuschließen ist.
LED-Lichttechnik: Plug & Play oder Plug & Pray?
Die Errungenschaften der LED-Lichttechnik erfordern, dass sich Planer und Anwender mit deren Eigenschaften ein wenig auseinandersetzen, um beim Austausch zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen. Es müssen nicht nur die Fragen nach der Lichtstärke und der eventuellen Dimmbarkeit der neuen Lampe beantwortet werden, sondern es müssen auch Faktoren hinsichtlich der Lichtqualität, der Lichtfarbe und der Lichtwirkung bzw. Richtung berücksichtigt werden. Denn eine elementare Eigenschaft der LED ist Segen und Fluch zugleich: LEDs strahlen prinzipiell nur in eine Richtung. Dies ist besonders bei nicht fokussierten Leuchten, die eher ein Raum- als ein punktiertes Licht abgeben, relevant.
Für den Ersatz einer sogenannten Allgebrauchslampe ist dieser Umstand noch zu lösen, da diese Leuchtmittel über reichlich Volumen verfügen, um kleine LED-SMDs so zu platzieren, dass die neue Lampe ein Rundumlicht erzeugt. Wird diese dann noch in einer mattierten Form ausgeführt, so wird das Licht noch besser gestreut – allerdings auch mit einem geringeren Wirkungsgrad. Schwieriger ist es bei den zuvor erwähnten Halogenlampen G 4 und Gy 6,35, die von den Abmessungen nur wenige Möglichkeiten bieten, um zu einer befriedigenden LED-Lösung zu kommen. Trotzdem befinden sich auch solche Leuchten in Umlauf, sie sind jedoch hinsichtlich der Lichtwirkung, Lebensdauer und mechanischen Festigkeit kritisch zu betrachten. Nicht ohne Grund haben die meisten seriösen Lampenhersteller solche Exemplare nicht in ihrem Angebot. Bezüglich Produkte dieser Art sollte man entweder auf ein Update verzichten oder das gesamte Beleuchtungssystem in Frage stellen.
Vorsicht bei LED-Lichtsystemen mit Transformatoren
Der Kosten-Nutzen-Faktor hat sich durch die sinkenden Anschaffungspreise der LED-Leuchten in den letzten Jahren sichtlich verbessert, so dass eine Modernisierung inzwischen sogar für Privathaushalte lohnenswert sein kann. Doch letztendlich geht es neben eventuellen Einsparpotenzialen vorrangig immer um die Lichtqualität, die keinesfalls durch ein Upgrade leiden sollte. Neue Faktoren wie die Lichtfarbe (gemessen in Kelvin), die Lichtleistung (nun in Lumen angegeben) und anders geartete Bauformen sorgen nach wie vor für Unsicherheiten im Umgang mit der neuen Lichttechnik, da auch die Vorgaben für diese Messwerte nicht immer eingehalten werden und nicht unbedingt den tatsächlichen Praxiswerten entsprechen. Doch die Industrie ist bestrebt, es den Nutzern so einfach wie möglich zu machen, um sich mit der neuen Technik anzufreunden und deren Mehrwert zu schätzen.
Relativ unproblematisch gestaltet sich der Austausch in Leuchten, die direkt am Stromnetz angeschlossen sind, also nicht über ein Vorschaltgerät verfügen. Hier muss in erster Linie nur auf die entsprechende Farbtemperatur, Leistung, Bauform und eventuelle Dimmbarkeit geachtet werden, um im Ergebnis zu einer vergleichbaren Lösung zu kommen. Vorsicht hingegen ist bei Leuchten und Lichtsystemen mit integrierten Transformatoren geboten. Insbesondere wenn diese elektronisch gesteuert sind, können hier die geringen Leistungen der LED-Lampen zu Problemen führen, da durch einen Austausch eventuell die Mindestlast unterschritten wird. Auch geschlossene Gehäuse, Dekoschirme oder ähnliche Abdeckungen von Reflektorlampen sind aufgrund möglicher Temperaturstaus kritisch zu beurteilen. LED-Lampen werden zwar bei Weitem nicht so heiß wie beispielsweise Halogenlampen, sind jedoch wesentlich temperaturempfindlicher, was sich in der Reduzierung der mittleren Lebensdauer äußert.
Retrodesign auf dem Vormarsch
Die Lichtwirkung der allseits so beliebten Allgebrauchslampe lässt sich inzwischen nahezu perfekt simulieren, ohne auf die Mehrwerte der LED-Lichttechnik verzichten zu müssen. Dabei gibt es unterschiedliche Lampenformen, die zum einen von der „normalen Glühbirne“ fast nicht zu unterscheiden sind, zum anderen durch voluminöse Kühlkörper ein beinahe futuristisches Aussehen haben. Derzeit wird der Markt aber von einem Leuchtencharakter geradezu überrollt, der sich an der ursprünglichen Edison-Lampe orientiert: die sogenannten Filament-Lampen. Diese in klarem Glas und mit beschichteten LED-Fäden ausgestatteten Leuchten glänzen weniger mit außergewöhnlichen Leistungswerten, sondern mit einer Lichtwirkung, die in ihren oftmals offen gestalteten Lampenschirmen an schummrig alte und rustikale Leuchten erinnern.
Die von LEDs simulierten Glühfäden verfügen aufgrund des oftmals noch leicht eingefärbten Glases über eine extrem warme Lichtfarbe (kleiner 2.700 K) und tauchen das jeweilige Ambiente in ein harmonisch goldenes Licht. Ob zuerst die offenen Leuchtenschirme oder die Filament-Lampen am Markt waren, ist unklar – ebenso wie die Frage, was den eigentlichen Hype ausgelöst hat. Auf jeden Fall spiegelt dieser Bedarf einen Trend wider, der sich von der Wirkung her gegenläufig zur hochtechnisierten LED verhält. Besonders in repräsentativen Bereichen, in Hotellobbys und in der Gastronomie finden diese Leuchtmittel derzeit vermehrt Verwendung und werden ungeachtet der im Vergleich zur normalen LED-Retrofit schlechteren Energiebilanz gerne eingesetzt.
Erweiterte Funktionsvielfalt mit LED-Lichttechnik
Ein Eins-zu-eins-Austausch veralteter Leuchtmittel gegen ein LED-Retrofit ist an sich schon unter Berücksichtigung der Grundregeln eine lohnenswerte Angelegenheit. Doch wenn man sich anschaut, welche zusätzlichen Funktionen mit der neuen Lichttechnik ebenfalls relativ problemlos hinzugekauft werden können, nimmt der Gedanke an ein „Licht-Update“ ganz neue Formen an: An erster Stelle steht sicherlich die optionale RGB-Steuerung einiger Retrofit-Lösungen. Mit solitären Lösungen lässt sich spielend leicht über eine Fernbedienung die gewünschte Farbe oder gar ein Verlauf einstellen. Häufiges Manko bei diesen preiswerten Lösungen ist eine geringe Helligkeit und kalte Lichtfarbe bei der Einstellung des weißen Lichts. Greift man hier zu professionelleren Lösungen, die dann oftmals auch über eine App per Smartphone oder Tablet zu steuern sind oder sich sogar in die Hausautomation integrieren lassen, so ergeben sich weitaus mehr Möglichkeiten, die sich von der reinen Farbspielerei deutlich unterscheiden.
Denn da sich einzelne Leuchten dann auch gruppiert oder einzeln ansteuern lassen, sind der Phantasie bezüglich der Lichtraumgestaltung keine Grenzen gesetzt: Es bietet sich die Möglichkeit, Szenen zu programmieren, Lichtwirkungen in Abhängigkeit von anderen Ereignissen zu nutzen oder sogar dem biologischen Rhythmus folgende Farbnuancen einzustellen. Je nachdem, was die Software an Funktionsumfang bietet und inwieweit die Leuchten mit anderen elektronischen Geräten kommunizieren können, ergibt sich dadurch der eigentliche Mehrwert. Wer gerne ein wenig mehr Komfort und Funktionalität in sein Lichtsystem integrieren möchte, allerdings die teils komplexe Lichttechnik scheut, der ist auch mit den so genannten Dimm by Click-Leuchtmitteln sehr gut beraten, die es von unterschiedlichen Herstellern gibt.
Diese LED-Leuchten machen den konventionellen Dimmer an der Wand oder eine weitere Fernbedienung überflüssig, da sie über den bereits installierten Lichtschalter dimmbar sind. Schnelles Ein- und Ausschalten bringt die Lampe in einen Dimm-Modus, der durch erneutes Betätigen des Schalters an der gewünschten Stelle angehalten werden kann. Dieser Komfort lässt sich noch weiter steigern, indem die entsprechenden Lampen im gedimmten Zustand die Lichtfarbe in ein wärmeres Weiß ändern. Dadurch wird versucht, das Verhalten der Temperaturlampen zu simulieren und so ein noch gemütlicheres und wohnlicheres Licht zu schaffen. Fazit: Letztendlich basieren viele Neuerungen der LED-Retrofits auf den bekannten Funktionen und Eigenarten der Temperaturlampen. Auch die Tatsache, dass sich die meisten LED-Lampen formal nur wenig von den überholten Modellen unterscheiden, macht deutlich, wie beliebt diese teils verbotenen Leuchtmittel bei Planern und Anwendern waren und noch sind. Innovationen beziehen sich auf Altbekanntes und lassen so zu Recht u. a. die „gute alte Glühbirne“ in Projekten, Haushalten und Köpfen weiter leben.