Interview mit Innenarchitekt Wolfgang Miazgowski zum Thema Medientechnik
Warum auch Innenarchitekten die Sprache von Medientechnik-Akteuren verstehen sollten …
von Redaktion,
Im Gespräch mit KommunikationsRaum. berichtet Innenarchitekt Wolfgang Miazgowski von HPP Architekten über seine Zusammenarbeit mit Medientechnik-Planern und Integratoren und erläutert, warum seiner Meinung nach der audiovisuellen Medientechnik bei der Planung ein höherer Stellenwert eingeräumt werden sollte. Außerdem geht es um eine außergewöhnliche Medienmöbellösung für Konferenzräume.
Im Zusammenhang mit öffentlichen oder privaten Großbauprojekten fast aller Nutzungsarten fällt unweigerlich der Name HPP Architekten. Die renommierte Bürogemeinschaft steht für nationale und internationale Projekte wie BASF D 105, LVM-Neubau „Kristall“, Bundesministerium für Finanzen, Deutsches Fußballmuseum, Vodafone Campus, Lanxess Tower, AND Tower-Istanbul, Henkel Asia-Pacific und China Headquarters und vieles mehr. Etliche dieser Projekte hat Wolfgang Miazgowski als Innenarchitekt verantwortet und begleitet. In Anbetracht der vielen Unternehmensfoyers, Konferenz-, Meeting- und Vorstandsräume, für die er die Innenarchitektur geplant hat, ist „Audiovisuelle Medientechnik“ alles andere als ein Fremdwort für ihn. Grund genug, Wolfgang Miazgowski nach seinen Erfahrungen damit zu befragen:
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Wie gestaltet sich für Sie als Innenarchitekt von HPP Architekten die Zusammenarbeit mit Planern und Integratoren für audiovisuelle Medientechnik in den jeweiligen Projekten? Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit mit den AV-Integratoren für Medientechnik immer eine sehr spannende Herausforderung. Denn erfahrungsgemäß ergeben sich Probleme in den Schnittstellen zur Architektur, Haustechnik und Gebäudetechnik, wenn der Fachplaner zu spät ins Boot geholt wird. Damit solche „Überraschungs-Schnittstellen“ gar nicht erst entstehen, sind wir bei unseren Projekten daher stets bemüht, die Fachplaner frühzeitig in den Planungsprozess einzubinden.
Was ist zu tun, damit die erforderlichen Schnittstellen vorhanden sind? Es gibt zum einen wichtige bauliche Abhängigkeiten, wie etwa die Kabeltrassen für die medientechnische Verbindung zwischen den Räumen. Damit diese im Planungsprozess auch funktionieren, muss man sie sehr frühzeitig planen und bis zur Installation des Equipments dann auch genügend Platz auf der Trasse freihalten. Aber auch innerhalb eines Raumes sind komplexe Verbindungen zu berücksichtigen, z. B. wenn in einem hochwertigen Konferenzraum ein Regiepult nicht nur zur Steuerung der visuellen, sondern auch der akustischen Bespielung eingesetzt wird.
Die Kommunikationsräume müssen dann entsprechend akustisch ausgestattet und bewertet sein, d. h. Wände, Decken, Bodenmaterialen und deren akustische Wirkungsweise müssen frühzeitig berücksichtigt und von Physikern begleitet werden. Dies geschieht mit Hilfe von Simulationsmodellen und aufwendigen Berechnungen. Da wir stets um ein Optimum an Ausstattungsqualität bemüht sind, handelt es sich letztendlich immer um eine Art Prototyp, der auf unseren Bauherrn maßgeschneidert konfiguriert wird und neu entwickelt in den Planungsprozess integriert werden muss. Diesen versuchen wir als Architekten und Raumdesigner so zu steuern, dass alle Dinge zur rechten Zeit entschieden, ausgeschrieben und damit in der richtigen Reihenfolge in den Bauprozess einfließen können. Im „Kosmos“ der zu erfüllenden Aufgaben ist die Medientechnik zwar nur ein relativ kleiner, aber wichtiger und nicht zu unterschätzender Teil. Je früher man damit beginnt, desto größer die Chance, mehr als nur den „Standard“ zu erfüllen.
Die Realität sieht häufig anders aus: Viele Medientechnik-Fachplaner beklagen sich, dass sie oft zu spät in diesen Prozess eingebunden werden. Sehen Sie diese Probleme ebenfalls und woran liegt das nach Ihrer Einschätzung? Es ist zunächst wichtig, dem Bauherrn frühzeitig zu entlocken, welche Funktionen er im Gebäude von der Medientechnik erwartet. So kann frühzeitig ein Anforderungsprofil erstellt und mit dem zuständigen Fachplaner abgestimmt werden. Denn je präziser die Anforderungen für jeden einzelnen Raum definiert werden, desto mehr Sicherheit in Bezug auf Kosten und Steuerung erhält das Projekt. Ich glaube aber auch, dass der Stellenwert der Medientechnik bei vielen Kollegen unterschätzt und eben nicht von vornherein eingeplant wird. Oft wird den Beteiligten die Dringlichkeit der Medientechnik erst dann bewusst, wenn die Räume sichtbar werden. Das führt schlussendlich dazu, dass die Medientechniker bei der Erfüllung ihrer Aufgaben stark unter Termin- und Kostendruck geraten und auf die bereits vorhandenen Gegebenheiten nur noch reagieren können.
Gibt es abgesehen vom Zeitfaktor noch andere Aspekte der Zusammenarbeit, die deutlich verbessert werden müssten? Vor allem muss das Kommunikationsproblem behoben werden, denn die Sprache der Medientechniker ist eine andere als die der Architekten. Eigentlich müssten beide Gruppen ihre Sprachen zunächst „kalibrieren“ und gegebenenfalls vereinfachen, um sich richtig und sachgerecht verständigen zu können. Natürlich ist es durchaus verständlich, dass diese aufgrund ihrer unterschiedlichen Arbeitsbereiche und Schwerpunkte sozusagen eine andere Fachsprache sprechen. Ich muss aber immer wieder feststellen, dass das „Sender-Empfänger“-Problem in diesen beiden Welten extrem ausgeprägt ist, so dass es beiderseitig sehr schnell zu Missverständnissen und Fehlinterpretationen kommt.
Wir versuchen zwar immer, z. B. die medientechnischen Fachbegriffe zu verstehen oder zu hinterfragen, aber man darf nicht vergessen, dass es sich hierbei um ein riesiges Gebiet handelt, in dem es laufend Innovationen, neue Normen und Schnittstellen gibt. Damit auch der Stab der Bauherrschaft das ganze Projekt verstehen kann und für den komplexen Gesamtprozess rund um das Thema Medientechnik sensibilisiert wird, muss deshalb erst einmal die Sprache auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. Wenn das gelingt und der ganze Prozess von Anfang an richtig gesteuert wird, profitieren davon dann auch der Zeitplan und die Kosteneffizienz.
Können Sie ein Beispiel für eine medientechnische Lösung nennen, an der Sie selbst als Innenarchitekt beteiligt waren?
Da fällt mir spontan eine sehr komplexe Aufgabenstellung eines Bauherrn ein, bei der sozusagen das Unmögliche möglich gemacht werden sollte: Es ging darum, für einen für mehr als 50 Personen bespielbaren Konferenzraum ein flexibles und schnell änderbares Konferenztischsystem zu entwickeln – wir reden also von unterschiedlichen Szenarien der Bespielbarkeit, verschiedenen Tischformen, komplexer medientechnischer Verkabelung und audiovisueller Darstellung im gesamten Raum.
Das Problem bei hochkomplexen Konferenztisch-Anlagen ist ja normalerweise, dass sie über einen relativ hohen Verkabelungsstatus verfügen und die Medientechnik in diesen Räumen fest installiert wird – mit der Flexibilität ist es also so eine Sache. Entsprechend haben wir in enger Zusammenarbeit mit der Firma Fröscher und deren Marke Philip ein mobiles System entwickelt, das es so auf dem Markt noch nicht gab: nämlich mit der Funktionalität von drei typischen Raumbestückungen sowie integrierter Medientechnik.
Das System besteht aus lediglich drei Teilen – einem statischen Fußgestell, einem sogenannten Medienboard, das die Hülle bildet und die gesamte Medientechnik beinhaltet, sowie einer Tischplatte, die die Verbindung der einzelnen Elemente darstellt. Durch diese klare Aufteilung haben wir erreicht, dass die Schnittstellen klarer definiert sind. Die Medientechnik kann in der geschaffenen Medienboard-Hülle bereits vormontiert werden, denn alle Gerätschaften, wie Zuspielgeräte, Switch-Komponenten usw., sind dort integriert. Werkseitig werden diese beim AV-Integrator bereits auf einer Groß-Platine bestückt, die in unsere Medienboard-Hülle dann nur noch eingeschoben werden muss.
Was sind die Vorteile dieser Bauweise? Man kann die Medientechnik beispielsweise in Hamburg bauen und in Süddeutschland anliefern lassen. Dort muss das Modul dann nur noch seine bauliche Hülle füllen. Das Ganze funktioniert automatisch, da alle Steck-Kontakte, alle verlöteten Kabel usw. bereits komplett vorhanden sind. Durch die Aufteilung in diese insgesamt 3+1 Bauteile haben wir jetzt ein Tischsystem geschaffen, welches sich in kurzer Zeit auseinander nehmen bzw. sich in einer neuen räumlichen Konfiguration zusammenschließen lässt. Beispielsweise kann so ein runder Konferenztisch für circa 40 Personen gebaut werden oder eben auch verschiedene U- oder Oval-Formen, die mehr als 50 Personen aufnehmen können.
Theoretisch lassen sich aus diesen Tischtypen unzählige Formen generieren – bis hin zum Einsatz in Auditorien und Plenarsälen. In unserem konkreten Fall wurden jedoch diese drei Hauptbilder des Konferenzraums konfektioniert, die schnell umgebaut werden können. Wenn um 12 Uhr mittags die eine Konferenz zu Ende ist, so kann am nächsten Morgen schon die nächste mit einer anderen Teilnehmerzahl und Konfiguration stattfinden – das war das Ziel.
Ein weiterer wichtiger Aspekt war zudem, dass der Umbau nach kurzer Einführung ohne Fachpersonal erfolgen kann. Für die vier Komponenten gibt es daher spezielle Wagen, die zum Transport und zur Zwischenlagerung bei Nichtbenutzung dienen. Theoretisch ließe sich das Tischsystem also auch in jedem anderen Raum des Hauses problemlos aufbauen, sofern er über die entsprechenden Bodentank-Anschlüsse verfügt. Denn auch diese haben wir im Rahmen unserer komplexen 3D-Planung der Tischanlage schon frühzeitig exakt im Boden eingemessen. Durch die Verkettung untereinander können wir bis zu vier Tische mit einem Bodentank verbinden, so dass deren Anzahl im Raum gering gehalten werden konnte – die „klare“ Gesamtwirkung des Raumes steht im Vordergrund.
Worin bestand die Schwierigkeit ein solches Tischkonzept umzusetzen? Wir mussten einen Spezialisten finden, der sich nicht nur täglich mit medientechnischem Sonderbau beschäftigte, sondern noch dazu bereit war, ein solches Wagnis ohne Auftragssicherheit einzugehen. Zunächst einmal war das Ganze ja ein Experiment, dessen Ziel im besten Fall eine konkurrenzfähige Produkteinführung im Markt war. Garantien gab es dafür jedoch keine. Zu unserem Glück haben wir mit der Firma Fröscher und deren Marke Philip einen Partner gefunden, der von Anfang an von der Marktfähigkeit unserer Idee überzeugt war und den gesamten Entwicklungsprozess mit großer Leidenschaft und einem riesigen Engagement begleitet hat.
Insbesondere der für Marketing und Vertrieb verantwortliche Geschäftsführer Uwe Böhm hat uns von seinem langjährigen Erfahrungsschatz in diesem Bereich profitieren lassen. Das hat uns auch dabei geholfen, das komplexe medientechnische Gebilde wieder auf eine gewisse Einfachheit „herunterzudeklinieren“ und eine wirtschaftlich optimale Lösung zu schaffen. Getreu dem Motto: „Less is more“. Gleichzeitig sollte sie aber technisch so offen sein, dass die einzelnen Komponenten nach Bedarf jederzeit ausgetauscht oder erneuert werden können. So kann die Tischanlage immer auf dem technisch neuesten Stand bleiben. Ein weiterer Vorteil: Da die Lösung aus Einzelteilen besteht, kann auch eine design- oder farbtechnische Anpassung jederzeit erfolgen. Das macht sicherlich auch den Reiz des neuen Tischsystems für alle anderen Aufgaben aus, die jetzt in Zukunft auf uns zukommen könnten – angefangen bei Anforderungen von komplexen Anlagen für Landtage bis hin zu großen Konferenzszenarien können wir diesen Tisch immer wieder neu erfinden.
Hat diese Kooperation Ihre Sichtweise auf die Medientechnik verändert? Unbedingt! Wir haben natürlich auch bei früheren Aufgaben schon Berührungspunkte mit Sonderanfertigungen der Medientechnik gehabt, aber ein Produkt dieser Größenordnung zu entwickeln war sicherlich auch bei uns im Haus eine Neuheit, eine Innovation. Die intensive Zusammenarbeit mit allen Beteiligten – vom Bauherrn über den Tischhersteller bis zum Medientechniker – und dieser permanente Prozess der Angleichung, der Optimierung und der Systematisierung haben dazu geführt, dass wir viel mehr Einblicke in die medientechnische Komplexität gewonnen haben. Daraus folgt: Die Zusammenarbeit mit den Spezialisten auf der Seite der Medientechnik kann immer noch weiter intensiviert werden. Das betrifft nicht zuletzt die schon eingangs erwähnte gemeinsame sprachliche Ebene, die noch viel Optimierungspotenzial besitzt. Wir, die Architekten, müssen mehr von der Sache verstehen und uns stärker informieren, um noch näher an diesen Themen dran zu sein.
Für mich persönlich hat sich mit Publikationen wie KommunikationsRaum. und PROFESSIONAL SYSTEM (Schwestermagazin von KommunikationsRaum) plötzlich eine neue Welt eröffnet, die mir zeigt, dass es wirklich einen Bereich gibt, der sich sehr präzise und professionell mit diesem Thema beschäftigt. Es ist ein sehr informatives Instrument, um immer auf dem Laufenden zu sein. Denn auch wir müssen uns permanent updaten, um zu wissen, welche Möglichkeiten in dieser komplexen Aufgabenstellung bestehen und können so grenzüberschreitend aus den anderen Bereichen lernen.