Immer häufiger spielt Medientechnik bzw. audiovisuelle Kommunikationstechnik in Bauprojekten eine wichtige Rolle. Diesen Umstand macht sich das Heller Designstudio aus Stuttgart zu Nutze. Das 2007 vom Diplomarchitekten Marcel Heller gegründete Unternehmen ist kein Architekturbüro im üblichen Sinne.
Das Team aus „Konzeptern, Architekten, Strategen, Designern und Programmierern“ entwickelt Raumlösungen, die das mediale Moment bereits enthalten – bis hin zur multimedialen Inszenierung. Seit 2011 ist Marcel Hellers zehn Jahre jüngerer Bruder Christopher mit an Bord. Der Diplomdesigner (FH), Absolvent der Stuttgarter Merz-Akademie, verstärkt das Unternehmen als Mediendesigner. Im Folgenden stellt KommunikationsRaum. einige erfolgreich umgesetzte Projekte aus unterschiedlichen Bereichen vor.
Anzeige
Ausstellungsgestaltung mit multimedialer Inszenierung
Beispiel für eine multimediale Inszenierung ist das Turmforum Bahnprojekt Stuttgart-Ulm. Die Ausstellung im historischen Stuttgarter Bahnhofsturm bietet auf mehreren Ebenen einen facettenreichen und zukunftsorientierten Überblick in Sachen Verkehrs- und Städtebauprojekt Stuttgart 21. Zusammen mit der Macom GmbH verantwortete das Heller Designstudio bei der Neuausrichtung der Ausstellung im Turmforum im Jahr 2013 die Bereiche Konzeption, Ausstellungsgestaltung, Ausführungsplanung, inhaltliche Konzeption sowie Medienplanung.
Das Resultat: Auf Ebene 3 können sich die Ausstellungsbesucher nun medial und auf unterschiedliche Weise einen Überblick über das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm verschaffen: Sie können sich einen Film auf der Großbildleinwand anschauen und interaktiv an mehreren Touch-Monitoren die Texte und Bilder des Projektes bewegen und Informationen abrufen. Oder mit Hilfe einer speziellen Virtual Reality Brille das „Virtual Reality Exponat“ betrachten und nahezu real in 360° und in 3D in das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm eintauchen. Dabei erlebt der Besucher unter anderem die Architektur des zukünftigen Bahnhofs und den Bau des Gebäudes.
Den Baufortschritt des Projekts kann er zudem am imposanten „Meilensteinring“ an der Decke des Raums ablesen, der einer Uhr ähnelt und ebenfalls vom Heller Designstudio gestaltet und entwickelt wurde. Ebenfalls mit vielen spannenden medialen Elementen widmet sich die Ebene 5 dem Thema Infrastruktur, wobei beispielsweise das Stuttgarter Stadtzentrum mit dem neuen Schienenring auf dem illuminierten Glasboden leuchtet, während rote Lichtstreifen in den Wänden den Verlauf von Schienen andeuten. Auf weiteren (Touch-) Displays und einer Großbildleinwand werden multimedial Informationen und Filme zum neuen Streckennetz und der Infrastruktur geboten. Die Kernaussage des Konzeptes lautet eindeutig: „Die Vereinfachung der komplexen Inhalte auf die wichtigsten Punkte – in einer spannenden, multimedialen Umgebung.“
Multifunktion im Unternehmen
Eine ganz andere Herausforderung stellte ein Projekt aus dem Corporate-Bereich dar, bei dem auf dem „Campus Nestlé“ in Frankfurt a. M. das neue Nestlé Competence Center mit Unterstützung des Architekturbüros Heller Designstudio ausgestattet wurde. Zu den Aufgaben gehörten die Interior-Ausstattung eines multifunktional nutzbaren Raumes und ein Konzept, bei dem die nachträglich eingebaute Technik weitgehend in einer „zweiten Haut“ versteckt werden kann. Die Lösung: mobile Sitzmöglichkeiten und sogenannte Medientower. Die Objekte sind aus Holz gefertigt und mit Stoff bespannt, wodurch sie Wärme ausstrahlen und durch ihre Schall-absorbierende Wirkung akustisch für optimalen Raumklang sorgen.
Auch farblich ist das Konzept hell und klar – die Medientower haben unterschiedliche Farben und lassen sich einfach, auch inhaltlich, zuordnen. In den Medien-Wänden und Towern integriert sind Whiteboards, die sich je nach Bedarf ausklappen lassen, und Displays, die im Tower versenkt werden können oder komplett hinter Türen „unsichtbar“ werden. Sämtliche Displays im sind mit integrierten Soundbars, Touch-Funktion und dem passenden Nestlé Content ausgestattet und bieten optimale Bedienbarkeit für unterschiedliche Raumsituationen. Fazit: Eine gelungene Kombination aus Medien und Architektur für einen multifunktionalen Raum, in dem die Medien individuell in den Vordergrund oder auf Wunsch in den Hintergrund rücken können.
Showroom mit Mehrwert
Wie breit das Heller Designstudio thematisch aufgestellt ist, zeigt auch ein weiteres Projekt: Aktuell hat das Unternehmen für die KIC-Showrooms ein gesamtes Retail-Konzept entwickelt, das nach und nach in 17 chinesischen Städten umgesetzt werden soll. Ein sehr umfangreiches Projekt, das durch das gesamte Team der Büros von Heller Designstudio in Stuttgart und Shanghai koordiniert wird. Ein Medien-Highlight in der Raumgestaltung ist dabei ein großer drehbarer Screen, auf dem die Showroom-Besucher zusammen mit dem Berater anhand unterschiedlicher Küchenlinien und Beispielküchen eine komplette Küche auswählen, planen und dabei physikalisch in Echtzeit anschauen können.
Den chinesischen Kunden, die extrem Smartphone-affin sind, wird beim Verlassen des Showrooms dann das neu geplante Küchenkonzept direkt auf ihr Smartphone gesendet. Für die Macher von Heller Designstudio ist klar: Durch die Einbindung zeitgemäßer und Lifestyle-gerechter Medientrends in den Showrooms eröffnen sich neue Chancen und großes Potenzial für die clevere Integration von Medien in die Architektur – speziell für die weitere Entwicklung im Retailbereich und auch in Deutschland.
Interview mit Marcel und Christopher Heller über die Notwendigkeit von interdisziplinären Teams in Architekturbüros.
Welche Bereiche decken Sie im Heller Designstudio ab und wer sind Ihre Kunden? Wir übernehmen insbesondere die Bereiche Architektur, Messedesign, Interior-Ausstattung, Content und Interaktive Anwendungen für unsere Kunden – am besten alles aus einer Hand. Unsere Kunden sind mittlerweile meist Endkunden oder auch die AV-Fachplaner, es sind weniger die Agenturen.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen den AV-Fachplanern und dem Heller Designstudio? In der Zusammenarbeit mit AV-Fachplanern liefern wir meist den Content und die Software. Wir sind in keiner Weise Fachplaner, was die reine Hardware- oder Netzwerk-Konzeption angeht. Das liegt weiterhin bei den AV-Fachplanern, zum Beispiel bei der Macom GmbH, mit der wir häufig in Projekten zusammenarbeiten.
Welchen Stellenwert nimmt Medientechnik in der Architektur für Sie zukünftig ein? Medientechnik und Architektur werden mehr und mehr zusammenwachsen, wobei sich die Medientechnik selbst immer schneller entwickelt. Das sehen wir ganz deutlich in unseren Projekten, in denen immer mehr Medien eingesetzt und vom Kunden nachgefragt werden. Wir erkennen damit auch ein extrem großes Potenzial für uns und unsere Arbeit. Auch in Konzepten mit reduziertem, smartem oder verstecktem Einsatz von Technik sehen wir eine Chance für die Architektur.
Können Sie aus Ihrer Sicht anderen Architekten Empfehlungen geben? Wir würden uns mehr Interesse am Gebäude selbst und an der Integration Hybrider Räume in die Architektur wünschen. Gebäude haben eine lange Laufzeit, so dass man sich heutzutage, da die technische Entwicklung immer schneller voranschreitet, viel mehr mit diesen Themen auseinandersetzen muss. Und: Architektur sollte Technik und die Medien als Chance für die Zukunft nutzen.
Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Architekten das Potenzial der Medien nicht mehr ausschöpfen? Sicherlich auch an der Ausbildung. Die Studieninhalte sind bei den Architekten immer noch klassisch, es geht um Materialkunde, Oberflächengestaltung, Gebäudenutzung etc. Es wird zwar Fachplanung Technik gelehrt, aber moderne Medien und deren Möglichkeiten spielen dabei oft noch keine oder eher eine untergeordnete Rolle. Aber es entwickelt sich – wenn auch langsam. Dabei sind die Veränderungen der Medien und der Technik extrem schnell, Veränderungen im Bau gibt es dagegen kaum.
Welchen Mehrwert kann eine enge Zusammenarbeit der Architekten, AV-Fachplaner und Ihnen bringen? Extrem wichtig für die Zukunft ist eine frühzeitige Einbindung von Partnern wie Heller Designstudio in der ersten architektonischen Phase. Nicht erst wie heute in der späten Phase, wenn der AV-Fachplaner zum Einsatz kommt. Dies führt oft zu Problemen, da meist die Planungen des Architekten bereits abgeschlossen sind, was dann die Integration von Medien erschwert.
Sehen Sie spezielle Defizite bei den Integratoren? Nein, die Hardware-Lieferanten machen einen guten Job und haben immer das neueste Equipment. Zudem gibt es ja auch eine riesige Auswahl, die sich aus unserer Sicht kaum voneinander unterscheidet. Wir definieren, was wir für das Konzept benötigen, und der Fachplaner bzw. Techniklieferant bringt die passende Technik mit ein.
Wie überzeugen Sie Kunden vom Einsatz von Medientechnik/Interaktivität? Oder ist das gar nicht notwendig? Die Kunden sind offen dafür, auch finanziell, und erwarten meist in der Konzeptionsphase den Einsatz von Medien und Architektur, neue Ideen und damit einen Mehrwert für ihr Projekt.
Das Heller Designstudio ist international vor allem im asiatischen Raum und speziell in China aktiv – wie kommt das? Aufgrund unserer langjährigen Kontakte zu China – Marcel Heller leitete bei Fa. Pesch & Partner das Asiengeschäft – arbeiten wir seit ein paar Jahren an einem Großprojekt und haben daher auch das Heller Designstudio in Shanghai gegründet. Und um die Projekte optimal zu koordinieren, haben wir extra eine Mitarbeiterin aus China hier bei uns im Stuttgarter Büro.
Gibt es Unterschiede zwischen Deutschland und China, insbesondere beim Einsatz von Medientechnik? Ganz sicher. Zum einen geht in China alles schneller, zum anderen sind die Chinesen viel affiner für neue technische Entwicklungen. In unseren Projekten in China werden Entscheidungen viel schneller getroffen als bei den meisten Projekten in Deutschland. Dass dann ebenfalls gerne wieder kurzfristig umentschieden wird, ist für uns Deutsche dann aber auch wiederum „gewöhnungsbedürftig“. Allerdings ist die Medientechnik in China so gut wie nicht integriert und meist inhaltslos – das wollen wir in unseren Projekten auch dort ändern.
Wie wichtig ist Nachhaltigkeit in Ihrer Arbeit? Sie wird immer wichtiger – dies berücksichtigen wir persönlich und aktuell in all unseren Projekten. Unter dem Motto „Sustainable Baukultur“ haben wir z. B. einen Messestand realisiert, bei dem im Auftrag des Kunden die Aspekte Ökonomie, Ökologie und Soziales berücksichtigt werden sollten. Großer Wert wurde auf die Wiederverwertbarkeit gelegt, beispielsweise waren Platten am Stand so konzipiert, dass sie danach als Tischplatten (2 × 1 m) weiterverwendet werden konnten. Außerdem war es ein flexibles Konzept mit beweglichen Tischen, bei dem letztlich die Kreativität der Menschen bei der Zusammenarbeit am Stand durch unterschiedliche Positionierungen zum Ausdruck kam. Zu beachten ist auch die Entwicklung der CMS-Systeme für Gebäude, die immer besser, schneller und günstiger werden. Von den CM-Mitarbeitern erfordern sie unter anderem weniger Wartung, lassen sich leicht bedienen und auch aktualisieren. Auch bei unserem Showroom Retail-Konzept in China haben wir sehr viel Wert darauf gelegt, mit natürlichen Pflanzen zu arbeiten und damit den Mehrwert im Raumklima und den allgemeinen Wert von Natur und Umwelt zu demonstrieren – wir nennen es unsere „Mission Grün“ für China.
Welche Trends sehen Sie für die nächsten Jahre? Da sind wir uns absolut einig: die Integration der Mobilen Welt! Weitere wichtige Bereiche sind für uns das „Verstecken“ von Technik, der nahtlose (seamless) Datenaustausch sowie Themen rund um Virtual Reality, Streaming und Interaktion.
KommunikationsRaum. dankt für das Gespräch.
Daten & Fakten zu Heller Designstudio
Inhaber
// Dipl. Ing. Architekt Marcel Heller
Unternehmen & Standorte
// Heller Designstudio Stuttgart; seit 2015: Heller Designstudio Shanghai, China (Eintragung als gemeinsame Partnerschaftsgesellschaft geplant)