Präzise Kalkulationen immersiver Projektionen – kaufen oder mieten?
von Dominik Roenneke, Artikel aus dem Archiv vom
Wirtschaftsingenieur Mark Moosmayer von der Lang AG hat sich im Rahmen seiner Bachelorarbeit intensiv mit der Kostenberechnung von Raumprojektionen beschäftigt. Das Ergebnis seiner Arbeit ist ein Kalkulator zur Klärung der Frage: kaufen oder mieten?
Immersive Exhibitions“ liegen im Trend, insbesondere bei Kunstausstellungen. Mithilfe der Projektion digitalisierter Kunstwerke erfahren Ausstellungen bedeutsamer Künstler derzeit große Aufmerksamkeit und regen den Besucherzulauf an. Das beflügelt den Projektorenmarkt in der Helligkeitsklasse von 8.000 bis 12.000lm, der angesichts von LED- und Display-Technik in starkem Wettbewerb steht. Die Rahmenbedingungen immersiver Ausstellungen sind perfekt für die Projektion: große Bilder, abgeschlossene Räume ohne Streulicht durch Tageslicht oder andere störenden Lichtquellen, nahezu beliebige Bildfelder an Wänden, Decken und auf Böden, je nach Kreation. Und ein Ende vom Trend ist nicht in Sicht, eher das Gegenteil.
PROFESSIONAL SYSTEM: Wie bist du auf die Idee gekommen, deine Bachelorarbeit im Umfeld der immersiven Raumprojektionen anzusiedeln?
Mark Moosmayer: Ich bin auf die Idee gekommen, weil diese Projektionen, beziehungsweise immersiven Räume im Allgemeinen, in der Anzahl stetig stiegen und wir dementsprechend immer mehr Kundenanfragen bekamen nach ebensolchen Projekten. Nehmen wir alternativ ein Projection Mapping: Da wissen unsere Kunden meistens relativ genau, welche Projektoren in Frage kommen, hinsichtlich Lichtleistung und Auflösung. Da ist es relativ einfach.
Bei „Immersive Rooms“ ist das anders. Da nicht zwangsläufig helle Projektoren benötigt werden, können verschiedene Projektionstechnologien eingesetzt werden. Die Auswahl an Projektoren ist somit wesentlich größer. Für unsere Kunden ist das natürlich wesentlich schwieriger, den richtigen Projektor und die richtige Optik zu finden. Vor diesem Hintergrund habe ich mir überlegt: Ja, wir könnten jetzt natürlich jedes Mal mit relativ viel Aufwand eruieren, welche Technik zu welchen Konditionen passend wäre. Aber könnte das nicht mathematisch nachgewiesen werden? Was ist denn am wirtschaftlichsten? Und so entstand die Idee, aus diesen beiden Komponenten des wachsenden Marktes und der Komplexität bei der Projektorenwahl, meine Abschlussarbeit zu erstellen.
Wie war dein Bezug zur Lang AG?
Ich habe ein duales Studium an der Europäischen Fachhochschule im Studiengang Wirtschaftsingenieur in Brühl bei Köln absolviert. Das heißt, ich habe offiziell im Oktober 2019 bei der Lang AG angefangen und dann immer wechselweise drei Monate studiert und drei Monate gearbeitet. So erlangte ich ein gutes Gefühl für die Produkte der Lang AG und kam dann auf die Idee einer Bachelorarbeit zur Kostenkalkulation von Projektionstechnik für „Immersive Exhibitions“.
Was genau ist der Gegenstand deiner Arbeit gewesen?
Sie beschäftigte sich im Endeffekt mit der Fragestellung: Was ist die wirtschaftlichste Möglichkeit, eine Immersive Exhibition mit Projektionstechnik auszurüsten? Das habe ich versucht, universell zu betrachten, nicht nur für ein oder zwei Beispiele, sondern für nahezu alle Immersive Exhibitions. Dazu habe ich verschiedene Kalkulationsalgorithmen entwickelt, die zum einen im ersten Schritt alle Möglichkeiten, d. h. Projektor- und Optik-Kombinationen, berechnen, die technisch möglich sind in Bezug auf Projektionsabstände und Abbildungsmaßstäbe. Zum anderen werden Kundenanforderungen berücksichtig, wie Helligkeit und Pixel Pitch auf der Leinwand. Anhand dieser Vorgaben werden alle möglichen Varianten berechnet. Im zweiten Schritt werden wirtschaftliche Betrachtungen angestellt. Bei dieser Findung werden auch die Miet- und Kaufpreise miteinbezogen. Somit wird verglichen, ab wann ein Kauf und wie lange sich eine Anmietung lohnt. Darüber hinaus werden auch andere Aspekte wie beispielsweise TCO (Total Cost of Ownership) berücksichtigt, um die laufenden Kosten mit Energiekosten und Wartung miteinzubeziehen. Gerade die Energiekosten spielen ja momentan eine immer größer werdende Rolle. Bei den Wartungskosten sind die Betriebsstunden wesentlich. Bei immersiven Ausstellungen mit einer kurzen Laufzeit ist das relativ uninteressant, nicht aber bei Laufzeiten von einem halben oder einem Jahr oder sogar zwei Jahren und einer größeren Anzahl von Projektionsräumen.
Wer kann auf deine Arbeitsergebnisse zurückgreifen?
Momentan ist der Kalkulator ein internes Sales Tool der Lang AG. D. h., unsere Kunden, die anfragen, und sich vielleicht in einer Ausschreibung befinden oder allgemein einen Status zu einer Planung haben möchten, können mit unseren Sales-Kollegen reden und sich eine Empfehlung für ihre Immersive Exhibition errechnen lassen. Mit dem Kalkulator können wir auch relativ schnell alternative Empfehlungen geben, zum Beispiel bei der Betrachtung unterschiedlicher Pixel Pitches.
Bild: Dominik Roenneke
Ist die Projektionstechnik einmal installiert, ist der Rest eine Frage der Dramaturgie mit ihren szenischen Abläufen.
Bild: Dominik Roenneke
Der Mensch taucht im Raum in die Bilderwelt einer immersiven Projektion ein.
Bild: Lang AG
Die Anzahl und die Positionen der Projektoren richtet sich nach der Raumdimension. Bei der komplexen Kalkulation soll der Kalkulator den Gesamtaufwand berechnen und die Frage beantworten, was für eine Ausstellung günstiger wird: Kauf oder Miete der Projektionstechnik?
Deine Arbeit war im Studiengang Wirtschaftsingenieur angesiedelt? Ist der Kalkulator damit ausschließlich für die Projektkalkulation ausgelegt?
Mit dem Kalkulator können technische Parameter bestimmt werden. Auch können unterschiedliche Projektoren verschiedener Hersteller verglichen werden. D. h., wir betrachten Projektoren von beispielsweise Panasonic, Epson, Barco und Christie. Auch eine technische Filterung ist möglich.
Ich bin tatsächlich mit dem Kalkulator nicht bloß auf immersive Projektionen angewiesen, sondern habe ihn auch schon genutzt, um andere Anfragen, andere Ergebnisse zu berechnen. Die Frage der Wirtschaftlichkeit kann sich ja auch auf den ganz normalen Standard beziehen. Mein Modell ist sozusagen ein Hybrid zwischen Technik und Wirtschaft mit technisch, geometrischen Algorithmen und möglichen wirtschaftlichen Varianten.
Wie wird mit deinem Kalkulator gearbeitet?
Der Kunde tritt mit meinen Sales-Kollegen in Kontakt. Diese können dann einige Fragen zur Projektion stellen. Wie groß sind die Räumlichkeiten? Wie soll der Pixel Pitch sein? Wünscht der Kunde eine bestimmte Projektionstechnologie? Möchte er wegen des „Color Breakups“ beispielsweise keine 1-Chip-Projektoren verwenden. Mit all diesen Parametern wird der Kalkulator aktiviert und ermittelt dann die wirtschaftlichste Möglichkeit für den Kunden.
Ist der Kalkulator auf einen bestimmten Anwenderkreis beschränkt?
Ja, das Tool ist ein internes Tool. Techniker der Projektionsfachabteilung und die Vertriebskollegen können ihn einsetzen.
Die Entscheidung über Miete oder Kauf ist in einem Projekt sehr bedeutsam. Wie trennscharf sind die Kalkulatorergebnisse?
Der Kalkulator berechnet das globale Minimum, das monetäre globale Minimum. Das heißt einfach gesagt: Wenn die Miete 100€ günstiger ist als der Verkauf bezogen auf die Laufzeit, würde im ersten Schritt die Miete empfohlen werden. Zeitgleich lasse ich mir aber errechnen, wie groß der Unterschied ist. Fällt er eher gering aus, empfiehlt sich der Verkauf, weil die Geräte nach der Nutzungszeit wiederum in andere Anwendungen gehen oder weiterverkauft werden könnten. Auch erleben wir, dass manche Ausstellungen erfolgreicher verlaufen als gedacht. Dann wären gekaufte Projektoren bei einer Ausstellungsverlängerung natürlich im Vorteil. Deshalb ist der ausgewiesene Unterschied im Kalkulator wichtig.
Muss für die Anwendung des Kalkulators zuvor eine abgeschlossene technische Planung erfolgt sein oder reichen die groben Raummaße der Event Location?
Man sollte wissen, was man vorhat und natürlich, in welchem Zeitraum. Der Kalkulator ist ein sehr dynamisches Tool. Ich kann mehrere Empfehlungen für verschiedene Szenarien aussprechen, und das kann auch relativ schnell passieren. Trotzdem sollte dem Kunden einigermaßen bewusst sein, wie groß denn ungefähr die Location sein soll. Eine grobe Vorplanung reicht. Wenn ich beispielsweise weiß, ich möchte sechs Wände, 12m breit und 8m hoch bespielen, ist das eine Basis. Wenn später dann eine Wand 15m breit ist, macht das keinen großen Unterschied. Im Worst Case kann es natürlich sein, dass ich dann einen Projektor mehr brauche. Einfach ausgedrückt würde es etwas teurer werden. Anders herum, wenn der Raum kleiner wird, kann es natürlich auch sein, dass ich einen Projektor weniger brauche, es daher günstiger wird.
Der Markt der Projektoren ist bekanntlich dynamisch. Wie stellst du sicher, dass stets ein aktueller Stand der Projektionstechnik referenziert wird?
Das ist relativ leicht darzustellen. Ich habe den Kalkulator so konzipiert, dass ich neue Produkte, Projektoren und neue Optiken relativ leicht einpflegen kann. Die werden dann genauso berücksichtigt wie die älteren Projektoren. Genauso kann ich aber auch Projektoren EOL, also End of Life, setzen, weil sie nicht mehr verfügbar sind. Sie werden dann nicht mehr berücksichtigt. Selbstverständlich verfolgen wir mit Interesse neue Projektorserien im passenden Helligkeitsbereich von 8.000 bis 12.000lm bei hoher 4K-Auflösung. Wir alle wissen, die Auflösung kann nicht hoch genug sein, wenn es um die Details in den Kunstwerken geht.
Spuckt der Kalkulator am Ende eine fix und fertige Geräteliste aus, nach der gemietet oder gekauft werden kann?
Das Ergebnis des Kalkulators ist im Endeffekt eine Liste mit verschiedenen Projektoren, die für die unterschiedlichen Wände vorgesehen werden, an verschiedenen Positionen und mit passenden Optiken. Diese Daten werden jedoch nicht an das Warenwirtschaftssystem übergeben. Da gibt es keine Schnittstelle. Die Empfehlungen des Kalkulators werden von unseren Sales Kollegen aus dem Verkauf und der Vermietung aufbereitet und als Angebot für den Kunden geschrieben.
Aktuell sind recht viele Projekte zu sehen, die als immersive Ausstellungen konzipiert sind. Wird sich dieser Trend erst einmal fortsetzen? Gibt es für diese Art von Projektionsumsetzungen neben Ausstellungen weitere Einsatzgebiete?
Wir sehen zwei Entwicklungen: Einmal nimmt die Anzahl der „Immersive Rooms“ in der Kunstszene stetig zu, es ist kein Abflachen der Kurve zu sehen bei der Anzahl von Permanent- und Wanderausstellungen. Zeitgleich findet aber auch eine Entwicklung hin zu neuen Märkten statt. Da sehen wir neue Verticals, die sich erschließen. Das können „Immersive Work Spaces“ sein, also immersive Konferenzräume mit Projektionen auf den Wänden, alles befindet sich gleichzeitig sichtbar nebeneinander. Dies vor dem Hintergrund, dass zur ISE 21:9-Displays für mehr Überblick in der Video-Konferenz ein großes Thema waren. Da gehen die immersiven Konferenzräume quasi noch einen Schritt weiter.
Wir sehen aber auch andere Entwicklungen, wie beispielsweise im Architekturbereich. Da haben wir viele Nachfragen zu Boden- und Wandprojektionen. Auch im Retail, in Möbel- oder Küchenhäusern, werden immersive Projektionen eingesetzt, um einen Grundriss anlegen oder Möbel in einer Küche planen zu können. Wir denken, dass das in der Zukunft ein großer Markt sein könnte.
Auf technischer Seite sehen wir spannende Projektoren, die genau in diese Verticals passen mit 8.000 bis 12.000lm, 4K-Auflösung, bei sehr kompakter Bauweise für einen möglichst unauffälligen Einbau.
Betreust du bei der Lang AG zukünftig und schwerpunktmäßig den Einsatz von Technik für immersive Raumprojektionen?
Ich bin im Produktmanagement für Projektion tätig. Im Rahmen davon kümmere ich mich unter anderem auch um immersive Raumprojekte, die mich besonders interessieren.
Was ist dein Fazit zum Kalkulator?
Vor und nach der Erstellung habe ich den Kalkulator ständig ausgetestet und verschiedenste Szenarien ausprobiert. Nach unzähligen Inputs und Outputs kann ich feststellen: Es gibt keine allgemeingültigen Lösungen. Die Betrachtung und die Ergebnisse sind immer individuell.
Einige Trends konnte ich bei den Empfehlungen allerdings erkennen. So wurden beispielsweise oft 1-Chip-Projektoren vorgeschlagen, häufig auch Kombinationen von 1-Chip-und 3-Chip-Projektoren. Hier zeigen sich dann die Vorteile der Filterfunktion im Kalkulator. Einigen Kunden ist es je nach Projekt wichtig, dass wegen des „Color Breakup“-Effekts 1-Chip-Projektoren unberücksichtigt bleiben. Dann werden meist 3-LCD-Projektoren empfohlen. Mit dem Kalkulator kommt man so zum gewünschten und individuellen Ergebnis mit einer Empfehlung für Anmietung oder Kauf, bei gleichzeitiger Darstellung des Preisunterschiedes.
Der Kalkulator ermittelt unter Berücksichtigung verschiedener Inputs die wirtschaftlichste Möglichkeit, eine Immersive Exhibition mittels Projektionstechnik auszustatten. Die Inputfelder des Kalkulators umfassen einige Parameter. So werden neben den Dimensionen des Raumes auch Kundenwünsche wie den gewünschten Pixel Pitch und Helligkeit auf der Leinwand berücksichtigt. Auch werden die Laufzeiten, Stromkosten und Wartungskosten nicht vernachlässigt. Schließlich besteht auch die Möglichkeit, einzelne Projektionstechnologien oder auch einzelne Projektoren auszufiltern. Im ersten Schritt berechnet der Kalkulator mit verschiedensten Daten, wie zum Beispiel: den Raumdimensionen, Wandgrößen, Positionen der Projektoren, alle Varianten, die technisch möglich sind, die Immersive Exhibition mittels Projektion auszurüsten. Dabei werden also alle möglichen Projektor- und Optik-Kombinationen betrachtet, welche besser oder genauso gut wie die Kundenanforderungen sind. Anschließend wird eine monetäre Kalkulation angestellt. In dieser werden alle über die Laufzeit anfallenden Kosten berücksichtigt. Das Resultat des Kalkulators ist eine umfangreiche Empfehlung, welche verschiedene Daten beinhaltet. Zunächst wird in Grün hinterlegt, ob es sich um eine Kauf- oder Zumietempfehlung handelt. Die Empfehlungen werden für jede Fläche einzeln berechnet. Dann wird gezeigt, mit welchem Projektor, welcher Optik in welcher Stückzahl die einzelnen Wände am günstigsten vor dem Hintergrund der Eingaben realisiert werden können. Außerdem wird der resultierende Pixel Pitch und die Helligkeit auf der Leinwand angezeigt. Durch das Variieren verschiedener Inputs werden unterschiedliche Outputs berechnet. So können manchmal zum Beispiel kleine Änderungen in der Leinwandhöhe oder dem Softedge Overlaps bereits zu größeren monetären Unterschieden führen. Durch den Kalkulator können somit relativ schnell verschiedene Szenarien berechnet werden.