Nachhaltigkeit ist ein Aspekt, der in der ProAV-Branche derzeit noch keine große Rolle spielt. Umso erfreulicher ist es, dass der Audio-System-Lösungshersteller Fohhn aus dem baden-württembergischen Nürtingen hier eine beeindruckende Vorreiterrolle einnimmt.
Industry Member Of The Year! Unter viel Applaus wurde die Fohhn Audio AG bei der The AVard-Preisverleihung in Düsseldorf Anfang November durch die PROFESSIONALSYSTEM-Redaktion ausgezeichnet. 2021 beeindruckte das Unternehmen die Redaktion mit seinen vielfältigen Bestrebungen für ein nachhaltiges Wirtschaften. Da bei der Preisverleihung nur ein kleiner Auszug der vielen Maßnahmen vorgestellt werden konnte, fächert dieser Artikel das ganze Spektrum der Nachhaltigkeit bei Fohhn auf. Wir stellen das kürzlich neu bezogene Gebäude vor und geben Einblicke in das Unternehmen an sich. In zahlreichen Gesprächen mit den Geschäftsführern Uli Haug und Jochen Schwarz sowie unterschiedlichsten Mitarbeitern während mehrerer Besuche des Firmenstandortes mit Führungen durchs Gebäude wurde unser umfangreiches Bild komplettiert, das zu diesem Artikel führte.
Bis zum Dezember 2019 war die Fohhn Audio AG in Nürtingen auf sechs Gebäude an wiederum sechs unterschiedlichen Standorten verteilt, erklärt Theresa Schweikle, Vertriebsassistenz und Marketing bei unserem ersten Besuch des nagelneuen Gebäudes zum Partner Event im Juli 2020. Sie ist richtig stolz und freut sich sehr, dass der Neubau zum 1. Januar 2020 bezogen werden konnte. Endlich wäre Fohhn unter einem Dach. Jahrelang hat sich das Unternehmen dem eigenen Wachstum angepasst, indem man für die neuen Bedarfe versuchte, ein weiteres Gebäude in der Nähe zu bekommen. Am Ende führte das zu den diesen sechs Gebäuden. Und nun gibt es an einem Ort die Entwicklung und Fertigung, in der alles im eigenen Hause stattfindet, die Verwaltung, der als Fohhn Experience World bezeichnete Kundenbereich mit Schulungsräumen und dem großen Showroom Soundlab sowie natürlich ein großes Lager, das zukunftsorientiert ausgerichtet sei. Zu sehen, wie alles zusammenspielt und alle Mitarbeiter* innen am selben Ort zu haben, sei wahnsinnig schön, schwärmt sie, als sie uns an einem großen Luftbild des Gebäudes im Foyer alle Bereiche zeigt. Der neue Standort biete sogar Potenzial für zukünftige Vergrößerungen.
Die Räume des Besucherbereichs des Neubaus haben alle musikalische Namen, verrät mir Oliver Mack, der als Projektmanager für die Räume im Neubau mit verantwortlich war. Der große Schulungs-, Meeting- und Seminarraum wurde daher Big Band genannt. Teilweise wird der Raum sogar fremdvermietet, wie alle Räume im Besucherbereich. Daher hat sich Fohhn dazu entschieden, diesen mit einer großen LED-Wand vom Systempartner Unilumin auszustatten, die in ein Holzmedia-Möbel integriert wurde.
Links und rechts hinter stoffbespannten Seitenteilen sind Fohhn-Lautsprecher und -Subwoofer versteckt. Da zwei Seiten des Raumes mit Fenstern versehen sind und auch bei Präsentationen keine Schatten durch den Vortragenden geworfen werden sollten, hat man sich gegen eine Projektion entschieden. So kann die Verdunklung dezent eingesetzt werden – und versperrt zu keiner Zeit den Blick auf die schwäbische Alb!
Um den Systemgedanken auch nach außen zu tragen, ist an jedem Möbel eine Beschriftung angebracht, die verrät, um welche Teile es sich bei einer Lösung handelt. Die Größe des Screens als auch das verwendete Lautsprechersystem seien ideal, um den Raum von 12 × 5 m zu bespielen.
Das habe man auch von externen Nutzern bereits als Feedback bekommen, erzählt Uli Haug, nachdem er von einer Veranstaltung des lokalen Arbeiter Samariter Bundes berichtet, bei der eine neue Software vorgestellt wurde. Oli ergänzt, dass schon bei der Planung auf eine hohe Sprachverständlichkeit geachtet und bei der Raumakustik nichts dem Zufall überlassen wurde. Die Bedingungen durch eine schallharte Glasfront und eine glatte Wand gegenüber wären eine Katastrophe, wenn der Raum nicht mit akustischen Elementen in der Decke ausgestattet wäre, die dazu noch eine schöne Optik liefern. Hier habe man von vornherein ganz genau berechnet und geplant. Aber auch bei den verwendeten Materialien wurde großes Augenmerk auf Werkstoffe gelegt, die bei Fohhn-Produkten verwendet werden. Holz und Aluminium finden sich an der Decke und den Leuchten wieder, es gibt viel Sichtbeton oder schwarz gestrichenen Beton, die den Industriecharakter des Gebäudes wiedergeben sollen, führt Uli weiter aus.
Um das Portfolio für Konferenzräume und Business Communication vorzustellen, wurde hierzu eine Demo-Wand eingerichtet, um die Systeme in einem geeigneten Raum erleben zu können. Auch wenn schon vor der Pandemie mit der Entwicklung kleiner, kompakter und leistungsfähiger Systeme begonnen wurde, so konnten – motiviert durch Corona – zwei neue Systeme vollendet werden. Neben Mediascale, einem linienförmigen Full-Range-Lautsprecher, legt Oli seinen Fokus vor allem auf Hybrid-1, ein aktives Lautsprechersystem mit integriertem DSP, zwei Mic/Line-Eingängen und zwei Verstärkerkanälen, um eine weitere, passive Hybrid-1 betreiben zu können.
Direkt eine Tür weiter befindet sich ein Video-Konferenzraum mit klassischer Doppel-Display-Lösung, um gleichzeitig die Teilnehmer der Videokonferenz und auch den geteilten Content sehen zu können. Auch hier sind auf der Display-Stehle von Holzmedia wieder die Infos zu den verwendeten Komponenten aus dem Partner-Netzwerk aufgebracht. In das Möbel wurden Fohhn-Lautsprecher eingebaut, die dort exakt reinpassen, erklärt Mack. Die Aufnahme der Stimmen im Raum wird über ein Shure-Deckenmikrofon realisiert. Die Ausstattung ist schlicht gehalten, es wurde weder Mediensteuerung noch externer Codec integriert. Die Kamera wird per Fernbedienung gesteuert, und Videokonferenzen werden direkt am Rechner mit Tastatur und Maus auf dem Konferenztisch gestartet.
Auch im Video-Konferenzraum wurde die Raumakustik aufwendig geplant, damit es nicht zu trocken oder zu hallig klingt. Gerade in Verbindung mit dem Deckenmikrofon sei da einiges zu beachten, damit es sehr natürlich klingt, so Oliver Mack.
Wieder eine Tür weiter wurde ein kleiner Konferenzraum realisiert, der mit einem Shure-Deckenmikrofon ausgestattet ist und nur einen Bildschirm bereithält. Auch hier erfolgt die Nutzung direkt über Tastatur und Maus am Tisch. Die Idee hinter diesem Raum war, einen hybriden Konferenzraum mit persönlicher Atmosphäre zu schaffen. Uli Haug und Jochen Schwarz nutzen diesen auch direkt, um uns eine Präsentation zur Nachhaltigkeit von Fohhn vorzustellen.
Das Fohhn-Soundlab ist der große Demo-Raum und das Herzstück der Experience World mit über einhundert Lautsprechern, die hier alle angehört und ausprobiert werden können. Von der Größe (25 × 14 × 6,5 m – L × B × H) kommt das Soundlab fast an eine Turnhalle oder eine kleinere Stadthalle heran. Das Fundament ist getrennt vom restlichen Gebäude akustisch isoliert, als Gebäude im Gebäude erstellt und besitzt eine doppelwandige, schallisolierte Stahlbetonschale mit 30 cm Wandstärke plus innenliegender Isolierung.
Hinter den bedruckten Wandelementen aus schalldurchlässiger Gaze, die auf einer Längsseite als Schallplattencover und ansonsten als gepunktete Motivwand ausgeführt ist sowie im gesamten Raum, befinden sich verschiedene Absorbersysteme. Unter anderem Helmholtz-Resonatoren, welche die verschiedenen Frequenzbereiche und Raummoden effektiv bedämpfen. Hierdurch wird im Mittel eine Nachhallzeit RT60 im Bereich 100 Hz – 10 kHz von 0,55 s und unter 100 Hz von 2,5 s erreicht. Außerdem wurden doppelwandige Schallschutztüren installiert sowie ein Estrichboden mit robustem Schlingenboden. Ein variables Bühnenvorhangsystem dient dazu, den Raum an unterschiedliche Anwendungen anzupassen. Ebenfalls anpassen lässt sich die Raumakustik dank des elektronischen Raumakustiksystems „VIVACE“ von Müller BBM mit variabler Raumakustikreproduktion von Räumen mit 0,8 s bis 7 s Nachhallzeit, welches kombinierte Vorführungen und Tests von Audiosystemen in Kombination mit dem Vivace-Raumakustiksystem erlaubt. Das ermöglicht, die Demonstration von Fohhn-Lautsprechern in nahezu jeder akustischen Umgebung zu simulieren, ohne dass Lautsprecher und Technik im Ort verändert werden müssen. Zusätzlich ist das Soundlab mit einem objektbasierten Iosono-Immersive-Audiosystem von Encircled Audio für 3D-Audioanwendungen mit 64 Kanälen ausgestattet.
Das Soundlab wurde von einem internen Ingenieurteam zusammen mit Müller BBM konzipiert, um außergewöhnliche Klangerlebnisse zu schaffen, Menschen für Sound zu begeistern, die Themen Hören und Hören lernen zu vertiefen – aber natürlich auch, um modernste, digitale Audio-Technik live zu erleben und zu verstehen, schwärmt uns Uli vor. Das Soundlab wird in Verbindung mit der Fohhn‘s Bar auch für Live-Konzerte, Videoaufnahmen sowie Live-Audio-Recordings genutzt und bietet Raum für kulturelle Veranstaltungen aus Gesellschaft, Politik, Kunst und Religion/ Gottesdiensten. Das hauseigende Video-Format „Fohhn Juwelen“ mit insgesamt über 20 Live-Video-Mitschnitten wurde im Soundlab produziert, u. a. mit Künstlern wie Diana Ezerex, Toni Mogens, Hanke Brothers oder VOST. Hierzu wurden auch Movinglights von JB Lighting sowie LED-Technik von Unilumin integriert.
Direkt auf dem Dach des Soundlabs ist eine großzügige Fläche für Live-Veranstaltungen und Open-Air-Empfänge jeglicher Art vorhanden. 2020 und 2021 fanden hier Veranstaltungen wie z. B. Night of Light / Alarmstufe Rot sowie Live-Musik- und DJ-Events mit Live-Streaming statt, verrät uns Uli.
Nachdem wir den Besucherbereich abgehandelt haben, nimmt uns Uli auf die große Tour durch das restliche Gebäude. Wir starten in den Bürobereichen der Verwaltung, um uns mit Marco Paul zu unterhalten, der sich im Hause Fohhn um Prozessplanung sowie um die Gebäudeautomatisierung kümmert. Außerdem lernen wir Benjamin Layh, den Abteilungsleiter Einkauf kennen, der auch Mitinitiator des Klimarates und seit mehr als 20 Jahren bei Fohhn beschäftigt ist. Benjamin erzählt uns, dass er aus der Veranstaltungsbranche kommt und in der Produktion angefangen hat, bis er sich in Richtung Einkauf orientierte. Marco ist bereits seit mehr als 25 Jahren Teil der Fohhn-Familie.
(Bild: Fohhn)
Der Neubau wurde als KfW-55-Effizienzgebäude geplant und bringt dadurch zahlreiche Aspekte mit sich, die erfüllt werden müssen. Im Vergleich zum Referenzgebäude des Gebäudeenergiegesetzes darf ein KfW-55-Effizienzgebäude nur 55 % der Energie verbrauchen. Im Neubau wurden unter anderem Luft-Wärmepumpen, Kreuz-Wärmetauscher, LED-Beleuchtung und eine komplexe Automatisierung integriert, um diesen Aspekten gerecht zu werden. Aber auch eine Dachbegrünung auf dem Gebäude von Produktion und Lager gehören dazu.
Zur Gebäudeautomatisierung erklärt Marco uns, dass das ganze Haus, jeder Raum, jeder Bereich mit KNX ausgestattet wurde und über 1.000 KNX-Aktoren und -Sensoren verbaut wurden. KNX ist ein Protokoll für die Gebäudeautomation, die auf Zweidrahttechnik beruht, die zu jedem Schalter, jedem Sensor, jedem KNX-Gerät führt. Jedes KNX-Element kann so einer bestimmten Funktion zugeordnet werden und bietet Flexibilität für zukünftige Bedürfnisse. Dazu gibt es eine Software, in der das komplette Gebäude schematisch abgebildet und in verschiedene Bereiche gegliedert ist. Innerhalb der Software lassen sich dann die einzelnen Bereiche als Gruppe aller Funktionen aufrufen und einzelne Räume im Detail. Man kann einen schnellen Überblick darüber bekommen, wo die Beleuchtung an ist, welche Türen oder Fenster geöffnet sind, wie weit die Beschattung auf- oder zugefahren, wie der Status der Be- und Entlüftung in der Produktion oder auf wieviel Grad die Heizung gestellt ist.
Auch eine helligkeitsabhängige Lichtdimmung ist möglich. Ein immenser Aufwand an Kabelführung, an Hardware und in der Einrichtung bei einem großen Firmengebäude, der sich aber in etwa zehn Jahren amortisiert, kommentiert Uli. Die Software liefert zahlreiche Statistiken über Nutzung, das Zusammenspiel von Wetter und Energiebedarf sowie anonymisierte Nutzungsdaten der Beschäftigten.
Hiermit können Automatisierungsprozesse immer effizienter gestaltet werden. Aber auch auf die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter wird Rücksicht genommen. Jeder kann in seinem Bereich seine persönlichen Parameter in der Software hinterlegen, und auch wenn das Gebäude jeden Abend in eine Art Reset oder Sleep-Mode fährt, wird am nächsten Arbeitstag wieder das persönliche Preset eines jeden an seinem Arbeitsplatz geladen.
Auch unter den Herausforderungen von Corona konnte die Automatisierung für automatische Lüftungsvorgänge der Dachluken sowie der Be- und Entlüftung genutzt werden, um die Frischluft in bestimmten Bereichen zu erhöhen, skizziert uns Benjamin. Mit weiterer Sensorik und dem immer größer werdenden Know-how soll die Automatisierung weiter für eine nachhaltigere Bewirtschaftung des Gebäudes genutzt werden. Auch die für Ende des Jahres projektierte Photovoltaik-Anlage soll an die Software angebunden werden. Hier kann dann gesehen werden, wie hoch Ertrag und Bezug sind, um langfristig Energie zu neutralisieren und autark vom Stromanbieter zu werden.
Gemeinsam mit den Mitarbeitern wurde entschieden, dass Heizung und Klimatisierung auf den Gängen nur sehr moderat verwendet werden. Wenn doch mal jemand den Wunsch hat, diesen Zustand zu ändern, kann er dies temporär tun. Spätestens um 18 Uhr nimmt die Automatisierung dann die Änderung wieder zurück. Das gilt auch für die persönlichen Einstellungen in den Büros, Laboren oder anderen Räumen. Man kann jederzeit die Einstellung verändern, aber nachts geht das Gebäude komplett in den Ruhemodus, und am nächsten Morgen wird das Grund-Preset für jeden Bereich wieder geladen. Benjamin verrät uns, dass selbst die externen Haustechniker, die das System installiert haben, ganz fasziniert sind, wie intensiv man schon in der Nutzung sei. Dabei sieht er noch sehr viel Potenzial, das nach und nach ausgeschöpft werden soll. Aber auch für die Sicherheit des Gebäudes ist die KNX-Funktionalität wichtig. Jeder Mitarbeiter kann abends auf einem Dashboard mit nur einem Blick erkennen, ob auf seiner Etage oder gar irgendwo im Gebäude noch Fenster offen oder Lichter eingeschaltet sind. Mit einem kurzen Anruf im jeweiligen Büro kann schnell geklärt werden, ob da noch jemand im Haus ist oder ob man noch schnell ein Fenster schließen muss, bevor man in den Feierabend startet.
Die Warmwasserversorgung wurde im Gebäude dezentral ausgeführt, so dass lange Leitungslängen nicht für zu große Verluste sorgen. Aktuelle Warmwasseraufbereiter sind sehr effizient. Daher befindet sich im großen Heizraum auch nur die reine Heizungsanlage bzw. Wärmepumpe. In mehrere Kreise im Gebäude aufgeteilt gibt es Luft-Wärme-Tauscher in den Räumen oder auf den Fluren sowie Fußbodenheizung in den Büros, welche über einen 3.000-Liter-Tank versorgt wird. Um Spitzen in der Wärmeversorgung abzufangen, kann eine Gasheizung im Winter ab etwa –8 °C zugeschaltet werden.
Langfristig soll hier aber die Wärmepumpe mit Energiereserven aus der PV-Anlage das Heizen übernehmen und damit den Gasverbrauch im Winter weiter reduzieren. Uli erklärt uns, dass die Wärmepumpe an 85 % der Heiztage für die Wärmeversorgung ausreicht. Benjamin ergänzt, dass es ihm und seinem Team auch viel Spaß bereitet, mit der Anlage zu experimentieren und z. B. zu schauen, ob eine geringere Vorlauftemperatur ebenfalls ausreichend ist, um das Gebäude wie gewünscht zu erwärmen. Man sammle Erfahrungen und passe die Anlage anhand der neu gewonnenen Erkenntnisse immer wieder an.
(Bild: Fohhn)
Auch Zukunfts-Ideen wie die einer Mini-Windkraftanlage als Projekt werden diskutiert oder die Nutzung des immer größer werdenden Elektro-Fuhrparks als Energiepuffer: Wenn viel Energie über die PV-Anlage zu Verfügung steht, wird der Fuhrpark geladen, bei wenig Energie kann diese auch wieder ins Gebäude rückfließen. Allerdings sind für so ein Vorhaben noch einige behördliche Hürden zu nehmen. Die geplante PV-Anlage für die Eigenversorgung wird etwa 1/3 der Dachfläche belegen und dann 99 kWp liefern. Der Standort sei ideal, informiert uns Uli, denn es gäbe volle Sonneneinstrahlung. Daher kommen immer wieder Anfragen von Unternehmen, ob sie nicht die Dachfläche mieten könnten. Hier wären dann für die gesamte Fläche zwischen 300 und 500 kWp möglich.
Die Nutzung der Lötwelle, die für die Produktion von Kleinserien und Prototypen vorgehalten wird, ist ein sehr energiereicher Prozess, weil das Lötzinn die ganze Zeit auf Temperatur gehalten werden muss. Daher hat sich Fohhn dazu entschieden, hier die Arbeiten nur zweimal in der Woche komprimiert durchzuführen. Dabei wird die überschüssige Energie dieses Prozesses, die Abwärme, nicht einfach aus dem Gebäude geleitet, sondern über einen Wärmetauscher nutzbar gemacht. Die im Lötprozess verbrauchte warme Luft gibt ihre Wärme an neue Frischluft ab und wird wieder ins Gebäude geführt, während die verbrauchte Luft abfließt. Die Abluftanlage der Lötwelle setzt mehrere hundert Kubikmeter in der Stunde um. „Das wäre echt fatal, wenn die einfach so aus dem Gebäude geblasen würde, während wir sie vorher im Gebäude aufgeheizt haben“, verrät uns Marco. Gleiches passiert auch in der Lackiererei, in der ebenfalls eine große Abluftanlage installiert ist. Hier steht ein energieeffizienter Schraubenkompressor in einem Nebenraum, dessen Abwärme ebenfalls dazu verwendet wird, die Frischluft für die Lackiererei vorzuwärmen.
Das Unternehmen Fohhn besteht seit 1993 und wurde im Jahr 2001 zur Fohhn Audio AG umfirmiert. Die beiden Geschäftsführer Jochen Schwarz und Uli Haug lernten sich in einer Band kennen, die zwischen 1984 und 1995 auf diversen Touren über 500 Konzerte spielten. Dadurch entstanden entsprechend viele Erfahrungen mit und ein großer Überblick zu unterschiedlichen Soundsystemen.
Beide erkannten, dass die Bedienungsfreundlichkeit der vorhandenen Systeme im Markt nicht ideal war, auch die Integrationsfähigkeit ließ zu wünschen übrig. Zu einem Lautsprecher passende Wandhalter, möglichst noch in Weiß, waren eher selten. Nach seinem Studium gründete Jochen Schwarz zusammen mit einem weiteren, ehemaligen Geschäftspartner das Unternehmen. Uli Haug kam kurz danach noch während seines Studiums hinzu und übernahm den Bereich Marketing und Vertrieb. 1993 hatte Fohhn erste Aufträge – für weiße Lautsprecher in einem Luxushotel und für Live-Musiktaugliche Audiosysteme in Kirchen. Daneben entwickelten sie mobile Kompaktsysteme für Musiker und Live-Beschallungen. Seit der Gründung wird ausschließlich in Deutschland entwickelt und produziert.
Mit der Easyport wurde 1996 ein akkubetriebenes All-In-One-System mit langer Laufzeit vorgestellt, das sich durch eine hohe Bedienfreundlichkeit auszeichnete und mit Vierkanal-Mischer sowie Funkmikrofon ein Novum auf dem Markt darstellte. Das Easyport-System wird heute noch mit leichten Modifikationen angeboten. Im weiteren Verlauf wurde Fohhn zum Freund des Planers und der Architekten, indem sie ihre Lautsprecher bereits in kleiner Stückzahl in sämtlichen RAL- und X-Pantone-Farbtönen sowie mit einer Vielzahl von Halterungskonfigurationen anboten. Später kamen dann auch Texturdesign, fotorealistische Oberflächen, Holzdesign oder Marmormaserungen, um Lautsprecher völlig in ihrer Umgebung verschwinden zu lassen hinzu.
2001 startete das Unternehmen damit, eigene DSPs zu entwickeln und damit auch eigene Software. Viele Kompetenzen im Elektronikbereich hatte Fohhn schon einige Jahre lang durch den Bau eigener Class-AB-Verstärker gesammelt. 2004 wurde der erste digitale Aktiv-Lautsprecher mit integriertem DSP vorgestellt, 2005 die Fernsteuerung von Lautsprechern über eine eigene Software. Zwischen 2005 und 2008 entwickelte man den ersten Beam-Steering-Lautsprecher bei Fohhn, der 2009 mit dem MIPA Leseraward von PRODUCTIONPARTNER ausgezeichnet wurde. Das nächste Ziel war, Beam-Steering im Pro-Audio-Bereich zu etablieren und konzerttauglich zu machen.
Besonders neu war der Ansatz, die Beams in Echtzeit in 0,1-Grad-Schritten über die Software anpassen zu können. Das dafür nötige Processing findet im Lautsprecher statt. Das ermöglichte Fohhn die Konstruktion von kompakten Linienstrahlern, die sich sehr unauffällig integrieren lassen. Hierbei war es Fohhn wichtig, alle Funktionen für alle Lautsprecher stets in der gleichen Software abzubilden. Die einfache Bedienbarkeit soll sich auch auf dieser Ebene fortsetzen. Mittlerweile finden sich in der Software über 100 messtechnisch ermittelte Lautsprecher-Presets für jeden Fohhn-Lautsprecher. Der Systemgedanke soll für die einfache Bedienbarkeit sorgen – er spiegelt sich aber auch in der Zusammenarbeit mit Partnern wider, bei der Fohhn auf den Gedanken der Systemlösung setzt und dafür die nötigen Schnittstellen bereithält, um einfach zu bedienende Gesamtlösungen vorzuhalten.
Komplettiert wird der Systemgedanke softwareseitig durch den Fohhn Designer, eine eigenentwickelte, onlinebasierte Simulationssoftware, und den Messsystemen Fohhn FAMSA und Fohhn Optimizer. Bei Fohhn finden die Mitarbeiter*innen ein familiäres Team mit flachen Hierarchien und geringen Fluktuationen. Betriebszugehörigkeiten zwischen 10 und 20 Jahren sind keine Seltenheit. Das Unternehmen bietet flexible Arbeitszeiten, ist familienfreundlich, unterstützt Freizeitinitiativen der Belegschaft und Teambuilding oder stellt die eigenen Ressourcen für unterschiedliche Projekte zu Verfügung.
Bis hierhin ging es vor allem über den Neubau der Fohhn-Firmenzentrale in Nürtingen, des Gebäudes und der Gebäudetechnik. Der zweite Teil dieses Beitrags wird sich nun den Fohhn-Produkten, deren Entwicklung und Fertigung sowie den Zulieferern und dem zukünftigen Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit widmen: Das Unternehmen intensiviert weiter seine Anstrengungen, mittelfristig ohne Zukauf von Zertifikaten klimaneutral zu werden.
Just am Tag unseres Besuchs in Nürtingen wurde die entscheidende E-Mail an alle Mitarbeiter*innen versendet, sich an einem Nachhaltigkeitsrat zu beteiligen und aus den einzelnen Abteilungen Verbesserungsvorschläge einzureichen. Bereits für den Januar 2022 wurde dann zusammen mit der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen (HfWU) und einer Gruppe aus fünf Professor*innen sowie Student*innen ein erstes gemeinsames Nachhaltigkeitstreffen angesetzt. Vor knapp zwei Jahren wurde an dieser Hochschule das Zentrum für nachhaltige Entwicklung (ZNE) gegründet, in dem verschiedene Fakultäten und Studiengänge übergreifend zusammenarbeiten. Der Leiter des ZNE Prof. Dr. Christian Arndt, Professor für Volkswirtschaftslehre, insb. Empirische Wirtschaftsforschung sowie Beauftragter für Nachhaltige Entwicklung und Leitung Innovations- und Methodenlabor (MLab), ist hier im besonderen Maße an der Zusammenarbeit beteiligt.
(Bild: Fohhn)
An einem runden Tisch sollten bereits im Dezember 2021 weitere Schritte erarbeitet werden, um die CO2-Bilanz des Unternehmens zu verbessern und dabei trotzdem wirtschaftlich zu bleiben. Coronabedingt wurde diese Veranstaltung ins neue Jahr verschoben. Auch die Anstellung von Werksstudenten stehe im Raum, teilte uns Uli Haug, Vorstand Marketing/Vertrieb bei der Fohhn Audio AG, mit. Des Weiteren arbeitet Fohhn ebenfalls mit der Hochschule Reutlingen in Sachen nachhaltiger Entwicklung zusammen. Hier ist man insbesondere mit Prof. Dr. Ing. Steffen Ritter, Leiter des Entwicklungscenters für Polymerinnovationen, in Kontakt und wird insbesondere hinsichtlich neuer, nachhaltiger Materialien in der Kunststofftechnik sowie für wetterfeste Produkte beraten. Am Ende möchte man die tatsächlichen CO2-Einsparungen gerne auch wissenschaftlich gestützt kommunizieren können.
Die Idee des Nachhaltigkeitsrats entstand auf Initiative einiger Mitarbeiter*innen und wird durch die Geschäftsführung unterstützt und mitgetragen. Nicht nur Geschäftsführung und Abteilungsleiter, sondern alle Mitarbeiter*innen sind eingeladen, sich jederzeit mit Vorschlägen sowie Ideen einzubringen und sich aktiv zu beteiligen. Und wenn es noch so kleine Veränderungen sind, in der Addition leisten sie einen großen Beitrag, um das Unternehmen klimaneutral zu machen. Man habe sich hier bewusst gegen Bilanzziele und Zertifikate entschieden, um die Thematik ganzheitlich und ohne Greenwashing anzugehen. Auch soll ein gemeinsames Bewusstsein geschaffen werden, so dass alle motiviert sind, diesen Weg zur Klimaneutralität mitzugestalten.
Die bisherigen Erfahrungen sprechen deutlich für Fohhn. Man sieht sich im Unternehmen als eine große Familie mit gemeinsamem Wertesystem. So kam beispielsweise von Mitarbeiter*innen die Idee, wiederverwendbare Umverpackungen bei den Zulieferern zu verwenden. Diese wurde dann zusammen mit den Lieferanten ausgearbeitet: Statt in Styropor und Kartons, die bei Fohhn entsorgt werden mussten, werden Lieferungen nun mit Euroboxen (für alle kleineren Teile) sowie mit selbstgebauten, klappbaren Cases (für größere Elemente) abgewickelt. Das Leergut geht dann mit jeder neuen Lieferung wieder retour an den Lieferanten. Nach drei Jahren habe sich der hohe Aufwand für die Anschaffung dennoch amortisiert. Aber auch aus den eigenen Verpackungen wurden Styropor- oder Schaumstoff-Distanzhalter weitgehend verbannt und durch Pappschachteln ersetzt.
(Bild: Fohhn)
Eine weitere Idee kam einem Mitarbeiter an der Lötwelle. Diese hat prozessbedingt einiges an Löt-Abfall, der abgetragen später über eine externe Wiederaufbereitung wieder zu hochwertigem Lötzinn verarbeitet werden kann. Durch einen Filter vor Ort lassen sich nun 80 bis 90 Prozent der sogenannten Krätze wiederaufbereiten, so dass nur noch ein Bruchteil in die externe Aufbereitung gehen oder gar entsorgt werden muss.
Bereits 2001 begann Fohhn mit der Entwicklung digitaler Signalprozessoren und Verstärker. Wichtig war den Entwicklern immer, dass die einzelnen DSP-Funktionen wie Volume, Parametric-EQ mit Filtergüte, Frequenz etc. im DSP selbst berechnet werden, erklärt Samuel Hartmann, Ingenieur für Media Technology (Technical Distribution / Customer Relations Export). Dies habe den Vorteil, dass von jeder Mediensteuerung in Klartext auf alle entscheidenden Parameter zugegriffen werden kann. 2005 kam das erste netzwerkfähige System auf den Markt, welches über Software gesteuert werden konnte. Im Jahr 2019 wurde der Fohhn Designer, ein zu 100 % eigenentwickeltes Online-Simulationswerkzeug, vorgestellt. Das webbasierte und plattformunabhängige Tool dient dazu, Integratoren und Planer im Vorfeld zu unterstützen sowie schnell und bedienerfreundlich eine Akustiksimulation des Audiosystems im Raum zu erhalten: Es wird ein digitaler Zwilling des Raums generiert, in dem schon vor der Montage geschaut werden kann, wie er sich verhält.
Mittlerweile kann der Fohhn Designer als Cloud-Anwendung ausgeführt werden, um die Rechenleistung für die immer aufwendiger werdenden Simulationen auszulagern. In der Web-App können Projekte erstellt und gespeichert werden. Neuerdings lassen sich diese erzeugten Projekte auch mit anderen Nutzern teilen, um gemeinsam (jedoch nur eine Person zur selben Zeit; weitere können sich das Projekt aber ansehen) an Projekten zu arbeiten. Eine Funktion für die Arbeit an Projekten in Teams ist ebenfalls ganz frisch integriert. Im Fohhn Designer wurde kürzlich zudem die Auralisierung freigeschaltet, also die künstliche Hörbarmachung von akustischen Situationen. Der Nutzer der Software spielt eine Sounddatei seiner Wahl ab und wählt innerhalb eines feinen Rasters im Raum einen Punkt aus. Für diesen Punkt wird simuliert, wie die Impulsantwort dieser Position im Raum klingen wird.
Dies wurde uns anhand der Simulation einer koptischen Kathedrale in Kairo, die mit Fohhn-Audio-Systemen ausgestattet wurde, eindrucksvoll präsentiert. Der STI wird für die gewünschten Flächen berechnet und als Farbverlauf dargestellt. Die Anzahl der Datenpunkte pro Fläche lässt sich variieren. Ebenfalls werden an dem gewählten Punkt mit Linien die dominanten Schallwege aus Direktschall und Reflexionen angezeigt. Im Fohhn Designer ermittelte Parameter für die im Projekt verwendeten Audiosysteme korrespondieren mit der Fohhn-Audio-Software und können in diese importiert werden, erklärt uns Benjamin Gutekunst. Das Anlegen verschiedener Snapshots eines Projekts ist Grundlage des Fohhn Designers und erlaubt die Erstellung verschiedener Versionen, z. B. um eine passive Lösung mit einem Beam-Steering zu vergleichen.
Alle Fohhn-Geräte, die seit 2005 entwickelt wurden und über Software gesteuert werden, lassen sich heute noch mit der aktuellen Software bedienen. Auch das sei nachhaltig, schwärmt uns Uli vor – darauf habe die Produktentwicklung von Anfang an Wert gelegt.
Die Entwicklung erfolgt bei Fohhn komplett im eigenen Hause. Dieter Pikulski, Entwicklungsingenieur Leistungselektronik und seit 15 Jahren bei Fohhn, zeigt uns ein neues Layout, an dem er arbeitet. Die Elektronikentwicklung beginnt bei jedem neuen Produkt von Null „auf der grünen Wiese“. Neben dem reinen Elektronik-Hardware-Design sei ein großer Anteil des Entwicklungsumfangs die Erstellung des DSP-Programms und die Programmierung der Mikroprozessor-Steuerung. Dieter freut sich sehr, bei Fohhn den Luxus zu genießen, in der Elektronikfertigung immer auch Zeit für Überlegungen zu finden, wie man Designs besser und effizienter machen kann – was dazu führt, dass sie kompakter werden. Oder wie man mechanische, elektrische und thermische Herausforderungen bestmöglich umsetzen und so im Wettbewerb ganz vorne mit dabei sein kann. Auch dass die Produkte so designt sind, dass sie für den vorgesehen Einsatzzweck möglichst perfekt passen. In einem Konferenzraum werden z. B. keine 4.000-Watt-Endstufen benötigt, hier sind im Regelfall Leistungsbereiche von 100 W und weniger völlig ausreichend. Das Entwicklungsteam greift grundsätzlich auf hochwertige Komponenten zurück, um eine maximal lange Lebensdauer der Produkte zu ermöglichen. Nicht umsonst gibt Fohhn fünf Jahre Garantie und entwickelt alle Produkte auf eine Einsatzdauer von 100.000 Betriebsstunden. Zur Reparatur nötige Bauteile werden, wo es möglich ist, für zehn Jahre vorgehalten. Zudem wird der Grundsatz verfolgt, alle Geräte von Anfang an so zu entwickeln, dass sie möglichst gut zu reparieren sind. Hier arbeitet die Mechanikfertigung im Haus Hand in Hand mit der Elektronik. Das Ziel ist, im Servicefall sehr schnell und kosteneffizient einen Austausch einzelner Bauteile zu ermöglichen. Falls eine Reparatur einmal nicht mehr möglich ist, soll eine Demontage des Geräts unkompliziert erfolgen, so dass Komponenten wiederverwertet werden können. Fohhn garantiert eine nachhaltige Entsorgung aller zurückgegebenen Produkte.
Ein großes Problem in der Nachhaltigkeit elektronischer Produkte sieht Dieter allerdings noch bei den Komponenten, bei denen es leider aktuell keine Siegel bzw. Zertifikate vergleichbar mit „Fairtrade“ oder „Bio“ gibt. Hier beherrschen eine Handvoll Halbleiterhersteller den Weltmarkt, was es sehr schwierig macht zu überprüfen, welche Komponenten aus nachhaltigen Quellen kommen und welche nicht. Der Import aus Fernost bedeute für jede einzelne Komponente eine schlechte CO2-Bilanz. Daher achte man beim Einkauf von Elektronik-Komponenten grundsätzlich auf den Bezug über zugelassene Distributoren und, wo möglich und vorhanden, auf Komponenten aus europäischer Produktion. Erfreut äußert er sich, dass der Trend dahin ginge, dass immer mehr Anbieter in Deutschland oder Europa die benötigten elektronischen Komponenten fertigen würden. Dennoch kämen leider viele Komponenten noch aus Fernost, und er würde sich wünschen, dass es eine Zertifizierung für nachhaltige Elektro-Bauteile gäbe.
Die Fertigung von Prototypen, Kleinserien oder Sonderlösungen kann der Audiohersteller mit eigenem Equipment vornehmen. Hierzu gehört neben 3D-Druckern auch ein kleiner Bestückungsautomat für Platinen. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Wege. Der Betrieb der Maschinen wird dabei so effizient wie möglich geplant. Ebenfalls im Haus befindet sich ein Soundlabor mit zwei großen Messräumen, in denen alle nötigen Messungen für die Lautsprecher- und Elektronik-Lösungen durchgeführt werden können. Im Außenbereich befindet sich dann noch der Dauertest-Raum, eine Art Bunker mit 40 cm starken Stahlbeton-Wänden und vier Schallschutztüren, in dem Dauertests die Produkte bis aufs Äußerste ausreizen. Im Moment unseres Besuchs werden gerade kleine Subwoofer für die Media-Scale-Serie dem Dauerbetrieb auf Maximallast ausgesetzt. Eine irre Lautstärke im Inneren, die auch außerhalb des Bunkers noch wahrnehmbar ist. Uli Haug verrät uns, dass das beim Test von großen Subwoofern noch um einiges heftiger sei.
Boris Kunz, Leiter der Entwicklung für Akustik und Mechanik und seit 1994 im Unternehmen, nennt sich selbst einen „Überzeugungstäter“. In der Entwicklung zeigt er uns in seiner CAD-Anwendung das Design einer Lautsprecherserie für die Festinstallation, die gerade neu entsteht. Auch Boris erwähnt, dass er in der Mechanik-Konstruktion immer „Produkte für die Ewigkeit“ im Blick habe. Er schwärmt davon, dass Fohhn-Systeme, welche 1996 in einem lokalen Club installiert wurden, vor Kurzem zur Reparatur der Treiber da waren und jetzt noch mal fünf Jahre dort spielen werden. Das sei absolut nachhaltig, und er wolle keine Wegwerfprodukte entwickeln.
In der größten Umentwicklungsphase der Fohhn-Geschichte sei man aktuell, verrät uns Boris: Neben der vorgestellten Installationsserie soll auch die wichtige Linea-Serie komplett neu aufgelegt werden. Man kremple gerade 3/4 des Portfolios um. Denn auch stetige Innovation und Weiterentwicklung gehören zu Fohhn. Die Planungen für viele Produkte laufen seit etwa fünf Jahren, auch während der schwierigen Corona-Zeit fand kein Stillstand statt: Die Zeit wurde genutzt, um die Business-Communication-Serie Media Scale sowie neue Verstärker zu entwickeln. Boris freut sich, dass seiner Entwicklungsabteilung die Ideen nie ausgehen würden. Dass durch Corona nun viele Lösungen für hybride Konferenzen nachgefragt werden, konnte vorher niemand voraussagen.
Die neue Serie soll die Weiterentwicklung einer bestehenden Reihe werden, die dann nach einem Baukasten-Prinzip funktioniert: viele gleiche Teile, die für die ganze Serie genutzt werden können, und wenige Zubehörteile, die systemweit funktionieren. Die Holzgehäuse kommen dabei von einem Lieferanten vom Bodensee, der FSC-zertifizierte Rohstoffe verwendet und ebenfalls mit Lacken auf Wasserbasis nach den Vorstellungen von Fohhn arbeitet. Nur bei wetterfesten Lacken gäbe es leider noch keine Alternative zu Polyurethan, doch man forsche bereits an nachhaltigeren Varianten.
Auf nachhaltige Materialien zurückgreifen konnte man leider dagegen nicht im schalltoten Raum und dessen Akustik-Keilen in den Wänden und der Decke. Hier kommt das übliche Polyethylen zum Einsatz, da Glasfaser als Alternative nach wie vor als lungengängig gilt und Basotect ein Leben lang ausgast. Da die Keile jedoch für eine lange Zeit im Messraum verbleiben werden, sollte die Bilanz nicht allzu stark einbrechen.
Nach Aussagen von Fohhn kommen 75 % der Lieferanten aus einem Umkreis von 300 km um Nürtingen, und rund 80 % der Lieferanten fertigen schon seit über zehn Jahren für das Unternehmen. Darüber hinaus wird firmenseitig darauf geachtet, dass die Zulieferer von der Größe, der technischen Kompetenz sowie auch der Philosophie her zum eigenen Unternehmen passen. Benjamin Layh, Leiter des Einkaufs bei Fohhn erklärt uns, dass man daran erkenne, wie wichtig ihnen ein verantwortungsvoller Umgang auf Augenhöhe innerhalb der Lieferketten sei. Man setze möglichst auf lokale Lieferanten, um einerseits kurze Wege zu haben und dadurch zugleich auch flexibel agieren zu können. Fohhn sei wichtig, dass man einen fairen, partnerschaftlichen und vertrauensvollen Umgang pflege, ein gemeinsames Marktverständnis entwickle, an- und miteinander wachse sowie zusammen die bestehende Partnerschaft weiter ausbaue. Gerade in der Pandemie habe sich gezeigt, wie wichtig eine solch belastbare Beziehung ist, um auch in dieser dynamischen und herausfordernden Lage lieferfähig zu bleiben. Benny merkt aber auch an, dass die Mentalität und die Werte zusammenpassen müssen. Auch, dass die Arbeitsbedingungen vor Ort stimmen, sei sehr wichtig.
Der Lieferant der Holzgehäuse vom Bodensee zum Beispiel ist seit der Gründung von Fohhn 1993 dabei und über die Zeit mitgewachsen. Er bezieht seinen Strombedarf über eine PV-Anlage und benutzt ein Blockkraftwerk mit Hackschnitzelheizanlage für die Verfeuerung seiner Abfälle. Mit dieser versorgt er nach einer Erweiterung 33 Abnehmer im Ort mit Wärme und Elektrizität.
Und auch der Elektroniklieferant aus dem Allgäu hat ein eigenes Blockkraftwerk sowie eine PV-Anlage, unterstützt Aufforstungsprojekte und ist aktives Mitglied im bayrischen Umweltpakt. Uli schwärmt über die hohe Qualität der Fertigung des Lieferanten. Ein weiterer Elektronikzulieferer sitzt nur 15 km vom Fohhn-Sitz entfernt, fertigt für die Medizintechnik und die Industrie, erzeugt seinen Stickstoff für die Lötprozesse selber und bezieht seine benötigte Energie ebenfalls über eine PV-Anlage. Dieser war Vorbild für die Mehrweg-Umlaufverpackungen.
Und so geben uns Uli und Benny noch viele weitere Einblicke in die zahlreichen Vorhaben ihrer Lieferanten, die alle ähnliche Bemühungen für mehr Nachhaltigkeit anstreben und bereits viele Schritte umgesetzt haben. Benny erklärt, man wolle bei Fohhn nicht nur grün wirken, sondern man möchte es auch wirklich sein.
Man könnte meinen, eine eigene Lackiererei wäre in gewisser Weise Luxus, doch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit macht es sogar Sinn. Die Wärmerückführung über die Kraft/Wärme-Kreuzung ist dabei nur ein Aspekt, ein weiterer ist die Auswahl der verwendeten Lacke auf Wasserbasis sowie die möglichst verlustarme Aufbringung der Lacke nach neuesten Standards. Dinge, die man bei externen Lackierereien vermutlich gezielt suchen und vor allem mit entsprechendem Aufpreis bezahlen muss. Eines der vielen Details: Damit während der Fertigung die frisch lackierten Produkte nicht zerkratzen, wurden früher die Tische mit Folien versehen, die dann nach einer definierten Anzahl von Arbeitsschritten ausgetauscht wurden, da sich z. B. Metallspäne dort sammeln. Der Teamleiter aus der Produktion hatte die Idee, diese Folien durch Bürstenmatten zu ersetzen, bei denen die Späne zwischen den Bürsten auf die Tische fallen und am Ende des Tages einfach vom Tisch gesaugt werden können. Das spart nun einige hundert Meter Folien pro Jahr.
Bevor ein Produkt die Fertigung verlässt und für den Transport oder die Lagerung verpackt wird, findet eine hundertprozentige softwareunterstützte Endkontrolle statt. Jedes einzelne Produkt wird im extra hierfür gebauten großen Endkontroll-Messraum durchgemessen und akustisch sowie optisch geprüft. Anschließend wird die Kontrolle protokolliert, mit einem individuellen Barcode versehen und mit der Seriennummer in der Geräteakte hinterlegt. So kann jederzeit nachvollzogen werden, wann es von wem gebaut wurde und wer die Qualitätskontrolle durchgeführt hat. Zudem wird jedes elektronische Produkt einem aufwendigen Burn-In-Prozess unterzogen: Wenn ein Produkt nicht innerhalb der ersten Zyklen kaputt geht, wird es über einen langen Zeitraum gleichförmig funktionieren, bevor ein Alterungsprozess eintritt. Der hohe Aufwand lohnt sich auf jeden Fall für Käufer von Fohhn-Produkten, denn bei der vorgestellten Garantieservice-Quote von 0,075 % ist klar, dass innerhalb der ersten fünf Jahre nur selten Mängel auftreten.
Für die Verpackung von Produkten wird umweltfreundliche, recyclingfähige und unbedruckte Wellpappe eines deutschen Zulieferers verwendet. Dieser sei sowohl energie- als auch nachhaltigkeitszertifiziert und verwende FSC-zertifizierte Kartonagen, die bei gleicher Stabilität dünner und leichter als üblich seien und damit wiederum Volumen beim Transport sowie Verpackungsmaß sparen, erzählt uns Uli stolz. Dabei sei aber auch wichtig, dass die Verpackung möglichst gut vor Transportschäden schütze. Eine Fallhöhe von einem Meter auf Asphalt sollte auf jeden Fall absorbiert werden können, ergänzt Bennjamin Layh. So käme es gerade mal zu drei Transportschäden im Jahr. Dennoch versuche man, die Materialanteile der Verpackung weiter zu reduzieren, ohne auf Qualität zu verzichten. Darüber hinaus recycelt der Verpackungshersteller auch selbst alte Kartonagen und bereitet diese für seine Prozesse wieder auf. Der Recyclinganteil beträgt hier 80 %. Dazu werden die Prozesse ständig weiterentwickelt, um höhere Mengen an Altpapier beimischen zu können, ohne die Qualität negativ zu beeinflussen.
Von einem Mitarbeiter kam der Hinweis, dass man doch auch Umverpackungen mit Papierband statt bedrucktem Folienband verschließen könne. Und statt Innenverpackungen aus Schaumstoff werden nun geriffelte Pappmodule verwendet, welche nun auch noch zusätzlich mit Zubehör befüllt werden können.
Auch beim Versand wurde sich für einen Logistiker entschieden, der 100 % klimaneutral versendet. Zwar wird dies über entsprechende Zertifikate abgesichert, doch dadurch werden Wiederaufforstungsprojekte und Ähnliches unterstützt. Der Logistiker baut seine Flotte an E-Fahrzeugen immer weiter aus und erfüllt auch Fohhns Standards für die Lieferung. Man sei mit der rechtzeitigen Zustellung und den bisher völlig ausgebliebenen Transportschäden absolut zufrieden, so Uli.
Durch flexible Arbeits- und Elternzeitmodelle möchte Fohhn seine Mitarbeiter*innen in ihrer jeweiligen Work/Life-Balance und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen. Gemeinsame Aktivitäten wie Skifahren, Mountainbiken oder Wandern werden gefördert, maßgeblich aber von der Belegschaft selbst organisiert. Da sich unter den Mitarbeiter*innen auch zahlreiche Musiker*innen befinden, gibt es hier auch immer wieder Projekte, die aus der Belegschaft heraus gestartet werden. Genauso unterstützt die Geschäftsführung interne Teambuilding-Maßnahmen, egal ob einzelner Abteilungen oder übergreifend.
Firmenintern hat sich eine Maker-Gruppe etabliert, die mit den Ressourcen des Unternehmens in ihrer Freizeit hantieren darf und teils zum privaten Spaß Quadrocopter, Kinder-Laufräder oder Bauteile für Mountainbikes, aber auch Lösungen für soziale Projekte entwickelt hat. In der Hochphase der ersten Corona-Welle erstellten sie Faceshields, die an das lokale Rote Kreuz und regionale Krankenhäuser weitergeben wurden. Zusammen mit Partnern konnten so in kurzer Zeit über 6.000 Faceshields produziert werden. Über einen Kunden wurde sogar der Kontakt zu einem Krankenhaus in Bergamo hergestellt, welches dann beliefert wurde, dazu kamen dann noch Pflegeheime in Turin. Aber auch für die Hilfe im Ahrtal nach der Flutkatastrophe wurden Mitarbeiter freigestellt, die dort Kontakte hatten oder in Hilfsdiensten aktiv sind. Allgemein unterstütze das Unternehmen soziale Projekte, wo es geht, erzählt uns Uli, die Ressourcen des Unternehmens können für das ehrenamtliche Engagement in der Freizeit der Mitarbeiter*innen genutzt werden.
Darüber hinaus pflegt Fohhn Kontakte zu Bildungseinrichtungen und Schulen in der Region, mit denen Projekte für Weiterbildung, Fortbildung und Kreativität entwickelt werden. Man biete Projekte für Bachelor- und Masterarbeiten. Und auch an Berufsorientierungskursen beteiligt sich das Unternehmen. Umgekehrt fördere man höhere Bildungsabschlüsse in der eigenen Belegschaft ebenfalls.
Da im Unternehmen Menschen verschiedenster Nationalitäten beschäftigt sind, verfolge man nicht zuletzt eine Nulltoleranz-Politik gegenüber Diskriminierung, Sexismus und Rassismus. Uli hebt hervor: Egal welche Kultur, Geschlecht oder Religion jemand habe, man müsse jedem Menschen mit dem gleichen Respekt und Wertschätzung begegnen. Auch wenn das ja eigentlich selbstverständlich sei.