„Wir nutzen den DigitalPakt Schule für den Austausch unserer Switche und zur Technik-Refinanzierung“, so Peter Heimann, der in Monheim am Rhein bei der Stadt für die Bereiche Schulen und Sport zuständig ist. Auf den ersten Blick verwundert diese Aussage. Denn erst seit dem letzten Jahr fördert der DigitalPakt Schule WLAN-Infrastruktur, Medientechnik in den Schulklassen und aktuell sogar digitale Endgeräte im Rahmen der „Corona-Soforthilfe I und II“. Endlich können sich die allgemeinbildenden Schulen in Deutschland auf den Weg in die Digitalisierung machen.
Wieso fokussiert man sich in Monheim „nur“ auf Peripherie-Technik? Diese Frage kann Peter Heimann ganz einfach erklären: „Vor fünf Jahren haben wir an unserem Otto-Hahn-Gymnasium ein Pilotprojekt gestartet. Sukzessive und über mehrere Jahre hinweg statteten wir das Gymnasium mit interaktiven Displays, Tafelsystemen mit interaktiven Beamern, Access Points, Apple-TVs, PCs und einigen Dokumentenkameras aus.“ Die Medienentwicklungspläne aller zehn Schulen in der Stadt lagen da schon längst vor. Mithilfe des Pilotprojektes konnte frühzeitig „Bilanz gezogen und optimiert werden“. Und so kam es, dass bereits alle Schulen mit Medientechnik ausgestattet werden konnten.
Einmal jährlich stimmt sich der Schulträger mit allen Schulen ab. So können die Anforderungen der einzelnen Schulen und die mediale Entwicklung berücksichtigt werden, wie Peter Heimann berichtet: „Im Zuge der pädagogischen Arbeit sind und wurden auch individuelle IT-Lösungen (Hardware, Software …) für bestimmte Unterrichtsformen oder Projekte bereits umgesetzt, z. B. CAD-Anwendungen oder Robotik-Anwendungen im Bereich Technik. Als weitere Anwendungen in näherer Zukunft wären auch 3D-Druck oder der Einsatz von virtuellen Brillen denkbar. Voraussetzung sind jeweils gut begründete Konzepte der Schulen. Aufgrund der rasanten technischen Entwicklungen werden üblicherweise Pilotphasen vorgeschaltet. Es werden jedes Jahr Bilanzgespräche mit den Schulen geführt, um zu klären, ob sich der Technikeinsatz bewährt hat oder nachgesteuert werden muss.“
Aktuell verfügen die zehn Schulen über insgesamt mehr als 4.500 digitale Endgeräte. Hierbei sind allein rund 3.900 Geräte für die Schüler*innen und Lehrer*innen an den weiterführenden Schulen im Einsatz. Die Grundschulen sind ebenfalls mit digitalen Endgeräten in sogenannten „Klassensätzen“ ausgestattet. Der Schulträger entschied sich dabei auf eine einheitliche Ausstattung aller Schulen mit Apple iPad-Tablets. Diese vielen Geräte sind vom Schulträger finanziert, unabhängig der Bundesförderung DigitalPakt Schule. Und so kommt es, dass man in Monheim am Rhein geschaut hat, wofür sich der DigitalPakt aktuell, im Jahr 2020, nutzen lässt.
„Bei den bisher eingesetzten Switch-Geräten handelt es sich um HP-Switche (refurbished). Diese werden im Sommer 2021 gegen Cisco-Geräte ausgetauscht, analog zu denen im Rathaus eingesetzten Switchen (Homogenisierung).“ Also dient die Bundesförderung dazu, veraltete Systeme zu erneuern und die Standardisierung voran zu treiben: „Grundsätzlich strebt die Stadt als Schulträger an, Rechner und Tablet-Systeme, aber auch interaktive Präsentationssysteme (Beamer, Displays etc.) möglichst homogen zu halten. Aus Gründen von Wartung und Support ist dies weiterhin geplant und aus Effizienz- und Wirtschaftlichkeitsgründen auch notwendig.“
Natürlich basiert die Digitalisierung der Schulen in Monheim am Rhein nicht nur auf der Hardware-Ausstattung von Klassenräumen, Schüler*innen und Lehrer*innen. Nur im Zusammenspiel mit WLAN-Abdeckung, Internetversorgung, Serverstruktur und IT-Administration kann eine umfassende Lösung funktionieren. In Monheim am Rhein sind seit längerer Zeit schon alle Schulen mit Breitbandinternet versorgt.
Die Stadt unterhält im Rathaus ein eigenes Rechenzentrum mit 120 Servern. Jeweils zwei virtuelle Server stehen je Schule im sogenannten „pädagogischen Netz“ zur Verfügung, eingeteilt in Portal- und Backup- Server. Auch die Schulverwaltung wird über die „Rathaus-IT“ bereitgestellt. Die sehr gute Glasfaser-Anbindung der Schulen ist die Grundlage für diese eigenständige „kommunale Cloud“. Peter Heimann erklärt die Server-Struktur: „Wir setzten in der Pilotprojekt-Phase bewusst auf unsere eigenen Cloud-Server. Wir wollten das Tempo selbst bestimmen und unsere eigene Lösung gestalten. Dabei war auch der Datenschutz zu berücksichtigen. Deshalb haben wir lieber auf IServ gesetzt anstelle von beispielsweise Microsoft. Und so haben wir unsere Cloud-Lösung ausgerollt, und alle Schulen nutzen IServ.“
Ebenso wurde bewusst auf die Ausstattung der Schüler mit einheitlichen, für die Schüler kostenfreien, digitalen Endgeräte geachtet. Dazu erneut Peter Heimann: „Das hat ja auch eine soziale Dimension. Unterschiedliche Geräte führen zu Neid-Debatten.“ Zudem wären individuelle Endgeräte problematischer. Die Recherche zu Hause ist zwar einfach, aber „spätestens beim Einsatz in der Schule wird es schwerer beim Datenschutz und bei der Administration. Die Lehrkräfte müssten dann tiefer einsteigen und unterstützen und das auch noch für mehrere Betriebssysteme, was überfordern könnte.“
Für den Schulträger bedeuten eigene Cloud und 4.500 einheitliche digitale Endgeräte, die via MDM (Mobile Device Management) verwaltet werden müssen, eine zentrale IT-Administration über alle zehn Schulen im Stadtgebiet. Im Bereich Schulen und Sport waren bis vor einiger Zeit zwei IT-Mitarbeiter verantwortlich. Inzwischen konnte auf insgesamt vier Mitarbeiter aufgestockt werden, angesichts der beachtlichen Dimension an Hardware, Infrastruktur und Software in zehn Schulen sowie IT-Administration im Rechenzentrum. Mit dieser personellen Ausstattung ist es auch möglich, dass die IT-Mitarbeiter Probleme vor Ort lösen, falls nötig.
Peter Heimann weiß, wovon er spricht. Er hat mit der Digitalisierung der Schulen in Monheim am Rhein vor über fünf Jahren mit einem Pilotprojekt am Otto-Hahn-Gymnasium begonnen. Er ist bei der Stadt verantwortlich für Sport und Schulen. Damit ist er der Ansprechpartner für alle Monheimer Schulen bei Fragen zur medialen Ausstattung. Und die kann sich sehen lassen. Alle Schulen verfügen seit langer Zeit über Medienentwicklungspläne und sind medial sehr gut ausgestattet mit interaktiven Whiteboards und Projektoren. Mindestens einmal jährlich stimmt sich Peter Heimann mit den schulischen Vertretern ab und koordiniert die Bedarfe. Gleichzeitig hat einen Blick für die kosteneffektive Standardisierung der Medientechnik. Unter diesem Blickwinkel plant er die zukünftigen Ausstattungen der verschiedenen Schulen.
Der Fokus liegt für die Standard-Klassenräume aktuell auf interaktiven Displaylösungen. Hierbei hat sich die Stadt Monheim für den Anbieter wende.interaktiv GmbH aus Eckental entschieden mit interaktiven Whiteboards, die „aktuell in der Beschaffung“ sind. Die 4K-Displays mit der Bezeichnung „galneoscreen“ stehen im 16:9-Bildformat zur Verfügung in fünf verschiedenen Bildschirmdiagonalen: von 55“ über 65“, 75“, 86“ bis hin zu 98“. Mit dieser interaktiven Whiteboard-Serie kann Peter Heimann die verschiedensten Größenanforderungen der Schulen abdecken und gleichzeitig seine Standardisierungsbestrebungen erreichen.
Die Displays sind Multitouch-fähig und erlauben die gleichzeitige Nutzung mit mehreren Personen. So können Lehrer und Schüler gemeinsam auf dem Whiteboard agieren, mit Finger und/oder speziellen Stiften. Laut Hersteller ist „keine Softwareinstallation notwendig“ und die Whiteboards sind „für alle Betriebssysteme nutzbar (plug-and-play)“. Für den Einsatz im Bildungsbereich, insbesondere für den Einsatz in verschiedensten Klassenzimmern, stehen diverse Halterungen und mobile Systeme zur Verfügung. Je nach Wunsch der pädagogischen Lehrkräfte können galneoscreens mit Wandhalterungen, manuell oder elektrisch, gehängt werden, oder auch Pylon-basiert mit Halterungen in Kombination mit Seitenflügeln oder höhenverschiebbaren analogen Schreibflächen.
Weiteres Zubehör, das mit Dokumentenkameras die Übertragung analoger Vorlagen ermöglicht, oder Kollaboration und Videounterricht unterstützt, kann die Stadt Monheim ihren Schulen je nach Anforderung aus dem galneo-System passendes Zubehör bereitstellen. Im Portfolio des Anbieters befindet sich auch ein vollausgestattetes Lehrerpult mit Dokumentenkamera und Drahtlosanbindung an das Whiteboard. Denn mit dem Wegfall der analogen Kreidetafel ändert sich auch die Rolle des Lehrers vor der Schulkasse. Der interaktiv medial gestützte Unterricht macht die Lehrkörper immer häufiger zu Moderatoren und führt zu veränderten Lehrmethoden bei der gemeinsamen Erarbeitung von InhalInhalten mit den Schülern.
Angesichts von Whiteboards mit 98“-Bildschirmdiagonale hat sich für Peter Heimann auch die Bedeutung des Einsatzes von Projektoren in den Schulen verändert: „Beamerlösungen werden, bis auf Ausnahmen, z. B. in größeren Räumen, nicht weiterverfolgt“. In Monheim am Rhein stehen Lehrern und Schülern insgesamt über 4.500 digitale Endgeräte zur Verfügung. So kommen bei ihm berechtigte Überlegungen zu zukünftigen Ausstattungsmerkmalen auf: „Aus hiesiger Sicht bleibt abzuwarten, ob die Displays zukünftig zwingend interaktiv sein müssen, wenn flächendeckend Tablets auch als Eingabemedium im Einsatz sind. Hier werden wir mit den Schulen im Dialog bleiben.“
„IServ Schulserver“ für 6.000 Schüler*innen und Lehrer*innen
Gute Hardware-Ausstattung, Glasfaser-Anbindung und eine lückenlöse Versorgung mit digitalen Endgeräten schaffen die Grundlage für eine funktionierende Arbeitsumgebung. Doch wesentlich ist die geeignete Software, mit der alle Beteiligten an den Schulen erfolgreich und sicher zusammenarbeiten können. Seit 2016 läuft dazu IServ als Cloud-Anwendung auf den städtischen Servern in Monheim am Rhein. Die Software ist dabei in vier Bereiche strukturiert: Kommunikation, Organisation, Unterricht und Netzwerkverwaltung.
Für die „Kommunikation“ ist jeder Nutzer mit einer eigenen „weltweit erreichbaren E-Mail-Adresse“ ausgestattet, mit verschlüsselter Übertragung sowie Spam- und Viren-Filter. Adressbuch, Messenger, News- und Foren-Funktion ergänzen die Kommunikationsmethoden.
Unter „Organisation“ besitzt jeder Nutzer, Schüler*in wie Lehrer*in, ein eigenes „Homeverzeichnis“ zur Ablage von persönlichen Dateien. Gruppenverzeichnisse ermöglichen das gemeinsame Erarbeiten von Dokumenten. Kalender, Stunden- und Klausurpläne wie auch Buchungen von Räumen oder Arbeitsmitteln stehen in diesem Bereich zur Verfügung. Darüber hinaus können Inhalte von Infobildschirmen strukturiert werden. In IServ ist somit eine Bildschirmverwaltung, vergleichbar mit einem Digital-Signage-CMS, enthalten.
Für die „unkomplizierte Gestaltung des Unterrichts“ steht der Bereich „Unterricht“ in IServ zur Verfügung. Die Lehrkräfte können in der Schule oder auch am Schreibtisch zu Hause Hausaufgaben und Facharbeiten planen und aufstellen. Den Schüler*innen können die Aufgaben mit Start- und Abgabetermin übermittelt werden. Für die betreffenden Schüler*innen erscheinen Aufgaben auf ihrer Startseite. Online-Medien können über die Web-Oberfläche von IServ eingebunden werden. Neben frei zugänglichen Medien können auch lizensierte Inhalte und Medien, z. B. von Logineo NRW, abgerufen werden.
Im Textmodul von IServ können Texte direkt im Browser erstellt und editiert werden. Eingeladene Benutzer*innen können zur Bearbeitung hinzugenommen werden. So wird das gleichzeitige Bearbeiten des Dokuments ermöglicht, zusammen mit einer Live-Darstellung. Im sogenannten Klausurmodus wird der vom/von der Schüler*in verwendete Rechner vom Zugriff her auf einen schreibgeschützten Aufgabenordner und einen beschreibbaren Ordner für das Eingeben der Antworten limitiert. Die standardmäßigen Kommunikationswege über den Rechner stehen dabei nicht zur Verfügung. Auch im normalen Unterricht können die Lehrkräfte die Nutzung und den Internetzugriff der Rechner/Tablets im Raum steuern.
Der gemeinsame Unterricht per Videobild ist über die Videokonferenzen-Option möglich. Diese Option wird nicht „On-Premise“, also nicht im eigenen Rechenzentrum auf den städtischen Servern ausgeführt, sondern tatsächlich als „Web-based Service“ in Rechenzentren des Anbieters Hetzner. Der Betrieb unterliegt dabei IServ mit einer sehr großen Zahl an Servern für mehr als 4.000 angeschossene Schulen in Deutschland. Viele parallele Videokonferenzen einer Schule im Distanzunterricht ließen sich nicht über den normalen Breitband-Internetzugang handhaben. Derartige Kapazitäten können nur über große Rechenzentren abgedeckt werden. Für die Schüler*innen und Lehrer*innen in Monheim ist das bei der Nutzung in der Videokonferenz nicht sichtbar, denn der Videokonferenz-Dienst läuft im Hintergrund.
Der vierte IServ-Bereich, „Netzwerk“, dient der Verwaltung von Benutzerkonten, Druckern und Geräten, Softwareverteilung und der Anmeldung von externen BYOD-Geräten (Bring your own device) wie Notebooks, Tablets oder Smartphones im WLAN der Schulen. In diesem Bereich wird auch die Backup-Serverfunktion gesteuert.
„Der Unterricht lässt sich individueller, kollaborativer und kreativer gestalten“
So lautet das Resümee von Martin Kaiser, stellvertretender Schulleiter am Otto-Hahn-Gymnasium in Monheim am Rhein. Hard- und Software werden seit dem Frühjahr 2017 in der Schule eingesetzt. „Wir haben über mehrere Reader und Workshops versucht, den Kolleginnen und Kollegen die Arbeit mit IServ näherzubringen“, erklärt Martin Kaiser zur erfolgreichen Einführung der digitalen Systeme. Seiner Erfahrung nach „lassen sich viele Unterrichtssituationen ganz anders gestalten (Audio/Videotechnik direkt in Schülerhänden) oder auch vollkommen neue gestalten (Kollaboration)“.
Aber auch Schwierigkeiten gehören zum angesammelten Erfahrungsschatz: „Im Grundsatz steigt die Komplexität und damit die möglichen Fehlerquellen. Ebenfalls hat sich in unserer Beobachtung gezeigt, dass Unterricht durch digitale Elemente nicht automatisch ‚besser‘ wird.“
Doch eines ist sicher: Die überragend gute und frühzeitige Ausstattung der Schulen in Monheim war angesichts des überraschend notwendigen Distanzunterrichts im Frühjahr 2020 eine gute Basis: „Die technischen Voraussetzungen waren sehr gut, aber das allein führt nicht zum Gelingen von Distanzunterricht. Eine Eins-zu-Eins-Übertragung von Präsenzunterricht in einen Distanzunterricht per Video konferenz führt nicht zum Erfolg. Neue Methoden mussten ausprobiert werden. Es zeigten sich aber sehr häufig die Grenzen, da Lernen in der Schule im sozialen Kontext erfolgt und sich dies nicht digital abbilden lässt“, so seine Einschätzung.
Und nun angesichts der neuerlichen Pandemie-Gefahren (Anmerkung der Redaktion: Der Artikel entstand im Herbst 2020), stellt Martin Kaiser fest: „Wir glauben, dass wir inzwischen viele Erfahrungen gesammelt haben, die wir bei einem weiteren Lernen auf Distanz sicherlich nutzen werden. Unser System hat sich bewährt.“