Vernetzte Beschallung und Notfallalarmierung im Stadion in Dortmund
von Christiane Bangert,
Die Heimspielstätte des Ballspielvereins Borussia, besser bekannt als BVB Dortmund, erhielt 2013 eine neue Beschallungsanlage mit aktiven RCF Line-Array-Modulen TTL33-A und einem ATEïS IDA8-Sprachalarmierungssystem. Hier erfahren Sie alles über die Technik und die Herausforderungen, die es dabei zu bewältigen gab!
Kurz nach Ende der Bundesliga-Saison 2013 bekam das größte Fußballstadion Deutschlands – früher hieß es Westfalenstadion, heute trägt es den Namen Signal Iduna Park – eine neue Beschallungsanlage. Die Geraden der Tribünen für über 80.000 Zuschauer werden seitdem mit insgesamt 196 RCF TTL33-A-Modulen und 14 TTS26-A Subwoofern mit integrierten Verstärkern beschallt.
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Im Zuge der Installation wurde auch das System für die Alarmierung im Notfall erneuert. Hier kommt jetzt das Sprachalarmierungssystem IDA8 von ATEïS zum Einsatz. Beide Komponenten – Lautsprecher und Sprachalarmanlage sind eher ungewöhnlich für ein Stadion.
Deshalb wurde die Gelegenheit gerne wahrgenommen, einen näheren Blick auf die Installation und ihre Anforderungen zu werfen und die Anlage bei einem Bundesliga-Spiel in Aktion zu erleben.
Die Ausführungsplanung und Installation wurde von der Firma fulfil Engineering GmbH durchgeführt, deren Geschäftsführer Norbert Labudda beim Besuch des Stadions die Anforderungen und die neuen Komponenten erläuterte. Bei der Installation wurde fulfil von RCF unterstützt, beim Ortstermin vertreten durch Georg Hofmann, Antonio Ferrari und Phillip Wrede.
Die Anforderungen
„Die Ansprüche der Zuschauer sind gestiegen“, erläutert Norbert Labudda. „Daher war es das Interesse des Vereins, einerseits die Sprachverständlichkeit, auf der anderen Seite aber auch das Klangerlebnis zu verbessern.“ Die Anlage wird sowohl für die Wiedergabe von Werbe-Trailern und all den Musikeinspielungen genutzt, die heutzutage zur Veranstaltung Fußball-spiel dazugehören, als auch für Durchsagen im Notfall.
Für Ersteres wird eine klangliche Wiedergabe erwartet, wie sie bei Konzerten üblich ist, sowohl vom Pegel als auch von der Basswiedergabe. Für das Zweite sind neben der Sprachverständlichkeit auch die sicherheitstechnischen Anforderungen zu erfüllen und da wird gemeinhin nicht die 0833-4, sondern nach wie vor die DIN EN 60849 herangezogen.
So auch in Dortmund, wobei hier durchaus absichtlich ein Sprachalarmierungssystem ausgewählt wurde, das mit der Produktnorm 54-16-Zertifizierung auch in Sprachalarmanlagen eingesetzt werden kann. „Unser Anspruch war es, von der Sicherheitssprechstelle in der Regie bis zum Lautsprecherchassis ein System zu installieren, das in allen Teilen so weit wie möglich der der Norm 0833-4 entspricht“, sagte Norbert Labudda.
„Eine Ausnahme sind die Lautsprecher, denn für die aktiven Lautsprecher gibt es ja noch keine Produktnorm.“ Dabei war in der Ausschreibung nicht ein aktives System mit der jetzt gewählten Netzwerkstruktur vorgesehen. „Die Idee, die RCF-Module und das IDA8 einzusetzen, kam von uns“, berichtete Norbert Labudda. „Mit dem IDA8 haben wir gute Erfahrungen. Unser Konzept hat überzeugt und so haben wir den Zuschlag bekommen.“ Erhalten blieben bei der Erneuerung nicht nur die eingangsseitigen Signalwege im Stadion und die Komponenten in der Regie. Auch die Lautsprecher-Systeme in den Ecken des Stadions blieben unverändert und wurden lediglich auf die neuen Beschallungskomponenten angepasst.
Die Module
Bei den TTL33-A handelt es sich um aktive 3-Wege Line-Array-Module mit integrierten Verstärkern und DSP. In dem kompakten Gehäuse mit einer Größe von 30 × 76 × 45 cm (H × B × T) sind zwei 8“-Treiber in einer Bandpass-Konstruktion für die Tiefton-Wiedergabe zuständig. Ein horngeladener 8“-Treiber sorgt für die Mitteltonwiedergabe ab 400 Hz. Zwischen diesen beiden Einheiten sind drei 1“-Treiber an einem Wellenformer für den oberen Frequenzbereich ab 1.800 Hz zuständig.
Die Treiber stammen alle aus der RCF-eigenen Entwicklung und wurden zum Teil speziell für den Einsatz in einem Line-Array optimiert. Neben den Verstärkern für jeden Weg sind DSPs mit an Bord, die neben den Frequenzweichen auch Schutzschaltungen, Filter und Funktionen zur Anpassung der Frequenzgänge an die Konfiguration der Linie beinhalten. Der Abstrahlwinkel wird horizontal mit 100° angegeben, vertikal liegt er bei 15°.
Laut Datenblatt beträgt der maximale Schalldruckpegel 134 dB. Anschlussseitig sind zum Einspeisen und Durchschleifen der Signale XLR-Schnittstellen vorgesehen, die Stromversorgung erfolgt über die PowerCon-Buchsen, wobei bei 230 V sechs Module von einer Zuleitung mit 16 A versorgt werden können. Die TTL33-A Module sind für mittlere bis große Anwendungen gedacht, in Konzerthallen, Arenen und eben auch Stadien. „Das Stadion von Juventus Turin war das erste Fußballstadion in Italien, das wir mit einer professionellen Beschallung auch für die Wiedergabe für Musik ausgestattet haben“, berichtete Antonio Ferrari.
„International ist das TTL33-A inzwischen in einigen Festinstallationen eingesetzt, in Deutschland ist es hier die erste Installation in einem Stadion.“ Da bestimmte Vorrichtungen am Gehäuse für temporäre Einsätze bei einer Festinstallation nicht gebraucht werden, gibt es eine modifizierte Stadionversion, die auch in Dortmund genutzt wird.
Zur Ergänzung der TTL33-A im Tiefbassbereich unterhalb des Übertragungsbereichs – 60 Hz bis 20 kHz laut Datenblatt – gibt es in der TT-Serie diverse Subwoofer-Alternativen von dem TTS56-A mit zwei 21“-Treibern bis zum TTS12-A mit einem 12“-Treiber. Im Stadion in Dortmund kommt der TTS26-A zum Einsatz, der neben den zwei 15“-Treibern in einer Bassreflexkonstruktion auch die Verstärker mit insgesamt 3.400 W und DSP-Prozessoren für Signalanpassung und Schutz der Lautsprecher im Gehäuse beherbergt.
Diese arbeiten zusammen mit dem Array von 60 bis 120 Hz, wobei sich die Wellenfronten durch eine zeitliche Anpassung von Subbass und Array nach vorne summieren Die TTL33-A können effektiv ab 60 Hz eingesetzt werden und bedingt durch die starke Krümmung des Arrays mit 14 Modulen ließen sich die TTS26-A mittig positionieren.
Die Netzwerke
Alle RCF-Module, die im Stadion eingesetzt sind, haben so genannte RDNET-Schnittstellen. Über diese Schnittstellen und RDNET-Controller lassen sich alle Module in ein Bedien- und Überwachungsnetzwerk einbinden, das dann zentral von einem PC aus kontrolliert werden kann. Dazu sind auf einer Technik-Plattform über der Ost-Tribüne fünf „RDNET Control 8“ Master-Geräte positioniert, die sämtliche 196 TTL33-A und 14 TTS26-A kontrollieren sowie Verbindungen zu den Controllern zu der Bestandstechnik und den Lautsprechern in den „Ecken“ schaffen.
Maximal lassen sich in einem RDNET 256 Geräte überwachen, aufgeteilt in acht Subnetze mit jeweils 32 Geräten. Das RDNET basiert auf RS-485, das Netzwerk kann sowohl mit Cat.5- als auch XLR-Kabeln als Daisy-Chain aufgebaut werden. Durch das RDNET ist es möglich, die Parameter aller eingebundenen Module auf der Oberfläche der zugehörige Software einzustellen und die Funktionsfähigkeit bis zu Details zu überwachen. Bei eventuellen Störungen kann damit genau ermittelt werden, bei welcher Komponente in einem Modul ein Problem liegt, bevor aufwendig ein Array zur Reparatur aus dem Dach herabgelassen werden muss.
Zum Absetzen von Störmeldungen sind RDNET-Geräte mit Kontakten eingebunden, die mit einem ATEÏS URGP-Modul mit Eingangskontakten zur Alarmierung kommunizieren. Das URGP-Modul ist sowohl in IDA8 als auch in DIVA8-Systemen von ATEÏS einsetzbar „Bei der Überwachung der Lautsprecher arbeiten das RDNET und das IDA8 zusammen“, sagte Georg Hofmann.
Neben der sicherheitsrelevanten Überwachung gehört die Signalverteilung zu den Aufgaben des nach der Produktnorm EN64-16 zertifizierten DA8-Netzwerks, das im Anschluss an diesen Bericht vorgestellt wird. Im Signal-Induna-Park sind jeweils ein Master IDA8C und ein Slave IDA8SAB in den Zentralen der vier Tribünen positioniert; die Verbindung der IDA8 erfolgt per Glasfaser. Für sicherheitsrelevante Durchsagen steht dem Stadionsprecher eine PPM AS-Sprechstelle mit acht getrennten Rufzonen für Süd-, West-, Nord-, Osttribüne, die Vorplätze auf der Nord- und Südseite, Spielfeld und Innenraumbereich Nord zur Verfügung. Weitere Sprechstellen gibt es für Polizei und Feuerwehr.