Virtual Reality

Universität Siegen: 3D-Labor für Architekturstudenten

Seit einiger Zeit ist zu beobachten, dass „Virtual Reality“ Anwendungen, bislang vornehmlich in spezialisierten Forschungseinrichtungen eingesetzt, vermehrt in die Industrie, aber auch in den Alltag der Universitäten Einzug hält. Virtual-Reality-Techniken sollen abstrakte Daten erlebbar machen und dienen zur räumlichen Darstellung von Modellen bei der Produktentwicklung, aber auch bei komplexen architektonischen Aufgaben wie dem Bau neuer Werkshallen.

Uni Siegen
(Bild: Uni Siegen)

An der Universität Siegen entschloss man sich im Fachbereich Elektrotechnik und Informatik im Labor für Virtual Reality zu einer speziellen 3DInstallation: Man errichtete einen Präsentationsraum mit einer Grundfläche von rund 50 Quadratmetern, der bis zu 30 Personen Platz bietet. Dabei erlauben eine Halbzylinder- und Bodenprojektion in einem Raum von etwa fünf Metern Durchmesser bei einer Höhe von 2,60 Metern

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den Benutzern ein interaktives Arbeiten in einer computer-simulierten, virtuellen Umgebung. Bislang war dies nur im Rahmen einer CAVE-Installation möglich oder, wollte man einer größeren Gruppe Platz bieten, als zweidimensionale Projektion auf eine Scheibe. Dank der Rückprojektion kann der Raum in Siegen nun sowohl von größeren Gruppen als auch kleinen Spezialisten-Teams genutzt werden, ohne die Projektion zu stören.

Nutzungsprofil

Verantwortlich für das 3D-Labor in Siegen ist Professor Andreas Kolb vom Lehrstuhl für Computergrafik und Multimediasysteme, der bereits seit fünf Jahren in Siegen eingerichtet ist. Kolb hatte schon vor seiner Zeit in Siegen Erfahrungen mit dem Aufbau von 3D-Projektionen und Simulationsversuchen an der Fachhochschule Wedel bei Hamburg gesammelt.

Am Lehrstuhl in Siegen arbeiten derzeit elf Wissenschaftler zusammen mit anderen Fakultäten. Angewendet wird die 3D-Technik zum Beispiel in einem Projekt im Fachbereich Architektur, wo es um dreidimensionale Raumsimulationen geht. In diesem Fall arbeitet man mit der OPEN SG-Software, während für die Vernetzung der beteiligten Rechner das Programm Equalizer eingesetzt wird.

VR an der Uni Siegen
(Bild: Uni Siegen)

Ein weiteres Projekt befasst sich mit Strömungssimulationen, das Datenmaterial von einem deutschen Klima-Rechnngszentrum (DKRZ) aus Hamburg verwendet. Erforscht wird das Verhalten von massiven Partikelsystemen in Strömungsfeldern. Die entsprechenden Algorithmen zur Simulation auf Grafikhardware sind dabei der eigentliche Forschungsgegenstand.

Entsprechend ist das Nutzungskonzept des Labors, wie Professor Kolb erklärt: „Wir betrachten das Labor als Integrationsplattform. Wir haben eine Halbzylinder-Rückpro gewählt, um zum einen ganze Personengruppen an das Thema heranführen zu können und zum anderen auch zu zweit oder zu dritt an interaktiven Projekten arbeiten zu können. Wir erhoffen uns natürlich auch, dass gerade wegen der vielfältigen Möglichkeiten das 3D-Labor in Siegen künftig auch von der Industrie genutzt wird. Hier arbeiten wir auch schon an ersten Projekten, beispielsweise mit Maschinenbauern.“

Realisierung

Für den Zylinder sind vier Stereo-Paare, insgesamt acht Christie DS+300W Projektoren, im Einsatz. Das Bild auf der Bodenfläche wird mit vier weiteren Christie DS+300W projiziert. Die Ein-Chip-DLP Projektoren, die bei Christie mittlerweile von den Modellen DS+305W abgelöst wurden, eignen sich wie ihre Nachfolger vor allem durch ihre 10-Bit-Bildverarbeitung, dem kleinen Format und niedrigen Gewicht für einen Einsatz in der 3D-Umgebung.

Gearbeitet wird dabei mit der Infitec-Stereotechnik, einem System spezieller Interferenzfilter die vor die Objektive gesetzt werden und nach dem Interferenzprinzip arbeiten. Dabei wird das Signal bandpassgefiltert, wobei die wichtigste Qualität der Filter die Trennschärfe ist, denn diese wirkt sich direkt auf die Bildqualität beim Betrachter aus. Dieser sieht das Bild durch eine passive Infitec-Stereobrille, damit im Kopf des Betrachters der Eindruck von Dreidimensioinalität entsteht.

Bis zu 30 Personen können die 3D-Präsentationen erleben
Bis zu 30 Personen können die 3D-Präsentationen erleben (Bild: Uni Siegen)

Realisiert wurde die komplexe Anlage von den Projektionsspezialisten der Firma VISCON, die als Systemintegrator direkt von der Universität Siegen im Zuge eines öffentlichen Vergabeverfahrens ausgewählt worden war. Um die Bilder der Zylinder-Projektion geometrisch zu entzerren, verwendete das VISCON-Team einen Cine-IPM Bildprozessor für nicht lineares Warping. Außerdem diente der Cine-IPM für das Softedge-Blending zwischen den einzelnen Projektionen. Um die Position und Ausrichtung des Betrachters richtig erfassen zu können, bedient man sich in Siegen eines ART-Trackingsystems mit vier Infrarot-Kameras.

Aus diesen Angaben rechnen die Render-PCs, welche Bildinformationen sie zur Verfügung stellen, damit auch wirklich das optimale und unverzerrte 3D-Bild beim Betrachter ankommt. Für diese hohe Rechenleistung steht eine Rechnerkombination aus einem Master und sechs Render-PCs zur Verfü- gung, die mit einem Gigabit-Ethernet-System vernetzt wurden.

Eines der insgesamt vier Stereo-Projektorenpaare samt Tracking-Einheit (oben rechts)
Eines der insgesamt vier Stereo-Projektorenpaare samt Tracking-Einheit (oben rechts) (Bild: Uni Siegen)

Jeder Rechner enthält IntelCoreDuo Prozessoren mit 2,67 GHz Taktrate und jeweils 8 GB Arbeitsspeicher. Für die Bildqualität sorgen zwei NVIDIA-Grafikkarten mit je 768 MB Grafikspeicher. Den Ton liefert eine 7.1 Surround-Sound-Anlage. Fragt man Michaela Dierking, die zuständige Projekt-Managerin bei VISCON, nach dem spektakulärsten Moment der zweiwöchigen Installation, so war es eine besondere Herausforderung, die zylindrisch gebogene Rückprojektionsscheibe in 22 Meter Höhe von außen in den siebten Stock des Gebäudes zu hieven.

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