Sprachalarmierung in Terminals: Cruise Center Steinwerder
von Anselm Goertz,
Das Hamburger Cruise Center Steinwerder, kurz CC3, wurde 2015 als dritter großer Liegeplatz für Kreuzfahrtschiffe im Hamburger Hafen am Kronprinzkai in Betrieb genommen. Die Größe der Hallen für die An- und Abreise stellten für eine Sprachalarmierung eine Herausforderung dar, die mit Hilfe moderner Simulationsmethoden, raumakustischer Maßnahmen und spezieller Lautsprecher gelöst werden konnte
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Der anhaltende Boom in der Kreuzfahrtbranche erfordert in den Häfen zu – sehends größere Kapazität mit Anlegeplätzen und der zugehörigen Logistik für die Schiffe. Städte wie Hamburg erhoffen sich außerdem dem Tourismus in der Stadt durch die vielen Kreuzfahrer von den immer größer werdenden Schiffen weiteren Aufwind zu verleihen. Seitens der Stadt entschied man sich daher ein weiteres, drittes Kreuzfahrtterminal zu errichten, dessen Spatenstich im Juli 2014 erfolgte. Trotz der Lage in Steinwerder in Sichtweite zur Elbphilharmonie färbte das prominente Gebäude zum Glück nicht auf die Baustelle des neuen Terminals ab, das in rekordverdächtiger Bauzeit von nur 198 Tagen vom Bauunternehmen Goldbeck errichtet wurde. Ebenso ungewöhnlich wie die kurze Bauzeit dürften die um 20 % geringeren Kosten als ursprünglich geplant sein. Beides verdankt man einer gut organisierten Projektsteuerung.
Das neue Cruise Center in Steinwerder am Kronprinzkai, kurz CC3 genannt, unterscheidet sich von den beiden schon vorhandenen in der Hafen City und in Altona durch seine größere Kapazität, so dass auch Schiffe mit bis zu 4.000 Passagieren abgefertigt werden können. Durch zwei getrennte große Hallen für An- und Abreise können zudem die Reisenden zeitgleich von Bord gehen und zusteigen. Die Schiffe in der Größenordnung einer Kleinstadt haben unvermeidlich auch einen entsprechenden Energiebedarf, der während der Fahrt über die Dieselmotoren gedeckt wird.
Liegen die Schiffe im Hafen, dann führt das bei fast allen Schiffen, auch bei denen moderner Bauart, zu einer erheblichen Belastung des Umfeldes durch Abgase, Feinstaub und Lärm. Eine zeitgemäße und zumindest lokale Lösung des Problems ist die Landstromversorgung, wie es in Altona schon praktiziert wird, worauf man jedoch beim CC3 zunächst noch verzichtet hat, was gerade in Anbetracht der hier zu erwartenden Größe der Schiffe besonders schwer wiegt. In anderen Bereichen, wie bei der Sicherheit in öffentlichen Gebäuden, hat das schon wirksam funktioniert und zu entsprechenden Ausstattungen bei Neubauten geführt, womit wir beim eigentlichen Thema, der Sprachalarmierung, angekommen wären.
Die Hallen für Ankunft und Abreise
Für Gebäude dieser Größenordnung mit den zu erwartenden Personenzahlen, zudem noch in einem sicherheitsrelevanten Bereich, besteht die Forderung nach einer Sprachalarmanlage nach VDE 0833-4 zur Alarmierung in Gefahrensituationen. Die Herausforderung entsteht in diesem Fall zum einen durch die Größe der Hallen mit entsprechend problematischer Raumakustik und durch den zu er – wartenden Störpegel, der von der Menschenmenge ausgehen kann.
Kreuzfahrten finden zudem in einem internationalen Umfeld statt, so dass auch für nicht Muttersprachler noch eine hinreichende Verständlichkeit erreicht werden sollte. Grundsätzlich unterteilt sich das CC3 in die beiden streng getrennten Bereiche der Ankunft und der Abreise. Neben der eigentlichen Nutzung als Terminal kann das CC3 auch für andere Veranstaltungen genutzt werden, was kurz vor dem Fototermin der Fall war.
Alle Einrichtungsgegenstände für den normalen Reisebetrieb waren daher weggeräumt. Hier ist die grundsätzliche Problematik sehr gut zu erkennen: Es sind große, hohe Räume mit viel Beton, Glas und relativ wenig Einrichtung. Sollen solche Hallen adäquat beschallt werden, sowohl für eine mögliche Alarmierung wie auch für andere Veranstaltungen, dann sind raumakustische Maßnahmen zwingend erforderlich. Im Rahmen der Planungsarbeiten wurde daher nachdrücklich daraufhin gearbeitet. möglichst viele absorbierende Flächen zu realisieren. Neben den eigentlichen Hallen gibt es noch einige periphere Bereiche und einen über die gesamte Breite des Gebäudes zur Seeseite hin verlaufenden voll verglasten Gang, von dem aus über Gangways der Zugang zum Schiff erfolgt.
Die Intention der vollflächigen Verglasung liegt nahe. Auf der einen Seite der Blick in die Hallen auf der anderen Seite der Hafen bzw. das Schiff. Mithin also auch hier vor allem schallharte Materialien, die es der Beschallung nicht leichter machen.
Planungsarbeiten
Die Ausgangssituation war somit abgesteckt. Es war von vornherein klar, dass man hier keinesfalls mehr aus dem Bauch heraus planen konnte, um punktgenau ans Ziel zu kommen. In solchen Situationen kommt dann eine Simulation zum Zuge, womit die notwendige Planungssicherheit erreicht werden kann. Soll die Simulation nicht nur bunte Bilder produzieren, sondern zu verlässlichen Ergebnissen führen, dann müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:
Das Modell sollte die Komplexität des Gebäudes hinreichend gut darstellen, ohne dabei die Berechnung durch zu viele unnötige Details zu verlangsamen.
Von allen Raumbegrenzungsflächen sind passende und zuverlässige Daten über das Absorptionsverhalten erforderlich. Das gilt insbesondere für die speziell eingebrachten, absorbierenden Flächen.
Es sollte sinnvolle Vorgaben des zu erwartenden Störpegels geben.
Von den zu verwendenden Lautsprechern muss es hoch aufgelöste zuverlässige Simulationsdaten geben, die zu nachvollziehbaren Resultaten führen.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, müssen „nur noch“ die Parameter für die Berechnung richtig eingestellt werden und man erhält eine zuverlässige Prognose. Für die Art der Berechnung sind Spiegelquellen und/oder Strahlenverfolgung (EASE AURA) das Mittel der Wahl. Rein statistische Methoden liefern keine hinreichend genauen Ergebnisse. Die berechneten Impulsantworten sollten in ihrer Länge mindestens der halben Nachhallzeit entsprechen und das Raster auf den Hörerflächen ist ausreichend dicht zu wählen. EASE wird hier leider immer noch durch eine systemunabhängige Begrenzung des adressierbaren Speichers auf 1 GB limitiert, so dass man notfalls eine Unterteilung vornehmen und in mehreren Abschnitten rechnen muss. Um die Beschreibung der Planungsarbeiten an dieser Stelle nicht unnötig zu verkomplizieren, beschränken wir uns im Weiteren auf die Abreisehalle.
Alles hier Gesagte gilt in nahezu gleicher Form auch für die Ankunftshalle. Abb. 1 zeigt das erstellte Modell für die Simulation. In der rechten Hälfte ist der Wartebereich mit Sitzgelegenheiten zu erkennen. Vor der voll verglasten Wand zur Seeseite befindet sich der Counter, der die vom Flughafen bekannte Funktion hat. Nach dem Einchecken begeben sich die Reisenden zunächst durch die Personenkontrolle mit Röntgengeräten und Metalldetektoren (links von der Mitte) und danach zu den Zollhäuschen (ganz links vor den Treppen). Der Weg zum Schiff führt dann zunächst über die Treppe auf den Skywalk und dann über die Gangway ins Innere des Schiffs. Für die in Abb. 1 schon zu erkennenden Lautsprecher gab es den immer wieder gerne gehörten Wunsch, diese möglichst unauffällig anzubringen. In der Halle drängen sich dazu die Stahlträger auf der Seeseite geradezu auf. Schlanke Zeilen können dort gut platziert werden und kommen durch ihr Abstrahlverhalten zudem auch noch den raumakustischen Verhältnissen entgegen.
Raumakustik-Maßnahmen als Basis
Von Beginn an stand fest, dass ohne raumakustische Maßnahmen in einer Halle dieser Größe raumakustische Bedingungen ähnlich denen einer großen Kirche zu erwarten wären. Die Folgen wären ein erheblicher Grundgeräuschpegel sowie eine nicht akzeptable Sprachverständlichkeit. Die erste Aufgabe bestand somit darin, zu klären, wie viel Absorption einzubringen ist, um die Nachhallzeit entsprechend zu senken. Als mögliche Flächen boten sich primär die Decke und einige der wenigen nicht verglasten Wandflächen an.
Das Dach war bereits als Blechdach mit Trapezblechen geplant. Der Gedanke lag somit nahe, flächendeckend gelochtes Trapezblech mit hinterlegtem Vlies als Strömungswiderstand einzusetzen, womit ein breitbandig gut absorbierendes Verhalten erreicht werden kann. Für den allgemeinen akustischen Eindruck in der Halle ist mit der fast vollflächig absorbierenden Decke schon der entscheidende Schritt getan.
Speziell die Beschallung betreffend ist die Decke in ihrer Höhe von ca. 10 m jedoch noch nicht hinreichend: Die Beschallung spielt sich, anschaulich gesprochen, in der unteren Ebene ab, wo dann weiterhin nur schallharte Flächen wären. Entscheidend ist für einen Absorber nicht nur sein Absorptionskoeffizient, sondern auch wie gut er dem Schallfeld exponiert ist. So gab es auch die Idee, die Dächer der Einbauten für Büros, Gastronomie und Zoll in der Halle von oben mit Absorbern zu belegen, was insgesamt für die Raumakustik zwar wirksam ist.
Für die Beschallung kann diese Lösung aber ihre Vorteile nicht ausspielen, weil der Schall aus den Lautsprechern hier gar nicht oder erst nach vielen Umwegen ankommt. Um auch auf Höhe der Lautsprecher und Zuhörer noch weitere Absorberflächen einbringen zu können, wurden Teile der nicht verglasten Wandflächen als fein gelochte Gipskartonplatten definiert. Die Abb. 2 und 3 zeigen dazu die Abreisehalle in der EASE Eyes Darstellung, wo die gelochten Wandflächen orange eingefärbt sind.
In der Grafik aus Abb. 4 ist die aus dem Simulationsmodell ermittelte, frequenzabhängige Nachhallzeit in zwei Varianten, ohne und mit den zusätzlichen, absorbierenden Wandflächen, dargestellt. Der Mittelwert zwischen 250 Hz und 4 kHz verringert sich durch die gelochten Wände von 2,47 s auf 2,1 s, was in Zahlen ausgedrückt nicht so gravierend aussieht.
Entscheidend ist jedoch die gute Schallfeldexposition der Wandflächen bei der Lautsprecherwiedergabe. Ausgeführt wurden die Nachhallzeitberechnungen mit der EASE Aura-Methode als simulierte Nachhallzeitmessung mit Kugelschallquellen und den damit berechneten Raumimpulsantworten. Diese Methode ist bei ungleichmäßig verteilten Absorberflächen und verwinkelten Raumstrukturen wesentlich genauer als eine rein statistische Berechnung nach Eyring oder Sabine. Unabhängig davon zeigen die Nachhallzeitberechnungen mit Werten über 2 s, dass eine flächendeckende dezentrale Beschallung, z. B. mit großen Deckenlautsprechern nicht zum Ziel führen würde. Als absoluter Grenzwert kann hier ein Wert von 1,5 s für die Nachhallzeit gesehen werden, besser noch sogar nur 1 s.
Im nächsten Schritt galt es einen Störpegel zu definieren, was erst dann möglich ist, wenn die Nachhallzeit zumindest grob umrissen werden kann. Bei gleichbleibendem Schallleistungspegel der Quellen verringert sich der Diffusfeldpegel im Raum mit jeder Halbierung der Nachhallzeit um 3 dB. Eine Verringerung der Nachhallzeit verbessert so nicht nur die Sprachverständlichkeit, sondern senkt auch den Störpegel. Ist dieser durch sprechende Menschen bedingt, dann kommt auch noch der Lombard-Effekt hinzu, der besagt, dass man die Sprechlautstärke bei Umgebungsgeräuschen entsprechend anhebt und sich so der Geräuschpegel bei einer größeren Menschenmenge aufschaukelt.
Der mögliche Störpegel wurde dann so festgelegt, dass man von 500 in gehobener Lautstärke sprechenden Personen ausgeht, die pro Person einen mittleren Schallleistungspegel von 70 dBA abgeben. Das entspricht unter Berücksichtigung der Richtwirkung eines Sprechers einem Schalldruckpegel von ca. 65 dBA in Sprechrichtung in 1 m Abstand. Aus diesen Werten, zusammen mit dem Sprachspektrum und der frequenzabhängigen Nachhallzeit, kann der Störpegel und dessen spektrale Zusammensetzung (Abb. 5) berechnet werden. Es ergibt sich ein Wert von 68,6 dBA.
Geeignete Lautsprecher
Da sich die zu beschallenden Personen mit Ausnahme der Treppe zum Skywalk auf einer Ebene befinden, bieten sich für einen hohen Raum, wie es hier der Fall ist, Lautsprecherzeilen an, die die Beschallung möglichst gut auf diesen Bereich konzentrieren und den restlichen Raum so wenig wie möglich anregen. Genau das funktioniert umso besser, je mehr diese Lautsprecher auf absorbierende Flächen strahlen. Das sind zum einen die anwesenden Personen, die Einrichtungsgegenstände (Polster) und die schon angesprochenen, gelochten Wandflächen.
Nach anfänglichen, längeren Diskussionen, ob eine Lösung der Beschallungsaufgabe jetzt nur mit aktiven DSP-Zeilen möglich ist oder ob es auch passiv geht, wurde seitens des Bauherrn Goldbeck und dem TOA Systemspezialisten Klaus Bongaertz eine entsprechende Alternative zur Prüfung vorgeschlagen. Für die Halle sollten passive 2-Wege-Zeilen des Typs SR-S4 eingesetzt werden und für den akustisch völlig abgetrennten Skywalk kleine 2-WegeBoxen des Typs F-1000.
Die passiven, 90 cm langen Zeilen sind pro Einheit mit acht Tieftönern und 24 Hochtönern bestückt und können bei Bedarf kaskadiert werden. Zur besseren Abdeckung der Bereiche nahe an der Zeile, gibt es auch eine leicht gebogene Variante mit 10° Krümmung. Für die Halle werden die Zeilen jeweils aus einem gerade Teil oben und einem gekrümmten unten zusammengesetzt. In Randbereichen sowie auf den oberen Treppenabsätzen, kommen für kürzere Distanzen einzelne, gekrümmte Einheiten der SR-S4 zum Einsatz.
Für die Abreisehalle werden für den eigentlichen Hallenbereich insgesamt fünf Zeilen aus je zwei Einheiten eingesetzt und je zwei weitere für die Zugangskontrolle und für die Zollabfertigung einschließlich des Treppenaufgangs. In der Summe bedeutet das 20 SRS4 für die Abreisehalle. Alle Lautsprecher werden im 100 V-System betrieben. Weitere 20 F-1000 versorgen den Skywalk. Die kleinen Lautsprecher sind hier in 6 m Abständen an der Kabelbühne senkrecht nach unten strahlend befestigt. Aus raumakustischer Sicht gestaltet sich der Skywalk trotz der großen Glasflächen unkritisch, da auch hier die komplette Decke aus gelochtem Trapezblech besteht.
Zentralentechnik
Da die Anlage als SAA nach VDE 0833-4 definiert ist, bedarf es der durchgängigen Verwendung von EN54 zertifizierten Komponenten. Für die Lautsprecher bedeutet das EN54-24 und für die Zentralentechnik EN54-16, womit sich auch direkt ein erstes Problem stellte. Die F-1000 Lautsprecher sind EN54-24 zertifiziert, die SR-S4 jedoch noch nicht.
In Ermangelung von alternativen Produkten, die bei vergleichbaren Fähigkeiten ein EN54-24 Zertifikat hätten aufweisen können, wurde daher für den Einsatz der SR-S4 eine Sondergenehmigung bewirkt. Für aktive DSP-Zeilen hätte sich die Lage ähnlich dargestellt, da es hier noch gar keine Möglichkeit einer Zertifizierung gibt. Zusätzlich wäre noch das Problem der Stromversorgung mit einer Ersatzstromquelle basierend auf Batterien nach EN54-4 für die weit verteilt angeordneten, aktiven Lautsprecher zu lösen gewesen.
Der hier gewählte Weg mit einer Sondergenehmigung nur für eine Teilmenge der Lautsprecher bei ansonsten vollständiger Erfüllung der Vorgaben aus der VDE 0833-4 ist somit plausibler und auch praktisch gut vertretbar. Die SR-S4 Lautsprecher befinden sich zudem aktuell im Zertifizierungsprozess für die EN54-24. Einfacher gestaltete sich die normgerechte Ausstattung der Zentrale, wo man bei TOA auf komplette Systeme mit EN54-16 und EN54- 4 Zertifizierung zurückgreifen kann. Drei große 19″-Schränke in der Zentrale beinhalten eine DSP-Audiomatrix, Eingangseinheiten und System Manager der SX-2000 Serie, eine Reihe von Class-D-Mehrkanalendstufen sowie die Notstromversorgung.
Was sagen die Simulationsergebnisse aus?
Bislang wurde ausführlich über die Planung gesprochen, ohne jedoch die Ergebnisse aus der Simulation und in der Realität zu diskutieren. Dazu wäre zunächst die Frage zu stellen, was sollte eine aussagekräftige Simulation zeigen? Im ersten Schritt ist das eine Direktschallpegelverteilung über der Fläche. Diese ist besonders für die höheren Frequenzbänder wichtig, da die Lautsprecher hier stärker bündeln, aber trotzdem eine vollständige Abdeckung der relevanten Hörerflächen mit den für die Sprachverständlichkeit wichtigen hohen Frequenzen gegeben sein sollte.
Als Anregungssignal wird für diese Simulation ein Pinknoise genutzt, um alle Frequenzbänder gleichermaßen anzuregen. Abb. 6 zeigt das Ergebnis für alle Flächen der Abreisehalle inklusive des Skywalk berechnet für 1.136 Positionen im 2 m Raster. Zwei Aspekte sind hier wichtig. Alles sollte abgedeckt werden, d. h. es gibt keine Abschattung oder Lücken und zusammenhängende Bereiche sollten gleichmäßig laut versorgt werden.
Der Bereich der Zollabfertigung und der Skywalk fallen im Pegel um einige dB gegenüber der großen Halle ab, was sich aber später zusammen mit dem Diffusfeld wieder angleicht. Den gemittelten Frequenzgang des ausschließlichen Direktschallanteils zeigt Abb. 7. Die leichte Überhöhung bei 4 kHz ist Absicht zur Anhebung des Präsenzbereiches der Sprache. Die absoluten Pegel spielen für diese Berechnung noch keine Rolle. Ist die Direktschallverteilung hinreichend gleichmäßig, dann kann es im nächsten Schritt mit einer AURA-Berechnung für den Gesamtschallpegel und die Sprachverständlichkeit weitergehen.
Jetzt sind auch die absoluten Pegelwerte von Bedeutung. Als Anregungssignal wird ein Sprachspektrum für einen männlichen Sprecher nach EN 60268-16 eingesetzt. Dieses Spektrum entspricht auch dem eines STIPA-Testsignals. Wichtig ist es an dieser Stelle, den Crestfaktor im Signal gebührend zu beachten. Der Crestfaktor stellt das Verhältnis vom Spitzenwert zum Effektivwert in einem Signal dar. Für Sprache und auch für das STIPA-Signal liegt der Wert bei ca. 12 dB. An dieser Stelle wird es ein wenig kompliziert.
TOA liefert zur SR-S4 eine GLL-Datei, die von 600 W maximaler Leistung entsprechend dem Datenblatt ausgeht. D. h. diese GLL wird als Maximalpegel einen Wert berechnen, bei dem der Lautsprecher mit 600 W belastet wird. Im CC3 sind jedoch alle Lautsprecher über 100 V-Übertrager angeschlossen, die auf 60 W angeschlossen sind. Es gehen somit 10 dB gegenüber dem Maximalwert aus der GLL verloren. Soweit ein einfacher Zusammenhang.
Geht man im Weiteren davon aus, dass der ansteuernde Verstärker mit einem Sinussignal 60 W zu liefern in der Lage ist, dann entspricht das einer Peakleistung von 120 W, bei der der Verstärker an seine Grenzen stößt. Gleichermaßen mit einem STIPA-Testsignal mit 12 dB Crestfaktor voll ausgesteuert, beträgt die Peakleistung auch 120 W, die mittlere Leistung jedoch nur 7,5 W (12 dB entspricht einem Leistungsfaktor 16).
Gehen wir jetzt kurz auf die andere, die akustische Seite, dann wird hier als relevanter Pegel bei einer Messung zur Sprachverständlichkeit der Leq und somit ein Mittlungspegel gemessen. Der Leq des Schalldrucks ist das akustische Äquivalent zum Mittelwert der Leistung (average power) bzw. zum Effektivwert der Spannung auf der elektrischen Seite. D. h., wenn wir wissen möchten, wie hoch der tatsächlich messbare Leq-Wert mit einem Sprachersatzrauschen oder dem STIPA-Testsignal sein wird, dann müssen wir in der Simulation einen Headroom von zusätzlichen 9 dB einstellen. Die 9 dB entsprechen dem Verhältnis der Verstärker-Nennleistung von 60 W in Relation zur maximal möglichen mittleren Leistung von 7,5 W mit einem 12 dB Crestfaktor-Signal.
Dieser Zusammenhang mag zu nächst verwirren, ist aber von großer Wichtigkeit, da es sonst schnell passiert, dass bei der ersten Messung einer Anlage plötzlich 9 dB weniger auf dem Pegelmesser stehen als ursprünglich berechnet wurden. Unter Beachtung dieser Umstände wurden die Simulationen für das CC3 mit den entsprechenden Einstellungen und natürlich für ein Sprachspektrum gerechnet.
Auch Letzteres wird gerne vergessen, da die Simulationssoftware typischerweise ein Pinknoise als default Einstellung vorgibt. Abb. 9 zeigt den so ermittelten Maximalpegel, der bei 83,6 dBA liegt. Im Mapping erkennt man die Gleichmäßigkeit der Pegelverteilung sehr gut. Berechnet wurde das AURA Mapping für 898 Punkte im 2,3 m Raster für eine Länge der Impulsantworten von 2 s.
Damit ist die EASE-Software bis an ihre zurzeit leider noch unüberwindbare Speichergrenze von 1 GB ausgelastet. Möchte man eine höhere Auflösung erreichen, dann bleibt nur die Möglichkeit die Fläche zu unterteilen, die Teilflächen einzeln zu berechnen und dann wieder zu einem Gesamtergebnis zusammenzusetzen. Darauf wurde hier verzichtet, da ein Raster von 2,3 m hinreichend ist.
Aus der gleichen Berechnung gehen auch die STI-Werte für die Sprachverständlichkeit hervor. Nach VDE 0833-4 ist diese unter Berücksichtigung der Maskierung zu berechnen. Abb. 10 zeigt das Resultat mit einem Mittelwert von 0,56 und einer Standardabweichung von 0,04 und somit einem Ergebnis von 0,52. Ohne Maskierung steigt der Wert geringfügig auf 0,54.
Die Auswirkung der Maskierung ist bei diesem Pegel noch gering. Berücksichtigt man in der Simulation auch noch das vorab berechnete Störspektrum, dann wird ein Wert von genau 0,5 erreicht. Diese Betrachtung ist allerdings in sich ein wenig widersprüchlich. Entweder die Halle ist leer, so wurde hier gerechnet, und es gibt keinen Störpegel oder die Halle ist mit Menschen gefüllt, die zwar den Störpegel verursachen, dann aber auch durch ihre gute absorbierende Eigenschaft den Nachhall merklich reduzieren und somit den STI-Wert wieder verbessern.
Abb. 10 zeigt im Bereich der Sicherheitskontrollen besonders gute STI-Werte, die sich damit erklären, dass dieser Bereich beidseitig von gelochten Wänden an den seitlichen Einbauten begrenzt wird.
Messwerte, was geht wirklich?
Nach einer gelungenen Simulation möchte man das Ergebnis auch gerne durch eine Messung bestätigt wissen. Das tat bereits der Prüfer bei der Bauabnahme, der der Anlage eine rundum ordnungsgemäße Funktion bescheinigte. Trotzdem war es interessant beim Ortstermin die reichlich verfügbare Zeit noch für eigene Messungen nach der STIPA-Methode mit einem NTI XL2 zu nutzen.
Bei voll ausgesteuerter Anlage lag der Alarmierungspegel mit dem Sprachersatzrauschen bei 86 dBA und somit etwas höher als vorhergesagt, was unter Umständen durch eine leichte Signalkompression schon entstehen kann. Über insgesamt 60 Positionen in allen Bereichen gemessen, ergab sich ein STI-Wert von 0,553 im Mittel und eine Standardabweichung von 0,043 und somit ein Endwert von 0,51. Dieser Wert ist minimal schlechter als vorhergesagt, was nahe liegt, da die Halle völlig leer war. In der Simulation wurden dagegen zumindest einige Sitzgelegenheiten und andere Einrichtungsgegenstände als Absorber einbezogen.
Hinzu kam noch der geringfügig höhere Pegel, womit sich der Maskierungseffekt verstärkt auswirkt. Die Messung erfolgte in der Einstellung des XL2 zur 60268-16 ed4.0 von 2011 mit der aktuellen Maskierungskurve. Es folgte noch ein kurzer Hörtest, der den Umständen einer komplett leeren Halle entsprechend gut ausfiel, aber auch stellenweise im Bereich der großen Halle ein Echo zu Tage förderte. Zwei große, ebene Flächen auf der den Lautsprechern gegenüberliegenden Wand waren als Ursache schnell ausgemacht. Auch hier gilt jedoch, dass bei normalem Betrieb mit Einrichtung und Personen in der Halle der Schall hinreichend gestreut und/oder absorbiert wird und das Echo verschwindet.
BETEILIGTE FIRMEN UND PERSONEN
Möglich gemacht wurde unser Ortstermin 2016 durch die Firma TOA. Vor Ort waren der Vertriebsbeauftragte und Planer Klaus Bongaertz aus dem Düsseldorfer Büro sowie sein Hamburger Kollege Markus Kosin. Ebenfalls anwesend von der CCD Weber GmbH als ausführende Firma für die technischen Anlagen im CC3 waren Thorsten Grefe und Andreas Schlüter. Der Zugang zum CC3 wurde ermöglicht durch die Cruise Gate Hamburg GmbH, vertreten durch Chief Terminal Officer Burda Brauer. Wir danken allen Beteiligten für den informativen Tag im CC3.
Die Case Study stammt aus PROFESSIONAL SYSTEM 01/2016.