Superschnelles Internet mit WLAN, aber ohne Kabel oder Router, sondern mit Licht. Ein indisches Startup will diese Technik nun aus dem Labor holen und alltagstauglich machen. Erste Projekte laufen bereits.
Bis zu 100 Mal schnelleres Internet als mit herkömmlichem WLAN, ohne Verkabelungen oder Super-Router? Wenn es nach dem Willen des 2014 gegründeten indischen High-Tech-Startups Velmenni geht, könnte das schon bald in jedem Haushalt Standard sein. Die dafür entwickelte Technik soll Daten mit einer Geschwindigkeit von 1 GB/s übertragen. Dazu ist keine Installation von Glasfaserkabeln oder ein besonders potenter WLAN-Router erforderlich. Die Forscher arbeiten mit Licht.
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Visible Light Communication
Visible Light Communication (VLC) ist eine Technik, die Daten nicht über Kabel oder Funk, sondern mit Hilfe von Lichtwellen überträgt. Das 2011 vom Informatikprofessor Harald Haas an der Universität von Edinburgh vorgestellte Li-Fi-Konzept (von „Light Fidelity“) setzt dabei auf spezielle LED-Lampen, die in sehr hoher Frequenz blinken können. Die Lampen flackern im Nano-Sekundentempo, es geschieht also so schnell, dass das vergleichsweise träge menschliche Auge davon nichts mitbekommt. Durch das superschnelle Flimmern werden nun Daten im Binärcode versandt, die leuchtenden Morsezeichen werden unbemerkt erzeugt. Passende Lichtsensoren fangen die Signale auf und verarbeiten sie zu Daten weiter.
Im Vergleich zu Radiowellen ist das nutzbare Lichtspektrum wesentlich breiter, die Wellenlängen reichen vom Infrarot- bis in den Ultraviolettbereich. Das ermöglicht sehr hohe Datenübertragungsraten. In Laboren in Oxford wurden bereits vor einem Jahr Übertragungsraten von bis zu 224 GB/s erreicht, damit könnten zum Beispiel 18 1,5 GB große Filmdateien in einer einzigen Sekunde übertragen werden (Quelle: IEEE.org/ IEEE Xplore Digital Library). Allerdings funktioniert die VLC-Datenübertragung nur bei direkter Sichtverbindung. Dieses Manko wird jedoch durch einen wesentlichen Sicherheitsgewinn wett gemacht. Auch Hacker haben ohne direkten Sichtkontakt zu den Lichtemittern keine Chance, sich in den Datenstrom einzuklinken.
Alltagstauglichkeit vor Rekordjagd
Die Velmenni-Techniker wollten diese Technologie unter den Vorgaben des kommerziellen Gebrauchs weiter verbessern. Dabei geht es nicht so sehr um die Jagd nach möglichst hohen Werten, sondern um Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit. Derzeit entwickelt das Unternehmen alltagstaugliche Anwendungen für den industriellen Bereich. Velmenni-Mitgründer Deepak Solanki äußerte sinngemäß in einem Interview mit IB-Times, daneben werde derzeit ein weiteres Pilotprojekt durchgeführt. „Wir installieren ein Li-Fi-Netzwerk für den Internetzugang im Bürobereich.“
Die Beschränkung auf direkte Sichtverbindungen zwischen LED-Emittern und empfangenden Sensoren begrenzt naturgemäß denkbare Einsatzbereiche. Li-Fi wird die WLAN-Technologie nie völlig ersetzen können, gerade in verwinkelten Gebäudebereichen.
Andererseits kann Li-Fi durchaus helfen, Datenkommunikation in abgelegeneren Bereichen bereitzustellen. Denkbar wären etwa Krankenhäuser, Flugzeuge oder auch Ölplattformen. Fürs Büro und das Eigenheim ergeben sich ebenfalls ganz neue Szenarien. Künftig könnte zuhause jeder einfach mit Hilfe der Glühbirnen ins Internet gelangen. Harald Haas hatte das schon vier Jahren erklärt: „Wir müssen nur an jedes mögliche Beleuchtungsgerät einen kleinen Mikrochip anpassen und zwei grundlegende Funktionen kombinieren, Beleuchtung und drahtlose Datenübertragung.“
Um Li-Fi alltagstauglich zu machen, müssten nun nicht sämtliche Häuser und Büros umgekrempelt werden, so Solanki. Es sei viel zu umständlich, für das Konzept eine komplett neue Infrastruktur zu schaffen. Vielmehr müsse Li-Fi in bestehende System integriert werden.
Dafür haben die Inder smarte LED-Lampen namens Jugnu entwickelt, mit deren Hilfe die Datenkommunikation zwischen PCs, Laptops und Smartphones erfolgen soll. Derzeit arbeiten sie an der Entwicklung einer Android-App, mit der die Datenübertragung vereinfacht werden soll. Die Techniker von Velmenni sind nicht die ersten, die sich an der Kommerzialisierung von Li-Fi versuchen. Andere Unternehmen wie Oledcomm oder das vom Li-Fi-Erfinder Haas gegründete pureLiFi offerieren ebenfalls die Installation von Li-Fi-Netzwerken. Allerdings liegen die von ihnen angegebenen Datenübertragungsraten bei nur einem Zehntel der von Velmenni verkündeten Werte.
Einsatzbereiche
Für die lichtgestützte Datenübertragung ist eine Vielzahl von Einsatzbereichen denkbar. in Büroumgebungen oder Besprechungsräumen können beliebig viele Nutzer auf die via Li-Fi zur Verfügung gestellten Daten zugreifen. Es gibt keine Übertragungsprobleme wegen zu geringer Bandbreiten oder zu vielen Datenzugriffen im selben Moment. Der von herkömmlichen WLAN-Verbindungen bekannte Effekt, dass die Downloadgeschwindigkeit mit der Zahl der Nutzer abnimmt, entfällt hier.
Für Tagungshäuser, Hotels und sonstige gut ausgeleuchteten Bereiche bietet die Beleuchtungsinfrastruktur die Möglichkeit zum Datenzugriff mit hohen Durchsatzraten. Nutzer können etwa in einem Hotelflur oder einer Eingangshalle Downloads an jedem Punkt empfangen. In Museen oder Galerien können Li-Fi-fähige Lampen den Besuchern zusätzliche Informationen bereitstellen. Die Kamera oder das Smartphone eines Kunstfreundes könnte so jeweils weitere, interessante Fakten über das Exponat oder Kunstwerk von der Lampe erhalten, in deren Licht es gerade betrachtet wird. Analog könnten Lampen in Schaufenstern zusätzliche Infos über ausgestellte Waren liefern, über Sonderangebote und Aktionen informieren.
In sicherheitsrelevanten Zonen wie Krankenhäusern oder Bereichen mit Explosivstoffen ist der Gebrauch von elektronischen Geräten oftmals stark eingeschränkt. Li-Fi-gestützte Datenkommunikation könnte den Einsatz und die Konfiguration von Datennetzwerken dort deutlich erleichtern.