Hauseigene Standardisierung für Medientechnik bei der AOK
von Dominik Roenneke, Artikel aus dem Archiv vom
kubus IT hat als IT-Dienstleister von AOK Bayern und AOK PLUS Standorte in drei Bundesländern mit Medientechnik für Konferenz- und Besprechungsräume ausgestattet. Besondere Herausforderungen dabei waren die hohe Anzahl an Räumen sowie die großen Distanzen zwischen den Installationsorten.
Der AOK-Neubau in Nürnberg umfasst in seinen obersten beiden Etagen großzügige Räumlichkeiten mit Ausstattungen für Videokonferenzen und medial gestützte Kollaboration. Identische Ausstattungen finden sich an den AOK-Standorten in Thüringen und Sachsen. Besondere Merkmale sind dabei das jeweils zentral angeordnete Touch-Display auf einer Stele sowie ein Touchscreen mit einer übersichtlichen Benutzerführung. Auf dem Display ist im Begrüßungsstatus eine Anleitung für die Drahtlosnutzung mit Zugangsinformationen für das Display zu lesen. Ansonsten finden sich an sichtbarer technischer Ausstattung in den Räumen lediglich noch eine Tastatur mit Maus sowie Deckenmikrofon und Lautsprecher. Auch in weiteren kleinen Besprechungsräumen mit Sitzplätzen für vier bis fünf Personen erwartet den Nutzer eine identische Ausstattung, die sich lediglich dadurch unterscheidet, dass kein Touchscreen auf dem Tisch zu finden ist. Diese Huddle Spaces befinden sich in größeren Arbeitsarealen und bieten als sogenannte „Meeting Boxen“ Raum für Besprechung und Video-Konferenz. Alle Räume haben weiterhin gemeinsam, dass sich an den Eingängen digitale Türschilder befinden, die die Reservierungen und die Belegung eines Raumes anzeigen. Egal an welchem Standort und egal in welchen Konferenz- oder Besprechungsraum ein AOK-Mitarbeiter hineingeht, er wird mit der Ausstattung vertraut sein und die Medientechnik sofort bedienen können.
Die Buchstaben des Projektnamens NERO stehen für NE wie Neubau, R wie Rückbau und O wie Organisation: „Neu- & Rückbau Organisation“. Und in diesem Projekt sind Wolfgang Wagner, Projektleiter bei kubus IT, und ein recht kleiner Kreis von Kollegen verantwortlich für die technisch mediale Ausstattung und IT-Betreuung an den Standorten in den drei Bundesländern. Sie arbeiten von Nürnberg aus und haben all diese Medieninstallationen geplant und umgesetzt. Das Projekt NERO startete 2018, berichtet Wolfgang Wagner: „Die Maßnahme bestand aus insgesamt vier Teilprojekten: Neben der aktiven und passiven IT-Infrastruktur galt es, den Neubau unseres Bildungszentrums in Hersbruck zu handhaben, die IT des Neubaus am Nürnberger Standort mit dem Konferenzzentrum im 4. und 5. Stockwerk zu realisieren und die Standardisierung der gesamten Konferenz- und Präsentationstechnik bei AOK Bayern und AOK PLUS in Thüringen und Sachsen zu entwickeln.“ Das letzte Teilgebiet war dabei besonders herausfordernd aufgrund eines „historisch bedingten Wildwuchses mit unterschiedlicher Medientechnik und uneinheitlichen Anschlussstandards über viele Jahre hinweg“. Ursprünglich war die AV-Technik bei der AOK angesiedelt. Doch im Zuge der medialen Digitalisierung und der immer ausgeprägteren Nähe zur IT wechselte die Verantwortlichkeit zu kubus IT. Für das Projektteam war klar, dass die Umsetzung nur mit standardisierter Technik und vereinheitlichten Strukturen effektiv zu handhaben sei. Zunächst aber galt es, den Standard zu definieren.
Im Rahmen von verschiedenen Workshops wurde untersucht, was die Anwender in den Konferenz- und Besprechungsräumen benötigen. Mit den Ergebnissen dieser Anforderungsanalyse wurden verschiedene Techniken auf dem Markt verglichen und vorausgewählt. Gleichzeitig wurde das Ingenieurbüro Schindler aus Herzogenaurach zur planerischen Unterstützung hinzugezogen, um „IT und AV zusammen zu bekommen“, so Wolfgang Wagner. Im nächsten Schritt wurde ein Musterraum eingerichtet, zur Testnutzung durch ausgewählte Anwender. Die Ergebnisse der Probanden wurden in Checklisten dokumentiert und wiederum ausgewertet. Von Bild über Ton bis hin zur „Usability“ wurden die relevanten Medienaspekte abgefragt und bewertet. Der Musterraum war mit allen benötigten Medientechniken für Video-Konferenz und Kollaboration ausgestattet, bis hin zum Touchscreen zur Bedienung der Medientechnik. Anhand der Ergebnisse und Nutzungspräferenzen konnten verschiedene führende Hersteller zu Produktpräsentationen eingeladen werden. „Wir haben Slots von zwei bis drei Stunden festgelegt, unsere Anforderungen benannt und uns einen genauen Einblick verschafft.“ Mit anschließenden Teststellungen durch ausgewählte Hersteller konnten die Probanden erneut testen und vergleichen. Diese Phase erstreckte sich über drei weitere Monate. „Unsere Testmitarbeiter kamen aus allen Bereichen der AOK. Das war uns wichtig und deckte damit das ganze Spektrum quer durch das Unternehmen ab.“
Nach Klärung der Medientechnik und der einhergehenden IT-Struktur konnten sich die Planer auf die technische Installation hinter den Kulissen konzentrieren, mit allen Schnittstellen und Interfaces. Diese Planung erfolgte dabei vor dem Hintergrund, dass viele Räume über nicht unerhebliche Distanzen auszustatten und zu administrieren seien. Und so kam die Idee auf, die Zuspiel-, Signal- und Steuertechnik der Displays und Touchscreens so anzuordnen, dass sie auf ein einziges Board montiert passen würden, und zwar mit möglichst wenig Anschlüssen nach außen. Diese Boards sollten in Nürnberg bei kubus IT vormontiert und zur Installation ausgeliefert werden. Somit wäre die Medientechnik nicht nur für die verschiedenen Räume standardisiert, sondern auch für die sehr einfache Montage vor Ort, ohne dass Mitarbeiter von kubus IT unter großem Zeit- und Kostenaufwand vor Ort installieren müssten. Und so war die Idee des NERO Medien-Boards geboren: „Die gesamte Technik auf einem Board mit vorkonfektionierten Kabelbäumen“, schwärmt Wolfgang Wagner. „Für uns war die Skalierbarkeit über alle Räume mit identischer Ausstattung und Bedienung sehr bedeutend.
Selbstverständlich sind nicht alle Räume gleich, so dass unterschiedliche Ausstattungsmerkmale zu berücksichtigen waren. Für die Anwender wurde jedoch eine wirklich einheitliche Oberfläche auf den Touchscreens geschaffen. Und je nach Raum stehen auf dem Touchscreen nicht alle Funktionen sichtbar zur Verfügung, beispielsweise in Abhängigkeit der individuellen Raumsteuerung.“ Neben den über 70 „kommunikativen Räumen“ waren auch noch 35 kleinere „Meeting Boxen“ mit reduzierter Ausstattung an den insgesamt drei Standorten auszuführen, weshalb zwei Typen des NERO Medien-Boards konzipiert wurden. Das „NERO Medien-Board light“ wurde für die Meeting Box spezifiziert. In diesen sehr kleinen Besprechungsräumen werden beispielsweise weder Touchscreen noch Barco ClickShare benötigt. Für den Ton reicht eine kleinere Ausführung mit Biamp Devio SCR-25.
Das Konzept des Medien-Boards sah vor, dass die einzelnen Komponenten herstellerunabhängig ausgewählt sein sollten, bei gleichzeitiger Kompatibilität untereinander. Nach der immer wieder optimierten Geräteauswahl entstand das finale Design des Boards. Als Grundlage wurde ein größengenormtes Installationsbrett festgelegt. Eine regionale Schreinerei wurde mit der Herstellung der maßhaltigen und verwindungsfreien Bretter auf Basis von stabilen Siebdruckplatten beauftragt.
Alle Boards haben die Außenmaße von 600 × 900 Millimetern mit standardisierten Befestigungsbohrungen für die Installation vor Ort im Raum. Für eine schnelle und vereinfachte Gerätemontage wurden bei der Konstruktion der Boards vorgefräste Markierungen/Geräteumrisse, Beschriftungen und weitere Bohrungen vorgesehen. Die Boards werden, maschinell gesteuert, hergestellt und können zur Bestückung bei kubus IT in Nürnberg jederzeit in Chargen aus der Schreinerei abgerufen werden. Auch die Kabelverbindungen sind individuell vorkonfektioniert und werden als vorbereitete Kabelbäume auf dem Board angeschlossen.
„Nach außen hin benötigt das NERO Medien-Board neben der Signalanbindung für Display und Lautsprecher nur einen Daten- und einen Stromanschluss“, erklärt Wolfgang Wagner, der in seiner IT-Abteilung für Testzwecke eine zusätzliche Beispielinstallation in identischer Ausführung hängen hat. Anhand der offen ausgestellten Technik kann er das Board und die angeschlossene Medientechnik jederzeit einsehen und auch demonstrieren. Größtes Einzelbauteil auf dem Board ist der digitale Audioprozessor Tesira Forté AVB VT4 des Herstellers Biamp. Auf den Einsatz von Dante wurde verzichtet, zugunsten von „normaler Netzwerktechnik“, mit ebenfalls latenzfreier Übertragung. Der Tesira AMP-450-Audioverstärker gibt als einziges Bauteil auf dem Board ein analoges Signal für die Lautsprecher aus, was laut Wolfgang Wagner eine gute und wirtschaftliche Lösung ohne großen Aufwand darstellt. Wegen der flachen Ausführung des Audioprozessors konnten auf einem ebenfalls vorgefertigten Trennblech über dem Prozessor die verschiedenen Netzteile der Einzelgeräte verbaut werden. Sie sind somit für einen Austausch im Falle eines Defekts besonders leicht zugänglich. Trotz dieser Anordnung in Etagen wurde mit der erreichten Bauhöhe die insgesamt flache und platzsparende Ausführung des Boards sichergestellt. Am unteren Ende des Boards befindet sich eine IP-Steckdose, in die die Netzteile/Stromverbraucher des Boards mit Schuko-Flachsteckern eingestöpselt sind. So ist die Stromschaltung von Einzelkomponenten auf dem Board für die IT-Administration auf Distanz jederzeit möglich. Selbstverständlich können so auch aktuelle Stromverbrauchswerte und die Umgebungstemperatur des Boards ausgelesen werden.
Damit die Anwender im größeren „kommunikativen Raum“ oder in der kleineren „Meeting-Box“ zusammenarbeiten, präsentieren oder auch per Video konferieren können, bietet das NERO Medien-Board die Nutzung eines fest verbauten Mini-PCs und alternativ, in den größeren Räumen, einen BYOD-Zugang (Bring Your Own Device) via ClickShare, um externe mobile Endgeräte anbinden zu können. Für die Nutzung der PCs stehen in allen Räumen Funktastatur und Maus zur Verfügung. Die fest installierten PCs zeigen wie alle bei der AOK installierten Rechner eine identische Softwareoberfläche und können von den Mitarbeitern sofort in bewährter Form genutzt werden. Für die Bedienung der Medieninstallationen in den „kommunikativen Räumen“ stehen die Touchscreens bereit, die über Netzwerkkabel und damit auch via PoE (Power over Ethernet) angebunden sind.
Bild: Dominik Roenneke
Wie am Fließband: Die Rohlinge des NERO Medien-Boards werden vorbereitet bei kubus IT angeliefert und dort mit der Medientechnik bestückt.
Bild: Dominik Roenneke
Fertig für die Auslieferung: Fertige NERO Medien-Boards sind bei Auslieferung bereits fertig dokumentiert und ihrem Einsatzort eindeutig zugeordnet.
Bild: Dominik Roenneke
Für die Video-Konferenzfunktionalität sind die kommunikativen Räume mit der Webcam AVer USB-Cam 340+ und dem Deckenmikrofon-Array Parlé TCM-X ausgestattet. Für eine möglichst nahtlose Kommunikation nach außen sind auf dem NERO Medien-Board auch eine VoIP-Schnittstelle, also Voice over IP, vorgesehen sowie eine Bluetooth-Anbindung, um externe Gesprächspartner schnell und unkompliziert z. B. via Handy-Telefonat hinzu nehmen zu können. Hier sieht Wolfgang Wagner allerdings, dass „das natürlich etwas weniger geworden ist, weil sich vermehrt alles über Video abspielt“. Das war aber zu Projektbeginn vor der Pandemie mit ihrer neuen Selbstverständlichkeit von Videokonferenzen nicht absehbar. Gleiches gilt für die Bezeichnung „kommunikativer Raum“, mit der sich begrifflich bewusst abgesetzt werden sollte vom bisher bekannten „Videokonferenzraum“, der von den Anwendern mit Blick aus 2018 noch mit bewährter Cisco-Videokonferenzausstattung gleichgesetzt wurde.
Selbstverständlich wurde für das NERO Medien-Board auch ein Switch vorgesehen. Darüber erfolgt eine der wenigen nötigen Anbindungen nach außen, via LAN-Kabel. Über den Switch sind praktisch alle Schnittstellen des Boards realisiert und organisiert, für Datennutzung, Steuerung und Fernzugriff.
Bei kubus IT werden die NERO Medien-Boards bestückt, geprüft und an die Einsatzorte verschickt. Aufgrund der modularen Konstruktion müssen die Boards vor Ort im vorgesehenen und vorbereiteten Raum nur noch an ihren Platz in den Stelen der Displays eingesetzt und mit wenigen Kabelanbindungen angeschlossen werden. Das gesamte Mediensystem ist modular gehalten. Nach verschiedenen Testserien mit Prototypen wurden die Stelen in ihrer endgültigen Ausführung ausgeschrieben und werden extern hergestellt. An den Einsatzorten installiert jeweils ein regionaler Dienstleister die modulare Medientechnik. Nach Inbetriebnahme kann kubus IT die Technik jederzeit fernwarten. Dazu kann sich die Administration über eine übersichtliche Online-Datenbank via Web-Interfaces auf die einzelnen Geräte schnell und unkompliziert sowie kennwortgeschützt aufschalten. Das gilt für jedes auf dem Board verbaute Gerät und in jedem der ausgestatteten Räume. Geräte-Resets können jederzeit über die sechs IP-Steckdosen innerhalb eines Boards durchgeführt werden. So ist die IT völlig unabhängig von Personalunterstützung vor Ort. Die kommunikativen Räume werden mit Cue touchONE-Touchscreens des Distributors Prodytel von den Anwendern gesteuert. Damit die Touchscreens die passende Version der Mediensteuerung zeigen, wird bei jedem automatischen Neustart am Morgen von einem FTP-Server eine json-Datei (JavaScript Object Notation) eingelesen und ausgewertet. In der Datei sind alle Informationen zum Raum dokumentiert/hinterlegt: von der Raumgröße über örtliche Gegebenheiten und Hardware-Ausstattung bis hin zu Schnittstellen für Deckenmikrofone, Webcams oder auch Gebäudesteuerung mit Schnittstelle zur Hauselektrik via KNX-Datenbus. Anhand der json-Daten zeigt der Touchscreen in einem Raum die zur Verfügung stehenden Optionen des Raums an. So werden einerseits die Raumgegebenheiten individuell berücksichtigt und andererseits neu hinterlegte technische Änderungen jederzeit aktualisiert.
Die Modularität des Gesamtsystems zeigt sich auch an der Handhabung von Sonderlösungen, die trotz der umfänglichen Standardisierungsbemühungen existieren. So z. B. wird in einem letzten Schritt des Projektes ein großer Konferenzraum eingerichtet, der Raumtrennungselemente zur Unterteilung aufweist und deshalb auch über mehrere Großdisplays für unterschiedliche Nutzungsszenarien verfügt. Doch auch in diesem Raum ist die Medientechnik in standardisierter Bauweise umgesetzt, mit Displays auf Stelen und Medientechnik auf NERO Medien-Boards. Darüber hinaus wird der Raum mit mehreren AVer-PTZ-Kameras Modell PTC-320H und Deckenmikrofon-Arrays ausgestattet, um auch größere Video-Konferenzen durchführen zu können.
Ein weiteres, völlig unabhängiges System stellt die Raumbuchung dar, die an allen Standorten für die kommunikativen Räume und auch die Meeting-Boxen vorgesehen wurde, um eine effiziente Verwaltung ohne Personalaufwand sicher zu stellen. Alle Reservierungen erfolgen entweder direkt über die an den Eingängen montierten Cue touchONE-Screens oder über das Kalendermodul des Microsoft-Exchange-Servers. Darüber hinaus sind an das Buchungssystem 20 Arbeitsplätze via Cue TouchONE Desk 55 („kompakte Arbeitsplatz-Reservierungsoberfläche“) angebunden. Damit können sogar einzelne Schreibtische verwaltet und gebucht werden.
„Unsere Technik läuft sehr stabil. Es werden nur wenige Service-Tickets geöffnet. Und mit unserem Fernwartungsmanagement fahren wir sehr gut“, fasst Wolfgang Wagner die mediengestützte Arbeit in den vielen verschiedenen Räumen zusammen. Der Projektverlauf hat gezeigt, dass die Herangehensweise tatsächlich „roll-out-fähig“ war, so dass mehr als einhundert Räume ausgestattet werden konnten. Für den Betrieb waren von Anfang an Monitoring und Dokumentation vorgesehen, so dass für alle verbauten Geräte eventuelle Ausfälle und die Produktlebenszyklen verfolgt und bewertet werden können.
Mit seinem NERO Medien-Board ist kubus IT sehr flexibel und effizient aufgestellt. Im schlimmsten Fall wird vor Ort ein defektes Board einfach eins-zu-eins ausgetauscht und in Nürnberg kontrolliert. So sind zeitintensive Vororttermine in der Regel nicht nötig. Darüber hinaus hat kubus IT dabei auch Unterstützung von außen, so z. B. direkt vom Distributor Prodytel: „Zu all den Produkten von den Touchscreens über die Webcams und die Audiotechnik bis hin zur Raumbuchung und den Displays haben wir bei Prodytel einen enorm guten Support und bekommen bei Geräteausfall einen problemlosen Vorabaustausch.“ Und so kann kubus IT für seine Video-Konferenz- und Besprechungsräume der beiden AOKs auf eine sehr wirtschaftliche Medienlösung blicken, die mit der Idee zum NERO Medien-Board ihren Anfang nahm.