von Helga Rouyer-Lüdecke, Artikel aus dem Archiv vom
Das Büro Licht Kunst Licht entwickelte für die Red Bull Arena in Leipzig ein vielseitiges und prägnantes Beleuchtungskonzept, welches das Potenzial der Stadionarchitektur nutzt.
Die Heimspielstätte des Erstligisten RasenBallsport Leipzig wurde seit Ende 2018 unter Federführung des Wiener Architekturbüros Albert Wimmer ZT-GmbH an moderne technische und infrastrukturelle Standards sowie die gewachsenen Erwartungen der Besucher an das Stadionerlebnis angepasst. Das ehemalige „Zentralstadion“ war einst das größte Stadion Deutschlands. Nach einer bewegten Geschichte und einem Umbau zum Anlass der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wurde die Spielstätte im Juli 2010 schließlich in „Red Bull Arena“ umbenannt, nachdem der Stadionbetreiber die Namensrechte für 30 Jahre an die Red Bull GmbH verkauft hatte.
Um den ständig gewachsenen Erwartungen der Besucher an das Stadionerlebnis sowie den Anforderungen großer internationaler Sportevents gerecht zu werden, entschieden sich die Red Bull GmbH und der RasenBallsport e.V. dazu, das Stadion zu modernisieren. Den Auftrag für die Sanierung, Modernisierung und Erweiterung erhielt das Architekturbüro Albert Wimmer ZT-GmbH aus Wien. Noch bis 2022 wird die Red Bull Arena in verschiedenen Bereichen um- und ausgebaut bzw. modernisiert.
Im Zuge der ersten Bauphase wurde im Süden der Red Bull Arena, hinter dem historischen Glockenturm, der Wall des ehemaligen Zentralstadions eingeschnitten und eine neue Zuwegung in die Arena geschaffen. Hier wurde ein Gebäude als Anbau an den bisherigen Stadionbaukörper errichtet, in welchem neue Toiletten und Catering-Kioske untergebracht sind. Weiterhin entstanden ein neuer etwa 120 Quadratmeter großer Fanshop und eine Flockstation. Neben der Modernisierung aller Bestandskioske und Vergrößerung der Hospitality-Flächen wurden großzügige Stehplatzbereiche für Heim- und Gästefans geschaffen. Nach Abschluss der Aus- und Umbaumaßnahmen mit Kosten von ca. 60 Millionen Euro bietet die Red Bull Arena seit August 2021 mehr als 47.000 Besuchern Platz.
Über die drei neuen zentralen Einlässe Festwiese, Stadionvorplatz und Rosengarten ins Stadion geführt, wird dem Besucher bereits vor Anpfiff ein beeindruckendes Entertainment aus Architektur und Licht geboten. Bei Beginn der Dämmerung zeigen großformatige LED-Screens am Tordurchgang des Dammeinschnittes farbenreiche Videos zur Einstimmung der Fans. Insgesamt wurden in der Arena 130 LED-Flächenstrahler zur Dachunterleuchtung sowie 135 Leuchten für die Beleuchtung des Ringes an der Dachkante verbaut.
Von der Südseite kommend, nach Passieren des in warmweißem Licht beleuchteten historischen Glockenturms, erschließt sich dem Besucher bereits mit Fernwirkung das bauchige Volumen der Arena. Vertikal angeordnete, diffuse Lichtlinien im Achsabstand von zwei Metern verleihen den geschlossenen Flächen der Südfassade Schwung. Die linearen Aufbauleuchten (Hersteller: Philips, Produkt: Color kinetics, Typ: Vaya Tube, 300 mm/1.200 mm RGB, ca. 12 W/m) mit einer Breite von 35 mm und einer Modullänge von 300 mm bzw. 1.200 mm sind zu Lichtlinien von bis zu 10,80 m zusammengefügt und untermalen in ihrer horizontalen Wiederholung die Rundung des Baus in der Vereinsfarbe des RB Leipzig. Optional können die RGBW-Linien farbdynamisch programmiert werden, um die Dramaturgie des Sportevents im Inneren nach außen zu transportieren.
Die Architektur des Stadions wird in erster Linie durch das geschwungene Dach geprägt, dessen Stahlkonstruktion mit einer Höhe von 17 Metern die Tribünen stützenfrei überspannt. Dabei berücksichtigen die Planer von Licht Kunst Licht die beachtliche Fernwirkung dieses Gebäudeteils und nutzen das Dach als hauptsächlichen Lichtträger.
Unterschiedliche Bauteile des Daches, wie der umlaufende Ring an der äußeren Dachkante und die gesamte Dachunterseite oberhalb der Besucherränge, wurden zur Anstrahlung genutzt und ergänzen sich zu einem Zusammenspiel aus wirkungsvoll beleuchteten Flächen. Unauffällig montierte LED-Aufbaustrahler von Philips zeichnen die geschwungene Dachkante in Richtung der Hauptperspektiven mit homogen flächigem Licht nach. RGBW-farbveränderlich kann der „Ring“ als dynamische Komponente in der Gebäudeansicht genutzt werden und ergänzt so, beispielsweise mit einem pulsierenden Licht, die prägnante Fernwirkung der statisch rot illuminierten Dachunterseite.
Zwei seilunterspannte Bogenbinder, die wie große Flügel wirken, schließen das Gebäude in Längsrichtung nach oben hin ab und tragen maßgeblich zur Fernwirkung bei. Auf beiden Flügeln mittig platziert prangt das Logo mit den Roten Bullen auf einem Banner. Bei Einbruch der Dämmerung werden die geneigten Bogenbinder durch jeweils 50 bodenmontierte RGWB-Strahler mit je 23 W wirksam inszeniert. Eigens für das Projekt entwickelte Linearlinsen spreizen das Licht so auf, dass der Bogen homogen angestrahlt wird.
Die homogene Unterleuchtung des viergeteilten Daches, bestehend aus gegenüberliegenden Tribünendächern und zwei Kurvendächern, wurde mittels LED-Flächenstrahler in monochromem Rot umgesetzt. Die Leuchten zu je 300 W sind in Dreiergruppen wartungsfreundlich in zwei Montagelinien innerhalb der Stahltrapezkonstruktion montiert und mit unterschiedlichen Linsen versehen, um eine gleichmäßige und blendfreie Erscheinung zu gewährleisten. Durch die Reflexion des Lichtes an der Metalldecke werden die Besucherränge und Tribünen indirekt in tiefes Rot getaucht, um das Stadion so atmosphärisch aufzuladen. Über vorprogrammierte Szenen lassen sich zudem dynamische Effekte, wie beispielsweise ein Lauflicht, abspielen.
Architekt / General- und Objektplanung: Albert Wimmer ZT-GmbH, Wien
Lichtplanung: Licht Kunst Licht AG, Bonn / Berlin / Barcelona, Projektleitung: Nils von Leesen, Projektteam: Konstantin Klaas, Jaehoon Choi, Anna Thorup, Stephan Thiele