Learntec und Didacta: Trends in der digitalen Bildung
von Dominik Roenneke,
Learntec und Didacta sind wichtige Messen zur digitalen Bildung in Schule, Hochschule und Beruf. Nationale und internationale Aussteller zeigen hier ihre neuesten Technologien rund um digitales Lernen und Arbeiten. Der AV-Medieneinsatz ist als Teil des technologiegestützten Lernens ein wichtiger Bestandteil dieser Fachmessen.
Nach Angaben der Messe Karlsruhe ist die Learntec „Europas größte Veranstaltung für digitale Bildung in Schule, Hochschule und Beruf“. Zwischen dem 31. Mai und 2. Juni kamen zur 29. Ausgabe „rund 11.000 Bildungsexperten in der Messe Karlsruhe zusammen, um sich bei mehr als 370 Ausstellenden aus 19 Ländern zu zukunftsweisenden Produkten und Dienstleistungen für den Lernalltag zu informieren und auszutauschen“. Erstmalig öffnete die Messe für die Learntec drei Hallen, darunter die DM-Arena, die zum „größten digitalen Klassenzimmer Deutschlands“ avancierte. Zu den 140 Ausstellern in dieser Halle zählten Hersteller wie beispielsweise BenQ, Clevertouch, Conrad, C-Touch, Epson, Fujitsu, Kindermann, i3 Technologies, Logitech, Optoma, Poly, Promethean, Prowise, Samsung, Sharp, Smart, Viewsonic, Vogels und auch Wolfvision.
Die Bildungsmesse Didacta ist nach Angaben der KölnMesse „die größte Fachmesse für Lehrkräfte aller Bildungsbereiche in Europa und die wichtigste Weiterbildungsveranstaltung der Branche“. Im Vergleich zur Learntec zeigten hier zwischen dem 7. und 11. Juni doppelt so viele Aussteller „ihre Angebote aus den Bereichen vorschulische Erziehung und Grundschule, Schule und Hochschule, neue Technologien, berufliche Bildung und Qualifizierung, Ministerien, Institutionen, Organisationen“. In den Themenhallen zu Schule/Hochschule waren viele Hersteller vertreten, die ihre Medientechnik auch auf der Learntec präsentierten.
Die Hersteller setzen auf großformatige, meist interaktive Displays für Klassenräume zu Preisen, die mit denen von Projektionslösungen vergleichbar sind. Dieser Trend zeigt sich vor dem Hintergrund von Raumgrößen und Etatmöglichkeiten. Klassenzimmer, in denen die Schüler in der hintersten Reihe nicht weiter als 10 Meter vom Display entfernt sitzen, lassen sich mit 98″-Displays abdecken. Ist in einem Klassenzimmer die Distanz zwischen der hintersten Reihe und dem Display größer, also 12 Meter oder mehr, reicht selbst ein 98″ Display kaum aus. Hier müssen die Lehrkräfte bewusst auf plakative Darstellungen achten, sofern die Bildinhalte nicht mit einem projizierten, deutlich größeren Bildfeld realisiert werden können. Schulen verfügen oft über 50 und mehr auszustattende Klassenräume. Da übersteigen die Kosten recht schnell die finanziellen Möglichkeiten, die sich bei begrenzter Förderung aus dem DigitalPakt Schule ergeben.
Hersteller wie beispielsweise BenQ bieten ausgereifte Technik mit antibakteriell beschichteten Touch-Oberflächen. Und selbst die Touch-Stifte weisen die gleiche Oberfläche aus, um Krankheitsübertragungen zu unterdrücken.
Immer größere Bedeutung erlangen Software-Weiterentwicklungen, nachdem in den letzten Jahren die Hardware-Unterschiede geringer geworden sind. Pädagogen bei BenQ arbeiten an praxistauglichen Lösungen für den mediengestützten Unterricht mit. Folgerichtig wirkt der Stand selbst wie ein offener Klassenraum und bietet Soft- und Hardware-Präsentationen, ebenfalls von Lehrkräften durchgeführt. Doch auch andere Anbieter greifen bei der Produktentwicklung auf die Kompetenz und Erfahrung von Pädagogen zurück.
Beim Anbieter Promethean, auf beiden Messen vertreten, dreht sich ebenfalls alles um die möglichst intuitive Nutzung. „Von Lehrern, für Lehrer“ ist der Ansatz, nachdem die Technik „auf einem vergleichbaren Level angekommen ist“. Display-Spezifikationen werden von den Messebesuchern immer weniger abgefragt. Stattdessen dreht sich alles um Software und deren Verwendung.
Auch der niederländische Hersteller Prowise stellt auf beiden Messen seine Touch-Displays aus, deren Software ebenfalls mithilfe von Pädagogen entwickelt und erprobt ist. Besonderes Augenmerk liegt auf den Stiften mit möglichst angenehmen Schreibverhalten auf dem interaktiven Display. Prowise macht ganz aktuell auf seine kürzliche Zertifizierung durch das „Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik“ (BSI) aufmerksam: Unter ISO 27001 wird dem Unternehmen der „IT-Grundschutz“ bestätigt. Damit zeigt sich Prowise führend in dieser Zertifizierung. Die Untersuchung des BSI bezieht sich auf den „Prozess der Entwicklung und Lieferung von Prowise Presenter, Prowise Screen Control und Prowise Cloud für Prowise B.V., die Prowise GmbH und Prowise R&D“. Die dazu nötigen Cloud-Dienste laufen ausschließlich auf Servern, die in Deutschland stehen.
Angesichts von begrenzten Deckenhöhen in vielen Schulgebäuden entwickelt Prowise aktuell ein großes 21:9-Display im Breitwandformat, denn bei interaktiven Displays ist die mögliche Bildhöhe inzwischen ausgereizt. Raumhöhe und Armlänge sind nun mal die begrenzenden Faktoren bei Installation und interaktiver Anwendung.
Auf den Didacta-Ständen von Heinekingmedia und Smart steht eine möglichst intuitive und vereinheitlichte Nutzung im Vordergrund. Zusätzlich sind die Lösungen für hybride Unterrichtsformen vorgesehen. Heinekingmedia bietet eine Cloud-Lösung, die als SaaS(Software as a Service)-Dienst-Plattform unabhängig über den Internet-Browser auf dem digitalen Endgerät des Nutzers ausgeführt wird. So können Schülerinnen und Schüler im Home Schooling auf Distanz an der inhaltlichen Bearbeitung von Lehrmitteln live auf dem Display in der Schulklasse ohne Zugangshürde mitwirken.
Auch bei Smart Technologies werden Lernende hybrid eingebunden. Damit die Lehrkräfte bei der Vorbereitung des Unterrichts im eigenen Arbeitszimmer möglichst Eins-zu-Eins am Smartboard arbeiten können, steht geeignete interaktive Hardware von Smart zur Verfügung. Dabei findet die Lehrkraft stets die gewohnte Arbeitsumgebung vor, inklusive automatischer Datensynchronisation über alle Systeme.
Beide Anbieter setzen auf datenschutzkonforme Lösungen in deutschen Rechenzentren.
Nicht zuletzt durch die frühere Entwicklung über die Jahre hinweg ist der Anteil an Projektionslösungen in Schulen wohl noch in der Überzahl. Displays setzen sich vermehrt in kleineren und mittleren Klassenzimmern durch, nicht zuletzt angesichts der inzwischen vergleichbaren Technikkosten. Doch für Verfechter von Projektionslösungen stehen einige systemimmanente Vorteile im Vordergrund. Projektionen lassen sich sehr flexibel auf Räume anpassen. Größere Bildgrößen sind problemlos realisierbar. Und angesichts des Ganztagsunterrichts ist vielen Pädagogen eine ermüdungsfreiere Bildbetrachtung wichtig. Schließlich blickt das Auge nicht direkt auf die Lichtquelle, also auf ein selbstleuchtendes Display, sondern auf das projizierte Bild eines Projektors.
Der Projektorenhersteller Epson zeigt interaktive Ultrakurzdistanz-Projektoren (z.B. Epson EB-735Fi), die ebenfalls in einem extremen Breitwandformat erscheinen: Im Bildformat von 16:6 bieten sich für den Unterricht sehr nützliche Möglichkeiten an. So können verschiedene Bildquellen eingespeist und nebeneinander betrachtet werden. Beliebig können per Fingerzeig die jeweiligen sichtbaren Bildbreiten der Quellen gegeneinander verschoben werden, was den Unterricht auf besondere Weise anschaulicher machen kann.
Die Ultrakurzdistanz-Projektoren von Epson sind entweder auf der Wand oberhalb der Leinwand montiert, oder sie befinden sich an der Oberkante der Tafel installiert, fest mit dieser verbunden. Damit ist die projizierte Tafelansicht jederzeit ohne Neujustage höhenverstellbar.
Als besonders flexible Ultrakurzdistanz-Lösung zeigt Epson auf seinem Stand ein freistehendes System, das in einem Design-Gehäuse auf dem Boden stehend auf eine Tafel oder auch auf eine Leinwand projiziert. Hier ist alles – im etwa tischhohen Gehäuse auf Rollen – integriert und kann beispielsweise in verschiedenen Schulklassen ohne weitere Technik sofort eingesetzt werden. Auf Basis eines Epson-Ultrakurzdistanz-Projektors hat das finnische Unternehmen Artome diese „All-in-one audiovisual solution“ mit medientechnischer Ausstattung wie Projektor, Lautsprecher, Webcam und weiterer Technik geschaffen. Die ergänzenden Komponenten können im Gehäuse auf 19″-Schienen installiert werden.
Sowohl Fürsprecher von Displaylösungen als auch Verfechter von Projektionslösungen beharren häufig auf ihrer gewohnten Präferenz. Da stehen Meinungen oft einander gegenüber. Doch mit Blick auf die jeweiligen Umgebungsparameter am Einsatzort gelingt eine differenziertere Betrachtungsweise im Spannungsfeld von Bildgrößen, Helligkeiten, technischen Möglichkeiten und der physiologischen Wirkung.
Der Aussteller Rednet beispielsweise ist als „IT-Partner für Behörden, Bildungseinrichtungen und das Gesundheitswesen“ auf den Bildungsbereich spezialisiert. Am Gemeinschaftsstand können sich Besucherinnen und Besucher auf über 250 Quadratmetern unter dem Motto „360° Digitale Schule“ über „Wissenswertes rund um die digitale Schule informieren und digitales Lernen bei Workshops oder in der Maker Area entdecken.“ Auf dem Stand sind Projektions- und Display-Varianten ausgestellt. Um die beste Lösung zu finden, bietet das Unternehmen individuelle Beratung ohne Präferenz auf ein bestimmtes bildgebendes Medium an und realisiert Installationen vor Ort eigenständig oder mit Partnern zusammen.
Immersion7 bedient mit seiner Software-Lösung „Smartperform“ alle bildgebenden Varianten und zeigt auf seinem Stand gleichberechtigt Projektion neben Großdisplay „aktiv“, mit Interaktivität auf der Bildfläche, und LED-Display „passiv“. Letzteres ist meist sehr großformatig installiert und nicht über die Bildoberfläche interaktiv ausgelegt, also passiv. Die Interaktive Bedienung steht dabei über ein gespiegeltes Touchdisplay zur Verfügung, zum Beispiel auf einem Pult montiert. Smartperform sorgt unabhängig von Betriebssystemen für einheitliche Benutzeroberflächen, um den Anwendern über alle Devices eine einheitliche und intuitive Nutzung sicherzustellen. Für den sich entwickelnden Digital Signage-Einsatz an Schulen demonstriert Smartperform auf der Learntec CMS basierte Tools. In Analogie dazu zeigt Heinekingmedia auf der Didacta neben seinen Lösungen „Digitale Tafel“ und „Schul.cloud“ sein „Digitales Schwarzes Brett“. Die Umsetzungen beider Firmen sollen demonstrieren, wie papierne Aushänge durch digitale Displays ersetzt werden können, bei zentraler Verwaltung und effizientem Einsatz.
Der Unterricht wird digitaler, medialer und hybrider. Auf Fachmessen sind verschiedenste Hard- und Software-Lösungen zu sehen, um Lernenden die Unterrichtsinhalte per Stream, live oder auf Abruf zur Verfügung zu stellen oder eine interaktive Teilnahme am Unterricht zu ermöglichen. Auf dem Stand „Panasonic Connect“ sind bei den Partnerfirmen Matrox und Panopto Streaming- und Video-Distributionstechnologien ausgestellt.
Matrox als Hersteller von Videoprodukten und -komponenten für die Bereiche Broadcast und Medien, Live-Unterhaltung und AV/IT zeigt seine Produktserie Matrox Maevex 6100. Diese Streaming-Technik überträgt Vorlesungen live für Studierende und kann sie auch als Aufzeichnung ablegen. Der Hersteller bezeichnet das Gerät als „Multi-Input-, Multi-Channel-, Multi-Target-, Multi-Protokoll-Streamer und -Recorder“. So kann der Maevex 6152 Quad 4K Encoder gleichzeitig bis zu vier Video-Inputs (HDMI bis 4k60) encodieren und streamen. Das Gerät bietet dabei die gängigen Streaming-Protokolle.
Im Zusammenspiel mit Matrox-Encodern realisiert die Firma Panopto schwerpunktmäßig für Higher Education die gesamte Kette der Informationsvermittlung: von der Aufnahme und Streaming über die Durchsuchbarkeit bis zur Bereitstellung von archivierten Video-Inhalten. Hierbei wird auf das für Panopto lizienzierte Produkt „Matrox Maevex 6020“ zurückgegriffen. Die erzeugten Streams werden in einem Video-CMS (Content Management System) nicht nur verwaltet und für die Wiedergabe auf jedem Gerät konvertiert, sondern auch für die Suche indiziert. Panoptos „Smart Search“ ist eine Videosuchmaschine, mit der die gesamte Videobibliothek und auch einzelne Videos nach beliebigen Wörtern durchsucht werden können. Dabei werden gesprochene oder dargestellte Begriffe gesucht.
Die automatische Spracherkennung indiziert gesprochene Wörter in Video- und Audioaufnahmen und unterstützt aktuell neun Sprachen: Englisch, Spanisch, Deutsch, Französisch, Japanisch, Koreanisch, Portugiesisch, Niederländisch und Polnisch. Die „Optische Zeichen Recognition“ indiziert visualisierte Wörter in Videos, so dass die intelligente Suche in der Lage ist, geschriebene Inhalte in Videos zu finden.
Administratoren haben die volle Kontrolle über die Verwaltung und Verteilung der Videoinhalte. Abgestufte Berechtigungen für Ordner und einzelne Videos können vergeben werden. Je umfangreicher die Bibliothek, desto bedeutsamer wird eine intelligente Suchfunktion der Video-Bibliothek. Nur so können Studierende Video-Lehrinhalte schnell und zielsicher finden.
Barco zeigt mit seiner Technologie-Lösung „weConnect“ das „hybride Klassenzimmer-Setup“. Im Virtual Classroom treffen extern angebundene Teilnehmer möglichst gleichberechtig auf Teilnehmer, die sich gemeinsam in einem Raum befinden. Das Medien-Setup ist deshalb deutlich anspruchsvoller. Zwar sind die extern angebundenen Teilnehmer über ihre Standardausstattung mit Notebook oder Tablet angebunden; jedoch basiert der Virtual Classroom auf einem „Studio“, in dem sich die Lehrkraft und die Präsenzteilnehmer befinden. Die mediale Ausstattung bietet der Lehrkraft einen möglichst vollständigen Überblick und den externen Teilnehmern einen möglichst großen Einblick. Dazu greift das System auf mehrere Kameras zurück: Eine „Vogelperspektiv-Kamera“ sorgt für den Raumüberblick mit Sicht auf die Teilnehmer und die Lehrkraft in einer Totalen. Eine zweite Kamera hat die Lehrkraft frontal im Blick und ist mit einem Tracking-System ausgestattet. Eine dritte Kamera befindet sich hinter den Präsenzteilnehmern inmitten einer Videowand, auf der jede zugeschaltete Person lebensgroß per Live-Stream mit Bild und Ton präsent ist. So kann die Lehrkraft mit allen Beteiligten kommunizieren, ohne ständig mit einer Neuanordnung der Live-Bilder auf der Videowand rechnen zu müssen. Die externen Teilnehmer können ihrerseits beliebig zwischen den unterschiedlichen Live-Kameras und dem kollaborativ ausgelegten Display im virtuellen Klassenraum wechseln. Barco weConnect basiert nicht auf einer vorgegebenen Hardware, sondern ist offen für Komponenten verschiedener Anbieter, wie zum Beispiel Logitech, Shure oder auch Aonic.
Beide Messen, Learntec und Didacta, zeigen die Digitalisierungstrends im Bildungsbereich und ermöglichen einen guten Überblick zum aktuellen Stand der Medientechnik für den Bildungsbereich. Auch wenn viele Schulen sich bereits medientechnisch ausgestattet haben, so hat dies der Großteil der rund 40.000 allgemeinbildenden Schulen noch vor sich. Der DigitalPakt Schule läuft noch bis in das Jahr 2024 hinein und wird den Digitalisierungsprozess und den Bedarf an geeigneter Medientechnik in den kommenden Jahren auch weiterhin beleben.