Digitale Transformation

Beyerdynamic: Digitale Transformation als Chance

Die Digitale Transformation ist schon seit einiger Zeit in aller Munde. Und auch die AV-Branche erlebt diesen Wandel. IT-Themen und Software-Produkte, aber auch Services werden immer wichtiger für Unternehmen in der Medientechnik. Dieser Wandel erfordert ein Umdenken bei den Unternehmensprozessen. Dies hat auch die Inhaberfamilie des Heilbronner Audio-Traditionshauses Beyerdynamic erkannt und mit Edgar van Velzen als CEO sowie Christof Hintze als kreativen Leiter zwei visionäre Köpfe für die Umsetzung der Transformation in die Geschäftsführung bestellt.

CEO-Büro (Bild: beyerdynamic)

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Auf der ISE 2019 konnte man es schon ahnen, denn irgendwas war anders am Stand von Beyerdynamic. Der Stand wirkte frischer, dynamischer und jünger. Ein Rebranding ist still und heimlich eingeführt worden, und ein neues Marketing stand in den Startlöchern. Doch so richtig publik gemacht hatte man es noch nicht. So etwas macht natürlich neugierig.

Also fragte PROFESSIONAL SYSTEM nach, was es mit dieser Frischzellenkur auf sich hat. Nach einem interessanten Gespräch auf der Messe wurden wir direkt eingeladen, uns selbst ein Bild des Fortschritts der Umstrukturierung vor Ort zu machen und auch gleich noch eine Führung über die Heilbronner Bundesgartenschau zu absolvieren, deren Technikpartner Beyerdynamic war.

Hierzu wurden Personenführungssysteme der Unite-Serie betrieben, und man konnte mithilfe von In-Ear-Kopfhörern das geschäftige Treiben in einem Bienenstock verfolgen.

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Nachhaltigkeit

Um Beyerdynamic auf lange Sicht gut aufzustellen, war der Familie Beyer als Eigentümer des Unternehmens an einer nachhaltigen Transformation gelegen. Als Kapitän für diese Mission verpflichteten sie im Juli 2017 den bis dahin als Teufel-CEO erfolgreich agierenden Edgar van Velzen als neuen Geschäftsführer. Auch bei Teufel zeigte sich van Velzen für eine grundlegende Transformation der gesamten Marke wie auch der Produktion und der Lieferkette verantwortlich. Zur Unterstützung holte er sich seinen langjährigen Wegbegleiter Christof Hintze als kreativen Leiter ins Team.

Edgar van Velzen
Edgar van Velzen, seit Mitte 2017 CEO bei Beyerdynamic, sieht das „E“ in CEO als Enabling und will seinen Mitarbeitern Mut geben, den Aufgaben während und nach der Transformation des Unternehmens bestmöglich nachzukommen. (Bild: beyerdynamic)

Da eine Transformation ein langwieriger Prozess ist und dieser gemeinsam mit den Mitarbeitern entwickelt werden sollte, machte man sich zeitgleich daran, die Marke Beyerdynamic zu verjüngen. Das Marketing entsteht dabei komplett im eigenen Haus.

Im März 2018 wurde das neu entwickelte Konzept den Eigentümern vorgestellt, und bereits zur IFA 2018 fand der Launch des neuen Markenauftritts für den Consumer-Bereich statt, den der geneigte AV-Profi dann auch im Februar 2019 auf der ISE wahrnehmen konnte. Dabei richtet sich das neue Beyerdynamic auf das Schlagwort „Anspruchsvoll“ aus, das in allem mitschwingen soll.

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Mehr als nur ein neues Branding

In nur 24 Monaten wurde bei Beyerdynamic das Personal von 320 auf knapp 450 Mitarbeiter aufgestockt. Vor allem die Bereiche Marketing und Produktentwicklung wurden massiv ausgebaut. Doch auch die Produktion musste ausgebaut werden, da eine weltweit wachsende Nachfrage der in Deutschland entwickelten und hergestellten Produkte bedient werden wollte.

Automatisierte Fertigunsstraße
Die automatisierten Fertigungsstraßen werden von eigenen Ingenieuren bei Beyerdynamic in Heilbronn geplant, aufgebaut, gewartet und weiterentwickelt. Ebenso die für die Fertigung benötigte Programmierung. (Bild: Sven Schuhen)

Viel Energie wurde zusätzlich in einen eigenen Webshop gesteckt, der bislang den Consumer-Bereich adressiert und auch Individualisierungen unter anderem bei Kopfhörern möglich macht. In Zukunft schließt der Hersteller nicht aus, den Webshop auch auf andere Zielgruppen zu erweitern.

Investitionen wurden aber auch in neue Technologien getätigt. Vor allem die bei schnurlosen Telefonen bekannte DECT-Technik wird zunehmend auch in professionellen drahtlosen Übertragungssystemen eingesetzt. Darüber hinaus wird bei Beyerdynamic auch die Dante-Technologie für Audio-Netzwerke immer weiter eingesetzt.

Doch vor allem der Bereich Softwareentwicklung ist beim Heilbronner Audiohersteller stark vorangetrieben worden. Hier profitieren Consumer und Profis gleichermaßen von z. B. automatischer Umgebungsgeräuschunterdrückung bei Kopfhörern oder auch DSP-Systemen für professionelle Audioprodukte.

Eine eigene Abteilung kümmert sich nur um die Entwicklung von Apps. Dabei ist Beyerdynamic auch die Produktpflege sehr wichtig, so dass bereits bestehende Produkte ebenso von neuen Features profitieren, soweit diese technisch kompatibel sind. Über einen Update-Hub sollen Nutzer ihre Produkte unkompliziert mit der neuesten Software ausrüsten können.

Die bereits erwähnte Personenführungsanlage Unite stand bei den Investitionen besonders im Fokus und kann auf mehrere der genannten Technologien zurückgreifen.

Personenführungssystem Unite von beyerdynamic
Als Technikpartner der Heilbronner Bundesgartenschau wurden Besuchergruppen mit dem Personenführungssystem Unite von Beyerdynamic bei ihren Rundgängen begleitet. (Bild: Sven Schuhen)

Bis Mitte 2019 sind im professionellen AV-Bereich fünf neue Produkte veröffentlicht worden und weitere sollen in diesem Jahr folgen. Mit dem Speakerphone Phonum, einem kleinen Lautsprecher mit drei Mikrofonen, der somit in der Lage ist, in kleinen Besprechungssituationen 360° um sich herum zu erfassen, ist Beyerdynamic ein guter Wurf gelungen. Die DSP und auch der AEC (Acoustic Echo Cancellation)- Algorithmus sind Eigenentwicklungen und Letzterer wurde sogar von der einschlägigen Fachpresse ausgezeichnet.

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Transformation

Was unterscheidet Beyerdynamic denn nun von anderen Unternehmen, die bisher beim Thema Transformation noch nicht so gut aufgestellt sind?

Christof Hintze sagt dazu: „Man sollte Innovationen nicht als Bedrohung sehen, sondern als die nächste Stufe in der Entwicklung eines Unternehmens. Allerdings befinden wir uns im Augenblick in einer Situation, die es bisher kulturhistorisch so noch nicht gab, denn wir haben drei Zyklen gleichzeitig.“

„Es gibt einen Kulturwandel, bei dem der heutige Mitarbeiter ein völlig anderer ist als noch vor 30 Jahren. Einen Unternehmenswandel, mit dem alles dezentralisiert wird. Und den Klimawandel, welcher für uns alle eine riesen Verantwortung ist und gleichzeitig Verpflichtungen mit sich bringt. Diese drei Wandel kann man als Chancen sehen oder als Bedrohung für den eigenen Status einstufen. Wir tun das nicht.“

Edgar van Velzen führt fort: „Wir sehen das immer als Chance. Wir spüren hier keine Negativität. Diese Einstellung gab es schon immer in der Firma. Eugen Beyer, der Gründer, war ein Innovator. Er hat Dinge kontinuierlich gechallenged.“

Firmenebäude von beyerdynamic in Heilbronn
Die komplette Produktion der Produkte findet bei Beyerdynamic am Standort Heilbronn statt. Neben viel Handarbeit sind auch moderne Maschinen im Einsatz, die z. B. Platinen bestücken oder Lackierungen vornehmen. (Bild: beyerdynamic)

„Wir leben in einer Zeit, in der wir uns immer mehr selbst Herausforderungen stellen müssen, immer den Status Quo analysieren, um herauszufinden, was man besser machen kann und wo die Schwächen liegen und was der Kunde wirklich braucht und haben möchte. Auch dem Zusammenarbeiten mit anderen Unternehmen sollte man gar nicht aus dem Weg gehen, das sind mitunter brillante Firmen mit tollen Ideen, die wir gemeinsam zu einem Produkt entwickeln können.“

„Und alle Firmen, die das nicht verstehen, werden über kurz oder lang Probleme bekommen. Die Welt wird immer komplexer, man kann gar nicht mehr alles alleine beherrschen. Aber man kann in so eine Zusammenarbeit das reinbringen, was man gut kann, und dann aus einzelnen Puzzleteilen ein großes Bild machen. Das alles bietet so viele Möglichkeiten.“

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Wandlungsfähigkeit

Hintze findet, dass Wandlungsfähigkeit zukünftig zur Kerneigenschaft von Unternehmen und Menschen werden muss. Das Verteidigen von festen Positionen ist obsolet geworden. Auch im Marketing und in den Unternehmenskulturen wird Wandlungsfähigkeit ein Faktor werden.

Das Konfrontieren mit neuen Dingen müsse zur Normalität werden. Der Status den Markt zu beherrschen wird die zukünftigen Generationen nicht mehr befriedigen.

Van Velzen ergänzt dazu noch, dass Neugier auch ein zentraler Aspekt sei, mit dem Wandel umgehen zu können und diesen sogar zu beflügeln. Und Neugier könne die Angst vor dem Wandel nehmen. Seine Aufgabe bei Beyerdynamic sei es, den Mitarbeitern den Mut zu geben, etwas Neues auszuprobieren.

Für ihn stehe CEO für Chief Enabling Officer, also sorge er dafür, seine Mitarbeiter zu „enablen“, ihren Job so gut wie möglich zu machen und in den meisten Fällen wäre es gut, ihnen die Angst zu nehmen – Angst vor dem Verlust des Jobs, Angst Fehler zu machen.

Doch nach van Velzen sollen die Mitarbeiter Fehler machen und aus diesen lernen. Denn daraus entstünden Innovationen und Wandel, und das führe zu den nächsten Schritten. Allem voran müsse aber die Geschäftsführung diese Wandlungsfähigkeit seinen Mitarbeitern jederzeit vorleben.

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Neue Zielgruppen

Wenn man immer wieder in der gleichen Zielgruppe nach der Berechtigung für die Entscheidungen des eigenen Unternehmens sucht, wird diese die Entscheidungen in der Regel unterstützen, so van Velzen. Aber um diese Zielgruppe stünden ganz viele andere Personen, mit ganz anderen Ansprüchen, die man so gar nicht wahrnehme. Die Zielgruppe altere im gleichen Maße wie ein Unternehmen, und im schlimmsten Falle verschwindet dieses, weil jüngere Zielgruppen ein Unternehmen gar nicht mehr wahrnehmen.

Vor allem mit den vielen neuen Talenten, die in den vergangenen Monaten von Beyerdynamic eingestellt wurden, sieht van Velzen viele neue Chancen den Status Quo und auch die Bedürfnisse der Zielgruppen und die Zielgruppen an sich zu hinterfragen.

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Digitalisierung ist nicht der letzte Wandel

Nach einer erfolgten Transformation hin zur Digitalisierung ist aber nicht Schluss mit der Wandlungsfähigkeit, denn selbst in der IT gibt es mittlerweile Unternehmen und ganze Branchenzweige, die laut Hintze bald die Herausforderungen haben werden den Anschluss nicht zu verpassen.

Spulen werden in Handarbeit gewickelt
In Detailarbeit werden Spulen gewickelt und mit den Membranen für Kopfhörer oder auch Mikrofone verklebt oder auch verpresst. (Bild: Sven Schuhen)

Die angesprochenen Zyklen werden in der IT immer kürzer und radikaler. Die IT sei also nicht der Heilsbringer, auf dem sich Unternehmen ausruhen können. Es würde immer disruptive Transformationen im Markt geben.

Van Velzen bringt das Beispiel Apple, eine Computerfirma, die mit dem iPod einen Musikplayer entwickelt und mit der Software iTunes die komplette Musikbranche auf den Kopf stellt und den Weg für andere Unternehmen wie Spotify ebnete. Vor Apples iPod hätte sich die Plattenindustrie niemals vorstellen können, Musik ohne CDs zu verkaufen. Für diese sei die CD schon digital gewesen, so der Geschäftsführer.

Beyerdynamic müsse mit dem Neuen experimentieren und sich nicht davor verschließen, so Hintze weiter.

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Kurzer Rückblick auf die ISE 2020

Im Fokus der Präsenz von Beyerdynamic stand 2020 das Wachstum des Unternehmens und seinen Geschäftspartnern, so Matthias Holz, Head of Global Sales. Dazu trug ein völlig neues Standkonzept bei. Vor allem mehrere hundert Eichen-Jungpflanzen, die als Give Away den kompletten Standboden bedeckten, beeindruckten die Besucher rund um den Beyerdynamic-Stand.

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