Beschallungsanlage im verwinkelten Audimax der Universität Regensburg
von Thomas Zahn, Artikel aus dem Archiv
Im verwinkelten und akustisch schwierigen Auditorium der Universität Regensburg wurde eine Beschallungsanlage installiert, die guten Sound für universitäre Veranstaltungen und Events wie Konzerte aller Art, Theater und Comedy gleichermaßen liefern sollte.
Bereits in Ausgabe 06/2012 berichteten wir über eine im Audimax der Universität Regensburg stattfindende Probebeschallung. Diese sollte dazu dienen, verschiedene Lautsprechersysteme, die für eine Erneuerung der Audiosysteme in Frage kamen, vor Ort direkt miteinander zu vergleichen. Die erste Bauphase fand dann im Juli und August 2013 statt, sodass die neuen Systeme nun bereits seit mehreren Monaten im Einsatz sind – Zeit also für ein erstes Resümee. Doch ehe wir über die Neuinstallation berichten, zur Einführung hier ein kurzer Rückblick:
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Akustische Bedingungen und Anforderungen
Das Münchener Fachplanungsbüro theapro erhielt den Auftrag, für das Audimax eine umfangreiche Sanierung der bühnen- und beleuchtungstechnischen Anlagen sowie der im Haus vorhandenen bzw. neu benötigten Ton- und Medientechnik zu planen. Einen zentralen Punkt der Planungen stellte auf ausdrücklichen Wunsch des Bauherren und des Nutzers die neue Beschallungsanlage dar.
Das Audimax ist ein recht verwinkelter und akustisch problematischer Hörsaal mit einem unsymmetrischen Grundriss und einer Kapazität von bis zu 1.470 Sitzplätzen. Es kann theoretisch in zwei beschallungstechnisch relevante Bereiche unterteilt werden: das ansteigende Parkett und den ebenfalls ansteigenden Rang, der das Parkett umfasst. Die akustische Situation dabei wird durch den Grundriss und die Tatsache, dass praktisch alle seitlichen Begrenzungsflächen aus akustisch unbehandeltem Sichtbeton bestehen, nicht gerade vereinfacht.
Gleichzeitig sind die Nutzungsszenarien des Audimax äußerst vielseitig und stellen hohe Ansprüche an eine Beschallungsanlage, gerade auch in Sachen Flexibilität: Zum einen wird das Audimax selbstverständlich für Vorlesungen und andere universitäre Veranstaltungen (Podiumsdiskussionen, Kongresse, Konferenzen etc.) genutzt. Zum anderen finden an gleicher Stelle aber auch eine große Anzahl kultureller Veranstaltungen wie Konzerte aller Art, Theater und Comedy statt, häufig durchgeführt von externen Veranstaltern.
In der Vergangenheit musste praktisch immer auch eine Beschallungsanlage für die jeweilige (externe) Veranstaltung mitgebracht werden, und die Sprachverständlichkeit für die universitären Veranstaltungen ließ eher zu wünschen übrig. Die neue Beschallungsanlage sollte also in der Lage sein, beide Bereiche zeitgemäßen Standards gemäß problemlos zu bewältigen. Dabei sollten für die universitären Veranstaltungen eine hohe Sprachverständlichkeit und Rückkopplungssicherheit garantiert sein (STI-PA mindestens 0,5 oder höher).
Am Tag der Probebeschallung wurden dann drei Systeme mit jeweils sehr unterschiedlichen Ansätzen und dahinter steckenden Philosophien ausführlichen Tests und Messungen unterzogen und evaluiert; anschließend wurden die Ergebnisse bei theapro ausgewertet. So konnten schließlich dem Bauherrn und dem Nutzer aussagekräftige Ergebnisse präsentiert werden, die bei der Entscheidungsfindung hilfreich waren. Auch wenn praktisch alle in der Probebeschallung gehörten Systeme in der Lage gewesen wären, das Audimax adäquat zu beschallen, fiel schließlich die Entscheidung, ein konventionelles kompaktes Line-Array-System auszuschreiben. Nach dem üblichen Ausschreibungs- und Vergabeverfahren erhielt schließlich die Firma Zeiler Technik aus Neuötting den Zuschlag, die in zwei Bauabschnitte unterteilte Baumaßnahme durchzuführen. Bei den angebotenen Lautsprechern handelte es sich um Produkte aus dem Hause L-Acoustics.
Zwei Bauabschnitte
Aufgrund des laufenden Vorlesungs- und Veranstaltungsbetriebs war es zwingend not – wendig, das Bauvorhaben während der vor – lesungsfreien Zeit in den Monaten Juli bis September 2013 durchzuführen. Da es aber unmöglich gewesen wäre, alle erforderlichen Schritte in den Bereichen Ton- und Medientechnik, Beleuchtungstechnik, Bühnentechnik sowie notwendige raumakustische Maßnahmen in dieser Zeit durchzuführen, war es vonnöten, das Bauvorhaben auf zwei Bauabschnitte (BAs) aufzuteilen. Da man in diesem Bereich den größten Handlungsbedarf sah, wurde beschlossen, mit der Grunderneuerung der Tontechnik zu beginnen und alle weiteren Maßnahmen auf BA 2 von Juli bis September 2014 zu verlegen.
Nebenbei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass seitens des Bauherrn und des Nutzers gefordert wurde, zwischen den beiden BAs ein funktionierendes und einsatzfähiges System zu haben, das die täglichen Anforderungen an das Audimax bewältigen konnte. Eine nahtlose Integration der neuen Komponenten in das bestehende System und ein reibungsloser Anschlussbetrieb waren also Grundvoraussetzungen.
BA 1 – Vorarbeiten
Doch ehe mit der Installation der neuen Technik begonnen werden konnte, mussten erst einmal einige bauliche Maßnahmen durchgeführt werden. Zum einen war die alte Beschallungsanlage komplett zu demontieren, aber auch die Ton- und Videoregie musste vollständig entkernt werden, um anschließend vollkommen neu und angepasst an die neuen Bedürfnisse wieder aufgebaut zu werden. Ein wesentlicher Punkt war dabei der Einbau eines großen Regiefensters, das geöffnet werden kann, sodass bei tontechnisch komplexeren Veranstaltungen der FOH-Platz nicht jedes Mal in den Saal verlegt werden muss. Der Techniker sollte hingegen in der Lage sein, auch diese Veranstaltungen aus der Regie heraus zu fahren. Dies spart zum einen natürlich Arbeitszeit, erlaubt es andererseits aber auch, mehr Plätze zum Verkauf freizugeben, da keine Sitzplätze mehr für den FOH-Platz gesperrt werden müssen.
Da aber auch ein dezentrales digitales Audionetzwerk auf RockNet-Basis (mit 160 I/Os inklusive MADI-Anbindungen) mit insgesamt 16 im gesamten Saal verteilten Anschlusskästen (XLR, BNC, Cat.7, LWL etc.pp.) geschaffen wurde, waren natürlich auch die Herstellung neuer Trassen und Leitungszug ein wichtiges Thema. Im Grunde musste ein komplettes Audio- und Videonetzwerk verlegt werden. Dies war im Audimax nicht immer ganz einfach, da bestehende Kabelwege zum Teil bereits bis an die Grenze ausgelastet waren. Daher mussten – wo und wann auch immer möglich – nicht mehr benötigte Bestandskabel rückgebaut und entsorgt werden. Und natürlich mussten auch für die neue Beschallungsanlage neue Kabelwege geschaffen werden, wobei sich der Verstärkerraum im Dachgeschoss und damit nicht gerade in der Nähe der Lautsprecher befindet.
AV-Technik im Regieraum
Nach Fertigstellung des neuen Regieraums wurde dort selbst als Herzstück ein Soundcraft Vi1-Mischpult installiert, das zum einen analog an die ebenfalls neu installierten Patchfelder angebunden wurde, zum anderen aber über eine entsprechende Schnittstellenkarte natürlich auch mit dem RockNet verbunden wurde. Ebenfalls neu installiert wurden je ein Audio- und Videomitschnitt- bzw. Zuspielplatz. Sowohl Audio als auch Video laufen dabei auf einem voll ausgestatteten iMac, wobei der Audiorechner über ein RME MADI-Interface sowie über Fireface mit dem Audionetzwerk verbunden ist. Der Videorechner wiederum ist über ein Blackmagic 4K-Interface mit dem Videonetzwerk verbunden. Als Software kommen audioseitig Pro Tools und Logic zum Einsatz, während videoseitig Final Cut ProX installiert wurde.
Alle Arbeitsplätze (FOH, Audioschnitt, Videoschnitt) verfügen über aktive 8020 Genelec Monitore und können somit vollkommen autark genutzt werden. Weiterhin findet man in der Regie die zentrale Überwachung des Audionetzwerks und der Beschallungsanlage auf einem separaten Steuerrechner und ein Sidecar mit Audio- und Videozuspielern. Ausgehend von der Regie gibt es auch Audio-, Cat.7- und LWL-Querverbindungen in alle ton- und videotechnisch relevanten Räume (Unterbühne, Verstärkerraum etc.) sowie eine Anbindung an das hausinterne Datennetz der Universität.
Die neue Beschallungsanlage
Wie bereits erwähnt, wurde die Entscheidung getroffen, ein konventionelles und aus architektonischen Erwägungen heraus möglichst kompaktes Line-Array-System auszuschreiben, das auch vom Gewicht her die Stahlfachwerk Deckenkonstruktion des Audimax nicht über die Maßen belasten durfte, da die Statik hier nicht mehr viel Spielraum für die Aufnahme weiterer Lasten bot. Zugleich sollte das zu installierende System auch bei externen Veranstaltern und Tourneeproduktionen auf eine hohe Akzeptanz treffen.
Die Firma Zeiler Technik machte schließlich das Rennen mit Produkten von L-Acoustics. Installiert wurden im Audimax schließlich links und rechts je 9 KIVA Line-Array-Elemente, ergänzt durch je drei Kilo-Subwoofer. Ergänzt werden diese fest installierten Systeme durch mobile Monitore und Near Fill-Lautsprecher. Als Monitore, die aber je nach Bedarf auch als Side Fills einsetzbar sind, kommen mehrere L-Acoustics 12XT-Lautsprecher zum Einsatz. Für die Near Fields, insbesondere zum Einsatz auf der Bühnenkante, fiel die Wahl auf insgesamt vier Speaker vom Typ 5XT, ebenfalls von L-Acoustics. Die Installation der Beschallung erfolgte durch die Firma Zeiler Technik, wobei für das Einmessen der Anlage und das Einstellen diverser Presets Martin Rode von L-Acoustics als Systemtechniker verantwortlich zeichnete.
Das Ergebnis – was sagt der Nutzer?
Wie festgestellt wurde, besitzt das Audimax einige akustisch nicht unproblematische Zonen, die durchaus hohe Ansprüche an die Beschallungsanlage stellen. Nach deren Installation wurde selbst auf diesen schwierigen Plätzen ein STI-PA von 0,68 gemessen, auf den akustisch besseren Plätzen steigt dieser Wert auf ca. 0,75 – für eine akustisch komplizierte Umgebung ein mehr als nur beachtliches Ergebnis!
Doch auch hinsichtlich der Akzeptanz bei externen Veranstaltern und Tourneeproduktionen erfreut sich die neue Anlage bereits großer Beliebtheit. Tobias Urban, verantwortlicher Veranstaltungs- und Tontechniker der Universität, betont, dass seit der Installation der Anlage praktisch jedes Gastspiel auf die neuen Komponenten zurückgegriffen hat. Das spart im täglichen Betrieb eine Menge Zeit und Mühe und macht das Leben für alle Beteiligten ein gutes Stück einfacher
Überhaupt zeigt sich Urban begeistert und sehr positiv angetan von der neu installierten Tontechnik. Das RockNet läuft nach seinen Angaben absolut zuverlässig und auch vom neuen Mischpult und den Mitschnittmöglichkeiten ist er äußerst angetan. Einziger kleiner Wermutstropfen ist nach seinen Aussagen die nur eingeschränkte Fernsteuerbarkeit des Pults über die entsprechende Soundcraft-App: Diese böte nur sehr eingeschränkte Zugriffsmöglichkeiten auf das Vi-Pult, was insofern besonders bedauerlich sei, als Soundcraft mit entsprechenden Apps für die Si-Serie bereits gezeigt hat, wie man so etwas auch sehr zufriedenstellend lösen könne. Insgesamt sei das neue Pult aber sehr intuitiv zu bedienen und von der Klangqualität und den Möglichkeiten zeigt man sich in Regensburg sehr positiv angetan.
Ausblick
Insgesamt also eine rundum gelungene Baumaßnahme mit zufriedenen Beteiligten auf allen Seiten. In Regensburg freut man sich bereits auf den in Kürze beginnenden zweiten Bauabschnitt, in dessen Verlauf insbesondere die Video- und Beleuchtungstechnik in Angriff genommen werden. So sollen u. a. ein neues Ion-Lichtpult aus dem Hause ETC mit Nebenpultanlage, eine Erweiterung der szenischen Beleuchtungsanlage mit neuem Dimmerrack von ETC installiert werden. Außerdem sind einige dringend notwendige bühnentechnische Neuerungen wie die Ertüchtigung der vorhandenen Züge, zusätzliche Hängemöglichkeiten über Traversen an der Brüstung über der Regiekabine usw. vorgesehen. Im Deckenbereich werden zusätzlich noch einige raumakustische Maßnahmen durchgeführt, sodass die neue Anlage nach Beendigung des zweiten Bauabschnittes wohl noch besser klingen dürfte. Insgesamt ist man hinsichtlich der dann vorhandenen Veranstaltungstechnik im Audimax Regensburg bestens gerüstet für die kommenden Jahre.