Auch 2019 ist viel los auf dem Markt der AV-Signalübertragung über Netzwerke. So hat die SDVoE-Allianz es innerhalb von zwei mehr als 160 Produkte mit der gleichnamigen Technologie über 40 Hersteller auf den Markt gebracht, Dante kann jetzt auch Video und das Milan-Protokoll auf Basis von AVB ist weiter auf dem Vormarsch. Diese und weitere Trends fasst PROFESSIONAL SYSTEM zusammen.
(Bild: Detlef Hoepfner)
Will man den Herstellern glauben, ist die klassische Videomatrix mit Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zwischen ihr und den angeschlossenen Quellen und Senken quasi tot. Dezentrale Systeme, die über herkömmliche oder spezielle Netzwerkswitche verbunden werden und hierüber ihre Signale verteilen, sind allgegenwärtig. Und ein Thema belebt die Branche wie nie zuvor: Interoperabilität. In herstellergetriebenen Allianzen versammeln sich die unterschiedlichsten Marktteilnehmer und entwickeln gemeinsam Ideen für Produkte und Lösungen, um herstellerübergreifend AV-Signale austauschen zu können. Auf Basis von AVB entwickelt die sogenannte Milan-Gruppe einen offenen Standard, der vor allem die Übertragung von Audiosignalen vereinheitlichen soll (siehe auch Artikel über das Milan-Protokoll in dieser Ausgabe). In der SDVoE-Allianz nutzen mittlerweile über 40 Hersteller in mehr als 160 Produkten einen proprietären Chipsatz des Herstellers Semtech, um auf hohem qualitativem Niveau im 10 Gbit/s Ethernet AV-Signale zu übertragen. Und mit dem offenen SMPTE 2110 Standard beschäftigt sich A.I.M.S. (Alliance for IP Media Solutions) ebenfalls mit der AV-Übertragung in IP-Netzwerken auf Basis des AES67 Standards.
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Milan
Zur ISE 2019 stellten einzelne Mitglieder Milan-fähige Produkte vor. Darunter Cisco und Luminex entsprechende Bridges (Switche) und L-Acoustics mit seinem P1 einen Milan-fähigen Systemcontroller. Doch für die große Produktvorstellung wird auf die Infocomm Anfang Juni in Orlando verwiesen. Der Zertifizierungsprozess ist kurz vor der Fertigstellung und soll ebenfalls zur Infocomm finalisiert werden. Adamson ist als ProAV-Hersteller ganz neu dabei. Die Milan-Initiative hat die Philosophie „Das Milan-Netzwerk sollte so einfach wie analog sein“.
Crestron NVX
Mit der neu vorgestellten Firmware hat Crestron ein zentrales Feature vorgestellt: Das Pixel Perfect Processing soll für bessere Qualität bei Standbildern sorgen. Der Hersteller gibt an bisher schon über 120.000 Einheiten des NVX-Systems verkauft zu haben. Außerdem wird an einer Möglichkeit gearbeitet zukünftig auch 2,5 Gbit/s über kompatible Netzwerkhardware zu übertragen und damit das System über ein Firmwareupdate für 8K fit zu machen.
Audinate
Audinate hat mit Avio eine Serie von günstigen Dante-Adaptern in verschiedensten Ausführungen vorgestellt. Auf unsere Frage, warum Audinate nun auch eigene Endprodukte anbietet, antwortete Josh Rush, Vizepräsident Marketing, dass sich kein anderer Hersteller finden ließ, um günstige Adapter für den Dante-Einstieg zu bauen. Also machte man es eben selbst. Die Adapter haben ein Kunststoffgehäuse und lediglich einen einfachen Ethernet-Port.
Mit Dante AV hat Audinate im Vorfeld der Messe für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Mit Dante AV möchte Audinate vor allem Herstellern, die noch nicht im Video-Bereich unterwegs sind, einen schnellen Zugang zum Markt bieten. Hierzu wurde ein Beispiel-Design über die Dante AV Product Design Suite erstellt, das 1 zu 1 verwendet werden kann. Das Beispiel-Design arbeitet mit einem JPEG 2000 Codec und bietet 4K Auflösung bei 60Hz Bildwiederholrate über ein 1Gb/s Netzwerk. Ebenso wird HDCP 2.2 Verschlüsselung unterstützt. Die minimale Komprimierung wurde auf einen maximalen Datenstrom von 800Mb/s festgesetzt, um eine sichere Reserve für 8 Dante-Audio Channels zu Verfügung zu haben. Das Transmitter-Modul besitzt neben dem HDMI-Eingang auch einen HDMI-Through. Die Module können über PoE mit Strom versorgt werden, eine externe Stromversorgung erfolgt über 12V 3A. USB2.0-Routing wird vom Transmitter zum Receiver für den Anschluss von Tastatur und Maus unterstützt. Ebenso werden IR und RS232 Signale über das Netzwerk übertragen und entsprechende Anschlüsse stehen an den Boards bereit. Ein EDID-Management steht bei Dante AV Geräten über den Dante Controller zu Verfügung. Videoquellen können wie bisher von Audioquellen bei Dante gewohnt über den Dantecontroller entsprechenden Senken zugeordnet werden.
Neben dem Beispieldesign bietet Audionate auch den Dante AV Chipsatz an, um eigene Board-Designs zu erstellen oder den Chip in eigene Hardwaresysteme zu implementieren. Dabei gelten für den Chipsatz die bisher genannten Features, doch dem interessierten Hersteller ist die Wahl eines eigenen Video-Codecs für die Komprimierung des Videosignals freigestellt. Allerdings ist hierdurch keine grundsätzliche Interoperabilität mehr gewährleistet. Sollte Hersteller A ein Dante AV Transmitter mit einem JPG 2000 Codec verwenden und Hersteller B einen Receiver mit einem H.264 Codec, dann wird zwischen diesen keine Videoverbindung möglich sein. Es ist gibt jedoch auch innerhalb der einzelnen Codecs Design-Abweichungen, da es Interpretationsmöglichkeiten in den Spezifizierungen gibt, so dass auch nicht garantiert ist, dass unterschiedliche Modul-Designs innerhalb eines Codecs funktionieren werden. Nach Meinung des Autors wäre hier eine Definierung und Festlegung auf einen gemeinsamen Video-Codec sinnvoller gewesen, um die von Dante Audio gewohnte Interoperabilität auch im Video-Bereich garantieren zu können. Ebenfalls ist es bedauerlich, dass die Dante Audio-Anbindung auf Transmitter zu Receiver festgelegt ist. Dies könnte an der 7.1 Audio-Spezifikation durch HDMI 2.0 liegen. Das Dante AV Modul wird voraussichtlich ab Juni verfügbar sein, das Beispieldesign für Transmitter und Receiver zu einem späteren Zeitpunkt.
Biamp
Die neuen AVB-kompatiblen Tesira-Amps der 1200er Serie sind nun mit variabler Endstufentechnologie verfügbar. Die Gesamtleistung kann in 10%-Schritten auf die einzelnen Endstufenkanäle verteilt werden.
Außerdem stellt der Hersteller eine vernetzte Verstärkerlösung (AMP-450BP) vor, die an C-IC6 Deckeneinbaulautsprechern montiert werden kann. Die AVB-fähige Endstufe bietet vier Audio-Kanäle und wird über PoE+ durch das Netzwerkkabel mit Strom versorgt. Die Lautsprecher werden ebenso mit Standard-Cat-Kabeln mit dem Verstärker verbunden.
Kramer
Der Launch der schon auf der ISE 2018 angekündigten SDVoE Geräte erfolgt nun im März. Die En- und Decoder sollen mit und ohne Scaler angeboten werden.
Darüber hinaus hat Kramer mit der AFM-20DSP eine neue und nach eigenen Angaben bisher mächtigste Dante Audio-DSP vorgestellt. Die 20-Port Audiomatrix kann in ihrer Portkonfiguration (In- und Outputs) völlig frei gestaltet werden. Darüber hinaus bietet die DSP 8 AEC-Kanäle, Auto-Feedback-Unterdrückung, zwei 120W Verstärker-Kanäle sowie HDMI de- und embedding mit 4K60 4:2:0. Der DSP wurde zusammen mit Xilica entwickelt. Das Interface bietet dabei sowohl eine fixe als auch eine offene Architektur, was System Designern alle Freiheiten bei der Programmierung liefert oder aber auch die Nutzung vorgefertigter Presets erlaubt.
Guntermann & Drunck
Der KVM-Anbieter konzentriert sich bei seinen Lösungen ebenfalls vermehrt auf IP-basierte Systeme.
SDVoE-Alliance
Die SDVoE besteht seit knapp 2 Jahren und hat inzwischen mehr als 160 Produkte von mehr als 40 Herstellern auf den Markt gebracht. Nach vielen Tests durch die Lang AG sind alle Produkte wohl auch kompromisslos interoperabel.
Die Switchhersteller Netgear und PureLink sind eine Kooperation eingegangen um den ersten road-tauglichen Switch auf den Markt zu bringen, der den extremsten Belastungen mühelos stand hält. Zusammen mit ZeeVee hat Netgear zudem einen Switch in Modulbauweise veröffentlicht, der mit einem HDMI-Modul bestückt werden kann, um direkt per SDVoE ans Netzwerk angebunden zu werden.
Am Stand von Sony auf der ISAE 2019 war die beeindruckend riesige Chrystal LED Wand zu bestaunen. Die Zuspielung des Contents erfolgte über Inputmodule in Kooperation mit ZeeVee.
Neben PureLink, die Anfang 2018 zur SDVoE-Allianz dazugestoßen sind, sind 11 weitere Mitglieder seid der letzten Messe neu dabei.
Auf der Webseite der SDVoE Alliance steht den Besuchern die kostenlose SDVoE Academy zur Verfügung, um sich in allen Belangen der AV over IP-Technologie weiterzubilden.
Atlona
Die AV-over-IP-Serie von Atlona hat ein Firmware-Upgrade erhalten, das nun einen Fast Switching Mode beinhaltet – das Umschalten von Quellen ist nun deutlich schneller als zuvor. Darüber hinaus erhalten immer mehr Geräte die Möglichkeit über die vorhandenen USB-Ports neben dem Anschluss von Peripherie wie Webcams oder Maus/Tastatur-Sets auch Daten mit USB2.0 Spezifikation übertragen zu können.
PureLink
Neben den bereits im Abschnitt über SDVoE erläuterten Neuerungen hat PureLink mit IPAV Pro auch ein extrem robustes En- und Decoder Set in massiven Metallgehäusen vorgestellt. Diese konnten ebenfalls am Stand der Lang AG im Interoperability Test begutachtet werden. PureLink bietet auch eine 1 HE Rackvariante an, in der zwei Transmitter verbaut sind.
Des Weiteren wurde ein modulares 19“ System mit offener Architektur auf 2 HE namens openGear vorgestellt, das von verschiedenen Herstellern mit diversen Geräten unterstützt wird. Für dieses System bietet PureLink Einschub-Module der IPAV Pro Serie an. So kann openGear mit bis zu 9 SDVoE kompatiblen I/Os bestückt werden. Aber auch das Mischen mit Karten anderer Hersteller ist nach Belieben möglich. openGear besitzt eine redundante, jeweils links und rechts außenliegende Stromversorgung, integriertes Wärmemanagement sowie eine leicht zugängliche Frontklappe, die eine Einfache Wartung und den Plug&Play-Austausch von Karten möglich macht.
Christie
Christies AV over IP System Terra wurde in PROFESSIONAL SYSTEM schon näher vorgestellt. Die entsprechende Terra Decoder Hardware für die Anbindung an das SDVoE-Netzwerk sitzt aber nun auch standardmäßig in der zentralen Steuerungseinheit von Christies neuem MicroTiles LED System. Eine Steuereinheit liefert dabei Strom und Bildinformationen für bis zu 8 MicroTiles-LED-Frames – in der Version E1100 mit SDVoE sowie Quad 3G-SDI und normalem 3G-SDI Input.