Verkabelungen aus Twisted-Pair-Kabeln ermöglichen dank Standards wie CAT6a oder CAT8.1 weiter steigende Bandbreiten. Umso wichtiger, die Abgrenzung von Kategorie vs. Netzanwendungsklasse zu kennen oder zu wissen, wie das zunehmend populäre PoE Leitungen altern lässt. Selbst vergoldete Kontakte sind nicht vor Gefahren gefeit, wie Peter Rieck aus der Netzwerk-Praxis berichtet.
Netzwerke nach CAT-Definition – also Anforderungskategorien für Twisted-Pair-Kabel – gewinnen in der Veranstaltungstechnik immer weiter an Bedeutung. Aus vielen Bereichen sind sie gar nicht mehr wegzudenken. Bei Sommer Cable als Entwickler und Produzent von Kabel- und Anschlusskomponenten und weiterer Produkte für Audio, Video, Broadcast, Studio- und Medientechnik arbeitet man schon seit vielen Jahren rege am CAT-Thema. Entsprechend intensiv steht man im Austausch mit Nutzern, Planern und Systemintegratoren, aber auch mit Herstellern und Vertrieben. Die aktuellen Netzwerk-Chancen und Pain-Points skizziert Key-Account- und Product Manager Peter Rieck.
Thomas Zahn: Peter, unser Thema sind CAT-Netzwerke. Vorab eine grundlegende Frage: Man kann anstelle von CAT – und damit Kupfer – auch mit Glasfaser arbeiten, um ein leistungsfähiges Netzwerk aufzubauen. Wo liegen Deiner Meinung nach die Vor- und Nachteile der jeweiligen Varianten?
Peter Rieck: Die Vorteile der Glasfaser liegen auf der Hand: Hier sind – speziell zukünftig – noch viel größere Bandbreiten möglich, die Segmentlänge ist in allen Belangen unkritisch, dazu kommt die hundertprozentige Potenzialfreiheit! Dafür gibt es jedoch auch einige Nachteile: Endpunkte lassen sich nur mit größerem Aufwand terminieren, es gibt keine Möglichkeit für PoE, es werden immer aktive Signalwandler oder kleine Switche benötigt, denn nur sehr wenige Endgeräte haben Glasfaseranschlüsse integriert.Die Nachteile der Glasfaser entsprechen quasi den Vorteilen der Kupferleitung. PoE entwickelt sich immer mehr zum absoluten Standard zur Endgerätespeisung, eigentlich alle stationären Endgeräte haben einen passenden Anschluss, die Terminierung kann mit geringem Aufwand und ohne spezielle Tools ausgeführt werden. Und das Bandbreitenthema ist, dank der Klassen Ea bzw 8.1., auch sehr zukunftssicher. Die Nachteile hingegen sind überschaubar: die Segmentlängen-Vorgaben sind strenger, die Mindestbiegeradien, die teilweise größer als bei der Glasfaser sind, müssen bei der Verlegung eingehalten werden, und der Potentialausgleich muss beachtet werden.
Aus meiner Sicht überwiegen ganz klar die angesprochenen Vorteile für die CAT-Leitung. Ein Faktor kommt auch noch hinzu, denn eine Kupferleitung ist ja auch durchaus universeller einsetzbar als eine Glasfaserleitung. So ist den Komponenten das Protokoll beziehungsweise die Signalart auf der Leitung meist egal. Und gerade das Thema PoE ist sehr groß – das geht nur über eine Kupferleitung.
Ein aktuelles Buzzword ist „Nachhaltigkeit“. Was bedeutet dieser Anspruch für Sommer Cable als Kabelhersteller?
Am Ende gehören unsere Produkte ja zur Infrastruktur in einer Installation – ohne die bekannterweise nichts geht. Tatsächlich sollte man bei der Wahl der Produkte darauf achten, dass man hochwertige und langlebige Produkte auswählt und diese auch korrekt installiert. Dies ist auch bei der Wahl der Steckverbinder oder der mechanischen Ausführung der Schnittstellen nicht unerheblich.
Bei PoE-Anwendungen kann beispielsweise der Faktor Alterung bei einer CAT-Leitung eine viele größere Rolle spielen, als man denkt.
Sind die Infrastrukturen, die man mittels CAT schafft, tatsächlich einfacher und übersichtlicher als konventionelle Lösungen – wie so häufig behauptet wird? Oder gibt es hier am Ende mehr oder weniger versteckte Stolperfallen, in die man als Nutzer, System-Integrator oder Planer tappen kann? Auf was sollte man an welcher Stelle unbedingt achten?
Zunächst einmal muss man festhalten, dass es durchaus schon viel einfacher wird. Wir haben nahezu alle Signalarten, die über die Infrastruktur übertragen werden können. Die Spannungsversorgung kann integriert werden, es sind meistens deutlich längere Leitungswege möglich, und wir haben einheitliche physikalische Schnittstellen und Steckverbinder. Die Stolperfallen kann man erkennen, wenn man sich das im Detail anschaut. So birgt die Spannungsversorgung über CAT einige potentielle Problemstellen und auch die Klassifizierung der Netzwerke muss jederzeit beachtet werden.
Häufig möchte bei dem Thema Netzwerke auch die IT-Abteilung ein Wörtchen mitreden. Sinnvoll? Auf was sollte man als nicht IT-Person achten, was sollte man wissen?
Eine Herausforderung hier ist, dass die Netzwerke durchaus schnell komplex werden können. Und da immer mehr Anwendungen darüber abgebildet werden, muss man das im Blick haben. Ab welcher Größenordnung eine Konsultation der IT-Abteilung erforderlich ist, ist doch sehr individuell und lässt sich nur schwer verallgemeinern.
Ein möglicher Zukunftstrend sind vereinheitlichte Netzwerke. Bisher hat ja jedes Gewerk (Ton, Licht Video, Bühnentechnik etc.) sein eigenes Netzwerk. Macht es zukünftig Sinn, ein einziges Netzwerk zur Verfügung zu stellen, das sich alle Gewerke teilen? Und was würde das im Hinblick auf die zu verwendenden Kabel bedeuten?
Hier muss man beobachten, wie sich die Übertragungsstandards weiterentwickeln. Aus meiner Sicht geht es jetzt schon deutlich in die Richtung, dass alles auf nativem Ethernet basiert. Damit kann man natürlich einheitliche Kabel, Leitungen und Patchfelder etc. nutzen. An der zur Verfügung stehenden Bandbreite wird es dank der Standards CAT6a (Klasse Ea) oder auch CAT8.1 (Klasse I) definitiv nicht scheitern. Daher reden wir nur noch über das Thema Management der Signale, denn die Infrastruktur ist ja dann für alle gleich.
Das Thema Spannungsversorgung über CAT ist ja nicht ganz so trivial, wie man bei oberflächlicher Betrachtung annehmen könnte. Von PoE (Power over Ethernet) bis hin zu zahlreichen proprietären „Standards“ ist so einiges auf dem Markt los. Das stellt nicht nur an die Endgeräte, sondern auch an die verwendete Infrastruktur, also die Verkabelung, gewisse Herausforderungen … Da geht ja auch einiges an Leistung unterwegs verloren.
Tatsächlich ist dies abhängig vom Anwendungsfeld. In reinen Ethernet-Umgebungen reden wir zumeist über standardisierte PoE-Protokolle, bei denen wir sicher sein können, dass die Kompatibilität gegeben ist und somit die Gefahr von Schäden an Geräten nicht existiert. Wenn wir uns jetzt nun jedoch mal alternative Anwendungsfelder anschauen, wie z. B. HDBaseT, sehen wir doch sehr viele der angesprochenen proprietären Lösungen. Hier ist keinesfalls garantiert, dass es nicht raucht, wenn einfach Geräte angeschlossen werden.
Worauf sollte man achten, um das Kabel nicht unnötig zu strapazieren, gerade im Hinblick auf dessen Lebenserwartung? Da geht ja doch – gerade bei größeren Leitungsbündeln – so einiges an Wärme verloren. Stichwort Leitungsquerschnitte bei verschiedenen Leitungstypen.
Ja tatsächlich, denn PoE ist nicht gerade ein Effizienzwunder. Da kann es durchaus passieren, dass 30 Prozent der Energie – im wahrsten Sinne des Wortes – auf der Strecke bleiben. Diese Energie muss halt irgendwo hin. Wenn ich nun in einer S/UTP- oder gar U/UTP-Umgebung stecke, ist das mehr als problematisch! Diese Leitungen erwärmen sich mehr als doppelt so schnell im Vergleich zu foliengeschirmten Kabeln. Und man muss wissen, dass eine Erwärmung von 10° Celsius die Lebensdauer der Leitung einfach mal halbiert.
Auch an die Steckverbindungen werden dadurch höhere Ansprüche gestellt. Macht es Sinn, optimierte Steckverbinder zu nutzen?
Auf jeden Fall! Speziell bei PoE-Anwendungen haben wir hier durchaus große Problempotenziale durch Lichtbögen, die beim Ausstecken entstehen können. Dies trägt bei nicht optimierten Steckverbindern die Goldschicht schon nach wenigen Zyklen ab und macht die Verbindung unzuverlässig. Ebenso muss man sich hier vor Augen halten, über welche Datenbandbreiten wir bei aktuellen Netzwerken sprechen! Hier kommt man nicht um Steckverbinder mit integrierter Kompensation herum. Gerade das Übersprechen der Paare 3/6 und 4/5 ist hier sehr problematisch. Glücklicherweise gibt es unabhängige Testinstitute – z. B. die GHMT – die Zertifikate ausstellen, an denen sich der Integrator orientieren kann.
Allgemein spricht man von CAT5, CAT6, CAT7 oder gar CAT8 – aber streng genommen ist das ja eigentlich nicht ganz korrekt. Was sollte man zum Thema Kategorie vs. Netzanwendungsklasse wissen?
Genau, die Kategorie ist immer nur auf die einzelne Komponente bezogen – also den Steckverbinder oder die Leitung. Das System bzw. das Netz wird immer in Anwendungsklassen eingeteilt, welche durchaus Parallelen zur Komponentenkategorie hat. Ein Netz kann jedoch auch aus Komponenten unterschiedlicher Kategorien bestehen – somit ist die Netzklasse immer eine Gesamtbetrachtung.
Der branchenübliche Sprachgebrauch CAT5, CAT6 oder CAT7 ist auch nicht richtig in der Betrachtung. Korrekt wäre es, von einem Klasse D-, E- oder F-Netz zu sprechen.
Lustigerweise gibt es zum Beispiel keine RJ45-Steckverbinder, die der Kategorie 7 entsprechen. Hier hat seinerzeit die Industrie vergeblich versucht, einen neuen Steckverbinder zu etablieren. Mit der Klasse I bzw. Kategorie 8.1 ist der RJ45 wieder zurück.
Auch interessant ist, dass es für die Klasse E beziehungsweise CAT6 eigentlich gar keine Anwendungen in der Praxis gibt – kein standardisiertes Protokoll erfordert diese Klasse! Trotzdem sprechen viele Leute – auch manche Hersteller oder Vertriebe – immer mal wieder von CAT6 als Voraussetzung. Wirklich relevant sind die Klassen D (CAT5), EA (CAT6a) und nun die I (CAT8.1).
Auch wenn wir über das Thema Kabellängen sprechen, gibt es einige Missverständnisse. AWG24, 23 oder 22? 100 m oder doch eher weniger? Auf was sollte man unbedingt achten?
Grundsätzlich schreiben die Klassen maximale Linklängen vor. D. h., wenn ich als Integrator ein Netzwerk aufbaue und die Vorgabe habe, zum Beispiel die Klasse I zu erfüllen, muss ich wissen, dass die Linklänge 30 m nicht überschreiten darf. Wenn ich jedoch mit der gleichen Netzwerkleitung die Klasse EA erfüllen muss, kann ich mit 90 m Linklänge rechnen. Leitungen der Kategorien 7A und 8 kommen eh mit einem hohen Querschnitt von AWG22 daher – somit ist dieser unkritisch. Wenn ich jedoch ein altes Klasse-D-Netz mit AWG24-Leitungen habe, welches auf PoE umgerüstet werden soll, muss man sich wirklich Gedanken machen! Die Kombination aus – vermutlich – ungeschirmtem Twisted-Pair und niedrigem Querschnitt macht die Sache durchaus problematisch. Hier rate ich dazu, die Linklängen deutlich zu reduzieren.
Abschließend noch eine Frage, die mit dem Thema Netzwerk erst mal nichts zu tun hat: Im Festinstallationsbereich werden zur Übertragung von Analog-Audio gelegentlich gerne CAT7- oder CAT7-Duplex Kabel verwendet. Scheint auf den ersten Blick durchaus sinnvoll. Und auch preislich scheint diese Lösung nicht uninteressant. Wie siehst Du das?
Man muss hierbei beachten, dass bei den vier Audiokanälen, die man über ein CAT-Kabel übertragen kann, die Schirme zusammenliegen. Der Querschnitt ist auch nicht geringer, sondern eher größer. Bei einer Verlegeleitung CAT7 oder CAT7a reden wir da über AWG 23 oder gar AWG 22. Ein Modulationskabel für analoge oder digitale Audioanwendungen hat in der Regel einen geringeren Querschnitt. Mit Ausnahme der vermaschten Schirme, die lediglich über das Gehäuse des RJ45 verbunden sind, gibt es keine nennenswerten Nachteile. Die Leitungen sind ja für deutlich höhere Frequenzen ausgelegt und weisen hervorragende Übersprechwerte aus.
Peter, herzlichen Dank für Deine Zeit und das aufschlussreiche Gespräch!
Link-Klassen Netzanwendungsklasse ≠ Kategorie; im Sprachgebrauch üblich sind „CAT5“, „CAT6“ usw., korrekter wäre Class D, Class E, Class EA oder Class F.
Verkabelungsklassen nach IEC/ISO
Komponentenkategorie nach IEC/ISO
Klasse D: bis 100 MHz, für max. 1 Gbit/s
CAT5e: bis 100 MHz, geeignet bis max. 1 GBit/s
Klasse E: bis 250 MHz, für max. 1 Gbit/s
CAT6: bis 250 MHz, geeignet bis max. 1 GBit/s
Klasse EA: bis 500 MHz, für max. 10 Gbit/s
CAT6A: bis 500 MHz, geeignet bis max. 10 GBit/s
Klasse F: bis 600 MHz, für Multimedia-Anwendungen
CAT7: bis 600 MHz, für Multimedia-Anwendungen
Klasse F: bis 1.000 MHz, für Multimedia-Anwendungen A