Videoanalyse zur Sicherung von Großveranstaltungen
von Redaktion,
Großveranstaltungen liegen eindeutig im Trend. Gute Chancen für Sicherheitstechniker also, mit modernen Videoanalyse-Lösungen zum Gelingen der Events beizutragen!
Sicherheit bei Großveranstaltungen rückte in jüngerer Zeit durch den Vorstoß von NRW-Innenminister Ralf Jäger wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein, die Polizeipräsenz bei Fußballspielen deutlich zu reduzieren. Dass Event-Besuche in Deutschland im Allgemeinen recht sicher sind, liegt am Zusammenspiel mehrerer Faktoren: Durchdachte, immer wieder überprüfte Auflagen beim Bau von Veranstaltungsorten und der Durchführung von Veranstaltungen, der Einsatz zunehmend besser qualifizierter Sicherheitskräfte und stetig verbesserter Sicherheitslösungen sind mitentscheidend.
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Videoanalyse-Testfall Fußballstadion
Auch im vergleichsweise sicheren Deutschland ist Stadionsicherheit ein Thema. Häufig mussten sicherheitsrelevante Defizite in der Infrastruktur selbst der oberen beiden Fußball-Ligen bisher mit polizeilichen Mitteln kompensiert werden. Das Image von Vereinen und Bundesligen wird aber auch durch wiederkehrende Berichte über gewalttätige Fans in- oder außerhalb der Stadien oder durch die Nutzung von Pyrotechnik auf den Stadionrängen beeinträchtigt. So ergab eine von der Deutsche Fußball-Liga GmbH (DFL) beauftragte Marktforschungsstudie, dass sich zwar 96 Prozent der Besucher im Stadion sicher fühlen, aber nur 68 Prozent der Gesamtbevölkerung glauben, dass ein Stadionbesuch eine sichere Angelegenheit sei.
Die DFL und der Deutsche Fußballbund (DFB) wollen nun sowohl das Sicherheitsgefühl als auch die realen Sicherheitsbedingungen verbessern. Neben dem Versuch, das Fan-Verhalten zu beeinflussen, sollen künftig möglichst auch Sicherheitstechnik und -organisation auf der Höhe der Zeit sein. Daher sollen sich laut des aktuellen Sicherheitskonzepts der DFL die Vereine der beiden ersten Fußballbundesligen um aussagefähige Sicherheitszertifikate bemühen.
Identifikation
Ein wesentlicher Punkt für ein erfolgreiches Überwachungssystem ist die Fähigkeit eingesetzter Kameras, jene Fans zu identifizieren, die durch den Einsatz von Pyrotechnik andere Zuschauer gefährden oder auch unmittelbar körperliche Gewalt einsetzen. Zu diesem Zweck wurden in der Leverkusener Bayarena 2012 und im Borussia Park Mönchengladbach sogenannte Multifocal-Kameras namens Panomera installiert, digitale Videokameras mit bis zu 17 integrierten Objektiven. Ihre Technik erlaubt es, den gesamten Überwachungsbereich hochaufgelöst so abzubilden, dass daraus live oder im Nachgang auch ohne Zoomen zur Identifizierung geeignete Bilder bereitgestellt werden können. Normale Kameras können dagegen jeweils nur einen Bereich scharf abbilden: Wird auf einzelne Besuchergruppen gezoomt, werden die anderen Stadionbereiche, die die Kamera normalerweise überwacht, nicht mehr oder zumindest nicht scharf abgebildet. Durch Multifocal-Lösungen könne Stadionbetreiber zudem auf einige der Videoüberwachungskameras in den Stadien verzichten. Auch in der Münchner Allianz-Arena wird auf dieses Konzept gesetzt, dort überwachen neben einigen Multifocal-Kameras rund 90 Kameras den Innen- und Außenbereich der Anlage.
Sicherheit des Publikums
Das wichtigste Ziel dieser Maßnahmen ist die Gewährleistung der Zuschauersicherheit, das gilt für ein Stadionpublikum genauso wie für Menschen bei ambulanten Veranstaltungen wie etwa dem Public Viewing bei Fußballübertragungen oder bei Open-Air-Konzerten. Da Videoüberwachung vor allem bei Großveranstaltungen mittlerweile üblich ist, ist die Kombination von integrierter Videoanalyse in Kameras nicht nur ein wichtiger zusätzlicher Sicherheitsfaktor, sondern vereinfacht auch die Installation insgesamt.
Großveranstaltungen mit wechselnden und jeweils schwer zu berechnenden Teilnehmerzahlen, insbesondere bei Veranstaltungen in Innenstädten oder weitläufigem Gelände mit mehreren Bühnen, bergen eine Reihe von Risiken. Um dennoch die Sicherheit der Besucher gewährleisten zu können, sollten Systeme mit unterschiedlichen Fähigkeiten flexibel ineinander greifen können.
Videoanalyse
Dabei bietet die Weiterentwicklung der Videoanalyse ein wichtiges Hilfsmittel. Durch die kontinuierlich ansteigende Rechnerleistung der in Kameras verbauten Computersysteme kann eine Überwachungskamera diese Funktion unmittelbar übernehmen. Damit liefert sie also neben dem Videobild weitere relevante Daten. Eine der durchgeführten Prozeduren stellt dabei die Zählfunktion dar. Die kann zwar auch vom Einlasssystem übernommen werden. Wenn aber Wege und Zugänge breit und offen sind, kann die Installation eines stationären Zählsystems kompliziert und schnell sehr teuer werden. Als Problemlösung bietet sich hier die Videoanalyse an.
Im Konfigurationsbereich der Kamera wird einfach eine Linie ins Bild gezeichnet. Alle Personen, die diese virtuelle Linie beim „Zieleinlauf“ in eine bestimmte Richtung überschreiten, werden so gezählt. Gleiches kann auch umgekehrt eingestellt werden. Damit können alle, die das Gelände wieder verlassen, in Echtzeit erfasst werden. So erhält der Veranstalter relevante Informationen über Zu- und Abfluss, zudem weiß er jederzeit, wie viele Personen überhaupt anwesend sind.
Mehr als passive Beobachtung
Neben der reinen Zählfunktion beherrschen moderne Systeme zur Videoanalyse auch die Erkennung von entfernten Objekten, Stopp- und Verweilerkennung. Damit entwickelt sich die Videoüberwachung vom passiven Beobachten zur aktiven Komponente eines Sicherheitssystems.
Über mehrere Zu- und Ausgänge verteilt, kann ein derartiges Kamerasystem die erforderlichen Informationen liefern, um Ordnerpersonal an die Stellen zu schicken, an denen Besucherströme umgeleitet oder gar angehalten werden müssen. Auch ungewöhnliche Verhaltensweisen von Personen, etwa ein längerer Aufenthalt am Zaun, während die Veranstaltung läuft, können so in den Videozentralen von Sicherheitsbehörden oder Ordnungsdiensten erkannt werden.
Ohne Videoanalyse-Techniken könnte in einem Stadion, in dem während einer Veranstaltung nur wenige Sicherheitsmitarbeiter bis zu 100 Überwachungskameras betreuen, nicht gewährleistet werden, dass relevante Vorkommnisse rechtzeitig entdeckt werden. Die Videoanalyse kann zudem mit anderen Systemen zur Zutrittskontrolle kombiniert werden. Das ermöglicht die wechselseitige Kontrolle und erhöht die Sicherheit auch deshalb, weil so eine gewissermaßen redundante und ausfallsichere Infrastruktur geschaffen wird. Natürlich können die gewonnenen Daten auch aufgezeichnet und später ausgewertet werden. So entstehen wertvolle Informationen zur besseren Einschätzung von Risiken bereits im Vorfeld, in der Planungsphase für die nächste, ähnliche Veranstaltung.
Technisch möglich, rechtlich umstritten: Die automatische Tätererkennung
Derzeit noch Zukunftsmusik sind dagegen automatisierte Lösungen, um zum Beispiel Stadionverbote wirksam und mit vertretbarem Aufwand durchzusetzen. Dazu wäre eine leistungsfähige Gesichtserkennungs-Technologie erforderlich, die Kamerabilder beim Zutritt weitgehend automatisch und mit hoher Trefferquote mit den Bilddaten einer zuvor festgelegten „Blacklist“ abgleicht.
Derzeit wird in einer Reihe von Unternehmen, aber auch in einigen öffentlich geförderten Forschungsprojekten daran gearbeitet, Software-Lösungen zu entwickeln, die auch dann funktionieren, wenn Personen nicht aktiv kooperieren.
Videoanalyse: In Zukunft Hilfe durch Drohnen?
Können zukünftig zivil genutzte unbemannte Luftfahrzeuge wie Drohnen zusammen mit Bodenrobotern schnell und gefahrlos Lagebilder für den effektiveren Einsatz von Rettungskräften auch bei Großveranstaltungen schaffen? Diese machen wie Verkehrsunfälle in Tunneln, unbeabsichtigte Austritte von chemischen Substanzen oder Gebäudeeinstürze die Unfallgebiete zu unübersichtlichen Gefahrenzonen. Damit Rettungskräfte sich künftig gefahrloser ein Lagebild machen können, sollen sie von Robotern unterstützt werden. Dies ist das Ziel des EU-Forschungsprojektes „Natural Human Robot Interaction in Dynamic Environments“ (NIFTi). Im Projekt entwickelt das Forscherteam ein System, mit dem Rettungskräfte durch natürliche Sprache mit den Robotern kommunizieren können.
Die Roboter in der Luft und am Boden – interagieren selbstständig miteinander und liefern den Rettern vorgefilterte, relevante Informationen. Ebenfalls zur Unterstützung von Rettungskräften diente 2012 das Aufklärungssystem AMFIS (Aufklärung und Überwachung mit Miniaturfluggeräten im Sensorverbund). Diverse Kleinfluggeräte und Heliumballons dienen hier als Sensorträger. Mittels Software werden die Sensorträger unter einer Oberfläche gesteuert, die gesammelten Daten in der AMFIS-Bodenstation ausgewertet und in die Leitstelle weitergegeben.
Die Sensorträger verfügen über Foto-, Video- und Infrarotkameras, mit welchen man sich einen Überblick über die Situation verschaffen und so z. B. Opfer schneller orten kann. Auch der zivile Einsatz von Drohnen im öffentlichen Bereich ist derzeit noch umstritten, birgt aber interessante Möglichkeiten, sicherheitsrelevante Situationen schneller zu erfassen und geeignet darauf zu reagieren.