Vor gut zwei Jahren hat PROFESSIONAL SYSTEM einen Bericht über Grundlagen und Marktlage der damals noch recht neuen „Laserprojektoren“ veröffentlicht. Wie haben sich die Projektoren mit den Halbleiter-basierenden Lichtquellen (Sold State Illumination – SSI) zwischenzeitlich auf dem Markt behauptet und welche neuen Technologien zeichnen sich ab? Projektorenfachmann Markus Ries zieht Bilanz.
Wenn man den Analysten glauben mag, wurden im ersten Halbjahr 2016 17 Prozent mehr Solid-State-Projektoren weltweit verkauft als im Vorjahr. Das entspricht einem Anteil von 6 Prozent am Gesamtmarkt, der für 2018 mit etwa 20 Prozent prognostiziert wird. Schaut man etwas genauer in das Zahlenwerk, dann wird rasch offensichtlich: Der Katalysator des Technologiewandels im Projektormarkt liegt im Segment größer als 5.000 Lumen, den sogenannten Installationsprojektoren. Nachdem wir uns vor etwa zwei Jahren in PROFESSIONAL SYSTEM einen umfassenden Marktüberblick verschafft haben, ist es nun an der Zeit für eine aktuelle Bestandsaufnahme.
Anzeige
Kernkompetenzen
Wie nicht anders zu erwarten war, bauen hier die „core technology provider“, also Unternehmen, die viel Zeit und Geld in die Entwicklung eigener Solid-State-Lichtquellen gesteckt haben, ihre Produktplattformen stetig aus. Trotz eines vielversprechenden Ansatzes der Firma Philips mit ihrer Color Spark Technologie stagniert die Entwicklung im reinen LED-Projektorsegment. Die Laser-Phosphor betriebenen Projektoren haben hingegen eine Eigendynamik generiert, die sie zweifelsohne zur treibenden Kraft im Solid-State-Projektormarkt werden ließ. Von 4.000 Lumen bis 30.000 Lumen Lichtleistung ist nahezu für jede Anwendung ein passendes Gerät erhältlich.
Marktführer ist hier sicherlich die Firma Panasonic, die hier sowohl mit 1Chip DLP- als auch mit 3Chip DLP-Geräten der Solid Shine-Baureihe Maßstäbe setzt. Die großen OEM-Hersteller Delta Electronics und Coretronics treiben besonders ihre 1Chip-DLP Plattformen mit 6 bis 8k Lumen voran, die dann mit marginalen kosmetischen Korrekturen unter den Brandnames wie Digital Projection, BenQ, NEC, Canon, Hitachi u.v.m. den Markt bereichern.
Mit dem Einzug der Solid-State-Lichtquellen drängen aber auch erstmals Core Technology Providers aus dem Reich der Mitte auf die Bildfläche, viele momentan nur im chinesischen Binnenmarkt, einige aber auch schon als Zulieferer für große Marken. Namen wie Appotronics, Avanza oder Seemile wird man sich merken müssen. Die Verwendung der reinen RGB-Laserprojektoren beschränkt sich nach wie vor auf den High-End Premium Digital Cinema-Markt. Obwohl NEC hier durch die Kooperation mit der Firma IPG und der Verwendung derer Fiber Laser Engine beachtliche Fortschritte erzielt hat, ist ein Einsatz der RGB-Laser-Projektoren im Mainstream-Markt auch in den kommenden Jahren aufgrund von Größe, Gewicht und Preis nur schwerlich vorstellbar.
Neue Marktchancen
Für eine Überraschung im Solid-State- Projektorenmarkt sorgte sicher die Markteinführung der 3 LCD Laser-Phosphor-Projektoren von Epson auf der diesjährigen ISE und InfoComm USA. Nachdem Sony bereits seit zwei Jahren 3LCD-Technologie mit Laser-Phospor kombiniert und damit Geräte von 4 bis 7 k Lumen vertreibt, bot Epson nicht nur ein erstaunlich komplettes Line-up im Bereich 6 bis 12k Lumen. Vielmehr stellte der Hersteller dem Fachpublikum auch erstmals einen 25.000 Lumen LCD-Laserprojektor vor, der sich anschickt, in der langjährigen 3Chip DLP-Domäne jenseits der 20k Lumen eine ernstzunehmende Alternative darzustellen. Und dafür gibt es mehrere Gründe:
3LCD Hochleistungs-Projektoren
Aus dem Hochleistungsmarkt hatten sich die 3LCD-Geräte eigentlich schon vor Jahren verabschiedet und zwar aus vielfach bekannten Gründen. Die hellsten LCD-Projektoren verwenden große Panels mit vergleichsweise niedriger Auflösung. Hier war seinerzeit die Effizienz der Twisted Nematic (TN) LCD-Panels am größten. Mit der XGA-Auflösung verschwanden auch diese Geräte. Hauptproblem war jedoch sicher die geringe Standfestigkeit der organischen HTPS (high temperature poly silicon) Panels und deren Polarizer. Durch den latent hohen UV-Anteil der verwendeten UHP-Lampen, war an 24/7 Betrieb nicht zu denken – selbst bei moderatem Einsatz ließen sich schon nach 1 000 bis 2 000 Betriebsstunden erhebliche Farbverfälschungen beobachten. Das im Vergleich zu DLP geringe native Kontrastverhältnis der TN-Panels tat sein Übriges.
Diese Sachlage hat sich inzwischen grundlegend geändert. Die Firma Seiko Epson, zu Hause in den japanischen Alpen nahe Nagano, hat in den letzten Jahren nicht nur eine eigene Laser-Phosphor- Lichtquelle entwickelt, sondern auch die Eigenschaften der HTPS-Panel und Polarizer vehement vorangetrieben. Der Schlüssel zum Erfolg liegt hier sicher in der Kombination beider Epson-Kerntechnologien: Während die Laser-Phopspor- Lichtquelle, basierend auf Laserdiodenarrays, mit einer Wellenlänge von 455 Nanometern sozusagen UV-frei arbeitet, haben die neuen anorganischen VA (vertical alignment) HTPS-Panels und Polarizer nicht nur eine um ein Vielfaches höhere Effizienz und Standfestigkeit, sondern verfügen auch über ein Kontrastverhältnis, das dem von DLP durchaus ebenbürtig ist.
Ein hermetisch gekapseltes optisches System, Flüssigkeitskühlung sowie 4Kkompatible Objektive komplettieren das Outline eines im Vergleich zu 3Chip DLP deutlich kompakteren und leichtgewichtigeren Chassis, auf dessen Plattform man künftig auch 30.000 Lumen starke und native 4K-Geräte erwarten kann. Was den Geräten zum heutigen Zeitpunkt sicher ein Alleinstellungsmerkmal verschafft, ist jedoch der Einsatz von anorganischem Keramik-Phosphor, ebenfalls eine Epson-eigene Entwicklung. Dieser Keramik- Phosphor weist eine wesentlich höhere Temperaturstabilität und Emissionseffizienz als der von anderen Herstellern verwendete Binder- Phosphor auf. Zudem werden die Projektoren mit 5 Jahren oder 20.000 Stunden Garantie in Deutschland verkauft.
Fazit und Ausblick
Die großen Ausschreibungen und Projektanfragen in 2016 sprechen eine eindeutige Sprache. Im Segment größer 5.000 Lumen lösen Laser-Phospor-Projektoren in zunehmendem Maße die traditionellen lampenbasierten Geräte ab. Mit Laser Phophor 1Chip DLP basierend auf 0,7″ DMDs werden in nächster Zukunft sicher Projektoren mit 12.000 Lumen machbar sein, bei Verwendung von 0,9″ DMDs durchaus 15.000 Lumen.
3LCD Laser-Phophor wird sich Marktanteile sichern – gegenüber 1Chip DLP durch die Bildwiedergabe frei von Color Breakup, Regenbogen- Artifakten und dem weitaus höheren Color-Light-Output, gegenüber 3Chip DLP durch das geringere Gewicht, die geringere Größe und nicht zuletzt durch den günstigeren Preis.
3Chip DLP Laser-Phospor durchbricht dieses Jahr die 30.000-Lumen-Marke und es darf mit dem Markteinstieg der chinesischen Player gerechnet werden – entweder unter eigenem Markennamen oder als OEM. Die eingangs erwähnten Analysten prognostizieren bis 2020 einen globalen Rückgang der verkauften Projektor Stückzahlen um 20 Prozent. Im gleichen Zeitraum werden jedoch die damit erwirtschafteten Gewinne um 20 % steigen. Das spiegelt exakt die aktuellen, hier beschriebenen Marktverhältnisse wider. Der Projektorenmarkt ist vital, gewinnt an Vielfalt und neuen Technologien. Der Mainstream orientiert sich von bis dato 3.000 hin zu 5.000 Lumen Minimum. Die Geräte werden hochpreisiger, robuster und technisch anspruchsvoller. Dies alles sind Fakten, die den sich gerade vollziehenden Technologiewandel untermauern. Bewegte Zeiten eben.
Erläuterungen zu Fachbegriffen
Color Breakup
Das Farbrad bei vielen aktuellen DLP-Projektoren dient nicht als Phosphortäger, sondern als Filter –Weiß oder andere Mischfarben bestehen also aus der schnellen Abfolge von Rot, Grün und Blau. Dies kann man mit empfindlichen Augen wahrnehmen – dieser Effekt wird als „Color Breakup“ oder „Farbblitzen“ bezeichnet. Der Color Breakup tritt auch bei Laser-Projektoren auf, obgleich es einen entscheidenden Unterschied gibt: Das Farbrad fungiert hier nicht nur als Filter, der die anderen Farben aus dem Lichtstrom herausnimmt; vielmehr leuchtet der Phosphor selbst für eine gewisse Zeit oder auch dauernd.
Color Light Output (Clo)
Ein wichtiges Kriterium zum Vergleich von Projektoren ist deren Helligkeit. Es wird üblicherweise nur das Weißlicht statt der Weiß- und die Farbhelligkeit gemessen. Die meisten Projektoren projizieren jedoch Farben. Dem will das seit Mai 2012 als ICDM-Standard (Information Display Measurement Standard) existierende Weiß- und Farbhelligkeits-Messverfahren Rechnung tragen. Die neue Spezifikation gilt für alle Displays einschließlich Projektoren.
Twisted Nematic (TN) LCD
Basis der LC-Displays sind Flüssigkristallzellen in TN-Technologie (Twisted Nematic). Genutzt wird hier der Effekt, dass polarisiertes Licht, das durch die Flüssigkristallmoleküle geht, in seiner Polarisationsebene gedreht wird. Bei Anlegen einer Spannung an die Flüssigkristallzelle orientieren sich die Flüssigkristallmoleküle parallel zum erzeugten elektrischen Feld, wodurch die Drehung der Polarisationsebene aufgehoben wird.
HTPS (High Temperature Poly Silicon) Panels
Hochtemperatur-Polysilizium, High Temperature Polysilicon (HTPS), ist eine Halbleitertechnologie, die bei Temperaturen von 1.000° C hergestellt wird. Mit ihr lassen sich kleinste Strukturen für TFT-Displays als Aktivmatrizen herstellen. Diese Technik wird auch für hochauflösende Durchlicht-LCD-Panels für Großbildprojektion eingesetzt.
Kommentare zu diesem Artikel
Pingbacks