Nachhaltigkeit ist spätestens seit der „Friday for Future“-Bewegung auch bei der Industrie angekommen. Doch was sollten wir beachten, wenn es um nachhaltige Digital-Signage-Installationen geht? Unser Autor Achim Hannemann hat sich dazu Gedanken gemacht.
Bei „Green Signage“ denkt man zunächst an den Stromverbrauch. Es liegt auf der Hand, dass man bei einer Beschaffungsrecherche Displays mit wenig Stromverbrauch auswählt. Aber: Je nach Standort braucht man für Digital Signage-Anwendungen auch leuchtstarke Monitore, wobei sich die Katze in den Schwanz beißt. Denn je mehr Leuchtstärke, desto mehr Stromverbrauch, egal ob LED-, OLED-, QLED- oder LCD-Monitore eingesetzt werden.
Aus meiner Sicht hat hier seit 2006 die transflektive Technik Vorteile. Schließlich funktioniert sie nach dem Motto „Je mehr Umgebungslicht, desto heller ist der Monitor – ohne mehr Strom zu verbrauchen“. Liest sich gut, wäre auch gerade heute ein grandioses Marketingargument, jedoch ist diese Technik bis auf ein paar Nischenmärkte in der Versenkung verschwunden. Warum eigentlich wird die transflektive Technik nicht bei den LCD-Displays verwendet? Meiner Ansicht nach wird in der Monitorproduktion seit Jahren nur der Consumer-Massenmarkt präferiert. Daher sind die Produktionsstückzahlen im professionellen Sektor vergleichsmäßig gering, und die Megafabriken können für die Produktion von Profigeräten nicht ausgelastet werden. Für Digital Signal-Anwendungen in heller Umgebung, sei es Outdoor- oder Indoor-Bereich, bieten somit die namhaften Hersteller nur „High Brightness“-Lösungen vom Typ LCD, QLED oder LED an. Diese Produkte haben einen circa 2,5- bis 4-fach höheren Stromverbrauch im Vergleich zu handelsüblichen Indoor-Displays. Doch die Sensibilität der Energieeinsparung wird gerade jetzt in Zeiten gestiegener Energiekosten weltweit noch stärker zunehmen. Vielleicht gibt’s im „Digital Signage Display“-Bereich doch noch eine Alternative (dazu später mehr).
Nimmt man das Thema Nachhaltigkeit genauer unter die Lupe, muss man auch die gesamte Energiebilanzkette inklusive des Produktionsprozesses, der Logistik/Distribution, der Verpackungen und den eventuell spätestens nach zehn Jahren stattfindenden Entsorgungsprozess mit betrachten. Alle großen Hersteller für den Digital Signage- bzw. Medientechnik-Markt haben neben der Notwendigkeit auch die Marketingwirkung des Themas Nachhaltigkeit erkannt und stellen dies bei ihren Produkten und Produktionen in den Vordergrund. Hierzu einige Beispiele, auszugsweise aus deren Veröffentlichungen:
So wirbt Sharp/NEC mit 97,4 % Recycling-Rate (Large Format Displays) sowie mit langer Lebensdauer. Außerdem verwende man für Verpackungen bis zu 100 % recyclingfähige Materialien und habe sie, ohne Beeinträchtigung von Stabilität und Schutz der Produkte, auf das Notwendigste reduziert. Für Large Format Displays und LED-Module verwendet Sharp/NEC hauptsächlich Gehäuse und Komponenten aus Metall, um die Lebensdauer und Sicherheit dieser Geräte zu erhöhen. Aufgrund seiner natürlichen Eigenschaften leitet Metall Wärme sehr gut von den hitzeempfindlichen elektronischen Bauteilen ab und verlängert so die Lebensdauer. Außerdem sei es vollständig recyclingfähig und könne so in den Kreislauf zurückgeführt werden.
In seinem jährlichen Nachhaltigkeitsbericht „The Green Choice“ stellte Epson im März 2021 seine überarbeitete „Umweltvision 2050“ vor, in der wesentliche globale Meilensteine des Unternehmens festgelegt sind. Als langfristige Ziele sind eine negative CO2-Bilanz sowie der Verzicht auf nicht-erneuerbare Rohstoffe bis zum Jahr 2050 festgehalten, die in Zwischenschritten zu erreichen sind. So soll bis 2023 in allen Werken und Niederlassungen weltweit 100 % Strom aus erneuerbaren Energien genutzt werden. Auch eine Reduktion der direkten Emissionen um 19 % sowie der indirekten Emissionen um 44 % werden bis 2025 angestrebt. Zudem wurden „Schlüsselziele“ bis 2030 definiert, um die Reduzierung der Treibhausgasemissionen in Übereinstimmung mit der 1,5°-C-Vorgabe des Pariser Abkommens und den Kriterien der Science Based Targets Initiative (SBTi) zu erreichen.
Panasonic arbeitet an Nachhaltigkeitskonzepten und hat eine Reihe von Produkten und Lösungen entwickelt sowie an Projekten (z. B. Smart-City-Projekte) mitgearbeitet, die zur Abkehr der Gesellschaft von fossilen Brennstoffen beitragen sollen. Für die Produktion kündigte man an: „Als allgemeine Zielsetzung wird Panasonic darauf hinarbeiten, Energieerzeugung sowie Energienutzung so umzusetzen, dass dies zusammen die Menge der verbrauchten Energie übertrifft. In diesem Zusammenhang bedeutet ‚verbrauchte‘ oder ‚genutzte‘ Energie die Energie, welche im Rahmen der Unternehmensaktivitäten (Herstellung) und in der Nutzungsphase der Panasonic-Produkte verbraucht bzw. genutzt wird.“ Speziell zum Thema Digital Signage teilt man auf der Homepage eine Studie, bei der die Einsparung von Papier, Wasser- und Baumrodung beim Einsatz von elektronischen Plakaten, im Gegensatz zur Verwendung von herkömmlichen Plakaten, aufgestellt wird. Demnach käme, ganz allgemein gesehen, ein Monitor in der CO2-Bilanz natürlich bei einer zehnjährigen Nutzung erheblich besser weg …
Auch LGE setzt dabei auf die Verwendung recyclebarer Rohstoffe. Man will den Anteil nicht wiederverwertbarer und schädlicher Stoffe in seinen Produkten stetig reduzieren. Zugleich optimiere man „seit Jahren den Rohstoffeinsatz bei Produktion und Verpackung unserer Geräte“. Speziell bei Displays könne der Stromverbrauch im Betrieb durch die Kombination von LG LEDs mit der Low Power Technology um bis zu 45 % gesenkt werden.
Samsung Electronics bewertet die Auswirkungen auf die Umwelt seiner Produkte bereits in der Produktentwicklungsphase mit einem eigenen Bewertungssystem. Zur dessen Validierung habe man „die Zertifizierungskriterien des Umweltzeichensystems des koreanischen Umweltministeriums, die EPEAT-Zertifizierung (Electronic Product Environmental Assessment Tool) der Vereinigten Staaten und die AHAM-Zertifizierung (Association of Home Appliance Manufacturers) der Vereinigten Staaten übernommen“. Außerdem führt man eine Lebenszyklusanalyse (LCA) zur Analyse der Umweltauswirkungen der Produkte bei der Herstellung, Verwendung und Entsorgung durch, um „die Ergebnisse in unserem Produktentwicklungsprozess zu berücksichtigen“.
Laut einer Ökobilanz-Aufstellung aus dem Jahr 2019 von 24-Zoll-Monitoren, die durch die UL Environmental Product Declaration (EPD) extern zertifiziert wurde, habe zu über 20 % die Vorproduktion des Monitors Auswirkungen auf die globale Erwärmung, in der Produktion seien es hingegen nur 0,3 %. Der größte Anteil wurde laut Aufstellung mit über 75 % in der Nutzungsphase erzielt, bei der Entsorgung waren es knapp 2 %. Samsung Electronics beabsichtigt deshalb für die Zukunft, vor allem den Stromverbrauch während der Nutzung des Monitors und im Standby-Betrieb zu reduzieren.
Der LED-Display-Hersteller Absen wirbt unter dem Logo „Absen Green“ mit neuen Standards zur Nachhaltigkeit und verpflichtet sich, nur umweltfreundliche Materialien zu verwenden und strenge Sicherheitsstandards zur Vermeidung von Schäden an der Natur einzuhalten. Man beabsichtigt, das Energieeffizienzprogramm, das in den letzten fünf Jahren 700.000 Tonnen CO2 eingespart und Absen bereits zu einem klimaneutralen Unternehmen gemacht habe, weiter fortzuführen. Absen setzt dabei auch auf die LED-Common-Cathode-Technologie der Module, die den Energieverbrauch um 20 % reduziert, sowie auf den Einsatz von hocheffizienten Netzteilen und die Verwendung von Aluminium-Chassis mit spezieller Wärmeableitung und hocheffizienten LEDs.
Der dänische LED-Hersteller Expromo ist WEEE-zertifiziert (Waste of Electrical and Electronic Equipment; Elektro- und Elektronikgeräte-Abfall), wodurch die Herstellerverantwortung für die Entsorgung und das Recycling von Elektronikschrott sichergestellt wird. Wenn die verschiedenen Komponenten einer LED-Anzeige in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden, können bis zu 98 % der Anzeige recycelt werden. Auf diese Weise können Hersteller von LED-Anzeigen, wie Expromo, ihren Einfluss auf das grüne Abfallmanagement maximieren, indem sie hochgradig recycelbare Produkte herstellen.
Diese Aussagen lesen sich erst mal gut, auch in puncto Recycling – laut Gesetz müssen die Händler bzw. die Hersteller die Geräte zurücknehmen. Es sei allerdings die Frage erlaubt, ob nicht bei vielen die ausgedienten Monitore anschließend bestenfalls im Elektronikschrottcontainer landen. Dabei gibt es beispielsweise in Deutschland einige Fachunternehmen, die sich auf die Verwertung von unzerlegtem Elektronikschrott, also auch von Monitoren, Photovoltaik- und LED-Modulen, spezialisiert haben.
Was können Planer, Integratoren und Betreiber tun?
Bei der Auswahl der Digital Signage-Hardware sind Planer, Integratoren und Betreiber abhängig von den bekannten Anbietern, die aber nur vereinzelt detaillierte Informationen zur Ökobilanz des jeweiligen Produktes anbieten. Planer können daher nur im Vorfeld einer Ausschreibung oder Beschaffung nach „grünen“ Kriterien recherchieren und diese in die Bewertung des Herstellers/Produktes mit einfließen lassen. Zu beachten sind z. B.:
die Energiebilanz der Produktion
leicht trenn- und recycelbare Kartonagen
Monitore mit Metallgehäusen und möglichst wenig Installationszubehör mit Kunststoff-Anteil
Auswahl von Monitoren oder LED-Walls mit eingebautem Lichtsensor zur Anpassung ans Umgebungslicht
Kennzeichnung der Produkte durch diverse Eco Labels wie ENERGY STAR, EU Ecolabel, EPEAT, Nordic Ecolabelling , TCO
Beachtung der Energielabel in Bezug auf die seit März 2021 geänderten Effizienzklassen
Versand der Waren mit Europaletten (da diese weiterhin im Umlauf bleiben)
Auflistung der verwendeten Rohstoffe
Verwertung bzw. Rücknahmen bei Ende der Laufzeit inkl. Recycling
Spitzenreiter für Ecolabelling-Zertifizierung sind LG Electronics, Philips, Samsung, Sharp, Sony und Toshiba, und für EU Energy Labelling Loewe, Panasonic, Philips, Samsung, Sharp, und Sony – was sich hinter den einzelnen Labels verbirgt, wäre vielleicht mal einen eigenen Artikel wert.
Bei öffentlichen Ausschreibungen fließen schon seit geraumer Zeit ökologische Kriterien mit in die Bewertung ein. Allerdings berücksichtigen diese Leitfäden noch nicht die aktuellen Technologien und verwendeten Rohstoffe. Als Planer bzw. ausschreibende Institution sollte man sich daher ergänzend eigene Leitfäden entwickeln.
Betreiber bzw. Anwender können in Punkto CO2-Bilanz bei der Wahl der Displays auf die Einschränkung des Stromverbrauchs achten, da der Lebenszyklus-Betrieb eines Displays mehr als 75 % der CO2-Emission ausmacht. Als Lösung kommt beispielsweise der Einsatz von LAN-steuerbaren Steckdosenleisten infrage. Hiermit lassen sich die Digital-Signage-Stationen, die meistens in den Nachtstunden auf Standby laufen, stromlos schalten. Bereits 2008 wurden LAN-Steckdosenleisten zum Beispiel in den Digital-Signage-Stationen im Audi-AMMS (Audi Multi Media System) oder in den medientechnischen Anlagen des ADEC (AUDI driving experience center) installiert. 2021 wurden die alten AN-Steckdosenleisten gegen IP-Steckdosenleisten der Expert Power Control 1202-Serie von Gude Systems ausgetauscht. Neben einigen anderen Features gibt es einen adaptiven Temperatursensor, über den man auch die Umgebungstemperatur der DS-Station online abfragen kann, zudem entschärft die zusätzliche Einschaltzeitverzögerung Spannungsspitzen.
Über das Monitoring System oder das Digital Signage CMS können so elektronische Komponenten komplett außerhalb der Betriebszeiten stromlos geschaltet werden. Das bewirkt bei einer Standby-Leistung eines Displays oder einer LED-Wall von nur wenigen Watt bei einem Digital-Signage-Netzwerk, etwa in Supermärkten, Tankstellen, Fastfood-Ketten, im Jahr eine erhebliche Einsparung.
Die beste Art, CO2 einzusparen, ist natürlich, fast keinen Strom zu verbrauchen. Ideal für viele Digital Signage-Anwendungen könnten hier die sogenannten E-Paper sein – die neusten Entwicklungen videofähiger Vollfarb-Displays wurden auf der CES in Las Vegas im Januar 2022 vorgestellt.
Für viele Anwendungen, in denen LCD-Displays als Poster-Ersatz installiert wurden oder in Planung sind, kann das E-Paper die bessere und kostengünstigere Lösung sein, vorausgesetzt, es handelt sich um eine vorwiegend statische Informations- und Bildwiedergabe. In derartigen DS-Anwendungen eingesetzt, bieten E-Paper Vorteile einer hohen Energieeinsparung und sind zudem vergleichsweise leichtgewichtig und einfach zu installieren. Mehr dazu ist im Artikel „Unterschätzte Displaytechnologie?“ in Ausgabe 7.2021 zu finden. Der wahrscheinlich bekannteste E-Paper-Hersteller E-INK hat bereits letztes Jahr ein großes Portfolio von Farbdisplays vorstellt.
BMW hat zudem die Eigenschaft der Flexibilität der E-Paper-Technologie genutzt und diese auf der CES 2022 mit seinem BMW iX Concept Car spektakulär präsentiert. Die komplette Außenkarosserie wurde mit E-Paper Folie überzogen, und das Auto wechselte „per Knopfdruck“ wie ein Chamäleon seine Farbe. Dies war bisher nur mit Projektions-Mapping möglich.
Neben Hisense ist auch der nächste große TV-Hersteller ins E-Paper Geschäft eingestiegen: Unter dem Namen „NXTPaper“ präsentierte TCL Electronics auf der CES ein WUXGA-Display mit 16 Mio. Farben. Das Tablet besteht aus RGB-Pixeln, ähnlich wie bei LCD-Monitoren, jedoch ohne Hintergrundbeleuchtung, sondern mit einer Umgebungslicht reflektierenden Schicht. Es ist sozusagen ein Mix aus LCD- und E-Paper-Technologie, denn der Grundaufbau basiert auf einem IPS-Panel mit transflektiver Hintergrundschicht. Der Unterschied zur Farb-E-Ink-Technologie besteht darin, dass Schwarz-Weiß- und Farbdarstellung nicht über zwei unterschiedliche Layer erfolgen, sondern durch Aktivierung bzw. Deaktivierung der RGB-Subpixel. Die Farbauflösung dürfte höher sein als bei einem E-Paper und der Bildwiederholrate eines LCD-Monitors entsprechen, aber im Vergleich zu diesen 65 % weniger Strom verbrauchen.
Wie im privaten Bereich kann man auch in seinem geschäftlichen Umfeld mit bereits oberflächlicher Analyse der Spezifikationen und einer Produktauswahl einen Beitrag zum Thema leisten. Weniger Stromverbrauch und die damit verbundenen Zertifizierungen, nach Möglichkeit Verzicht auf Verpackungen mit Styropor und Kunststoffen sowie eine Systemintegration mit Nutzung von Produkten zur Stromüberwachung können zur erheblichen Minderung der CO2-Reduktion führen.