Wie kann Licht am Point of Sale Emotionen bewirken?
von Alexander Schwarz, Artikel aus dem Archiv vom
Es gibt nur wenige Beleuchtungssegmente, in denen der emotionalen Lichtwirkung mehr Bedeutung beigemessen wird als im Handel. Hier werden die Waren unter Verwendung aller möglichen Lichtcharakteristiken so verlockend inszeniert, damit sie auf den Konsumenten besonders anziehend wirken. Dabei spielen die Abstrahlwinkel, die Lichtintensität und die richtige Lichtfarbe entscheidende Rollen.
Ähnlich einer farbenfrohen und aktionsorientierten Bühnenbeleuchtung wird im stationären Handel mit dem Thema Licht umgegangen. Es wird ebenso spielerisch wie berechnend eingesetzt, um die bestmögliche Wirkung zu erlangen. Der Einsatz unterschiedlicher Abstrahlcharakteristiken, die sich zum einen auf die Lichtrichtung, aber auch die Helligkeit auswirken, entscheidet oftmals darüber, ob dem potentiellen Kunden eine Ware auffällt oder diese im Vorbeigehen ignoriert wird. Bei farbigem RGB-Licht ist der Vergleich zur Eventbeleuchtung noch offensichtlicher, da dieses in beiden Fällen eine außergewöhnlich große Rolle spielt, um den Blick bzw. die Laufrichtung zu lenken, aber auch, um eine definierte Markenbotschaft unterstützend zu gewährleisten.
Anders verhält es sich bei den Lebensmitteln – in keinem anderen Gewerk wird bewusst mit so unterschiedlichen Abstufungen von Weißtönen gearbeitet, wie dies in der Lebensmittelbranche erforderlich ist. Beinahe jedes Segment, ob Wurst, Gemüse oder Backwaren, hat seine eigene Lichtfarbe (kalt-, neutral-, warmweiß) mit differenzierten Abstufungen in den Details. Farbmischungen und der bewusste Einsatz von Filtern und Reflektoren bringen hier den gewünschten Effekt.
Doch betrachten wir zunächst einmal die Lichtkonzepte im „Non Food“-Bereich:
Während Lebensmittel gerne nach erforschten Prinzipien ausgeleuchtet werden, gibt es für die Darbietung von Bekleidung, Accessoires und technischen Produkten nur wenige Regeln hinsichtlich der Beleuchtung. Übergeordnet befindet sich „nur“ der Anspruch, die Ware attraktiv und der Markenbotschaft folgend angemessen auszuleuchten. Was vielleicht simpel klingen mag, erweist sich im Detail als eine Herausforderung: Hier müssen extrem viele Variable definiert werden, um die Wunschvorstellung zielführend umzusetzen.
An erster Stelle steht ein notwendiges Grundbeleuchtungsniveau, welches die Räume sicher begehbar macht und gegebenenfalls hier bereits durch Differenzierungen hinsichtlich der Lichteigenschaften eine erste Wegführung ermöglicht. Die großflächige Warenpräsentation (Regale u. ä.) wird über diese Lichtquellen oftmals bereits mit abgedeckt, wobei hier auf eine homogene Ausleuchtung von oben nach unten zu achten ist. Dies geschieht gerne mit sogenannten Shopstrahlern, die sowohl in einer Einbau-, als auch Aufbauvariante einzusetzen sind. Asymmetrische und in unterschiedlichen Gradzahlen eingesetzte Reflektoren sorgen für ein ausgeglichenes Lichtbild in der Warenpräsentation. Strahler an Stromschienensystemen ermöglichen einen flexiblen Einsatz, da diese meist einen werkzeuglosen Tausch ermöglichen und so eventuellen Umbaumaßnahmen folgen können.
Aktionsflächen werden gesondert betrachtet und entweder durch zusätzliche Lichtquellen, andere Lichtfarben oder spannende Inszenierungen (z. B. Licht aus einer ungewohnten Richtung kommend) in den Fokus gerückt. Eventuell erforderliche Wegführungen zu Kassenbereichen oder anderen relevanten Flächen werden auf gleiche Weise behandelt. Wie das Gesamtkonzept, also die Mischung unterschiedlicher Lichtquellen, Farben und Charakteristiken ausschaut, entscheidet sich gerne an einer definierten Markenkommunikation des jeweiligen Anbieters. Je nach Ware und Zielgruppe wird hier mit den Lichtquellen gespielt und über den Einsatz von farbigen Lichtquellen entschieden. Auch kunstvolle Installationen großformatiger Leuchten können hier den entscheidenden Faktor darstellen, solange diese die allgemeine Beleuchtung nicht stören, bzw. bestenfalls unterstützend wirken.
Der große Vorteil des stationären Einzelhandels gegenüber den allgegenwärtigen Internetangeboten ist die direkte haptische und visuelle Erfahrung mit den Produkten. Insbesondere in der Bekleidungsbranche ist der entscheidende Aspekt, die Waren direkt am eigenen Körper und nicht an optimierten Modelmaßen anzuprobieren und zu beurteilen. Eine einladende Umgebung und angenehme Beleuchtung, die auch den Kunden gut aussehen lässt, ist beim Anprobieren ein offensichtlicher Erfolgsfaktor im Handel. Es gilt also die Lichtsituation in den Umkleiden so zu optimieren, dass Körper, Haut und Farben zum einen möglichst realistisch wirken, aber gerne auch den Charakter einer optimierten Fotoretusche aufweisen.
Eine mittig platzierte Deckenleuchte mit streng gerichtetem Licht nach unten stellt dabei den „Worst Case“ dar: Harte Schattenpartien auf allen Körperteilen sind die Konsequenz und lassen die Person weder gut aussehen, noch das anprobierte Kleidungsstück in der Farbe und Form objektiv beurteilen. Mit einer einzigen Lichtquelle ist es also nicht getan, um den Körper visuell so zu optimieren, dass es zu einem benötigten Wohlfühlerlebnis kommt. Flächiges oder indirektes Deckenlicht hingegen sorgt für eine weiche Lichtdusche und verleiht dem Raum eine angenehme Atmosphäre. Direkte aber blendfreie Beleuchtung am Spiegel, die auch gut mit einer Hinterleuchtung zu realisieren ist, hellt die Körperpartien auf und sorgt so für ausreichendes Licht, um sich und das Kleidungsstück in angemessen auszuleuchten.
Eine Hinterleuchtung des Oberkörpers betont die Konturen des Kunden und lässt das Haar glänzen. Eine Lichtaura gegenüber dem Hauptspiegel sorgt dafür, dass der Besucher sich selbst als strahlende Erscheinung im Spiegel erblickt. Eine gute bis sehr gute Farbwiedergabe aller Lichtquellen ist dabei unerlässlich. Im Fazit wird deutlich, dass sich diese Anforderungen mit einer einzigen Lichtquelle, wie es in der Realität oftmals noch der Fall ist, nicht realisieren lassen und nur die entsprechende Mischung aus unterschiedlichen Richtungen für ein optimiertes Licht in den kleinen Kuben sorgen kann.
Durch die vielfältigen Lichtsteuerungsoptionen der LED-Technik lässt sich in den Umkleiden die Beleuchtungssituation auch individualisieren, um so noch genauer die Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Dabei bieten die üblichen Faktoren wie Lichtfarbe und Lichtintensität eine großzügige Spielwiese, um jede denkbare Alltagssituation zu simulieren. Denn dadurch bestehen zum Beispiel die Möglichkeiten, ein Abendkleid in warmer und festlicher (Licht)atmosphäre, einen Businessanzug unter Bürobeleuchtung oder einen Bikini bei Tageslichtverhältnissen zu betrachten und zu beurteilen. Die Steuerung der jeweiligen Lichtsituation kann dabei mithilfe eines Touchpanels bedient werden, das sich sogar in den Spiegel integrieren lässt, so dass der Kunde fest hinterlegte Szenarien wunschgerecht und auf die Bekleidung passend abrufen kann.
Im Supermarkt spielen die unterschiedlichen Lichtfarben und Gewichtungen der Rot- und Blauanteile eine große Rolle, um insbesondere die frische Ware optimal auszuleuchten. Obwohl vom Prinzip her nichts „geschönt“ werden sollte, was im schlimmsten Fall dann nicht zu halten ist, werden die Lebensmittel sehr spezifisch in Szene gesetzt. Dabei spielen die eigentlichen Farben der angebotenen Produkte die entscheidende Rolle, denn diese gilt es in ihrer Darstellung zu verbessern. Bei Wurst und Fleisch erwartet der Kunde eine visuelle Frische, die durch hohe Rotanteile suggeriert wird. Demnach fällt die Beleuchtung von der Lichtfarbe auch eher warm aus (2.700 – 3.000 Kelvin) und kann sogar noch durch eine Verschiebung der Farbkurve hinsichtlich der roten LEDs zu einer deutlichen Verbesserung führen. Gleichzeitig sollten die weißen Fettanteile gut sichtbar bleiben.
Ein hohes Beleuchtungsniveau mit gerichtetem Licht kann die allgemeine Darstellung noch attraktiver wirken lassen. Käse ist aufgrund der meist gelblichen Farbe etwas genügsamer und hier reicht der Einsatz einer warmen Lichtfarbe (erhöhte Gelbwerte), um diesen geschmackvoll zu inszenieren. Weißer Käse wirkt allerdings unter leicht kühleren Farben besser. Wenn sich dies entsprechend aufteilen lässt, so führt eine Differenzierung hier zu dem besten Ergebnis. Ähnlich verhält es sich mit Fisch: Die weißen Sorten (z. B. Scholle, Kabeljau und Seezunge) sehen unter kaltem Licht besonders frisch und lecker aus, während die roten Sorten (z. B. Thunfisch) durchaus eine wärmere Lichtfarbe vertragen.
Für die Obst- und Gemüseabteilung eignet sich grundsätzlich eine leicht warme Lichtfarbe von 3.000 Kelvin. Um die Farben entsprechend gut heraus zu arbeiten, sollte die Lichtquelle über ein homogenes Farbspektrum verfügen, um ggf. in den grün und rot Anteilen zu punkten. Ein entsprechend hoher Farbwiedergabeindex von mindestens 90 ist hier in jedem Fall angemessen. Lichtunempfindliche Ware darf auch gerne etwas stärker und gerichtet beleuchtet sein, um knalliger und auffälliger zu wirken. Speisen, die in erster Linie unter der Erde wachsen (z. B. Kartoffeln und Zwiebeln) sollten hingegen eher sparsam, aber ausreichend, ausgeleuchtet werden, um nicht vorschnell zu altern.
Der reduzierte UV-Anteil von LED-Leuchtmitteln ist in diesem Bereich geradezu prädestiniert, da dadurch die Gefahr für ein frühzeitiges Verfärben der Ware merklich reduziert wird. Letztendlich kommt es in der Obst- und Gemüseabteilung auf eine sehr genaue und warenspezifische Ausleuchtung an, um hier den bestmöglichen Effekt zwischen Inszenierung und Lagerung zu bekommen. Die geringe Wärmeabstrahlung der LEDs im Vergleich zu den herkömmlichen Leuchtmitteln wirkt sich hier, wie an allen anderen Zonen der Lebensmitteldarbietung, positiv aus.
Weine und Spirituosen dürfen im Vergleich zu anderen Getränken durchaus separat betrachtet werden, da sie von einem unterbewussten Einkaufserlebnis begleitet werden. Die Entscheidung für einen guten Wein oder einen hochkarätigen Whisky wird wesentlich emotionaler und mit anderen Assoziationen verbunden getroffen, als dies bei Erfrischungsgetränken oder Bier der Fall ist. Damit sich der Kunde mit seinem Wunschgetränk bereits zu Hause im Relaxsessel sieht, ist es durchaus empfehlenswert, in dieser Verkaufszone bereits mit einer warmen Lichtfarbe (und natürlichen Oberflächen der Warenpräsenter) zu arbeiten. Das schafft eine entsprechend gemütliche und heimische Atmosphäre und lässt die Entscheidung, für das jeweilige Getränk mehr als geplant auszugeben, eventuell leichter fallen.
Da die Flaschen meist in hohen Regalen angepriesen werden, muss hier für eine ausgewogene Ausleuchtung gesorgt werden, bzw. darf es auch gerne zu einer Absenkung der Helligkeit im unteren Bereich kommen, da hier meist die preisgünstigeren Produkte platziert sind. Hier lässt sich mit der Lichtwirkung also durchaus der gewünschte Verkaufe gewisser Produktsparten anregen, bzw. das Einkaufserlebnis für den Kunden optimieren. Moderne und trendbasierte Getränke erlauben es hingegen spielerisch mit dem Licht umzugehen, da hier das Alter der Zielgruppe oftmals wesentlich jünger einzuordnen ist. Da darf es dann auch schon mal ein knallbuntes RGB-Licht sein, das sich bewusst am jeweiligen Markenversprechen orientiert.
Werden besonders leckeres Brot oder Brötchen beschrieben, so wird häufig das Attribut „goldbraun“ verwendet, um deren knusprigen Backgrad zu beschreiben. Genau diese Farbe gilt es hervorzuheben, bzw. zu verschönern. Hierfür werden traditionell gerne goldene Filter oder Reflektoren verwendet. Durch die LED-Technik ist der Einsatz nicht unbedingt überflüssig geworden, wenn beispielsweise auf gleiche Strahler hinsichtlich der Lichtfarben gesetzt wird. Ansonsten lässt sich durch Farbmischung dieser Effekt auch schon direkt am Leuchtmittel simulieren, so dass eine manuelle Korrektur oftmals unnötig ist. Grundsätzlich sollte sich die Lichtfarbe in warmen Bereich bewegen, darf jedoch nicht zu viele Gelbtöne enthalten, da die Darstellung dann schnell zu starke Braunwerte aufweist und so einen unrealistischen Charakter bekommen kann.
Hier ist ein harmonisches Gesamtbild gefragt, welches die Ware natürlich aber auch wie „frisch aus dem Ofen“ erscheinen lässt. Sahnetorten hingegen benötigen eher ein kühleres Licht, da eine gelblich schimmernde Oberfläche leicht einen verdorbenen Charakter suggerieren kann, was verständlicherweise nicht verkaufsfördernd ist. Eine ausgewogene Mischung der beiden Lichtfarben in Theken mit einem übergreifenden Angebot ist demnach wünschenswert, jedoch nie leicht voneinander abzugrenzen. Da können integrierte Leuchten, die nur die entsprechenden Flächen bzw. Räume ausleuchten eine gute Wahl darstellen.