von Andreas Th. Fischer, Artikel aus dem Archiv vom
WLAN kann nie schnell genug sein, um auch große Datenmengen ruckelfrei per Funk zu übertragen. Welche Vorteile bringen Wifi 6 sowie die Ergänzung Wifi 6E und welche Produkte gibt es bereits auf dem Markt?
Wer sich heute für das aktuelle Angebot der großen Tech-Firmen interessiert, wird kaum noch einen WLAN-Router, Wireless Access Point (AP), Repeater und selbst Notebooks oder Smartphones finden, die nicht bereits den schnellen WLAN-Standard Wifi 6 unterstützen. Einige wenige sind sogar schon in der Lage, die Erweiterung Wifi 6E zu nutzen – dass „E“ im Namen steht für „Extended“. Im Vergleich zu den Vorgängern versprechen die neuen Standards nicht nur höhere Geschwindigkeiten und geringere Latenzen für zum Beispiel die Übertragung von hochauflösenden Videodaten in 4K oder gar 8K. Sie sorgen außerdem für stabilere Verbindungen, die zusätzlich auch noch von mehr Endgeräten gleichzeitig genutzt werden können.
Mehr Tempo dank Wifi 6
Während WLAN-Standards früher vor allem für ihre kryptischen Kürzel bekannt waren, welche die Nutzer mehr als einmal verwirrt haben, lassen sich aktuelle Verfahren nun deutlich leichter auseinanderhalten. Der vor bald zehn Jahren vorgestellte WLAN-Standard IEEE 802.11ac war der erste, dessen von der Wifi Alliance vorgeschlagenen Markenbegriff „Wifi 5“ sich auch Laien gut merken konnten. Die „5“ im Namen kam übrigens daher, dass der Standard vor allem im 5-GHz-Band weit höhere Datenraten erreichte als früher.
Der Nachfolger Wifi 6 oder auch IEEE 802.11ax ist aber nicht nur im 5-GHz-Bereich schneller. Er hat auch im 2,4-GHz-Band für einen Geschwindigkeitsschub gesorgt. Das war überfällig. So merkt der Netzwerkhersteller AVM auf seiner Webseite an, dass vor der Einführung von Wifi 6 die „Verbindungseigenschaften und Datenraten im 2,4-GHz-Frequenzband weitgehend gleichgeblieben“ seien. Neuerungen und Verbesserungen habe es bis zu diesem Zeitpunkt vor allem für das 5-GHz-Band gegeben. Bei „Wifi 5 wurde lediglich die 5-GHz-Frequenz definiert, während das 2,4-GHz-Band auf Wifi-4-Technologie verblieben ist“, ergänzt Norbert Roller, Senior Director Channel Business DACH bei Zyxel. Wifi 6 wirkt sich also – und das ist wieder eine Besonderheit – positiv auf die Übertragungsraten sowohl im 5- als auch im vorher vernachlässigten 2,4-GHz-Band aus.
Daher erreichen die meisten Wifi-6-tauglichen Geräte bereits im 2,4-GHz-Band Geschwindigkeiten von bis zu 1.200 MBit/s. Beim Vorgänger war selbst unter optimalen Bedingungen spätestens bei 800 MBit/s Schluss. Das ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange bei Wifi 6. Dazu kommen noch einmal bis zu 4.800 MBit/s im 5-GHz-Band. In der Summe sind 6.000 MBit/s beziehungsweise 6GBit/s möglich. Damit hat sich die maximale Datenrate von Wifi 5 im Vergleich zu Wifi 6 mehr als verdoppelt. Allerdings erreichen längst nicht alle Geräte diese Geschwindigkeiten.
Der Netzwerkhersteller Devolo weist auf ein weiteres „entscheidendes Feature von Wifi 6“ hin: Die Modulationstechnologie OFDMA (Orthogonal Frequency-Division Multiple Access). Sie nutzt Wifi-Frequenzen wesentlich effizienter als es bislang möglich war. Dadurch steht mehr Bandbreite je Datenstrom zur Verfügung, so dass eine noch größere Zahl von Endgeräten mit Highspeed-Verbindungen versorgt werden kann. OFDMA sorge für „eine erheblich schnellere Datenübertragung, wenn viele Endgeräte und Access Points dicht beieinander sind“, fügt Zyxel-Mitarbeiter Roller hinzu.
Außerdem sinken durch die neue Technik die Latenzen, was sich gerade bei der Übertragung von Video- und Audiodaten positiv auswirkt. Ein weiterer Vorteil von Wifi 6 ist die optimierte Target Wake Time (TWT), da sie den Funkverkehr effizienter steuert und nicht-aktive Geräte in einen Ruhemodus schickt. Das spart Energie, was sich insbesondere auf batteriebetriebene Geräte positiv auswirkt.
Wifi 6 biete zudem „erstmalig eine sinnvolle Unterstützung für Geräte, die nur geringe Datenmengen senden oder sich nur in sehr langen Zyklen melden wie bei IoT und batteriebetriebenen Geräten“, erläutert Roller. Weitere Vorteile für die Performance und Stabilität von Wifi-6-Verbindungen bringt eine Funktion namens Basic Service Set Coloring (BSS-Coloring). Dank ihr können sich mehrere Wifi-6-Accesspoints (APs) ein und dasselbe Frequenzband bei weniger Interferenzen teilen. Bidirektionales Multi-User-Multiple-Input-Multiple-Output (MU-MIMO) sorgt zudem dafür, dass verschiedene Datenpakete gleichzeitig an mehrere WLAN-Endgeräte gesendet und empfangen werden können, was besonders in Umgebungen mit vielen Endgeräten positive Effekte hat.
Die genannten Vorteile von Wifi 6 bewirken, dass der neue Funkstandard auch im professionellen Umfeld punktet, wo nahezu immer mehr Leistung benötigt wird. Selbst wenn besonders viele Clients mit dem Netzwerk verbunden sind, überzeugt Wifi 6. Außerdem ist die Technik abwärtskompatibel. Alte Geräte können also weiter betrieben werden.
Viele Anwender fragen sich, warum so kurz nach Wifi 6 mit Wifi 6E schon wieder ein neuer Funkstandard auf den Markt gekommen ist. Wie bereits eingangs erwähnt, steht das „E“ im Namen für „Extended“. Im Grunde trifft es diese Bezeichnung aber nicht besonders gut. Wifi 6E ist nicht einfach nur eine Ergänzung, da damit WLAN-fähigen Endgeräten ein völlig neuer Frequenzbereich im 6-GHz-Band zugänglich wird. Zuletzt gab es das vor über 15 Jahren. Ralf Koenzen, Gründer und Geschäftsführer des deutschen Netzwerkherstellers Lancom Systems, nannte Wifi 6E daher in einem Blog-Post einen „Meilenstein für die WLAN-Industrie“.
Jochen Homann ergänzt, dass Wifi 6E dafür gesorgt habe, dass das „verfügbare WLAN-Spektrum nahezu verdoppelt“ wurde. Homann war bis Februar 2022 Chef der Bundesnetzagentur, die im vergangenen Jahr den Weg für den neuen Standard freimachte. Ein weiterer Vorteil ist, dass ein zusammenhängender Block hinzugekommen ist und kein fragmentierter Bereich wie in den unteren Bändern. Außerdem konkurrieren Wifi-6E-fähige Endgeräte, die im 6-GHz-Bereich funken, nicht mit anderen Produkten wie Babyphones, die oft ebenfalls das 2,4-GHz-Band nutzen. Wifi 6E sorgt aber wiederum nicht nur für höhere Geschwindigkeiten, sondern auch für noch niedrigere Latenzen. Das wirkt sich zum Beispiel positiv auf Virtual-Reality-Anwendungen (VR) aus.
Einen Nachteil hat Wifi 6E aber bislang. Es gibt noch nicht genug Endgeräte, die den neuen Standard bereits unterstützen. Um die Vorteile auszunutzen, muss auf beiden Seiten der Verbindung Wifi-6E-fähige Hardware beteiligt sein. Erschwerend kommt hinzu, dass die USA zwar ebenfalls auf Wifi 6E setzen, dafür aber einen anderen Frequenzbereich gewählt haben. Wifi-6-fähige Produkte lassen sich damit nicht einfach übertragen, sondern müssen für den jeweiligen Markt angepasst werden.
Wie sieht das aktuelle Wifi-6-Angebot auf dem Markt aus?
Nicht jeder Netzwerkhersteller hat aus eben genannten Gründen bereits Wifi-6E-fähige Produkte im Portfolio. Über Geräte, die Wifi 6 unterstützen, verfügen sie aber mittlerweile alle. Im Folgenden stellen wir eine Auswahl des aktuellen Angebots vor.
AVM
Der Berliner Netzwerkhersteller AVM ist vor allem für seine Fritzboxen bekannt. Das Unternehmen, das nach eigenen Angaben mit knapp 900 Mitarbeitern im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 570 Millionen Euro erzielte, setzt bislang vor allem auf Wifi 6. So funkt etwa die Fritzbox 7590 AX mit bis zu 1.200 MBit/s im 2,4-GHz-Band und mit bis zu 2.400 MBit/s im 5-GHz-Band. Außerdem unterstützt der Router bis zu 300 MBit/s schnelle DSL-Verbindungen. Ausgestattet ist er mit einem 1GBit/s schnellen WAN-Anschluss sowie vier Gigabit-LAN-Ports.
Die Kabelvariante Fritzbox 6690 Cable erreicht sogar bis zu 4.800 MBit/s im 5-GHz-Band plus 1.200 MBit/s im 2,4-GHz-Bereich. An das Kabelnetz kann der Router mit einem 2,5-Gigabit-Port angeschlossen werden. Dazu kommen drei Gigabit-LAN-Anschlüsse sowie zwei USB-3.0-Ports. Für Glasfaseranschlüsse hat AVM mit der Fritzbox 5530 Fiber ebenfalls ein Produkt im Programm. Es funkt mit 600 MBit/s bei 2,4 GHz und mit bis zu 2.400 MBit/s bei 5 GHz. Die Verbindung ins verkabelte Netz übernehmen ein 2,5GBit/s schneller Ethernet-Anschluss sowie zwei 1-Gigabit-Ports.
Dazu kommen weitere, etwas schwächer ausgestattete Router wie die Fritzbox 7530 AX, das Einstiegsmodell Fritzbox 7510 AX, die Fritzbox 4060 zur Anbindung an ein vorhandenes Modem sowie die WLAN-Repeater Fritz Repeater 6000, Fritz Repeater 3000 und Fritz Repeater 1200 AX. Wifi-6E-fähige Produkte bietet AVM aber noch nicht an. Im Gespräch mit unserer Schwesterzeitschft Telecom Handel sagte Andreas Zießnitz, Senior Product Manager bei AVM, dass man sich bereits „intensiv mit 6E und der Einführung entsprechender Produkte, die den neuen Standard unterstützen“ beschäftige. Wann sie auf den Markt kommen, konnte Zießnitz aber noch nicht sagen.
Auch der taiwanesische Hersteller Asus setzt mittlerweile in breitem Umfang auf Wifi 6. Das Unternehmen bietet etwa ein Dutzend unterschiedliche WLAN-Router an, die den schnellen Funkstandard bereits unterstützen. Sowohl zum Beispiel der RT-AX53U als auch der DSL-AX82U eignen sich für große Flächen mit zahlreichen Nutzern. Dazu kommen mehrere Mesh-Systeme, mit denen die Abdeckung vergrößert werden kann. Auch hier richtet sich zum Beispiel das ZenWiFi Pro XT12 an Nutzer, die eine große Fläche abdecken wollen. Darüber hinaus hat Asus mit dem ZenWiFi Pro ET12 sogar schon ein Mesh-System vorgestellt, das bereits Wifi 6E unterstützt. Es erreicht mit seinen insgesamt zwölf parallelen Streams laut Hersteller eine Gesamtdatenrate von bis zu 11.000 MBit/s. Auch der überwiegende Teil der Notebooks und Smartphones von Asus unterstützt bereits Wifi 6.
Professionelle Anwender, die auf der Suche nach Wifi-6-fähigen Access Points sind, werden auch bei D-Link fündig. Der Hersteller bietet fünf APs an, die für den Einsatz in Unternehmen ausgelegt sind. Ein Beispiel ist der DWL-X8630AP, der eine kumulierte Datenrate von bis zu 3,6GBit/s über WLAN erreicht. Die Geräte sind außerdem mit einem automatischen Frequenzmanagement ausgestattet, das Interferenzen zwischen benachbarten Geräten reduziert und damit für eine optimale Verbindungsqualität sorgen soll. So lässt sich ein dichteres AP-Netz aufbauen.
Ergänzend dazu ermöglicht D-Link mit dem DNH-200 Hub ein zentrales Management von bis zu 20 Überwachungskameras und 50 Access Points. Der smarte Controller verfügt über Netzwerkmanagement-, Sicherheits-, Überwachungs- und Fehlerbehebungs-Funktionen. Als Netzwerk-fähiger Videorekorder kann er zudem Videos von bis zu 20 Kameras verarbeiten. Zudem unterstützt er mehrere Aufzeichnungsmodi in 4K-Auflösung. Sie reichen von kontinuierlich, manuell, geplant bis zu Ereignis-basiert.
Der Aachener Netzwerkhersteller Devolo ist auf die Erweiterung bestehender Netze spezialisiert. Passend dazu hat er im Herbst 2022 zwei WLAN-Repeater vorgestellt, die die Abdeckung von Wifi-6-Netzen verbessern. Der Devolo Wifi 6 Repeater 3000 ist bis zu 3.000 MBit/s schnell und der Devolo Wifi 6 Repeater 5400 bis zu 5.400 MBit/s. Installation und Konfiguration ist laut Hersteller schnell erledigt. Dank WPS-Unterstützung können die Zugangsdaten des Routers per Knopfdruck übergeben werden. Um die Leistung im WLAN optimal zu verteilen, verfügen die Repeater zudem über Access Point Steering, Client Steering, Band Steering sowie Airtime Fairness Smart.
Wer statt WLAN-Hardware für den Innenbereich nach Geräten sucht, die auch draußen bei Wind und Wetter genutzt werden sollen, der wird bei Lancom Systems fündig. Der Access Point OW-602 eignet sich insbesondere für Standorte, die rauen Bedingungen ausgesetzt sind. Der Hersteller liefert Rundstrahlantennen mit aus, um das WLAN-Signal weitläufig zu verteilen. Optional bietet er aber auch Sektorantennen an, die eine gezielte Abdeckung bestimmter Bereiche ermöglichen. Im 2,4-GHz-Band erreicht der OW-602 eine Geschwindigkeit von bis zu 575 MBit/s, im 5-GHz-Bereich sind es 1.200 MBit/s. Das Gehäuse ist laut Hersteller vollständig staub- und wasserdicht. Der maximale Temperaturbereich liegt zwischen -30°C bis +65°C. Wer mehr Geschwindigkeit benötigt kann zur OX-6400-Serie von Lancom Systems greifen. Sie ist insgesamt bis zu 3.550 MBit/s schnell.
Der US-Hersteller Netgear war einer der ersten, der Wifi-6-taugliche Hardware auf den Markt brachte. Ende 2020 stellte er zum Beispiel mit dem WAX204 einen Dual-Band-AP vor, der in der Summe eine Gesamtdatenrate von 1.800 MBit/s aufweist. 600 MBit/s stammen dabei aus dem 2,4-GHz-Bereich, der Rest aus dem 5-GHz-Band. Seit diesem frühen Wifi-6-AP hat Netgear weitere schnelle Hardware wie die Access Points WAX615 und WAX620 sowie die Orbi-760-Serie auf den Markt gebracht. Letztere besteht aus jeweils einem Router, der zusammen mit einem oder mehreren Satelliten angeboten wird. Diese lassen sich nutzen, um auf einfache Weise die Reichweite zu erhöhen. Die maximale Abdeckung der Orbi-760-Serie liegt laut Hersteller bei über 500m². Netgear hat darüber hinaus ebenfalls schon einen Access Point präsentiert, der Wifi 6E unterstützt. Der WAX630E kann eine kumulierte WLAN-Geschwindigkeit von bis zu 7,8GBit/s erreichen.
Zyxel hat bereits eine ganze Reihe von Wifi-6-fähigen WLAN-Routern, Mesh-Lösungen sowie Access Points im Portfolio. Ein Beispiel ist der Router DX3301-T0, der bis zu 1.800 MBit/s schnell funkt und mit insgesamt fünf Gigabit-fähigen Ethernet-Ports ausgestattet ist. Vor allem an Heimanwender richtet sich das Mesh-System Multy M1. Dazu kommen mehrere APs wie die Modelle NWA50AX und NWA90AX. Der NWA90AX verfügt sogar über Power-over-Ethernet (PoE), so dass geeignete Kameras gleich auch noch mit Energie versorgt werden können. Zyxel verfügt zudem bereits über ein relativ großes Angebot an Wifi-6E-fähiger Hardware. Beispiele sind die Access Points NWA220AX-6E, WAX620D-6E sowie WAX640S-6E. Letzterer kann als einziger sogar gleichzeitig in allen drei Frequenzbändern funken.