Welches Mikrofon eignet sich für einen Vortrag vor Publikum am besten? PROFESSIONAL SYSTEM wirft einen genaueren Blick auf die unterschiedlichen Mikrofone, die für Vortragssituationen geeignet sich!
Nicht nur die Freunde der Volksmusik beschäftigt die Frage, warum die alpinen Bergvölker das Jodeln erfunden haben. Tatsächlich dient diese Form des wortlosen Gesangs nicht nur der musikalischen Kurzweil, sondern ist offenbar aus dem Bedürfnis entstanden, bei der Kommunikation miteinander im unwegsamen Gelände weite Distanzen zu überbrücken.
Anzeige
Diese Tatsache verdeutlicht, dass die Reichweite des gesprochenen Wortes begrenzt ist. Denn die menschliche Sprache hat sich evolutionstechnisch aus der Notwendigkeit heraus entwickelt, die für Jäger und Sammler ideale Gruppengröße von etwa 150 Individuen durch die Pflege des sozialen Zusammenhalts zu gewährleisten. Stellt man sich einmal 150 Leute vor, die rings um einen herum sitzen oder stehen, bekommt man eine genauere Vorstellung davon, wie weit man mit einer Rede Inhalte übertragen kann, ohne wesentlich die Stimme erheben zu müssen.
Wann ist ein Mikrofon angeraten?
Heute, da in Europa mehr Individuen mit dem Halten von Vorträgen als mit Jagen und Sammeln beschäftigt sein dürften, ist interessanter – weise eben diese Größe von 150 Zuhörern die absolute Obergrenze, ab der eine Verstärkung der Stimme durch den Einsatz eines Mikrofons unbedingt angeraten wird. Aber auch schon bei kleineren Gruppen kann das je nach Gestaltung und Ausstattung eines Raumes nötig sein.
Sehr niedrige und sehr hohe Räume sprechen oft dafür, unabhängig von der Publikumsgröße ein Mikrofon zu verwenden – ebenso wie im Raum anwesende Materialien, die Schallwellen absorbieren können. Dazu gehört neben dem offensichtlichen Beispiel des „dicken Teppichs“ auch das Publikum selbst.
Andererseits ist die Verwendung eines Mikrofons keine Selbstverständlichkeit. Es gibt neben persönlichen Präferenzen auch praktische Gründe dafür, darauf zu verzichten, wann immer das möglich scheint. Technik kann noch so zuverlässig sein – die Fehlerrate bleibt doch stets größer als Null. Abgesehen von diesem technischen Gesichtspunkt halten viele Redner den Kontakt zum Publikum für direkter und persönlicher, wenn sie ohne Mikrofon sprechen.
Ein weiterer Vorteil: Wenn die Stimme des Vortragenden nicht verstärkt wird, sinkt die Verlockung im Publikum, Nebengespräche zu führen und in der Folge ist die allgemeine Aufmerksamkeit höher. In den meisten Fällen wird man jedoch ein Mikrofon verwenden müssen, um die Sprachverständlichkeit zu gewährleisten, die nötige Dynamik zwischen normalen und leiseren Passagen zu ermöglichen und auch, um eine Ermüdung der Stimme bei längeren Vorträgen zu vermeiden.
Soll der Vortrag in irgend einer Weise aufgezeichnet oder übertragen werden, versteht sich fast von selbst, dass es nicht ohne Mikrofon geht. Dabei besteht generell die Wahl zwischen einer festen Installation oder mobilen Anwendungen, nämlich Hand-, Ansteck- oder Bügelmikrofonen. Feste Mikrofone findet man in erster Linie an Rednerpulten.
Pultmikrofone
Rednerpulte sind der Inbegriff einer Vortrags-Situation und – um einen positiven Begriff zu verwenden – in diesem Bereich einfach ein Klassiker. Trotzdem raten heute zahlreiche Experten von ihrem Einsatz ab, weil sie zum einen eine gewisse Barriere zwischen Redner und Publikum errichten und zum anderen die Bewegungsfreiheit des Vortragenden naturgemäß stark einschränken. Andererseits kann diese Struktur für einen ungeübten Redner hilfreich sein, die für ihn fremde Situation zu bewältigen.
Rednerpulte sind daher in erster Linie in eher formalen Situationen wie Plenarsitzungen oder Hauptversammlungen zu finden, wo Bewegungsfreiheit eben nicht gewünscht ist. Der Vortragende wird an einem festen Ort positioniert, weil entweder die Situation besonders formal ist oder das Ereignis aufgezeichnet oder übertragen wird. Somit können dann Ausleuchtung, Kamerapositionen, die Zuspielung des Redetextes via Prompter und nicht zuletzt die Mikrofonie ohne Probleme auf den Ort des Geschehens optimiert werden. Dabei lassen sich die Mikrofone vergleichsweise einfach positionieren.
Die optisch eleganteste Methode ist sicherlich, sie mit am Pult montierten Schwanenhälsen anzubringen. Wenn das Rednerpult zentral aufgestellt wird und somit die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass man sich während des Vortrags nach links und rechts an das Publikum wendet, lassen sich durch den vergleichsweise geringen Raumbedarf dieser Installation auch zwei Mikrofone an jeder Seite des Pultes anbringen und somit jede Sprechrichtung abdecken. Eine solche Situation findet sich in erster Linie in den bereits erwähnten Plenarsälen.
Eine Besonderheit ist hier das britische House of Commons, in dem die Mikrofone von der Decke abgehängt werden. So decken sie den Rednertisch in der Mitte ab, ohne das denkmalwürdige Interieur mit moderner Technik zu verschandeln. Häufiger aber findet sich ein Rednerpult an der Seite der Bühne, um zentral den Blick auf Projektionen freizuhalten. Dann kommt man mit einem Mikrofon an der dem Publikum mehr zugewandten Seite aus.
Dabei begegnet man auch häufig Konstruktionen mit Mikrofonständern, die nicht nur einen etwas improvisierten Eindruck hinterlassen, sondern auch ein gewisses Risiko für den Vortragenden mit sich bringen. Denn fast nichts ist unangenehmer, als einem Redner dabei zuzusehen, wie er sich abmüht, ein Mikrofon immer und immer wieder in die korrekte Position zu bringen, wenn die Arretierung des Mikrofongalgens ausgeleiert ist und dieser, der Schwerkraft nachgebend, pausenlos nach unten sinkt.
Ein unschlagbarer Vorteil bei der Installation entweder am Schwanenhals oder einem separaten Ständer ist die Möglichkeit, das Mikrofon fest zu verkabeln. Zwar können auch hierbei technische Probleme auftreten, aber die Wahrscheinlichkeit ist aufgrund der geringeren Komplexität der Übertragung kleiner als bei der drahtlosen Übertragung.
Mobile Anwendungen
Auch bei der mobilen Mikrofonie für Vorträge gibt es einen absoluten Klassiker: das Handmikrofon. Ursprünglich wurde es nur am Kabel eingesetzt. Diese Variante ist heute allerdings fast überall zu Gunsten drahtloser Systeme verschwunden. Handmikrofone können aber ein Problem mit sich führen: Störende Griffgeräusche lassen sich nämlich nur dann sicher vermeiden, wenn man die Position der Hand bei Beginn des Vortrags festlegt und beibehält.
Ein wichtiger Vorteil des Handmikrofons ist jedoch seine Flexibilität. Es kann rasch von einer Person zur anderen geschwenkt oder weitergereicht werden – und falls es einmal ausfallen sollte, kann es sehr schnell durch ein Reservemikrofon ersetzt werden. Naturgemäß schränkt es die Gestik des Redners ein, wenn er ein Mikrofon in der Hand und in der Nähe seines Gesichts halten muss.
Ob das allerdings als ein Vor- oder Nachteil zu betrachten ist, hängt neben den persönlichen Vorlieben auch von der jeweiligen Situation ab. Wenn der Vortrag aufgezeichnet wird, sollte man ohnehin auf allzu ausufernde Gesten verzichten, damit man nicht unversehens zumindest teilweise die Kadrage der Kameras verlässt. Außerdem dürfte jeder, der kein absoluter Vortragsprofi ist, dankbar sein, wenn er schon einmal von vornherein eine seiner beiden Hände beschäftigt weiß.
Drahtlose Ansteckmikrofone
Wer jedoch während seines Vortrags gerne beide Hände frei hat oder haben muss, weil er sie beispielsweise für die Demonstration einer Software benötigt, wird statt eines Handmikrofons lieber auf ein Ansteckmikrofon (Lavalier) zurückgreifen. Diese beinhalten ein entsprechend kleines Mikrofon, das an der Kleidung befestigt und an einen batteriebetriebenen Sender angeschlossen wird.
Dieser Sender wird ebenfalls möglichst verdeckt an oder in der Kleidung untergebracht. Das bekommt nicht jeder Redner ohne Hilfe hin, also sollte das Anbringen des Mikrofons entsprechend mit einer gewissen Reserve bei Zeit und Personal eingeplant werden. Damit ist auch schon einer der wesentlichen Nachteile der Ansteckmikrofone angesprochen. Denn wenn ein solches Mikrofon einmal ausfällt, lässt es sich nicht ohne weiteres und vor allem nicht schnell austauschen. Zudem kann durch Fehler beim Anbringen das Mikrofon in Kontakt mit der Kleidung kommen, was sehr störende Nebengeräusche verursacht.
Zwar ist der Vortragende mit einem Ansteckmikrofon in seinen Bewegungen viel weniger eingeschränkt als mit einem Handmikrofon, was aber seine Sprechrichtung angeht, besteht deutlich weniger Flexibilität: Einerlei, ob das Mikrofon links, rechts oder in der Körpermitte angebracht ist – es wird sich in jedem Fall eine Richtung finden, in welcher der Redner vom Mikrofon weg spricht, wenn er seinen Kopf bewegt.
Bügelmikrofone
Diesen Nachteil haben die so genannten Bügelmikrofone nicht. Sie unterscheiden sich in der grundlegenden Technik nur wenig von den Ansteckmikrofonen, sind aber mechanisch anders ausgeführt. Hier befindet sich das Mikrofon an einem Bügel, der hinter dem Ohr befestigt wird. Auf diese Weise befindet es sich in einem definierten und auch unveränderlichen Abstand zum Mund. Sofern die Bügelmikrofone – wie meistens – hautfarben gehalten sind, wirken sie rein optisch nur wenig störend.
Allerdings werden eben alle, also eben auch unerwünschte Lautäußerungen des Redners wie Atmen, Schmatzen, Räuspern oder gar Husten, unerbittlich mitübertragen. Darüber hinaus ist mitunter der Tragekomfort gerade bei langen Vorträgen nicht so gut wie bei Ansteckmikrofonen. Das gilt besonders dann, wenn der Redner eine Brille trägt.
Checkliste Mikrofone für Vortragssituationen
Wann ist ein Mikrofoneinsatz empfohlen?
Unbedingt ab 150 Zuhörern
Bei sehr niedrigen oder sehr hohen Räumen auch bei kleineren Gruppen
Zur Erhöhung der Sprachverständlichkeit, z. B. bei Rednern mit leiser Stimme
Um eine Ermüdung der Stimme bei längeren Vorträgen zu vermeiden
Zur Aufzeichnung bzw. Übertragung des Vortrags
Einsatz von fest installierten Pultmikrofonen:
Bei eher formalen Situationen, wo Bewegungsfreiheit nicht gewünscht ist, z. B. Plenarsitzungen oder Hauptversammlungen
Bei Vorlesungen in Lehrveranstaltungen
Einsatz von Handmikrofonen (mobil):
Bei flexiblen Interviewsituationen – es kann rasch von einer Person zur anderen geschwenkt oder weitergereicht werden
Als Reservemikrofon bei Ausfall der vorgesehenen Mikrofontechnik
Einsatz von Ansteckmikrofonen (Lavalier):
Wenn die Hände frei sein sollen (z. B. zwecks Demonstration)
Wenn hoher Tragekomfort gewünscht ist
Wenn der Redner möglichst „technikfrei“ agieren möchte, lässt sich das kleine Lavalier unauffällig an der Kleidung anbringen; auch der batteriebetriebene Sender lässt sich weitgehend verdeckt an oder in der Kleidung unterbringen
Einsatz von Kopfbüglemikrofonen
Wenn die Hände frei sein sollen (z. B. zwecks Demonstration)
Wenn störenden Geräusche durch Kontakt mit der Kleidung vermieden werden sollen
Zur Gewährleistung der Sprachübertragung bei „agilen“, sich stark bewegenden Rednern: Das Mikrofon folgt der Kopfbewegung und hat immer einen definierten und unveränderlichen Abstand zum Mund
Fazit
Als Vortragender hat man häufig gar nicht die Wahl, sich bei einer Veranstaltung für dieses oder jenes Mikrofon zu entscheiden. Dann kommt es nicht nur darauf an, welche persönlichen Präferenzen der Veranstalter oder dessen technischer Dienstleister hat. Oft ergibt sich die Wahl des passenden Mikrofontyps in erster Linie durch die konkrete Einsatzsituation. Alle vorgestellten Mikrofonarten haben wie dargelegt ihre Stärken und Schwächen in unterschiedlichen Bereichen.
Grundsätzlich gilt ja, dass gerade bei öffentlichen Veranstaltungen Barrierefreiheit zu gewährleisten ist, siehe Behindertengleichstellungsgesetz. Das betrifft natürlich auch die Hör-Barrierefreiheit für Schwerhörige.
Hör-Barrierefreiheit kann aber nur über eine (induktive) Höranlage gewährleistet werden, die den Ton direkt beim Sprecher abnimmt und drahtlos in die Hörsysteme bzw. Ohren der schwerhörigen Gäste überträgt. Und dies geht nun einmal nur mithilfe eines Mikrofons. Übrigens: eine Beschallungsanlage ist für Schwerhörige untauglich, denn sie unterliegt der Raumakustik mit Hall und Störgeräuschen, die von Schwerhörigen aufgrund des eingeschränkten bis nicht mehr vorhandenem räumlichen Hörvermögens nicht ausgeblendet werden können (siehe Cocktailpartyeffekt) und somit den STI signifikant verschlechtert.
Statistisch haben etwa 20% der Bevölkerung Höreinschränkungen, besonders aber ältere Menschen. Ältere Menschen sind aber überproportional in Vortragsveranstaltungen anzutreffen.
Das bedeutet, dass grundsätzlich immer bei öffentlichen Veranstaltungen mit Mikrofonen (bevorzugt Kopfbügelmikrofon) gearbeitet werden muss. Es kann also keine Untergrenze von 150 Gästen geben. Auch die Befindlichkeit eines Redners bzw. einer Rednerin muss gegenüber der Hör-Barrierefreiheit zurückstehen. Letztendlich ist es ja auch das Interesse der Vortragenden, dass ihr Beitrag von allen Gästen verstanden wird.
Grundsätzlich gilt ja, dass gerade bei öffentlichen Veranstaltungen Barrierefreiheit zu gewährleisten ist, siehe Behindertengleichstellungsgesetz. Das betrifft natürlich auch die Hör-Barrierefreiheit für Schwerhörige.
Hör-Barrierefreiheit kann aber nur über eine (induktive) Höranlage gewährleistet werden, die den Ton direkt beim Sprecher abnimmt und drahtlos in die Hörsysteme bzw. Ohren der schwerhörigen Gäste überträgt. Und dies geht nun einmal nur mithilfe eines Mikrofons. Übrigens: eine Beschallungsanlage ist für Schwerhörige untauglich, denn sie unterliegt der Raumakustik mit Hall und Störgeräuschen, die von Schwerhörigen aufgrund des eingeschränkten bis nicht mehr vorhandenem räumlichen Hörvermögens nicht ausgeblendet werden können (siehe Cocktailpartyeffekt) und somit den STI signifikant verschlechtert.
Statistisch haben etwa 20% der Bevölkerung Höreinschränkungen, besonders aber ältere Menschen. Ältere Menschen sind aber überproportional in Vortragsveranstaltungen anzutreffen.
Das bedeutet, dass grundsätzlich immer bei öffentlichen Veranstaltungen mit Mikrofonen (bevorzugt Kopfbügelmikrofon) gearbeitet werden muss. Es kann also keine Untergrenze von 150 Gästen geben. Auch die Befindlichkeit eines Redners bzw. einer Rednerin muss gegenüber der Hör-Barrierefreiheit zurückstehen. Letztendlich ist es ja auch das Interesse der Vortragenden, dass ihr Beitrag von allen Gästen verstanden wird.