Bei Projektionen wird zunächst an den Projektor gedacht. Er gibt das Bild aus und bestimmt wesentlich die Bildqualität: Helligkeit, Farbdarstellung, Auflösung, Schärfe und Kontrast. Doch gerade Letzteres wird über Umgebungsparameter am Ort der Projektion stark beeinträchtigt.
Wie hell ist es im Raum? Wieviel Streulicht erfasst die Bildfläche? Worauf wird projiziert? Wird überhaupt eine Leinwand verwendet, und ist diese wirklich geeignet? Im einfachsten Fall werden Business-Charts sprichwörtlich „an die Wand geworfen“. Doch das ist weit entfernt von einer professionell geplanten Projektion, bei der Projektor und Leinwand ein Gesamtsystem im Raum bilden.
„Um ein optimales Ergebnis bei einer Projektion zu erzielen, kommt es neben der Auflösung auf eine Vielzahl von Kriterien an. Je nach Umgebungshelligkeit oder Raumbeschaffenheit, muss bei der Wahl des richtigen Projektors zusätzlich zur Auflösung auch der Projektionsabstand, die Lichtleistung oder der Kontrast berücksichtigt werden“, erläutert Jan Walter, Regional Sales Manager DACH bei Christie, einem führenden Projektorenhersteller.
Soll also die Projektionsqualität ausgereizt werden, ist eine genaue Betrachtung von Technik und Rahmenbedingungen nötig. Nur eine exakte Planung kann zum gewünschten Ergebnis führen. Projektionen stehen oft im Wettbewerb zu Display-Alternativen. Die Entscheidung über das geeignete Bildmedium für eine definierte Aufgabenstellung muss stets individuell getroffen werden. Dabei kann die Wahl der Leinwand in diesem Medienvergleich den Ausschlag geben und das projizierte Bild eine überraschende und überzeugende sowie auch preislich attraktive Alternative werden. In einem gut verdunkelten Projektionsumfeld beispielsweise erfüllt eine mattweiße Standardleinwand ihren Zweck einwandfrei. Doch in einer hellen Projektionsumgebung wäre das nicht mehr gegeben; hier werden andere Ausführungen benötigt. Moderne Leinwandmaterialien bedeuten einen Quantensprung und können die Projektion in hellen Räumen ermöglichen.
In kleineren Konferenzräumen ist inzwischen sicherlich das großformatige Display der Normalfall. Doch ist der Raum etwas größer und die gewünschte Bildfläche liegt beispielsweise über dem Maß großformatiger 98″-Displays, wird eine Projektion als Lösung interessant. Aber auch bauliche Einschränkungen können den Einsatz von Displays erschweren, wenn diese z. B. nicht durch Türen, das Treppenhaus oder in den Aufzug passen.
Natürlich können auch Videosplitwände größere Bildfelder ermöglichen, jedoch mit mehr oder weniger schlanken Stegen im Bild. Dies kann je nach Anforderung und Anwendung unerwünscht sein. Die benötigte Bildgröße im Raum ergibt sich aus der Anordnung und Entfernung der Betrachter vor dem Bild. Auch die inhaltliche Darstellung hat einen Einfluss auf die Bildgröße. So begrenzen filigrane Business-Diagramme mit vielen Detailinformationen den maximal möglichen Betrachtungsabstand eher als plakative Visualisierungen.
Georg Übele ist im Projektvertrieb für Großbildlösungen beim Medientechnik-Distributor Comm-Tec (heute Exertis Pro AV) und berechnet Betrachtungsabstände und Bildgrößen für typische Konferenzräume wie folgt: „Der hinterste Betrachter sollte das Bildfeld aus der maximalen Distanz der doppelten Bilddiagonale betrachten, damit er alle Inhalte einwandfrei erkennen kann.“ Hierbei geht die Berechnung mittels „Faustformel“ von einem Bildseitenverhältnis von 16:9 oder 16:10 aus. Daraus resultiert in einem Raum mit maximalem Betrachtungsabstand von beispielsweise zehn Metern eine Bilddiagonale von fünf Metern, also etwa 200″. Die Leuchtstärke von aktuellen Projektoren ermöglicht problemlos derartige Bildgrößen in einwandfreier Helligkeit und hoher Auflösung.
Avixa Standard V202.01:2016: Bildgröße von Displays/Monitoren für 2D-Inhalte in audiovisuellen Systemen
Holger Wiesenberg, CTS Ausbilder beim AV-Branchenverband AVIXA, Tonmeister und Dozent für barrierefreies Bauen, Akustik und AV, erläutert für PROFESSIONAL SYSTEM den AVIXA Standard DISCAS:
„Gerade im professionellen AV-Bereich finde ich es wichtig, standardisiert vorzugehen, vor allem wenn es schon internationale wissenschaftliche Standards für den AV-Bereich gibt, die nicht nur aus der AV-Technik kommen, sondern zusammen mit Augenärzten und anderen Spezialisten entwickelt wurden, um nicht nur Technik und gängige Praxis, sondern auch den Menschen und das menschliche Sehvermögen zu berücksichtigen.
Diese Standards bilden eine fundierte wissenschaftliche Grundlage zum Planen und Entwerfen von Videosystemen, Bestimmen von Betrachtungswinkeln und zum Ermitteln von Bildschirm- und Leinwandgrößen im Verhältnis zu den Raumanforderungen für den jeweiligen Einsatzzweck. Es ist dabei ein Unterschied, ob man „nur“ eine Powerpoint-Präsentation sehen oder auf Pixelebene (medizinische) Daten analysieren möchte.
Etwas, dass auch relativ häufig unterschätzt wird, ist das Erstellen von Inhalten/Content. Dafür bietet der DISCAS-Standard Messgrößen, um passend zu Raum- und Bildgröße sinnvolle Elementgrößen zu planen oder zu empfehlen.
Der AVIXA DISCAS-Standard bietet für die verschiedenen Einsatzzwecke die beiden Betrachtungskategorien ADM (analytical desicion making) analytische Entscheidungsfindung und BDM (basic decision making) grundlegende Entscheidungsfindung.“
4.2. Beschreibungen der Betrachtungskategorie
4.2.1. Grundlegende Entscheidungsfindung (BDM)
(Bild: Avixa Arbeitsgruppe)
Der Betrachter kann auf Basis des angezeigten Bildes grundlegende Entscheidungen treffen. Die Entscheidungen hängen nicht von kritischen Details innerhalb des Bildes ab, aber der Betrachter kann Informationen aufnehmen und behalten. Der Betrachter setzt sich aktiv mit dem Inhalt auseinander (z. B. Informationsanzeigen, Präsentationen mit detaillierten Bildern, Schulungsräume, Konferenzräume, Mehrzweckräume, Produktillustrationen). Grafiken und Text sind so gut lesbar, dass der Betrachter Entscheidungen basierend auf den wahrgenommenen Inhalten treffen kann. Die Entscheidungen werden getroffen, weil der informative Inhalt selbst verstanden wird, und sie hängen nicht von der Auflösung jedes Details ab.
4.2.2. Analytische Entscheidungsfindung (ADM)
(Bild: Avixa Arbeitsgruppe)
Der Betrachter setzt sich umfassend mit jedem Detail des Inhalts auseinander und muss jedes Element des angezeigten Bildes verarbeiten können. In Umgebungen für die analytische Entscheidungsfindung können wichtige Bewertungen vorgenommen werden. Dazu gehören u. a. die Untersuchung medizinischer Bildgebung, bildende Künste, Konstruktions- oder Architekturzeichnungen, elektrische Schaltpläne, Untersuchung von Fotografien, forensische Beweise oder Fehleranalysen. Je nach den Anforderungen des Betrachters können die Systemdesignkriterien eine oder beide dieser Betrachtungskategorien umfassen.
(Auszug aus AVIXA Arbeitsgruppe: Bildgröße von Displays/Monitoren für 2D-Inhalte in audiovisuellen Systemen, 2016, S.11)
Alternativ können die verschiedenen Projektionsparameter mathematisch ermittelt werden. Hierzu bietet zum Beispiel der internationale Fachverband AVIXA, „Audiovisual Integrated Experience Association“, auf seiner Homepage verschiedene Online-Tools zur Berechnung an. Unter dem Stichwort „Display Image Size for 2D Content in Audiovisual Systems“ ermöglichen mehrere „DISCAS“- Kalkulatoren die Berechnung von Bildgröße, Bildseitenverhältnis, Betrachtungsabstand, Bildauflösung und Bildelementerkennbarkeit in Relation zueinander. Mit dem „Analytical Decision Making“-Kalkulator, kurz ADM, können schnell die maximale Betrachtungsdistanz, die minimale Bildhöhe und die maximal benötigte Bildauflösung gefunden werden. Das Tool „Basic Decision Making“, kurz BDM, integriert zusätzlich auch die inhaltlichen Darstellungsverhältnisse, die deutlichen Einfluss auf die Projektion haben. Hierzu wird die angenommene minimale Bildelementgröße in die mathematische Formel mit einbezogen.
Doch die Größendarstellung allein entscheidet nicht über die erzielbare Qualität der Projektion. Eine weitere wichtige Grundlage für die Projektion sind Raumhelligkeit und Beleuchtungssituation. Streulicht auf der Leinwand verringert den Kontrast des projizierten Bildes. Die Leuchtstärke des Projektors bestimmt die Helligkeit des Bildes aber nicht die Schwarzwerte, die eben vom Streulichtanteil abhängig sind.
Somit ist es sehr wichtig, vermeidbares Streulicht zu minimieren. Das betrifft den Tageslichteinfall und die Raumbeleuchtung. Auf die Raumbeleuchtung kann für die Projektionssituation mittels Lichtsteuerung Einfluss genommen werden unter Berücksichtigung eines angenehmen „Betrachtungsklimas“. Für die kontrastreiche Projektion ist der möglichst geringe Streulichtanteil auf der Leinwand entscheidend und nicht die Helligkeit im Raum selbst. Selbstverständlich muss bei Lichtquellen innerhalb des Raums die Ausbreitung des Lichtes berücksichtigt werden.
Die Helligkeitsverhältnisse im Raum und auf der Leinwand werden via Lichtmessung mit einem Lux-Meter ermittelt. Dazu werden inzwischen recht häufig Smartphones mit allgemein verfügbaren Apps verwendet. Sie arbeiten mit der eingebauten Messtechnik im Smartphone in hinreichender Qualität für eine Lichtmessung. Die gemessenen Werte bilden die Planungsgrundlage für eine Bildkontrastberechnung in Abhängigkeit des vorgesehenen Projektors. Aufgrund der Messungen und Berechnungen kann ein geeignetes Leinwandmaterial festgelegt werden.
„Als ich vor fünf Jahren im Vertrieb für Projektionsflächen bei Comm-Tec [Anm. d. Red.: heute Exertis Pro AV] anfing, war für mich die Leinwand ein weißes Tuch, das elektrisch aus der Decke fuhr. Das hatte nichts zu tun mit den aktuellen und modernen Leinwänden für UHD-Auflösungen und verschiedensten Optionen der Kontraststeigerung und Streulichtunterdrückung“, so Georg Übele von Comm-Tec (heute Exertis Pro AV) .
Auch für Marco Kraus von der Firma Kindermann hat die Projektionsfläche eine enorme Veränderung erfahren: „Mit dem robusten, klassischen, aber erkennbar gewebten Leinwandmaterial ist die moderne Projektion so nicht mehr optimal, es werden eher sehr glatte Kunststoffoberflächen benötigt.“ So wurden mit wachsender Auflösung die Anforderungen an möglichst plane Projektionsoberflächen stetig höher. Immer feinere Pixel sollen akkurat in der Bildebene dargestellt werden.
Bild: Comm-Tec
Bei hochaufgelösten Projektionen ist es entscheidend, dass die Projektionsoberfläche sehr eben ist und plan gespannt ist, vertikal wie horizontal.
Bild: Comm-Tec
Bei hochaufgelösten Projektionen ist es entscheidend, dass die Projektionsoberfläche sehr eben ist und plan gespannt ist, vertikal wie horizontal.
Bild: Comm-Tec
Bei hochaufgelösten Projektionen ist es entscheidend, dass die Projektionsoberfläche sehr eben ist und plan gespannt ist, vertikal wie horizontal.
Bereits geringe Unterschiede in der Tiefe sorgen nämlich für eine ungenügende Darstellungsqualität in der UHD-Projektion. Deshalb müssen Projektionsfolien nicht nur eine möglichst glatte Oberfläche aufweisen, sondern vertikal und horizontal gespannt sein. Die Qualität eines projizierten Bildes wird aber durch weitere Parameter wesentlich bestimmt.
„Mit der Wahl der richtigen Leinwand kann auf den Weiß- und Schwarzwert des projizierten Bildes Einfluss genommen werden. Das ist einfach umzusetzen und in der Regel günstig“, beschreibt Georg Übele weitere Vorzüge moderner Projektionsflächen für den Einsatz unter Streulichteinfluss. „Im Heimkino-Bereich waren kontraststeigernde Leinwände schon früh etabliert, im professionellen Umfeld hat man sich lange nicht so intensiv damit auseinandergesetzt.“
Die Planung des Leinwandmaterials orientiert sich an zwei zentralen Aufgabenstellungen: Wie optimiere ich Lichtausbeute und Kontrast im gewünschten Betrachtungswinkel? Wie unterdrücke ich das kontrastmindernde Streulicht? Unverändert lässt sich bei der Projektion im hinreichend verdunkelten Raum ein einwandfreies Standardergebnis mit einem mattweißen Tuch bei einem Gain von 1,0 erreichen. Unter Fremdlichteinfall lässt sich so allerdings kein akzeptables Ergebnis erzielen. Hier helfen nur moderne Leinwandtechnologien. Der Begriff „Ambient Light Rejection“, kurz ALR, beschreibt Leinwandmaterialien, die das Streulicht wirksam unterdrücken. Zu unterscheiden sind dabei zwei Ausführungen: das kontrastbasierte ALR und das optisch basierte ALR.
Das kontrastbasierte ALR wird mit dunkleren, also nicht weißen Oberflächen erreicht. Auftreffendes Streulicht wird von der grauen Oberfläche der Leinwand absorbiert. Je dunkler der Grauton der Leinwand, umso stärker die Streulichtunterdrückung bei gleichzeitig positivem Einfluss auf den Bildkontrast, in Abhängigkeit vom Leinwand-Leuchtdichtefaktor (Gain) und der Projektoren-Lichtstärke.
Ist die Fremdlichteinwirkung im Raum jedoch zu stark, kann ein optisches ALR die Lösung darstellen. Diese Projektionsflächen basieren nicht auf einem einschichtigen Aufbau, sondern auf mehrschichtigen Materialien, die Streulicht gezielt reduzieren und aus dem Betrachtungswinkel ablenken.
Den Aufbau der Leinwand Supernova des Herstellers DNP erklärt Georg Übele: „Hier führen insgesamt sieben Schichten zum perfekten Ergebnis. Unter Kratzschutz- und Oberflächenschicht sorgt eine Linsenstruktur in einem Raster für die Streulicht abweisende Eigenschaft. So wird beispielsweise der störende Einfluss von Deckenraumlicht eliminiert. Zwischen den ‚Linsen‘ befindet sich eine transparente Schicht vor der bildgebenden Reflexionsschicht, die das projizierte Bild darstellt. Darunter befindet sich auf der Trägerschicht der Leinwand noch zusätzlich eine Schwarzfilterschicht zur Kontraststeigerung. Die Supernova absorbiert das Umgebungslicht, optimiert den Schwarzwert und erhöht so den Kontrast um das bis zu Siebenfache.“
Bei der Firma WS Spalluto, spezialisiert auf Leinwände und Medientechnik, unterscheidet Unternehmensnachfolgerin Luisa Spalluto vier Klassen von Bildflächen: Standard, Kontrast, Hochkontrast und ALR. Mit dem Produkt „Ambient HC“ bietet das Unternehmen ein Hochkontrasttuch, das in Räumen mit Umgebungslicht eingesetzt werden kann. Der Ambient Light Rejection-Faktor ist mit 32 % angegeben.
Unter der Marke „LS Screens“ vertreibt WS Spalluto die optischen ALR-Leinwände des US-amerikanischen Herstellers Screen Innovations. „Black Diamond“ wird in verschiedenen Ausführungen mit schwarzer bzw. dunkelgrauer Farbe angeboten, mit unterschiedlichen Leuchtdichte- und ALR-Faktoren. So reduziert die „Black Diamond 0.8″ das Streulicht um 90 %.
Auch Luisa Spalluto empfiehlt eine genaue Raumbetrachtung unter Einbeziehung der Lage der Fenster, der Sonnenlichteinstrahlung und der Raumbeleuchtung. „Nicht jedes Material ist für jeden Raum ausgelegt.“ Sie verweist auf ein Online- Tool von Screen Innovations zur Ermittlung infrage kommender Produkte. Hier werden unter Angabe der gewünschten Bildgröße, der Projektorenlichtleistung und der gemessenen Helligkeit im Raum geeignete Materialien vorgeschlagen. Auch verweist sie auf sehr große Qualitäts- und Preisunterschiede im Markt, so dass eine sorgfältige Wahl nötig sei.
WS Spalluto vertreibt kontrastbasierte und optische ALR-Produkte des Herstellers Projecta, der Leinwände für den Pro-AV-Markt herstellt. „Parallax Stratos 1.0“ ist ein graues Vinyl-Material, das für große Bildfelder bis zu einer Höhe von 4,88 m zur Verfügung steht. Bei einem Gain von 1,0 weist das Material einen ALR-Faktor von 80 % auf und ermöglicht einen Betrachtungswinkel von 60°. Die optischen ALR-Materialien „Parallax Pure“ mit Leuchtdichtefaktoren von 0,8 und 2,3 weisen den ALR-Faktor von 96 % auf. Sie unterscheiden sich dabei aber deutlich in ihrem maximalen Betrachtungswinkel. „Parallax Pure 0.8″ kommt auf einen Betrachtungswinkel von 170°, „Parallax Pure 2.3“ mit sehr hohem Leuchtdichtefaktor ermöglicht einen Betrachtungswinkel von maximal 46°.
Der Leinwandhersteller AV-Stumpfl bietet in seinem Portfolio verschiedene „HIGH Contrast“-Folien zur Erhöhung des Schwarzwertes in unterschiedlicher Abstufung. Dabei finden sich leichte Grautöne, Anthrazittöne, Silberoberflächen und auch schwarze Projektionsflächen. Somit stehen verschiedene Streulichtabsorptionsstärken zur Auswahl. Im Angebot finden sich auch dunkle Rückprojektionsfolien. Sie dienen aber weniger der Kontraststeigerung und werden beispielsweise für bühnenbildnerische Effekte eingesetzt. Diese Projektionsflächen werden bei ausgeschalteter Projektion vom Publikum nicht als Bildwand wahrgenommen.
Unter der Bezeichnung „ALR-CLR“ bietet AV-Stumpfl ein Material mit „ceiling light rejecting“ für Projektionssituationen unter Einfluss von Deckenlicht. „Das Projektionsmaterial wurde gezielt entwickelt für den Einsatz in Besprechungs- und Schulungsräumen. Hier wird die Deckenbeleuchtung oftmals gebraucht, aber das Störlicht auf der Leinwand soll eliminiert werden“, so Christian Keller, Technische Leitung Screens bei AV-Stumpfl. Das Material im Anthrazit-Ton ermöglicht einen erhöhten Kontrast und ist „Multi-Display geeignet“. Aufgrund des vielschichtigen Aufbaus ist die Materialbreite limitiert auf 150 cm. Gleichzeitig ist das Material aufgrund seines mehrschichtigen Aufbaus rollbar, aber nicht faltbar.
Mit „ALR-HC-LT“ wird bei AV-Stumpfl in Kürze eine silbergraue „high contrast long throw“-Projektionsfläche mit „Nano-Beschichtung“ zur Verfügung stehen. Sie weist einen Leuchtdichtefaktor von 1,1 aus, für ein helleres Bildfeld bei gleichzeitig erhöhtem Kontrast. Als Einschichtenmaterial stellt sie eine kostengünstige Lösung dar, ist ebenfalls nur rollbar, aber auch für mobile Anwendungen vorgesehen. Der Betrachtungswinkel liegt bei 60° und der ALR-Wert über 70%.
Auch bei kleineren Bildfeldern, die grundsätzlich mit Displays konkurrieren, sieht Christian Keller mögliche Vorteile für eine Projektion. „Displays haben immer einen permanenteren Installationscharakter. In Seminarräumen kann man die Displays zwar auf rollbare Ständer montieren oder mit einer aufwendigen Hebevorrichtung in einem AV-Möbel verschwinden lassen, wenn es im Weg ist. Eine Projektionswand liefert hier einen anderen Ansatz, in dem die Motorleinwand schnell, sicher und fast geräuschlos im Deckeneinbaukasten verschwindet.“ Darüber hinaus verweist Christian Keller auf Untersuchungen, die zeigen, dass „man beim Blick auf Displays schneller ermüdet. Präsentationsmeetings sind oft eine Angelegenheit von mehreren Stunden – je nach Raumnutzung sollte hier abgewogen werden.“
Und auch in Bezug auf die Gesundheit zeigen sich mögliche Argumente, die für eine Projektion sprechen: „Die meisten Displays bedienen sich heute der LED-Technologie, sei es als aktive leuchtende Pixel oder als LCD-Hintergrundbeleuchtung. LED-Licht ist bekanntlich nicht vollspektral, die einzelnen „Spikes“ im Spektrum, vor allem die im blauen Bereich, sind Gegenstand der Forschung. Es verdichtet sich die Datenlage, dass es hier langfristig zu gesundheitlicher Beeinträchtigung kommt, z. B. mit vorzeitiger Netzhautdegeneration, Beeinträchtigung des Hormonstoffwechsels etc. Blickt man direkt auf die Lichtquelle, also das Display, hat das einen vielfach dramatischeren Einfluss als der Blick auf eine lichtreflektierende Fläche wie bei der Projektion.“
So entwickelt AV-Stumpfl aktuell neue Leinwandprodukte für den Einsatz unter Streulicht als Alternative für kleinere und mittlere Konferenzräume. Mit „ALR-UST-L“ (ultra short throw-lenticular) soll in Kürze ein Bildwandtyp mit integrierter, linearer Linsenoptik und einem ALR-Wert von über 90 % zur Verfügung stehen. Wegen des mehrschichtigen Aufbaus beträgt die maximale Bilddiagonale 120″ bei 16:9.
Ein weiteres Produkt mit der Bezeichnung „ALR-UST-F“ (ultra short throwfresnel) soll „demnächst verfügbar“ sein. Die Projektionsfläche „in mehrschichtigem Aufbau mit integrierter halbkreisförmiger Fresnel-Optik reflektiert auch seitliches Fremdlicht. Dieser Bildwandtyp ist die am weitesten entwickelte ALR-Technologie“ und ermöglicht Bildgrößen bis 100″ bei 16:9, so Christian Keller. Mit einem Gain von 1,0 bei einem ALR-Wert von über 85 % liegt der maximale Betrachtungswinkel bei 60°.
Neben den vielen Vorteilen der ALR-Leinwände sind jedoch auch einige Faktoren zu berücksichtigen, damit das gewünschte Ergebnis einwandfrei erstrahlt. Neben den begrenzten Bildgrößen, den oftmals engeren Blickwinkeln und dem höheren Preis ist bei vielen Produkten eine bestimmte Projektionsdistanz vorgegeben, die für den Installationspunkt des Projektors zu beachten ist.
Auch sind nicht alle Materialien für den Einsatz von Softedge-Projektionen geeignet. Zudem sind je nach Bildgröße und Leinwandmaterial Moiré-Effekte durch die Überlagerung ähnlicher Rasterstrukturen zu beobachten, erklärt Sylvain Gorgette, Product Manager Projektoren Lang AG: „Je nach Mikrostruktur der Leinwand und in Abhängigkeit des Pixelabstandes in der Projektion werden Moiré-Effekte sichtbar. Da ist es wichtig, dass die Projektionsauflösung weit genug weg ist von der Mikrostruktur der ALR-Leinwand.“
Gerade im Konferenz-, Schulungs- und Bildungsbereich sind Lösungen mit Bilddiagonalen von 100″ und etwas darüber ausreichend. Dabei werden „Ultra short throw“-Projektoren häufig präferiert. Bei Positionierung in Kurzdistanz und unter extremen Projektionswinkeln wird dabei eine Abschattung durch einen vor der Leinwand stehenden Lehrer oder Referenten verhindert. Dies verändert die Projektion auf die Projektionsfläche allerdings ganz erheblich.
Christian Keller erläutert: „Prinzipiell sind alle klassischen ‚einfachen‘ Projektionsfolien für den Einsatz mit UST-Projektoren geeignet. Die extreme Verzerrung in der Optik, um auf der Projektionsfläche wieder eine korrekte Bilddarstellung zu erhalten, stellt aber sehr hohe Anforderungen an die Ebenheit der Projektionsfläche. Idealerweise setzt man also UST-Projektoren nur mit Rahmenbildwänden, welche eine allseitige Verspannung der Projektionsfläche ermöglichen, ein.“ Soll dieses Projektionsverfahren jedoch unter Streulichteinfluss mit ALR-Projektionsflächen zum Einsatz kommen, müssen UST-spezifizierte Produkte verwendet werden. Die neuen AV-Stumpfl-Produkte ALR-UST-L und ALR-UST-F mit ALR-Werten von 90 % bzw. 85 % sind für diese Anwendungsgebiete vorgesehen.
Mit dem Projecta-Material „Parallaxe Pure UST 0.45“ ist das beispielsweise aktuell bereits möglich, wie Lusia Spalluto von WS Spalluto berichtet: „Für die UST-Projektion ist dieses Material mit einem großen Betrachtungswinkel von 140° bei einem Gain von 0,45 sehr gut möglich. Dabei liegt die Ambient Light Rejection bei 95 %.“
Was auf den ersten Blick verwundert und vor einigen Jahren undenkbar gewesen wäre, bietet angesichts der aktuell möglichen Lichtströme bei Projektoren interessante Ergebnisse: die Projektion auf schwarze Leinwände.
Sylvain Gorgette hat dieses bereits intensiv getestet: „Das ist ein spannendes Gebiet. Verstärkt kommen schwarze Leinwände auf den Markt, mit denen hohe Kontraste erreicht werden können. Wir haben Testreihen gefahren mit Projektoren, die 50.000 Lumen liefern. Gerade bei der Rückprojektion haben wir gute Resultate erreicht. Verglichen haben wir die projizierten Bilder mit identischen Motiven auf einer LED-Wand“.
Auch bei AV-Stumpfl schätzt man das Bildergebnis bei der Projektion auf schwarze Flächen, so Geschäftsführer Tobias Stumpfl: „So lassen sich tolle Bilder mit enormen Schwarzwerten erzielen. Das Ergebnis ist aber auch abhängig vom Content. Helle Inhalte sind problematischer, denken wir hier beispielsweise an die Darstellung eines Ski- Rennens. Letztendlich liegt der Vorteil im hohen Schwarzwert.“
„Die Schwelle liegt bei 98″ im Konferenzraum. Darunter gehört die Zukunft dem Display“, vermutet Georg Übele von Comm-Tec (heute Exertis Pro AV). „Bei größeren Bildern bleibt die Projektion präsent, und da kann man mit dem richtigen Leinwandmaterial enorm was rausholen.“ Das bestätigt Christian Keller von AV-Stumpfl: „Leinwände setzt man zukünftig in Konferenzräumen, in temporären Anwendungen, in Museen, für große Bildflächen sowie bei Veranstaltungen jeglicher Art ein. Durch die Einführung der besonders lichtstarken und wartungsarmen Laserprojektoren hat sich das Einsatzspektrum von Projektion und Leinwand noch deutlich vergrößert.“
Geschäftsführer Werner Spalluto sieht die Anwendungsbereiche zusätzlich auch bei Großbildlösungen bis 20 Meter Bildbreite in Schulzentren und Universitäten oder auch für „Shop-Lösungen mit Rückprojektionsscheiben, gebogenen Leinwänden mit Front- oder Rückprojektion“.
Sylvain Gorgette stellt fest, dass „Projektoren unterhalb von 10.000 Lumen eine immer kleinere Rolle spielen. Hier entscheidet der Preis zugunsten der Displays.“ Im Bereich „super high brightness“ jenseits der 30.000 Lumen sieht er „nach wie vor gute Wachstumsraten“. Übereinstimmend wird die Auffassung vertreten, dass im Großbildbereich die Projektion Vorteile bietet, z. B. bei Veranstaltungen mit extrem kurzen Rüstzeiten für die Projektion im Vergleich zum Auf- und Abbau von Videowänden. Sylvain Gorgette sieht dieses Einsatzfeld als „gutes Beispiel für neue Anwendungen in hoher Lichtklasse“. Passend dazu verzeichnet der Leinwandhersteller AV-Stumpfl zunehmend Anfragen nach Sonderanfertigungen.