Vom 8. bis zum 12. März fand die digitale Commerce Week 2021 hosted by INTERNET WORLD, statt. Einer von vierzehn Themensträngen befasste sich mit dem POS als „Touchpoint zwischen Unternehmen und Kunden“.
Der Point of Sale mit seiner digitalen Entwicklung ist für PROFESSIONAL SYSTEM ein wichtiger Themenschwerpunkt. Die Redaktion beteiligte sich bei ausgewählten Themen an dem digital veranstalteten Online-Event, inhaltlich und moderativ. An Tag 2 der einwöchigen Commerce Week ging es u. a. um Modelle, die den POS digitalisieren und „die On- und Offline-Welt zu einer seamless Experience verknüpfen“.
Zukünftige Bedeutung des Smartphones im stationären Handel
Startpunkt der sieben Masterclasses, bestehend aus Partner-Vorträgen mit ergänzenden Frage-/Antwortrunden, waren die Omnikanal-fähigen Payment-Lösungen der S-Payment GmbH von der Sparkassen-Finanzgruppe aus Stuttgart. Tanja Moll, Leiterin Vertrieb, berichtete von den stark gewachsenen kontaktlosen Transaktionen im stationären Einzelhandel und der zunehmenden Bedeutung mobiler Bezahltechniken wie z. B. „Apple Pay“. Das Handy wird dabei mehr und mehr zum digitalen Geldbeutel. Gleichzeitig werden dem Einzelhandel Mehrwerte wie „Paylater“ und „S-Cashback“ angeboten, ohne dass Investitionen oder Infrastrukturanpassungen im Einzelhandel vorgenommen werden müssen. Für Bargeld-lastige Branchen soll „S-POS“ Handys mit NFC-Schnittstelle zum Bezahl-Terminal machen, sofern sie Zugang zum Internet haben.
In der Masterclass der Firma Newstore stellte Rudolf Geiger eine Omnichannel-Lösung zur Verknüpfung von stationärem Retail und Online Business vor, ohne Einsatz einer herkömmlichen Kasse und auf Basis einer mobilen POS-Lösung via Smartphone. Sein Ansatz: „Kunden fordern immer mehr online auch instore. Der POS ist dort, wo der Kunde ist. Gleichzeitig entwickelt sich der Point of Sale immer stärker hin zum Point of Service.“
Damit der Verkäufer „auf der Fläche“ Zugriff auf alle Order- und Artikel-Informationen hat, sei ein durchgängiges und einheitliches Order Management System (OMS) notwendig. Mit derartigen Cloud-basierten Systemen könnten die Verkäufer auf der Fläche alle Aufgaben kundenfreundlich und effizient per Smartphone erledigen, vom Kassieren über Warenannahme und Inventur, bis hin zur Steuerung einer „Geldschublade“ unter Berücksichtigung aller fiskalischen Vorgaben. „Das macht Filialmitarbeiter produktiver und die Filialen rentabler“, so die Auffassung von Rudolf Geiger in seinem Vortrag.
Zwei Referenten der Sunzinet AG zeigten in ihrer Masterclass zum Thema „Symbiose von Einzelhandel & Onlineshop und ihre Vorteile“ ein erfolgreiches Praxisbeispiel unter Verwendung von „Shopware“, einer etablierten eCommerce-Lösung, die eingangs von Jana Sokolowsky von der Shopware AG vorgestellt wurde. Anhand des Beispiels wurde gezeigt, wie der stationäre Einzelhandel an den höheren Steigerungsraten des Online-Handels partizipieren könne.
Auf der Erkenntnis, dass die Nachteile des Online-Handels die Vorteile des stationären Handels bedeuten, sollen stationäre Anbieter die Vorteile des Online-Handels nutzen und gleichzeitig Nachteile des stationären Handels ausgleichen, um ertragsreiche Synergien zu schaffen. Beispielhaft wurde aufgezeigt, dass ein Online-Chat mit Mitarbeitern vor Ort helfen könne, Retourenquoten zu reduzieren oder Click & Collect vorteilhafte Strukturen hin zum idealen Kundenerlebnis darstellen würden. Laut Fazit von Referent Kevin Schwarz „multiplizieren sich die Chancen für den stationären Einzelhandel“ mit Hilfe von Ominichannel und Unified Commerce unter Nutzung eines einheitlichen Daten-HUBs. Seiner Auffassung nach geht es „nicht um das ob, sondern um das wie“.
Terminals und digitale Verkaufsförderung für den stationären Handel
Die POS-Unit vom Unternehmen Michael Telecom AG demonstrierte das Produkt „VR eKiosk“, das sich aktuell in der Pilotphase befindet. Andreas Schulz beschrieb das Terminal für den „Self checkout-Bereich“ als „virtuelles Produktregal“, das für den stationären Einzelhandel vorgesehen wäre. VR eKiosk solle fernab von Bankenprodukten z. B. den Erwerb von SIM-Karten und Gutscheinen ermöglichen oder auch Dienstleistungen, meist regionaler Einzelhändler, anbieten. Die Terminals sind für den 24/7-Einsatz gedacht und mit Dokumenten-Scan sowie Visa-/EC-Karten-Bezahlung ausgestattet.
Auch das partnerschaftlich verbundene Unternehmen AF Electronics bietet verschiedene Lösungen für den stationären Einzelhandel, wie Andreas Fleige in seinem Vortrag ausführte. Seine App product.me macht Smartphones zu interaktiven digitalen Preisetiketten (ESL), die neben Preis und Produktinformationen beispielsweise die Einbindung von Finanzierungsmöglichkeiten oder auch Handy-Versicherungen ermöglichen. Sehr aktuell kann count.me von AF Electronics den Kundenverkehr in Filialen mittels Kameras und Sensoren erfassen, zählen und ausgeben. Neben der Besucherzählung kann so beispielsweise auch eine Kundenlenkung mit regelnden Ampelsystemen für den stationären Einzelhandel gehandhabt werden.
In der Masterclass „Augmented Reality for Retail“ berichtete Arne Schönleben von Innovation.Rocks über die Hemmnisse von VR- und AR-Anwendungen im Retail, trotz großer verkaufsfördernder Potentiale insbesondere bei großen oder höherwertigen Produkten. So könnten AR-Applikationen „neue Kundenerlebnisse schaffen“ oder „das Wissens-GAP zwischen Verkäufer und Käufer schließen“. AR-Apps können vom Kunden ausgewählte Konfigurationen zeigen, eine visuelle Kontrolle nach Produktlieferung ermöglichen, Hilfestellung bei Wartung und Pflege oder gar der Identifikation von Verschleißteilen aufzeigen. Im Resümee stellte Arne Schönleben fest, dass die aktuelle AR-Akzeptanz bei den Unternehmen geringer ausgeprägt sei als das Interesse bei den Endverbrauchern. Er wünschte sich zum Ende seines Vortrages mehr Mut, um neue Dinge auszuprobieren. Seinen Vortrag beendete er mit der Einschätzung, „dass sich das Einkaufsverhalten der Kunden radikal verändern wird“.
„Wo liegt jetzt die Chance für den stationären Handel?“
Diese Frage stellte Alexander Erlacher von Perfect Media Solutions zu Beginn seiner Masterclass und riet dazu, für die Kunden des stationären Einzelhandels eine „durchgängige Customer Journey zu kreieren“. Aus seiner Sicht sind Kunden auf der Suche nach „intelligenten Kauferlebnissen“ und nachhaltigen Produkten. Ladengeschäfte sollten „das beste aus zwei Welten bieten: real erlebbare Produkte, haptische Überzeugung, direkte Verfügbarkeit, hochwertige Beratung sowie eine digitale Erlebniswelt“. Unter dem Stichwort Omnichannel Retailing sollen Webshops mit dem Smartphone und dem Ladengeschäft verknüpft werden. Die Kommunikation solle online und im Store sollte nahtlos sein. Dazu forderte Alexander Erlacher den „roten Faden von online bis in den stationären Handel“. Digitale Medien im Store sollten ein durchgängiges Design on- und offline widerspiegeln, Terminals müssten einen klaren Kundennutzen aufweisen. Der Kunde müsse z. B. im Ladenlokal die passenden Produkte schnell finden. Digitale Wegeleitsysteme seien dabei ein wichtiger Faktor, sei es mit Hilfe von Displays oder Apps und QR-Code. Das Ziel benannte Alexander Erlacher ganz klar: „Der Kunde will etwas erleben, und das muss er im Laden auch bekommen.“
Am Round-Table im Editor Pick zum Thema „Customer Journey im stationären Handel – Kunden begeistern“ diskutierten Marc Doderer von Qommunicate! und Stefan Knoke von umdasch The Store Makers Management über Entwicklung und Digitalisierung im stationären Einzelhandel und stimmten überein, dass sich die Kundenerwartung aktuell verändern würde. Erlebniseinkauf und digitale Services „auf der Fläche“ würden schnell an Bedeutung gewinnen. Deshalb sei die Evolution im stationären Handel mit neuen Konzepten aktuell sehr wichtig, nachdem die Kunden in der Pandemie gelernt hätten, via Online-Handel zu konsumieren. Der Kunde wolle im Store digital alle Produktvarianten erleben können, um sich zu entscheiden. Auch würde er im Laden den erfolgreichen Kaufabschluss erwarten.
Für Marc Doderer sind zukünftig ganzheitliche Konzepte mit klaren Zielen nötig: „Die Digitalisierung von Stores sind keine IT-Projekte, sondern strategische Projekte“. Geschäftsmodelle und Betriebskonzepte müssten weiterentwickelt werden, um Attraktivität und Kundenzufriedenheit zu erhöhen, was letztendlich der Umsatzsteigerung dienen solle. Stefan Knoke riet dazu, Berater und Planer möglichst früh einzubeziehen, um digitale Themen in die Stores zu bringen. Eine digitale Integration sei nicht in wenigen Wochen zu stemmen im Zusammenspiel mit Produkt, Architektur und Store-Design. Ergänzend forderte Marc Doderer mehr Modularität, um Funktionalitäten in Bestandssystemen schneller ausrollen zu können.
Die Abschlussfrage, was den stationären Einzelhandle nach dem Lockdown wohl erwarten würde, beantworteten beide Diskussionspartner übereinstimmend: Der Hunger nach Erlebnis und Kontakt wird für volle Städte sorgen, mit großen Möglichkeiten für den Einzelhandel. Die Kunden werden dabei ihre digitalen Erfahrungen und neue Erwartungen mitbringen.
Die COMMERCE WEEK hosted by INTERNET WORLD hatte am 12. März 2021 ihre virtuellen Tore geschlossen und verzeichnete ein beeindruckendes Abschlussergebnis: Über 150 Speaker*innen, 90 Sessions und mehr als 60 Stunden Live-Stream.
Eine Woche lang diskutierten die über 8.100 registrierten Nutzer*innen, darunter E-Commerce-Expert*innen, Vertreter*innen der (digitalen) Kommunikationsbranche, Online-Service-Dienstleiser und Unternehmen Lösungen und Themen entlang der Wertschöpfungskette des Handels – von der IT-Infrastruktur über die Produktentwicklung bis hin zur Plattform-Ökonomie rund um Social Media und Amazon. Auch PROFESSIONAL SYSTEM war mit den Themen „New Work“ und „Digitalisierung am PoS“ vertreten.
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Kein Problem: Ab sofort stehen die Sessions der COMMERCE WEEK für 4 Wochen on demand kostenlos für eingeloggte Nutzer*innen zur Verfügung. Teilen Sie gerne Ihre Lieblingssessions auch mit Kollegen und Business-Kontakten.