Zusammenarbeit 4.0

Dank Microsoft Surface Hub: AV und IT rücken weiter zueinander

Für eine erfolgsbringende Zusammenarbeit mit digitalen Medien benötigen Menschen in Unternehmen und Organisationen mehr als medientechnische Insellösungen. Ein durchgreifender Wandel zur integrativen Lösung – ausgelöst von Microsoft Surface Hub – ist schon in Sicht. Unser Autor Helmut Burmeier hat Distributoren und Systemintegratoren zu ersten Erfahrungen zu diesem Trend befragt.

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(Bild: Microsoft)

Rasant fortschreitende Digitalisierung bestimmt unser Leben. Im Geschäftsleben sind inzwischen nahezu alle Prozesse davon erfasst. Jetzt gerät die Zusammenarbeit der Menschen in Organisationen verstärkt in den Fokus dieser Entwicklung. „Arbeit 4.0“ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) oder „Zusammenarbeit 4.0“ (kreiert von Hanse – Vision GmbH, einem Unternehmen der Bechtle Gruppe) – beide Begriffe stehen für die digitale Revolution, welche die Arbeitswelt bereits voll erfasst hat. Gelungene Zusammenarbeit steigert die Kreativität und Zufriedenheit aller Beteiligten und führt letztendlich zum gemein – samen Erfolg. Zusammenarbeit ist immer verbunden mit dem Austausch von Ideen und Informationen. Deren zentrale Verwaltung wird in der digitalen Welt durch die IT gesteuert.

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Professionelle Medientechnik und digitale Zusammenarbeit In der Anfangsphase der digitalen Zusammenarbeit, quasi deren Version 2.0, wurden Lösungen vornehmlich durch Hardware dominiert. Die professionellen AV-Integratoren lieferten Videokonferenz-Systeme oder interaktive Lösungen wie elektronische Whiteboards oder großformatige Monitore. Natürlich gehört dazu auch Software. Diese wird vom jeweiligen Hersteller mitgeliefert. Das Ganze kommt in der Regel aber nicht über Insellösungen hinaus. Die Einbindung in vorhandene IT-Netzwerke scheitert oft an Sicherheitsbedenken der Fachleute auf der Anwenderseite und die Nutzung vorhandener Datenstrukturen erweist sich als aufwendig. In Einzelfällen wird sogar die Installation der Software auf firmeninternen PCs durch die hausinterne IT-Abteilung verhindert.

Und dann kommt Microsoft…

Windows Betriebssystem und Office-Anwendungen sind aus den meisten Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Für die meisten IT-Abteilungen stellt Microsoft dabei das Maß der Dinge dar. Basis Collaboration Produkte wie Skype for Business (früher Lync), OneDrive (Cloud-Speicher) oder OneNote sind Bestandteil der neuesten Office-Versionen.

Da liegt es nahe, die vergleichsweise einfach zu handhabende Hardware gleich mit zu integrieren und so die optimale Lösung für das „Huddle Space“ (früher war das die Besprechungsecke) anzubieten. Man nehme großformatige Bildschirme in 55″ beziehungsweise 80″, integriere einen leistungsfähigen Rechner mit zugehöriger Software (Windows 10 und Office) und fertig ist das Surface Hub aus dem Hause Microsoft. Als Produkt einfach in Client- Infrastrukturen einzubinden und über Apps leicht in vorhandene Softwarelösungen zu integrieren. Preiserhöhung und Auslieferungsverzögerungen haben dem Surface Hub so gut wie nichts anhaben können.

Die Nachfrage am Markt scheint ungebrochen. „Ein Produkt, welches die Medientechnik grundlegend verändern wird“, prognostizierte Tobias Enders, Geschäftsführer der GMS Global Media Services GmbH, bereits unmittelbar nach der Vorstellung des Surface Hub im letzten Jahr. Diese Aussage wird unterstrichen durch Kooperationsvereinbarungen mit Microsoft, welche große Player der Medientechnik wie Crestron oder AMX schon zur Produktvorstellung ankündigten. Bastian Braun, Business Unit Manager – Microsoft Surface Hub bei DataVision, geht mit seiner Einschätzung noch einen Schritt weiter: „Die Welt des Meetingraums ist im Wandel – schneller, als sich das manch einer bisher gedacht hat. Das Surface Hub wird den Meetingraum revolutionieren.“

Spürbare Auswirkungen auf die klassische Medientechnik erwartet auch Ralf Sander, Head of Marketing der Comm-Tec GmbH: „Das Surface Hub offenbart den IT/AV-Konvergenzgedanken in seiner bislang deutlichsten Form. Er stellt klassische Medientechnik bereit und wird vornehmlich über den IT-Kanal ver – trieben. In der Konsequenz nimmt also der Wettbewerb für AV-Systemintegratoren immens zu. Darauf hat sich der AV-Kanal einzustellen und Mehrwerte zu schaffen. Der überzeugende Mehrwert der All-in-One-Kollaborationslösung lässt erwarten, dass sich der Markt dafür weiterentwickeln und zu einer festen Größe in der Medientechnik wird.

Die Idee, wesentliche Konferenzraumanwendungen in einem Gerät zu vereinen und darüber Möglichkeiten für professionelles Arbeiten in Huddle Spaces oder Huddle Rooms zu schaffen, stellt für mich den besonderen Charme des Surface Hub dar. Unsere Arbeitswelt wird sich darüber verändern, ähnlich wie es das Homeoffice bereits tut. Über Hubs werden Arbeitsplätze dort entstehen, wo Menschen sich treffen.“ Mit deutlichen Worten bringt Christian List, Business Unit Manager Maverick bei Tech Data, seine Einschätzung auf den Punkt: „Das Microsoft Surface Hub ist ein Anstoß, der auf lange Sicht zu einer Verschmelzung des IT- und AV-Handels führen wird.“

Vertriebswege

Für die Vermarktung des Surface Hub setzt Microsoft auf bekannte IT-Kanäle. Über IT-Distributoren sind die Produkte zu beziehen. Eine besondere Rolle nehmen DataVision (Düsseldorf), GMS (Schwalbach) und Minhoff (Berlin) ein. Diese Unternehmen aus dem professionellen AV-Umfeld sind von Microsoft als Vertriebspartner für das Surface Hub autorisiert. Dazu Jochen Roggenkämper, Geschäftsführer Data- Vision GmbH: „Als erstes Unternehmen aus der Medientechnik haben wir die Vertriebsvereinbarung mit Microsoft bereits unmittelbar nach der ISE 2015 abgeschlossen.“

Die Komplexität der IT-Einbindung ist für Tobias Enders der maßgebliche Faktor für die Vertriebswegeentscheidungen: „Das Surface Hub schließt die Lücke zwischen Medientechnik und IT. Die reine Installation ist weniger komplex und das Gerät weitgehend standardisiert. Die eigentliche Aufgabe liegt dann im Bereich der IT, z. B. der Einbindung in bestehende IT Infrastruktur. Dadurch unterscheidet sich auch der Vertriebsweg des Surface Hub vom klassischen AV-Handel. Microsoft hat sich Partner gesucht, die eine hohe IT-Kompetenz gemischt mit Know-how im Bereich Medientechnik haben.“

Auf eine besondere Problematik in Verbindung mit der großformatigen Version des Hub weist List noch hin: „Ein 84″ Hub passt meistens nicht in normale Aufzüge. Ein solches Produkt erfordert eine ausgefeilte Lieferlogistik, die wir als TD Maverick natürlich auch anbieten.“

Revolution im Konferenzraum

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Bastian Braun (Bild: Comm-Tec)

Produktkonzept und Vertriebswege des Surface Hub bringen möglicherweise deutliche Veränderungen in die Medientechnik. Tobias Enders geht mit seiner Bewertung besonders weit: „Der Microsoft Surface Hub zielt voll auf den Trend des Zusammenwachsens von Medientechnik und IT ein. Dieser Trend ist bereits seit einigen Jahren im Gange, allerdings ist mit dem Surface Hub eine ganz neue Geräte-Kategorie entstanden. Das Surface Hub ist das erste Konferenzraum-Gerät, welches sich IT Enterprise fähig betreiben lässt. Es stellt somit eine echte Revolution im Konferenzraum dar.“

 

„Mit fortschreitender Änderung der Meeting- Kultur werden die Nutzer verstärkt vor dem System agieren – vom Konsum zur Interaktion“, beschreibt Bastian Braun die Entwicklung und fügt einen weiteren Aspekt hinzu: „Das Surface Hub fasst unterschiedlichste Funktionalitäten aus dem Konferenzraum zusammen. Dieser wird dadurch letztendlich aufgewertet.“ Veränderungen erwartet Braun ebenso auf Seiten der Anwender in der innerbetrieblichen Verantwortung für die Konferenzraumtechnik: „Das Facility Management wird die Verantwortung für die gesamte Technik an die IT abgeben.“

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Ralf Sander (Bild: Comm-Tec)

Geschäfte mit anderen interaktiven Produkten, wie Whiteboards oder Monitoren, werden durch den Markteintritt des Surface Hub möglicherweise beeinflusst. Hierzu nochmals Braun: „Das Surface Hub wird Whiteboards massiv unter Druck setzen. Interaktive Monitore hingegen erhalten durch das Surface Hub möglicherweise einen positiven Schub, wenn es deren Herstellern gelingt, die jeweiligen Produkte als kostengünstige Alternative zum Hub zu positionieren. Die alternativen Produkte sind meist für sich betrachtet ‚praktisch‘, lassen sich aber häufig nicht in eine Enterprise IT integrieren, da die Hersteller versuchen, sich über den Verkauf von Softwarelizenzen oder eigene Cloudportale zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen – häufig zu Lasten der Integration in die moderne IT-Struktur des Kunden.

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Tobias Enders (Bild: Comm-Tec)

 

Der Anwender hingegen erwartet heute ein reibungsloses Zusammenspiel mit Microsoft Office.“ Auf ein besonderes Thema in Verbindung mit Fremdprodukten verweist Sander: „Wenn die Aufgabenstellung beim Anwender die Einbindung zusätzlicher ProAV-Quellen, den Zugriff auf Daten in Unternehmens-Laufwerken oder die Nutzung von Anwendungssoftware anderer Hersteller fordert, bieten alternative Lösungen, wie beispielsweise von uns angeboten, höheren Komfort.“

 

Wer installiert den Surface Hub?

Zum Thema Installation ist Braun Verfechter einer klaren Arbeitsteilung: „Wir trennen zwischen Montage der Hardware und IT Installation/ Integration. DataVision übernimmt die Beratung bezüglich Medientechnik, die Logistik und die Montage. Die Implementation in die IT wird von einem Systemintegrator oder von der hausinternen IT-Abteilung durchgeführt. Über eine strategische Partnerschaft mit der Alegri IT Systems GmbH sind wir in der Lage, auch den gesamten Service aus einer Hand bieten zu können.“

Auch Sander hebt auf die notwendigen IT-Kenntnisse ab: „Das Surface Hub erfordert Know-how in der Integration von IT-Komponenten. Daher wird er vorwiegend über die IT-Distribution vertrieben. Und die wiederum adressiert den IT-Channel. Dieser ist üblicherweise auf IT-Netzwerktechnik, IT-Applikationen, IT-Infrastrukturen oder auf Kombinationen spezialisiert. Mit dem Surface Hub stößt eine neue Dimension hinzu: Die Medientechnik. Wir erwarten nicht, dass sich diese kurzfristig im IT-Channel etablieren wird. Langfristig jedoch werden immer mehr AV-Komponenten in IT-Lösungen integriert bzw. mit ihnen verschmelzen. Daher wird es für AV-Marktteilnehmer immer bedeutender, ihre medientechnische Sachkompetenz auszubauen und sich so gegenüber dem Wettbewerb besser zu positionieren.“ Systemintegratoren, welche die bestehenden Konferenzraumlösungen komplett mit der Microsoft Hub Technologie vereinen können, werden von List vornehmlich als Installationspartner für den Hub gesehen. Gleichzeitig erwartet er von den Installateuren aber auch „profundes Wissen im Bereich der verschiedenen Softwarestrukturen.“

Wird die Videokonferenz verdrängt?

Mit integrierten Funktionalitäten wie dem dualen Webcam-Konzept und der speziellen Mikrofontechnologie erscheint das Surface Hub fast wie ein direkter Wettbewerber zu klassischen Videokonferenzsystemen. Marktinsider wie Tobias Enders kommen aber zu anderen Schlüssen: „Aus meiner Sicht haben klassische Videokonferenzsysteme auch im Zeitalter des Surface Hub eine Existenzberechtigung. Die moderne Zusammenarbeit durchläuft heute eine Transformation. Die Anforderungen verändern sich dadurch auch im Konferenzraum. Früher wollten Anwender ‚präsentieren‘, heute geht es um ‚teaming‘, also in einer Gruppe gemeinsam und interaktiv, möglichst über mehrere Standorte hinweg, zusammenzuarbeiten. Dafür ist das Surface Hub ideal geeignet. Wer aber den Wert auf Präsentation sowie eine bestmögliche Videoqualität legt, ist auch heute noch mit klassischer Videokonferenz sehr gut beraten.“ Ähnlich fällt die Stellungnahme von Bastian Braun aus: „Die klassische Videokonferenz wird durch das Surface Hub möglicherweise sogar einen positiven Schub erhalten. Mittelfristig werden Systeme ohne echte Interaktion aber an Bedeutung verlieren und in die Nische wandern.“

Deutlich kritischer bewertet Christian List die Zukunft der Videokonferenzsysteme: „Das Hub ist durch die Integration in die Microsoft- Welt mit Skype for Business eine starke Konkurrenz für die klassischen Videokonferenzsysteme. Es setzt einen neuen Standard in den Besprechungsräumen von modernen Unternehmen und öffentlichen Organisationen.“

Kunden für das Surface Hub

„Ob normale Meetings, Designreviews, Diskussion technischer Entwürfe, Krisenmanagement, Verkaufsgespräche – wann immer Menschen zusammenarbeiten, also ‚collaboration‘ betreiben, spielt das Surface Hub seine Stärken aus“, begeistert sich Braun. Ähnlich breit gefächert sieht Enders die potenziellen Einsatz – gebiete des Surface Hub: „Das Surface Hub spricht eine sehr breite Kundenklientel an. Das Gerät ist ein absolutes Mainstream-Produkt. Diese Einschätzung von Microsoft spiegelt sich auch in unseren aktuellen Verkäufen wider.

Außerdem lösen sich die Einsatzszenarien von den herkömmlichen Konferenzräumen. Neue Möglichkeiten entstehen, z. B. im öffentlichen Bereich, der Teeküchen oder Think Tanks. Die Treiber innerhalb der Unternehmen kommen aus unterschiedlichen Richtungen und sind von Unternehmen zu Unternehmen auch sehr unterschiedlich. In großen Organisationen gibt es neuerdings eigene Abteilungen, die sich mit dem ,neuen Arbeiten‘ beschäftigen, wie ‚Workplace of the future manager‘ oder ‚Arbeitsplatz 4.0 Strategist‘. Übergreifend stellen wir fest, dass die Anforderungen zunehmend vom ‚Business‘, den Nutzern also, definiert werden und die IT als unterstützende, regulierende und umsetzende Abteilung fungiert.“

Christian List zu seinen ersten Erfahrungen mit dem möglichen Kundenpotenzial des Hubs: „Überraschend war für uns die Vielzahl von Bestellungen durch Kunden aus dem Mittelstand. Meistens handelte es sich um exportorientierte Unternehmen mit internationalen Niederlassungen oder mit verteilten F&E Organisationen bzw. Produktionsstandorten, die miteinander kommunizieren müssen.“

Gefragt: Ganzheitliche Lösungen

Das Surface Hub wird die Medientechnik verändern. Das ist die einhellige Meinung der befragten Brancheninsider. Uneinigkeit zeigt sich in der Bewertung, ob dabei positive Impulse oder doch eher negative Einflüsse überwiegen. „Der besondere Charme des Surface Hub liegt vor allem in der nahtlosen Integration in die bestehenden Arbeitswelten aus dem Hause Microsoft. Letztlich ist das Surface Hub lediglich ein gut gelungenes Stück Hardware. Ich vergleiche es gerne mit dem iPad, das seinen echten Nutzen auch erst durch eine Vielzahl an Apps bekommt. Das ist beim Surface Hub genauso.“ Diese Aussage von Tobias Enders spricht für sich. Sie macht aber auch deutlich, dass die Zukunft der Medientechnik nicht mehr in der ausschließlichen Installation von guter Hardware liegt. In der digitalisierten Welt von Arbeit 4.0 ist Know-how zu Lösungskonzepten gefragt.

Kenntnisse von IT-Infrastrukturen werden dabei als Standard vorausgesetzt. Kooperationen zwischen Marktteilnehmern aus den unterschiedlichsten Segmenten drängen sich bei der deutlich zunehmenden Komplexität der Arbeitswelt geradezu auf. Eine interessante Frage, die indirekt mit dem Thema zu tun hat, sollte am Rande noch angerissen werden.

Interaktive Produkte wie Big Pad und Whiteboard unter einem Dach – welche Ziele verfolgt der chinesische Lohnfertiger Foxconn (Produzent der Apple iPhones) mit der Übernahme der Mehrheit an Sharp (Japan) und Smart Technologies (Kanada)? Beide Unternehmen sind im Besitz interessanter Technologien, haben es aber nicht geschafft, sich mit ihren interaktiven Produkten dominierende Marktpositionen aus globaler Sicht zu erarbeiten. Geht es Foxconn ausschließlich um den Zukauf von Technologien oder schafft sich jemand den Einstieg in internationale Märkte mit eigenen Vertriebswegen?

 

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