RTL will mit einem zukunftsweisenden Nachrichtenstudio neue Maßstäbe setzen. Nach dem umfangreichen Studio-Relaunch im Sendezentrum Köln sollen die vier Formate „RTL Aktuell“, „RTL Nachtjournal“ sowie „Punkt 6/7/8“ und „Punkt 12“ aus einem gemeinsamen Studio senden. Anstatt virtueller Greenscreens gibt es jetzt 144m² große, hochauflösende Videowalls.
Das RTL-Sendezentrum im ehemaligen Messegebäude in Köln-Deutz mag von außen mit seiner Fassade im Stil des Backstein-Expressionismus den Geist der 1920er-Jahre atmen. Im Innern findet man jedoch modernste Broadcast-Technik. Das jüngste Beispiel hierfür ist das neue Nachrichtenstudio, das am 4. September offiziell in Betrieb ging und das wir bereits Ende Juli in Augenschein nehmen konnten.
Wer den Eingang zu RTL Deutschland vom Charles-de-Gaulle-Platz benutzt, betritt zunächst eine imposante und mit Glas überdachte Mall. Auf einer Länge von etwa 110m gehen Besuchende und Mitarbeitende mitten durch die waldähnliche Passage, die rechts und links von Bürofenstern eingerahmt ist. Am Ende der Mall führt vom Haupteingang eine Rolltreppe zum Empfang.
Im neuen Studioraum fallen die an mehreren Decken-Traversen hängenden 108 ARRI-LED-Scheinwerfer auf. Es wurden 50 S60-C, vier S30-C und 54 L7-C verbaut. Das tageslichtweiße LED-Licht ist brillant, gleichzeitig entwickeln die Scheinwerfer kaum Wärme, so dass der Raum klimafreundlich nahezu keine Kühlung benötigt. Auf Augenhöhe sind die großen LED-Videowände inklusiv einer 27m² großen, gebogenen LED-Videowall dominant. Die darauf sichtbaren Bilder und Grafiken wirken im Fernsehstudio in ihrer Qualität wie Exponate in einem Kunstmuseum. Erst beim Herangehen auf Leseabstand sind die einzelnen LEDs mit ihrem Abstand von 1,2mm zu erkennen. Paul Hering, Leiter Studio- und Außenproduktion, kommt hinzu und erläutert die Studioeinrichtung.
Die vier hängenden, verfahr- und drehbaren LED-Wände mit einer Größe von je 3 × 1,7m verfügen über einen Pixelabstand von 1,2mm und wiegen insgesamt etwa 4t. Das ultradünne LED-Videowand-System ist für den stabilen und zuverlässigen Dauerbetrieb geeignet und wurde für Bildqualitäten nach den neusten HDR- und 4K-Standards optimiert. Mit einer erweiterten Bewegungskorrektur und Nanosekunden-Reaktionszeiten ist der interne Ein-/Ausschaltzyklus der LEDs extrem kurz. Unter Verwendung eines präzisen Farbmanagementsystems wird nach der Dekodierung des Videos durch das LED-Steuerungssystem ein sekundärer Filterungs-Anzeigealgorithmus hinzugefügt, und jede LED des Displays wird Punkt für Punkt einer 16-Bit-Farbkorrektur unterzogen, erläutert der Hersteller.
Die LED-Wände können in wenigen Minuten zu unterschiedlichen bildgebenden Ebenen konfiguriert, aber auch fugenfrei und pixelgenau zu einem durchgängigen Screen von bis zu 12m Breite zusammengeschaltet werden. Damit lässt sich bei jedem Programmwechsel innerhalb von Minuten die maßgeschneiderte multimediale Informationsumgebung herstellen. Das Verfahren und die Steuerung der an der Decke hängenden und der senkrecht auf dem Boden im Studio stehenden Videowände mittels Fernbedienung hat Stage Kinetik installiert. An den äußeren Wänden des Studios ergänzen LED-Wände mit einem Pixelabstand von 7,8mm die zentrale hochauflösende Bildgebung. Zudem wurde die linke Studioseite mit einer Curved-LED-Videowall von 10m Länge und 2,7m Höhe eingefasst. Zwei weitere mobile, computergesteuerte Monitore im vertikalen Format ergänzen das Setting. Einige Standardkonfigurationen sind bereits voreingestellt, die anderen sind programmier- und speicherbar. Das dynamische System unterstützt eine Vielzahl von formatspezifischen Dramaturgien.
Das Studio ist mit 143,91m² LED-Flächen und einer Gesamtauflösung von 34.169.088 Pixel ausgestattet und hat, unter Volllast aller elektronischen Komponenten von Licht, LED-Wänden bis hin zu Monitoren und Kameras, einen deutlich geringeren Stromverbrauch als das alte Greenscreen-Studio.
Hersteller der als Flächen zusammengesetzten LED-Module ist Leyard Germany. Im direkten visuellen Eindruck und am Monitor der elektronischen Kameras sehen alle benutzten Farben auf den LED-Wänden brillant aus. Weiß leuchtet überall Weiß, und Schwarz ist generell Schwarz – und nicht etwa als Dunkelgrau – zu sehen. Farbverläufe mit den RTL-Farben werden streifen- und flimmerfrei dargestellt. Durch den Einsatz von Kameraleuten an den Studio- und den Remote-Kameras können eventuell auftretende Moiré-Effekte sofort mittels Änderung der Brennweite beseitigt werden. Darüber hinaus sind alle Kameras mit Global- und Rolling-Shutter ausgestattet.
Das neue Studio bietet den Moderatorinnen und Moderatoren ein reales Nachrichtenstudio. „RTL Aktuell“ sowie das „RTL Nachtjournal“ und die RTL-Magazine „Punkt 6/7/8“ und „Punkt 12“ verabschieden sich damit vom virtuellen Greenscreen. Eine offene, 360-Grad bespielbare Fläche mit frei verfahrbaren LED-Wänden und einer Curved-Videowall bietet den Moderierenden neue Möglichkeiten, komplexe Themen zu erklären, Statistiken darzustellen oder Interviews zu führen. Sie können sich frei im Raum bewegen und das Publikum aktiv durch die Themen der Sendungen führen. Durch das begehbare Realset wird die Nachrichtenpräsentation nahbarer und noch besser nachzuvollziehen. Der Inhalt, die authentische, klare Vermittlung von Informationen mit einem Menschen im Zentrum des Studios, steht im Mittelpunkt. Somit können sich auch Interviewpartner wohler in einem realen Set fühlen. In den Tischen wiederholen sich auf der Frontseite zum Zuschauenden hin die Raumfarben der jeweiligen Sendung als Farbverlauf.
Die flexible Studio-Architektur ermöglicht, Set-Elemente mithilfe von hochpräzisen, robotischen Antriebselementen zu neuen Konfigurationen zusammenzusetzen und dem Programmablauf rund um die Uhr anzupassen.
Die Formate „RTL Aktuell“, „RTL Nachtjournal“, „Punkt 6/7/8“ und „Punkt 12“ werden jeweils aus einer spezifischen Standardkonfiguration präsentiert und behalten ihren unverwechselbaren Look. Zwischen den beiden Vormittagssendungen (Punkt 6/7/8 / Punkt 12) und zwischen den Abendsendungen (RTL Aktuell / RTL Nachtjournal) gibt es einen kleineren Umbau. Die Abtrennung von Magazin und Nachrichten geht einher mit den Tageszeiten morgens, mittags und abends, wo sich auch die Farbstimmungen im Studio von helleren zu dunkleren Farben ändern. Mit der täglichen Nachrichtensendung „RTL Aktuell“ ab 18:45 Uhr bis zum „RTL Nachtjournal“ wechselt die Farbe im Studio von Hell- bis Dunkelblau. Das Podest vom Mittag wird gegen einen großen Stehtisch für Moderatoren und Gäste getauscht.
„Ich freue mich vor allem, dass wir mit der Abkehr vom Greenscreen ein sogenanntes ,Real-Studio‘ bekommen“, sagt „Punkt 12“-Moderatorin Katja Burkard zum neuen Studio. „Wir bemühen uns jeden Tag um Wahrhaftigkeit, und dazu passt eben auch, dass unser Studio nahbar und realistisch ist. Mich begeistert auch, dass unsere Set-Elemente beweglich sind. Wir senden damit aus einem Raum, der so flexibel und dynamisch ist wie unsere Themen. Mit anderen Worten: Unser Studio passt in die Zeit!“
RTL-Anchorman Peter Kloeppel ergänzt: „Der große, offene Raum gibt uns Moderatorinnen und Moderatoren mehr Möglichkeiten, die teils sehr komplexen Informationen in den Nachrichten noch anschaulicher zu vermitteln als bisher. Vor allem freue ich mich darauf, dass das Studio bei der Präsentation mehr Bewegungsfreiheit erlaubt. Damit bieten wir den Zuschauern ein neues, attraktives und abwechslungsreiches News-Erlebnis – und haben als Fundament unsere jahrzehntelange Nachrichten-Erfahrung.“
Paul Hering, Leiter Studio- und Außenproduktion, zum neuen Nachrichtenstudio
Welche technische Innovation verbirgt sich hinter dem modularen Aufbau des neuen Studios?
Paul Hering: Durch komplexe Kombinationsmöglichkeiten der vier frei verfahrbaren, hängenden LED-Wände an der Decke, der drei frei verfahrbaren LED-Wände am Boden, der zwei frei beweglichen News-Tisch-Varianten und des frei verfahrbaren Sofa-Podests ist eine innovative Raumtransformation möglich. Mit einer nur kurzen Umbauzeit können so innerhalb eines einzigen Studios täglich mehrere Sendungen mit ganz unterschiedlichen Anforderungen und Optiken produziert werden. Auch die sehr hochauflösende LED-Technik macht das Studio zukunftsfähig.
Wie lange hat der Umbau des Studios gedauert?
Paul Hering: Der eigentliche Einbau von Deko, LED- und Bühnentechnik dauerte nur wenige Monate. Eine große Herausforderung war aber die zeitliche Koordination der Einbauphasen, da nicht alle Gewerke gleichzeitig arbeiten konnten. Außerdem durften bereits eingebaute LED-Wände oder fertiggestellte Deko durch Arbeiten in der Decke nicht gefährdet werden. Zusätzlich zum technischen Umbau war viel Zeit für die Planung, Vorbereitung und Inbetriebnahme der technischen Infrastruktur notwendig. Den Löwenanteil der Projektzeit benötigen aber Proben und Schulungen, denn diese Festinstallation muss täglich verlässlich laufen. Durch aufwendige, genaue Simulationen von Kameraeinstellungen und LED-Bespielungen aller Sendungen während der Planungsphase konnte die Zeit zwischen Einbau und konkreten Proben deutlich verkürzt werden.“
Inwiefern greifen Inhalt, Design und Technik beim neuen Studio ineinander?
Paul Hering: Die Besonderheit im Design ist eine Kombination aus HiRes-LED für Motive und unterstützende LowRes-LED („Ambient“) an den Wänden. Das sorgt für ein Studio, in dem es keine einzige Sichtachse ohne LED-Wände gibt. Damit können wir das Studio – wenn inhaltlich passend – komplett thematisch belegen und uns frei bewegen. Redaktion, Moderation und Regie können so von einem einzelnen Foto oder einer Grafik bis hin zu einem atmosphärisch voll ausgestaltetem Studio Geschichten unterstützen oder komplexe Zusammenhänge erklären. Ein entscheidender Vorteil gegenüber dem virtuellen Set ist, dass wir auch deutlich freier bei Bewegungen und Kameraeinstellungen im Studio sind, ohne die Möglichkeit zu verlieren, auf Knopfdruck einen thematischen Bildwechsel im gesamten Studio ausführen zu können. Um diese Freiheit in der Erzählweise zu unterstützen, nutzen wir auch deutlich weniger Kamera-Robotics als noch im Greenscreen-Studio.
Die neue Studio-Architektur erfordert kleinere und größere Umbaumaßnahmen. Inwiefern ist die Umstellung auf ein multifunktionales Set auch eine Herausforderung für die Studio-Crew?
Paul Hering: Die Herausforderung in der neuen Architektur sind die größeren Umbauten zwischen bestimmten Sendungen. Hier müssen koordiniert, sicher und trotzdem schnell größere und kleinere Deko-Teile auf- und abgebaut werden. Neu ist auch der Umgang mit motorisierter Bühnentechnik, die die Studio-Crew zwar im schnellen Umbau unterstützt, aber auch einen geschulten, sicheren Umgang erfordert, um Mensch und Technik nicht zu gefährden. Für einen etwaigen Havariefall gibt es jeweils Backups der Inhalte und eine Notstromversorgung mit Aggregaten für alle elektrischen und elektronischen Anlagen. Wir setzen auf Kameraleute und die größtmögliche technische Qualität im neuen RTL-Studio.