Schule wird digitaler. Und sie wird medialer. Der Unterricht setzt verstärkt Medientechnik ein. Dazu müssen die Schulen mit geeigneter Technik ausgerüstet werden. Und nicht nur das: Daten-Infrastruktur, IT-Administration und Technikwartung werden dabei genauso wichtig. Zurzeit ist der DigitalPakt Schule als großer Motor für die Umsetzung der Digitalisierung sehr präsent. Mit dieser Bundesförderung können Schulträger Fördermittel für „digitale Arbeitsgeräte“, „standortgebundene Anzeigegeräte“ und in begrenztem Umfang auch „mobile Endgeräte“ beantragen. Darüber hinaus sind weitere Leistungen förderfähig: „Gefördert werden professionelle Strukturen zur IT-Administration und zum IT-Support, welche im direkten Zusammenhang mit den gesamtstaatlich bedeutsamen Investitionen des zügigen Auf- und Ausbaus digitaler Lehr-Lern-Infrastrukturen im Rahmen des DigitalPakts Schule stehen.“
Schon an diesen Vorgaben ist erkennbar, dass es mit der Anschaffung von Technik alleine nicht getan ist. Die Schulträger sind aufgefordert, einerseits die Technik zu beschaffen und andererseits Strukturen für Einrichtung und IT-Administration zu schaffen. Für die Gerätewartung und -service sieht die Situation unter Fördergesichtspunkten ganz anders aus: „Es ist unabhängig vom DigitalPakt Schule die Aufgabe der Kommunen bzw. der privaten Schulträger, Betrieb, Support und Wartung der IT in den Schulen sicherzustellen. Die Länder prüfen im Antragsverfahren, ob entsprechende Konzepte vorliegen.“
Eine ganz wesentliche Säule bei der Schuldigitalisierung sind Internetversorgung und WLAN-Abdeckung. Maßnahmen zur Vernetzung und WLAN-Abdeckung innerhalb der Schule können aus dem DigitalPakt gefördert werden, der Breitbandanschluss der Schule nicht. Der muss ggf. mithilfe anderer Förderprogramme finanziert werden. All diese Voraussetzungen zeigen, dass eine umfassende Gesamtbetrachtung über den zukünftig digital gestützten Unterricht, insbesondere bei Nutzung von Fördertöpfen, nötig ist. Für die Beschaffung von Technik, Software und Dienstleistungen erstellen die Schulträger/Kommunen Ausschreibungen gemäß den umfangreichen Richtlinien.
Es ist nicht selbstverständlich, dass der/die für Beschaffungen Verantwortliche einer Kommune oder eines privaten Schulträgers das nötige medientechnische Wissen hat, um eine geeignete Schulausstattung festlegen zu können. Möglicherweise laufen bei der- oder demjenigen alle Beschaffungsprozesse der Kommune bzw. des Schulträgers zusammen? Aus dieser Position heraus ist es wahrscheinlich viel zu komplex, das medientechnische Konzept mit Technikanforderung einer Schule auswerten zu können sowie auf dieser Basis geeignete Technik auszuschreiben und zu beschaffen. Auch der möglicherweise schnelle und bequeme Rückgriff auf frühere Angebote und Ausschreibungen ist angesichts der schnellen Produktweiterentwicklung nicht hilfreich.
Kleinere Beschaffungen lassen sich ggf. noch überschaubar tätigen. Vielleicht existieren örtliche Händler und Dienstleister, die bereits in der Vergangenheit unterstützten und zulieferten. Doch mit steigendem Umfang und bei Inanspruchnahme von Fördertöpfen mit spezifischen Vorgaben ist eine verantwortliche Planung unter Zuhilfenahme von Fachleuten dringend zu empfehlen. Nur so kann verhindert werden, dass die betreffende Schule am Ende eine unzureichende oder gar unpassende medientechnische Ausstattung erhält oder auch die Gesamtkosten den festgelegten Etat übersteigen. Maßnahmen, die der Digitalisierung von Schulen dienen, sollten stets von Fachplanern begleitet werden.
„Kleinere Kommunen oder Schulträger sind geneigt, sich alleine zu behelfen, um die Planungskosten einzusparen“, so Christoph Wax, Branch Manager bei der macom GmbH, einer Consulting- und Ingenieursgesellschaft, die sich intensiv im Bildungsbereich engagiert. Er weiß, dass gemäß der Verwaltungsanweisungen eine professionelle Beratung als „zwingende Begleitkosten bei der Mittelbeschaffung“ von den Schulträgern und somit meist von den Kommunen selbst übernommen wird. Doch ist bei der Beschaffung „das A und O eine fachlich und formal korrekte Ausschreibung, die auf ordentlicher Planung von Technik und Prozessen beruht. Nur so ist die marktgerechte Darstellung der Preise, ohne Gefahr von Nachkalkulationen, möglich und erfüllt die Vorgaben des Wettbewerbsrechts“.
Auch Matthias Bode, Vertrieb & Training, von der Firma Lucky Look Konferenz- und Präsentationssysteme, beschäftigt sich intensiv mit der digitalen Ausstattung von Schulen und sieht seit einiger Zeit den Trend, dass sich die Kommunen vermehrt beraten lassen. Er ist jedoch gleichzeitig verwundert, dass es noch nicht so häufig vorkommt, wie er sich das vorstellt: Die Kommunen haben inzwischen festgestellt, dass billig kaufen am Ende eben teuer ist, weil man zweimal kaufen muss. Es passiert aber auch oft, dass die Anforderungen in der Ausschreibung so schwammig formuliert sind, dass die Schulen als User im Endeffekt etwas völlig anderes bekommen. Er hat bereits erlebt, dass „für Ausschreibungen manchmal auch Dinge erfunden werden, indem Spezifikationen unterschiedlicher Produkte zusammengestellt werden, die so aber gar nicht auf dem Markt existieren.“
Matthias Bode rät den Schulträgern vor der Ausschreibung zu einer möglichst umfassenden Bündelung der Ausstattungswünsche aller Schulen im Verantwortungsbereich. Auch nach seiner Erfahrung „vertrauen kleinere Kommunen eher einem Fachhändler vor Ort, der vielleicht schon bei früheren Anschaffungen erfolgreich zugeliefert hat. Größere Kommunen gehen da anders vor. Sie arbeiten mit Fachplanern zusammen, was bei Universitäten beispielsweise der Regelfall ist“, so Matthias Bode.
BITCOM-Leitfaden als Baukasten für die Ausschreibung?
Mit einem „Leitfaden für den öffentlichen IT-Einkauf“ veröffentlichte der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V., kurz Bitcom, Anfang 2021 einen „Überblick über die Grundlagen und Kriterien für die Beschaffung von Hardware für den Schulbereich. Ziel des Dokuments ist es, öffentlichen Auftraggebern eine verlässliche und verständliche Hilfe an die Hand zu geben, damit sie ihre Ausschreibungen zur Beschaffung von Hardware für den Schulbereich produktneutral, d. h. ohne Verwendung geschützter Markennamen oder Nennung bestimmter Hersteller und unter Berücksichtigung aktueller technischer Anforderungen formulieren können“.
Mithilfe dieses Leitfadens können sich verantwortliche Beschaffer der Schulträger einen recht detaillierten Einblick in relevante Geräte- und Infrastruktureigenschaften verschaffen. Allerdings wird auch schnell klar, dass ein derartiger, verallgemeinerter Baukasten nur ein Anhaltspunkt sein kann. Der intensive Abgleich mit den individuellen Gegebenheiten bei der oder den betreffenden Schulen wird zwangsläufig zu fachlichen Entscheidungssituationen führen, die beispielsweise ein kommunaler Beschaffer bei der Ausschreibungserstellung nicht leicht überblicken kann. Dazu kommt noch die Schnittstelle zu den Anwendern, sprich Lehrkräften, die die Systeme einsetzen sollen. Aus dem medienpädagogischen Konzept muss der Beschaffer die Anforderungen „herauslesen“ und in eine Ausschreibung „übersetzen“, und das in der Regel ohne nötigen Sachverstand. Da ist Skepsis angebracht, angesichts der zu erwartenden Ergebnisse und der Zufriedenheit der Anwender.
Christoph Wax von macom ist der Leitfaden selbstverständlich bekannt: „Aus technischer Sicht werden die Geräteklassen ausführlich und mit Detailangaben nach dem Stand der Technik gut erklärt. Die Bereitstellung von Planungsbeispielen und Checklisten könnte aber zu der Feststellung verleiten, dass nach dieser Grundlage die IT-Beauftragten in Schulen die Planung und Beschaffung von digitaler Infrastruktur und Endgeräten selbst durchführen können.“
Allerdings schätzt er den Leitfaden als nicht so produktneutral ein, wie das von den Verfassern dargestellt wird. Auch bemängelt er, dass „in der Aufbereitung der kaufmännischen Modelle der Beschaffung beispielsweise die Betrachtung der Gesamtkosten über die maximal mögliche Nutzungszeit berücksichtigt werden sollte. Daraus kann sich bei Miet- oder Software-as-a-Service-Modellen sehr schnell eine ernüchternde Gesamtbilanz darstellen, die den finanziellen Rahmen der Budgets von Schulen und Bildungseinrichtungen deutlich übersteigt“.
Ein tiefes Verständnis der gesamten Materie ist nötig, für eine allumfassende und korrekte Ausschreibung, die den Anbietern einen genauen Handlungsrahmen vorgibt. „Keine Ausschreibung ohne vollständige Planung und detailliertes Leistungsverzeichnis!“, so die Forderung von Christoph Wax, und er erläutert: „Wir haben so viele Eckpunkte, die wir exakt treffen müssen, damit es passt.“ Das geht so weit, dass die zukünftigen Anwender im „macom Lab“ Technologien kennenlernen und erproben können oder Matthias Bode vor Ort in den Schulen Lehrkräfte berät, damit sich „das Pädagogische in der Technik widerspiegelt. Da habe ich festgestellt, dass es dort großen Nachholbedarf gibt“.
Der gesamtplanerische Blick sollte sich bei der Erstellung der Ausschreibung auch auf die komplette Zeit der Nutzung richten. „Im Beschaffungsverfahren müssen immer auch die Begleitkosten geprüft werden. Welche Auswirkungen ergeben sich über die Laufzeit? Was passiert bei Defekt? Ist Ersatz eingeplant? Später lassen sich Dinge nicht mehr budgetieren, und es kommt zu Verzögerungen, bis neue Gelder freigegeben sind. Auch verhindert eine professionelle und präzise Planung vermeidbare Fehler im Vergabeverfahren, die sich extrem nachteilig auswirken können, wenn z. B. Bietereinsprüche zu einen Verfahrensstopp, Förderverlust oder gar schlimmer noch ein ziviloder verwaltungsrechtliches Verfahren nach sich ziehen.
Am Ende des Beschaffungsprozesses muss dann sichergestellt sein, dass die Investitionen nachhaltig sind und zum Erfolg führen, so das Resümee von Christoph Wax: „Wir als Planer können Angebote machen, um die Einführungsphase zu bewältigen und die Anwender zu befähigen. Planung und Beratung hören nicht auf, wenn die Geräte ausgepackt sind, das „Hinterher“ ist eigentlich viel wichtiger!“