Besser Hören per Knopfdruck (3)

Die aktive Kontrolle des Schallfelds durch AFC3

AFC3 – Hybrid zwischen In-Line und Regeneration – was passiert bei der aktiven Kontrolle des Schallfelds durch AFC3? Und wie wird dadurch die Raumakustik verändert? Um diese Fragen soll es im folgenden Abschnitt gehen. Zur Beeinflussung des Schallfeldes beinhaltet AFC3 zwei Module: das ER (Early Reflection) Modul für die frühen und seitlichen Reflexionen und das REV (Reverberation) Modul für den Nachhall.

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Bei der Vorführung des AFC3 kam auch Live-Musik zum Einsatz (rechts Referent Ron Bakkers im „Pause“-Modus) (Bild: Yamaha Music Europe GmbH, Christiane Bangert)

Das ER-Modul bearbeitet den von einer Quelle erzeugten Direktschall, der danach über Lautsprecher an den Wänden wiedergegeben wird. Die Signale sind leicht verzögert und emulieren damit das Verhalten der frühen Reflexionen. Auf diesem Modul basiert das Voice-Lift-System und macht sich dazu eine Eigenschaft des Ohres zunutze: Das Ohr unterscheidet bei der Empfindung der Lautstärke nicht zwischen den Signalen, sondern „hört“ den Pegel als Summe aus Direktschall und ersten Reflexionen.

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Dadurch wird das Summensignal aus Direktschall und mit den AFC3 erzeugten ersten Reflexionen lauter empfunden als nur der Direktschall in einem „trockenen“ Raum. Das Voice Lift kennt zwei Modi – den Päsentations-Modus, bei dem der Vortragende unterstützt wird und den Konferenz-Modus, bei dem Sprecher auch an unterschiedlichen Positionen im Raum verstärkt werden, ohne dass sie selber ein Mikrofon brauchen. Gerade in Sitzungssälen kann man sich gut vorstellen, dass das Anheben der Stimme per Voice Lift wesentlich angenehmer sein kann als die Ausstattung mit Mikrofonen oder Sprechstellen.

Im Datenblatt gibt Yamaha eine Pegelzunahme im PräsentationsModus von 1–3 dB, im Konferenz-Modus von 0,5–1 dB an. Einen Nachteil hat das System: Auch wenn das Sprechen und Hören angenehmer wird – der STI als Kriterium für die Sprachverständlichkeit nimmt meist ab. Dies ist aber sicher in Räumen mit hoher Absorption und hoher Sprachverständlichkeit hinzunehmen. Gerade wenn man dies auf dem Hintergrund des „Selbstversuchs“ bei Fohhn sieht, bei dem das Verstehen des Vortrags durch eine wesentlich angenehmere Hörumgebung durch das Voice Lift eindeutig gefördert wurde. Aus diversen Gründen ist das Voice Lift nicht in Räumen beliebiger Größe einsetzbar, von Yamaha wird es für Säle zwischen 50 und 200 m2 empfohlen.

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Die Yamaha DME64 mit einer AFC3- Firmware und MY4- AFC FIR DSP-Karte übernehmen die Signalbearbeitung und -verwaltung (Bild: Yamaha Music Europe GmbH, Christiane Bangert)

Die Aufnahme des Direktschalls nahe an der Quelle für das ER-Modul ist „Schuld“ daran, dass das AFC3 eine Mischung aus In-Line und regenerativem System ist und im Prinzip für beides eingesetzt werden kann. Deshalb wird es auch als Hybrid-System bezeichnet. „Im Prinzip arbeitet das System hier in diesem sehr trockenen Raum eher InLine als regenerativ bei der Erzeugung des Nachhalls“, sagte Ron Bakker. „Es gibt nicht genug Nachhall, der verstärkt werden kann, es wird also eher ein Nachhall generiert, der die gewünschten Eigenschaften hat.“

Um nun einem Raum die Raumakustik nicht „aufzusetzen“, sondern auf der vorhandenen – inklusive Ereignissen wie Klatschen oder Stimmengmurmel – aufzubauen, nimmt das REV-Modul den Raumklang als Grundlage und bearbeitet ihn. Dazu arbeitet Yamaha mit einem sogenannten Loop-Flattening-Algorithmus, der die rückgekoppelten Kanäle in der Schleife linearisiert, um höhere Schleifenverstärkungen vor Rückkopplungen und damit weniger Kanäle zu ermöglichen.

In aller Kürze und schematisch zusammengefasst arbeitet das AFC3 so: Die Signale von z. B. vier Kugelmikrofonen werden im sogenannten EMR (Electronic Microphone Rotator) u. a. räumlich gemittelt und über vier getrennte Busse parallel den variablen FIR und Convolution-FIR mit vier verschiedenen Faltungs-Algorithmen zugeführt. Die variablen FIR mindern die größten Überhöhungen, die Faltungs-FIR passen das akustische Verhalten mit einer der vier Faltungsalternativen an. Danach stehen zwei 8-Band parametrische Equalizer-Blöcke für das Entfernen etwaiger Verfärbungen und manuelle Feinjustierung bereit, bevor es dann in die Matrix und Verteilung der Signale zu den Lautsprechern geht. Im Ausgang sind Pegelanpassung, Verzögerung und ein weiterer 8-Band parametrischer Equalizer vorhanden.

Durch die Mischung aus In-Line und regenerativem System lassen sich ganz unterschiedliche Nachhall-Szenarien kreieren, theoretisch auch mit sehr langen Nachhallzeiten in einem sehr trockenen Raum. Wenn es aber um einen als natürlich empfundenen Nachhall geht – und das wird beim Einsatz für klassische Darbietungen wohl immer der Fall sein – so gibt es auch hier Grenzen. „Eine Verdopplung der Nachallzeit ist in der Regel die Grenze, wenn räumlicher Eindruck und Höreindruck zusammenpassen sollen“, erläuterte Ron Bakker.

AFC-Referenzen

Yamahas AFC3-Systeme sind laut Hersteller derzeit in mehr als 80 Einrichtungen in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Japan installiert. Es gibt jedoch auch europäische Einrichtungen, die AFC3 nutzen, zum Beispiel das Lørenskog Hus in Norwegen (siehe Aufmacherbild oben), ein kommunales Multifunktionsgebäude in der Nähe von Oslo. Es umfasst 15.000 m² verteilt auf acht Stockwerke, die neben Kinos, Restaurant und einer Bücherei auch sieben Meetingräume und fünf Auditorien beinhalten. Das AFC3-System wurde im Haupt-Auditorium eingesetzt, das für die „unverstärkte“ Wiedergabe von klassischer Musik „zu trocken“ geraten war.

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