Sprachverständlichkeit dank DSP

Case Study: Kirchenbeschallung im Mainzer Dom

Im Rahmen umfassender Renovierungsmaßnahmen wurde der Mainzer Dom im Sommer/Herbst 2010 mit hochwertiger Audio- und Videotechnik ausgerüstet. DSP-gesteuerte Linienstrahler, eine leistungsstarke DSP-Matrix und edle Mikrofone sind seitdem Teil einer State of the Art-Kirchenausstattung.

Der Mainzer Dom von Innen
(Bild: Jörg Küster)

Mitten in der Mainzer Innenstadt erhebt sich weithin sichtbar der mehr als 1.000 Jahre alte Hohe Dom zu Mainz. Die romanische Pfeilerbasilika mit ihrem charakteristischen Äußeren aus rot gefärbtem Sandstein verfügt über drei Schiffe, zwei Chöre sowie zahlreiche Kapellenanbauten und galt über Jahrhunderte hinweg als ein religiöses wie politisches Zentrum des römisch-deutschen Reichs.

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Aktuell wird das historisch bedeutsame Gotteshaus (siehe auch: www.bistummainz.de), das als Schauplatz von Krönungen und Reichstagen bekannt ist, umfassend renoviert. Ziele der Maßnahmen sind die Beseitigung von Schäden sowie eine denkmalgerechte Substanzerhaltung. Für die gesamte Domrenovierung wird mit einer Bauzeit von 15 Jahren und Kosten in Höhe von rund 25 Millionen Euro gerechnet.

Kirchenbeschallung: Herzenssache!

Im Rahmen der Renovierungsmaßnahmen wurde auch die vorhandene Medientechnik erneuert, die laut Domdekan/Prälat Heinz Heckwolf bereits in den sechziger Jahren installiert worden war und aktuellen Anforderungen nicht mehr genügen konnte. Mit der Planung der neuen Medientechnik auf Basis eines Pflichtenheftes wurde IFB Consulting (www.ifbcon.de) beauftragt; die Ausschreibung zur Installation konnte die BFE Studio und Medien Systeme GmbH (www.bfe.tv) aus Mainz für sich entscheiden.

Finanziert wurde die neue Technik durch den Dombauverein; als Budget standen laut Aussage von Heinz Heckwolf rund 600.000 Euro zur Verfügung. Installiert wurde die Medientechnik über einen Zeitraum von fünf Monaten – da das Gotteshaus während der Arbeiten weiterhin in seiner originären Funktion genutzt wurde, konnte lediglich abschnittsweise vorgegangen werden.

Besonders intensiv ging es im Sommer 2010 während der so genannten „Stiftsferien“ ans Werk – in dieser Zeit sind in Mainz die Chöre nicht zugegen und Gottesdienste daher weniger aufwändig zu gestalten. Die Hauptumbauphase erstreckte sich über drei Monate und war in neun Bauabschnitte unterteilt; die vom Bau betroffenen Areale mussten durchweg eingehaust werden, um die Staubbelastung der im Dom vorhandenen Kunstwerke möglichst gering zu halten.

lange Schallzeile rechts des Altars im Hauptschiff
lange Schallzeile rechts des Altars im Hauptschiff

Innerhalb des historischen Gebäudes konnte die Installation selbstverständlich nicht nach Gutdünken der Technik-Crew erfolgen – vielmehr musste umfassenden Denkmalschutzauflagen Rechnung getragen werden. Ansprechpartner für das nach Fingerspitzengefühl verlangende Thema waren Dr. Hans-Jürgen Kotzur (Domkonservator) sowie Dr. Joachim Glatz (Landesdenkmalpfleger); beiden Denkmalschützern bescheinigen die beteiligten Medientechnikspezialisten eine sehr konstruktive Zusammenarbeit.

Da die zu installierenden Lautsprecher beziehungsweise deren Halterungen nicht mit der historischen Bausubstanz des Kirchenschiffs verbunden werden sollten, verständigte man sich auf eine Lösung, bei welcher die Lautsprecherzeilen auf speziell gefertigten Stelen montiert wurden. „Durch diese Lösung stehen die Lautsprecher sichtbar als nicht zugehörig zum Dom im Raum“, erläutert Rolf Mayer (IFB Consulting) den zugrunde liegenden Gestaltungsansatz. Passend zu dieser Aussage erscheint der Umstand, dass die Lautsprechergehäuse in einem sehr dunklen Farbton lackiert sind; erwartet hätte man möglicherweise eher eine farblich abgestimmte Einpassung in die Sandsteinumgebung.

Regietisch nahe des Altars mit Yamaha LS9 und Crestron Touchpanel. Einzelne Lautsprecherpositionen sind per Fingerdruck ein- oder auszuschalten – für Übersicht sorgt ein Grundriss des Doms, auf dem die einzelnen Positionen als Punkte markiert sind – je nach Aktivität grün oder rot.
Regietisch nahe des Altars mit Yamaha LS9 und Crestron Touchpanel. Einzelne Lautsprecherpositionen sind per Fingerdruck ein- oder auszuschalten – für Übersicht sorgt ein Grundriss des Doms, auf dem die einzelnen Positionen als Punkte markiert sind – je nach Aktivität grün oder rot. (Bild: Jörg Küster)

Die formschönen, innen hohlen Lautsprecherstelen dienen gleichzeitig auch als Kabelzuführung, sodass nirgendwo störende „Strippen“ zu sehen sind. Zur Verlegung der Kabelstrecken konnten in den Seitenschiffen des Doms vorhandene unterirdische Gänge genutzt werden; von dort wurde zu den gewünschten Positionen verzweigt. Anzubinden waren nicht nur die Lautsprecher, sondern an unterschiedlichen Stellen im Dom wurden auch insgesamt 46 Bodentanks sowie 20 Anschlüsse für Rundfunk- und TV-Anforderungen installiert. Bei Tanks und Steckfeldern handelt es sich um Fabrikate von BFE; in den Bodentanks lässt sich dank eines geschickt gewählten Aufbaus eine Vielzahl von Anschlüssen unterbringen. Insgesamt wurden im Mainzer Dom von den Medientechnikern 24 Kilometer Leitungsnetz verlegt und rund zehn Kilometer Trassen verbaut.

„Für uns als ausführendes Mainzer Unternehmen war das Projekt eine Herzenssache!“, sagt Projektingenieur Manfred Eiffinger (BFE). „Als Systemhaus konnten wir alle Wünsche bezüglich der mechanischen Integration aus einer Hand erfüllen, weil wir auf unsere vorhandenen Produktionsstätten samt Schreinerei und Schlosserei zurückgreifen können.“

Beschallung bei langen Nachhallzeiten …

Der Mainzer Dom darf insofern als Bewährungsprobe für Beschallungssysteme betrachtet werden, als die Nachhallzeiten extrem lang ausfallen: Im tieffrequenten Bereich sind Zeiten von mehr als zehn Sekunden zu messen; bei den mittleren Frequenzen werden immerhin noch sieben bis acht Sekunden ermittelt. Dabei ist das Innenvolumen des historischen Bauwerks im direkten Vergleich mit anderen Kathedralen nicht besonders groß – von außen wirkt der Dom zwar massig, in seinem Inneren erscheint das Gotteshaus jedoch durchaus überschaubar.

Um ein geeignetes Lautsprechersystem zu finden, wurde im Oktober/November 2008 eine Probebeschallung eingerichtet, in deren Rahmen unterschiedliche am Markt verfügbare Konzepte unter realen Bedingungen gegeneinander antreten mussten. An drei aufeinander folgenden Sonntagen hatte die Gemeinde die Möglichkeit, drei unterschiedliche Lautsprecherlösungen während der Gottesdienste zu erleben.

Per Umfrage wurde im Anschluss die Meinung der Kirchgänger ermittelt: „Als Tendenz ließ sich ablesen, dass modernen Lautsprecherzeilen mit steuerbaren Beams der Vorzug gegenüber konventionellen Lösungen gegeben wurde; die Sprachverständlichkeit war einfach besser!“, resümiert Rolf Mayer. Beschallt wurde während der Testphase der gesamte Dom – es kamen also nicht lediglich zwei Zeilen links und rechts des Altarbereichs zum Einsatz. Im Jahr 2009 wurden aufgrund des tausendjährigen Domjubiläums keine Baumaßnahmen veranlasst; im 1. Quartal 2010 wurde ein Wettbewerb durchgeführt, der im Mai zur Auftragserteilung an BFE führte. Im Rahmen des Wettbewerbs fiel die Entscheidung auf Produkte aus dem Hause Fohhn.

Für die Programmierung nutzte Tribensky die zur QSC-Systemplattform gehörende „Q-Sys Designer“-Software, welche die Arbeit durch ein ansprechend gestaltetes GUI erleichtert.
Für die Programmierung nutzte Tribensky die zur QSC-Systemplattform gehörende „Q-Sys Designer“-Software, welche die Arbeit durch ein ansprechend gestaltetes GUI erleichtert.

Die Linea Focus-Reihe konnte neben ihren sehr guten Audioeigenschaften und ihren flexiblen Steuerungsmöglichkeiten auch mit einem ansprechenden Äußeren punkten. Im 14 Meter breiten und 28 Meter hohen Hauptschiff kommen aktuell vier LFI-350 und zwei LFI- 450 zum Einsatz, während die Seitenschiffe inklusive der Kapellen mit sieben LFI-120 und sechs LFI-220 in Sonderfarbe bestückt sind – die Zahlen in den Produktnamen entsprechen der Gehäuselänge in Zentimeter.

Im Westchor sind 28 würfelförmige Nahfeldlautsprecher des Typs AL-10 aus der Linea AL-Serie installiert, die hochohmig durch achtkanalige Endstufen von Bittner Audio angetrieben werden. Weiterhin finden in Mainz an unterschiedlichen Positionen acht AL-50 und sechs AL-100 Verwendung – passive, nach dem Zweiwegeprinzip arbeitende Linienstrahler von Fohhn. Alle DSP-gesteuerten Zeilenlautsprecher können via Notebook gesteuert und überwacht werden. Die Software (Fohhn Audio Soft V3) läuft auch auf dem Steuerrechner im Technikraum; der Zugriff erfolgt mittels Fohhn NA-3 (Ethernet-Adapter).

Unerwartet schwierig gestaltete sich die Aufstellung der elektronisch neigbaren Aktiv-Linienstrahler: „Wir mussten leider feststellen, dass die Pfeiler in einem romanischen Bauwerk nicht immer gleich sind“, berichtet Heinz Heckwolf. „Stellt man die Lautsprecherzeilen exakt senkrecht auf, ergibt sich optisch ein sehr unschönes Bild – jede Zeile musste daher einzeln passend zum jeweiligen Steinpfeiler austariert werden. Die Besucher des Doms ahnen heute gar nicht, wie viel Gehirnschmalz dafür vonnöten war!“

Als digitale Matrix mit umfangreicher DSP-Funktionalität wurde in Mainz eine Q-Sys-Plattform aus dem Hause QSC installiert.
Als digitale Matrix mit umfangreicher DSP-Funktionalität wurde in Mainz eine Q-Sys-Plattform aus dem Hause QSC installiert. (Bild: Jörg Küster)

Hartmut Tribensky, Leiter Medientechnik BFE, ergänzt: „Zunächst dachten wir, dass wir für 19 Lautsprecher eben auch 19 gleichartige Halter benötigen – im Endeffekt kommen heute im Dom allerdings 19 Einzelanfertigungen zum Einsatz.“ Rolf Mayer schmunzelnd: „Nachdem der erste Lautsprecher stand, wurde die Wasserwaage eingepackt …“

Hohes Maß an Direktschall in allen Areale

In Mainz beschränkt sich die Beschallung des Doms nicht auf das Hauptschiff, sondern auch die Seitenschiffe sowie einzelne Kapellen sind mit Lautsprechern ausgestattet. Zusätzlich sind für besondere Anlässe mobil einsetzbare Boxen und ein Fohhn-Subwoofer (XS-20 active) vorhanden. Rolf Mayer weist darauf hin, dass bei den Jugendgottesdiensten, für die der Subwoofer in erster Linie genutzt wird, elektrische Instrumente nicht direkt auf die Anlage aufgesteckt werden können, sondern eine Abnahme ausschließlich über Mikrofone möglich ist – auf diese Weise soll Beschädigungen durch exzessive Pegel vorgebeugt werden.

Im Verlauf traditionell inszenierter Gottesdienste findet der Subwoofer keine Verwendung. Simulationen wurden laut Rolf Mayer im Vorfeld der komplexen Installation zwar erstellt, aber das Team ging relativ rasch zum Feldversuch über: „Das Gebäude gibt es, und auch die Lautsprecher sind vorhanden und lassen sich einbringen – da braucht man dann nicht mehr zu simulieren …“, sagt Mayer.

Nach Aussage des erfahrenen Planers ließe sich das Hauptschiff des Doms bis zu den hinteren Sitzbänken prinzipiell mit nur zwei langen DSP-Linienstrahlern beschallen, wobei die STI-Werte deutlich über 0,5 liegen sollen. Nichtsdestotrotz sind weitere Linienstrahler über die gesamte Tiefe in Intervallen nahe der Säulen installiert, so dass auch bei gut frequentierten Gottesdiensten in sämtlichen Arealen ein hohes Maß an Direktschall erreicht wird.

Die Anpassung der Beschallung an die Besucherpräsenz erfolgt mithilfe einer Mediensteuerung (Crestron AV2) beziehungsweise der an diese angeschlossenen Touchpanels: Diverse Presets sind hier ebenso hinterlegt wie die Möglichkeit, einzelne Lautsprecherpositionen an einem von insgesamt vier Panels per Fingerdruck ein- oder auszuschalten. Für Übersicht sorgt in diesem Zusammenhang ein Grundriss des Doms, auf dem die einzelnen Positionen als Punkte markiert sind, welche je nach Aktivität grün oder rot dargestellt werden. Verantwortlich für das Handling ist der Küster, doch auch andere Protagonisten greifen bei Bedarf ein: Wenn beispielsweise der Chor singt, werden die Sprachmikrofone im Normalfall mit Gedanken an ein möglichst differenziertes Klangbild stummgeschaltet.

Anschlussfeld
An der Außenseite des Doms befindet sich ein Anschlussfeld, an das sich Ü-Wagen komfortabel ankoppeln können. (Bild: Jörg Küster)

Bei der Bedienung gab es laut Heinz Heckwolf anfangs vereinzelt Schwierigkeiten, die sich mit zunehmender Erfahrung jedoch verflüchtigen: „Es klappt immer besser!“, fasst der Domdekan zusammen. Um technisch weniger versierten Anwendern die Bedienung der Medientechnik während der Gottesdienste noch einfacher zu machen, wurde in Mainz ein „Schaltplan“ entwickelt, der genau festlegt, wer während einer Zeremonie bei welcher Gelegenheit welche Bedienschritte vorzunehmen hat – Automatismen greifen in der akustisch schwierigen Umgebung nur bedingt (siehe unten).

Das Audionetzwerk

Als digitale Matrix mit umfangreicher DSP-Funktionalität wurde in Mainz eine Q-Sys-Plattform (http://www.qscaudio.de/produkte/audionetzwerke/qsys.html) aus dem Hause QSC installiert. Ursprünglich war dem Vernehmen nach eine digitale Audiovernetzung auf CobraNet-Basis vorgesehen:„Bei CobraNet hatte ich allerdings ein wenig Bauchweh wegen der Latenz“, räumt Rolf Mayer offen ein. „Der Dom ist schließlich recht groß, und von vorne bis hinten beträgt seine Länge fast 130 Meter – gerade mit Gedanken an die hier oft stattfindenden musikalischen Darbietungen ist es wünschenswert, dass die Latenz so gering wie möglich ausfällt.“

Die Q-Sys-Plattform arbeitet auf Basis von Gigabit-Ethernet-Komponenten mit einem Protokoll namens Q-LAN; der Hersteller verspricht Latenzzeiten von weniger als 2,5 ms (jeder Eingang zu jedem Ausgang) bei einem Matrixsystem mit einer maximalen Ausbaustufe von 512 ¥ 512 Kanälen.

Die Q-Sys-Zentraleinheit (in diesem Fall Core 1000, in Mainz mit 56 ¥ 56 Kanälen ausgerüstet) befindet sich in einem Seitenraum der Bischofsgruft in einer von zwei im Dom vorhandenen Technikzentralen. Hier sind auch die zugehörigen, je nach Bedarf mit unterschiedlichen Einschubkarten bestückbaren I/O-Frames in einem 19″-Schrank montiert, welcher am Rande bemerkt bei BFE als Sonderanfertigung hergestellt werden musste, da Produkte „von der Stange“ nicht durch den schmalen Zugang des Seitenraums gepasst hätten.

Das Schwanenhalsmikrofon am Ambo ist in einer speziellen Gummihalterung gelagert. Rechts im Bild zu sehen ist ein Abschnitt eines DSP-Linienstrahlers.
Das Schwanenhalsmikrofon am Ambo ist in einer speziellen Gummihalterung gelagert. Rechts im Bild zu sehen ist ein Abschnitt eines DSP-Linienstrahlers. (Bild: Jörg Küster)

Die Lautsprechersignale werden ausgehend von sechs Q-Sys I/O-Frames über NF-Leitungen distribuiert – von einer verteilten Lösung mit abgesetzten Units an den Ausgabepositionen hatte man aufgrund der räumlichen Gegebenheiten im Dom Abstand genommen. Genutzt werden in Mainz derzeit 48 Eingänge und 48 Ausgänge; ergänzende Patchfelder ermöglichen bei Bedarf eine freie händische Verschaltung. Hartmut Tribensky berichtet:

„Ich programmiere DSP-Matrizen bereits seit ungefähr 20 Jahren, und man gelangt eigentlich immer an den Punkt, an dem man die Prozessorauslastung im Auge behalten muss – ein Regler mehr, und es ist Feierabend! Für das Projekt im Mainzer Dom habe ich sehr viele Bearbeitungsalgorithmen eingebaut, und dennoch liegen wir in puncto DSP-Auslastung trotz des kleinen Cores derzeit bei nur rund 46 Prozent.“ Für die Programmierung nutzte Tribensky die zur QSC-Systemplattform gehörende „Q-Sys Designer“-Software, welche die Arbeit durch ein ansprechend gestaltetes GUI erleichtert.

Die Richtcharakteristik (vertikaler Schallöffnungswinkel und Schallneigungswinkel) der Linea Focus-Lautsprecher wurde erwartungsgemäß über die DSPs der Fohhn-Produkte eingestellt; weiterhin wurde dort auch eine Grundentzerrung realisiert. Sämtliche darüber hinausgehenden Bearbeitungsschritte werden in Mainz von der Q-SysPlattform bewältigt.

Zu den Aufgaben zählen die Entzerrung der Mikrofonsignale, die Pegelfestlegung für die einzelnen Lautsprecher (bzw. Lautsprechergruppen)sowie natürlich die passenden Delays, um bei der Beschallung einen Richtungseindruck zu erzielen. Das Setup im Mainzer Dom ist derart eingerichtet, dass man als Besucher den Schall in der Regel als aus dem Westchor kommend wahrnimmt.

Einmessung und Programmierung

Für Einmessung und Tuning des komplexen Beschallungssystems wurden fast zwei Wochen benötigt: Zum einen sollten die Kirchenbesucher nicht unnötig gestört werden, zum anderen war pro Lautsprecher eine mikrofonbezogene Zuordnung gefragt – jedes einzelne Mikrofon wurde definierten, im Pegel anpassbaren Lautsprechergruppen zugewiesen. Akustisch besonders kritische „Hotspots“ wie das Chorgestühl, in dem sich aufgrund der darüber befindlichen großen Kuppel alle nur erdenklichen Reflexionen kumulieren, lassen sich durch diese Vorgehensweise zumindest ein wenig entschärfen.

Für Hartmut Tribensky war es der erste Kontakt mit der Q-Sys-Plattform, und der Medientechnikspezialist findet durchweg lobende Worte: „Für ein derart junges Produkt funktioniert das Handling erstaunlich gut: Man muss sich zunächst zwar ein wenig umstellen, aber wenn man sich erst einmal auf das Prinzip eingelassen hat, ist das Ganze wirklich toll! Möglichkeiten ohne Ende …“ Unter anderem wurde für das Vorhaben im Dom die Option benötigt, mehrere Automatikmixer im DSP zu koppeln, was sich mithilfe der neuen Softwareversion 2.0 umsetzen ließ: „QSC hat sehr schnell reagiert und unserem doch recht speziellen Wunsch nach diesem Feature gerne entsprochen“, freut sich Tribensky.

Die Beteiligten

Eine besondere akustische Herausforderung stellt im Mainzer Dom die Orgel dar, deren Pfeifen an sieben Stellen verteilt sind: Zieht der Organist sämtliche Register, erhöht sich der Pegel an allen Mikrofonpositionen um etliche Dezibel und erzielt Werte, die von Sprache niemals erreicht werden würden. Die Dynamik des musikalischen Vortrags variiert zudem je nach Organist, so-dass das händische Abschalten der Mikrofone über die Crestron-Touchpanels als einzig gangbares Verfahren erscheint – bei einem automatischen Prozess samt geeignet hohem Schwellenwert wäre nicht zu garantieren, dass die Stimme das Mikrofon sicher öffnet.

Im Dom stammt die drahtgebundene Mikrofonierung von Schoeps; insgesamt 16 der hochwertigen Schallwandler aus Karlsruhe werden aus der Q-Sys-Plattform mit Phantomspannung versorgt. Ergänzt wird die Audioausstattung durch zwei digitale Yamaha-Mischpulte des Typs LS9, die bei großen Messen als Regieplätze genutzt werden können. Die Mikrofonsignale werden in diesem Fall aus der QSC-Matrix digital via

AES/EBU an die Yamaha-Pulte weitergereicht. Aufzeichnungsmöglichkeiten sind über digitale 19″-Recorder von Tascam gegeben. Details sprechen im Dom für sich: So ist das Schwanenhalsmikrofon am Ambo in einer speziellen Gummihalterung gelagert, welche störenden Trittschall wirkungsvoll unterbindet. Auf der Mensa sind drei an einen DSP-Automatikmixer angeschlossene Grenzflächenmikrofone (ebenfalls Schoeps) zu entdecken, was der Altargröße und den weiten Besprechungsabständen während der Gottesdienste geschuldet sein dürfte.

Je nach Situation stehen während der Liturgie drei bis zwölf Priester um den Gottestisch; dem Vernehmen nach fallen Sprachverständlichkeit und Pegel auch in einer solchen Konstellation zufrieden stellend aus. Die Drahtlosstrecken entstammen dem Portfolio von Shure (UHF-R); neben sechs Handsendern sind auch zwei Taschensender mit Lavaliermikrofonen vorhanden.

Erstaunlicherweise stellte sich der Einsatz der Funkstrecken im Dom als unproblematisch heraus: „Wir hatten nur zu Beginn je nach Position des Mikros marginale Probleme mit Rückkopplungen“, berichtet Hartmut Tribensky. „Seit der korrekten Einrichtung des Systems ist aber ein erstaunlich hoher Pegel möglich, und der Empfang ist auch okay.“

Dome im Dom

Zum Anschluss von Kamerasystemen wurden in Abstimmung mit ARD und ZDF sowohl analoge Kupferstrecken als auch Glasfaserkabel verlegt. An der Außenseite des Doms befindet sich ein Anschlussfeld, an das sich Ü-Wagen komfortabel ankoppeln können. Bei Fernsehübertragungen bringen die Sender eigene Broadcast-Cams mit, doch seit dem Umbau verfügt der Mainzer Dom auch über diverse fest installierte Überwachungskameras: Zwölf Panasonic CCTV-Kameras sowie eine Dome-Kamera dienen nicht nur der Sicherheit, sondern werden bei Veranstaltungen auch für die interne Kommunikation genutzt – der Kantor etwa kann dank Videoverbindung (10,4″-TFTs) den Organisten sehen, was sonst aufgrund der räumlichen Gegebenheiten nicht möglich wäre.

In diesem Zusammenhang erklärt sich auch, wieso dieser Part der Videotechnik analog ausgeführt ist: Der Frame-Versatz bei bezahlbaren digitalen Lösungen hätte ein perfektes Timing bei musikalischen Aufführungen möglicherweise verhindert. Zur Steuerung der an eine Panasonic-Kreuzschiene angebundenen Kameras ist im Dom ein separater Videoregietisch vorhanden, welcher ebenso wie der direkt benachbarte Audioregietisch von BFE gemäß der Wünsche der Verantwortlichen als Sonderlösung angefertigt wurde.

Im Westchor sind würfelförmige Nahfeldlautsprecher des Typs AL-10 aus der Linea AL-Serie von Fohhn installiert.
Im Westchor sind würfelförmige Nahfeldlautsprecher des Typs AL-10 aus der Linea AL-Serie von Fohhn installiert. (Bild: Jörg Küster)

Künftig ist eine Übertragung von Gottesdiensten und Veranstaltungen ins Internet geplant; die Technik ist bereits entsprechend vorbereitet. Für besonders gut frequentierte Veranstaltungen (Christmette etc.), bei denen bis zu 4.000 Personen im Dom Platz finden, sind in den Bodentanks Anschlusspunkte vorhanden, an welche sich zusätzliche Bildschirme anbinden lassen, sodass auch in den Seitenschiffen des Bauwerks das Geschehen im Hauptchorraum visuell mitverfolgt werden kann.

Prestigeprojekt

„Nach Beendigung der Installation im Oktober 2010 gingen bei uns die Meldungen mündlich und schriftlich ein“, berichtet Domdekan Heinz Heckwolf. „Der generelle Tenor lautete ,Viel besser als sonst!‘, aber es kamen auch vereinzelt Rückmeldungen von Gemeindemitgliedern, die sich beklagten, dass sie vorher schon nichts hören konnten und sich dieser Umstand nun auch nicht merklich gebessert habe – diese Leute haben wir dann zum Ohrenarzt geschickt …“ (schmunzelt) Großes Lob erhielt die neue Installation am Rande bemerkt vom Schwerhörigenbund: Vier Induktionsschleifen an Verstärkern von Ampetronic sorgen bei den Verbandsmitgliedern für Begeisterung; sechs neue, von BFE gelieferte und installierte Liedanzeigen (Signum) werden ebenfalls begrüßt. „Persönlich erlebe ich im Dom heute ein ganz anderes akustisches Gefühl“, konstatiert Heinz Heckwolf zufrieden.

„An den Mikrofonen kann man in normaler Lautstärke reden und wird auf den Bänken trotzdem gut verstanden – früher musste man sich immer relativ laut artikulieren, um einigermaßen verständlich bei den Gottesdienstbesuchern anzukommen.“ Im Gespräch mit diesem Magazin äußerten sich alle für die Medientechnik Verantwortlichen überaus zufrieden mit dem Erfolg der Maßnahmen. Besonders herausgestellt wurde zudem der konstruktive, von gegenseitigem Respekt geprägte Umgang miteinander, welcher wesentlich zum Gelingen des gleichermaßen anspruchsvollen wie prestigeträchtigen Projektes beigetragen haben dürfte.

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