Medientechnik: Entertainment auf Kreuzfahrtschiffen

Theatrium auf der AIDAnova – Entertainment im 360°-Format

Das dreistöckige Theatrium, als zentraler Live-Entertainment Bereich auf dem Kreuzfahrtschiff AIDAnova, bietet medientechnische Besonderheiten rund um seine 360°-Bühne, zu denen unter anderem ein variabler Bühnenhintergrund aus LED-Wänden und ein futuristisch anmutender „Artisten-Fahrstuhl“ gehören.

AIDAnova Theatrium(Bild: AIDA Cruises)

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Gutes Entertainment an Board ist ein wichtiger Maßstab, an dem Kreuzfahrtschiffe von potentiellen Gästen gemessen werden. Dazu gehört auch das Live-Entertainment auf der Bühne. So auch bei der AIDAnova, seit Dezember 2018 im Dienst für AIDA Cruises. Zentrales Entertainment-Highlight ist hier das Theatrium, dessen Name als Mix aus Theater und Atrium auf die Nutzbarkeit als Ort zum Verweilen, aber auch Erleben von Shows hinweist. Die dreistöckige Location erstreckt sich über die Decks 6 bis 8 und bietet eine Bühne mit Rundum-Blick – die Plätze sind um die 360°-Bühne gruppiert.

Der Artisten-Fahrstuhl mit ausgefahrenem Tubus.
Der Artisten-Fahrstuhl mit ausgefahrenem Tubus. (Bild: ASC)

Das Theatrium wurde vom Hamburger Systemintegrator Amptown System Company mit moderner Medientechnik ausgestattet. Dabei hat man darauf geachtet, dass die Technik harmonisch in das Ambiente integriert wurde. Kleine Technikinseln in den umlaufenden Balkonen sind mit Scheinwerfern, Kameras, Antennen und Lautsprechern versehen. Die Lautsprecher hat ASC zum Teil in die Decken eingearbeitet. Sie entsprechen in der Farbgebung ihrer Gehäuse genau der Umgebung.

LED-Videowände und „Artisten-Fahrstuhl“

Als variabel bespielbarer Bühnenhintergrund fungieren Theatrium gehören elf LED-Wände. Fünf dieser Wände sind motorisch verfahrbar und ermöglichen daher zahlreiche Inszenierungsvarianten – auch der Zugang zur Bühne aus dem Off wird möglich. Die von ASC gefertigte Custom-Unterkonstruktion soll für einen sicheren Halt sorgen und ist nicht direkt mit dem Schiffskorpus, sondern mit einem Rigging-System von Bosch Rexroth verbunden. Eine spezielle Unterkonstruktion erlaubt es zudem, dass LED-Tiles an den Balkonen befestigt werden konnten und sich so eine geschwungene Optik ergibt. Die LED-Elemente stammen ebenso wie in anderen Bereichen des Schiffs vom LED-Hersteller Absen.

Teilweise verfahrbare LED-Wände bilden den variabel bespielbaren Bühnenhintergrund. Im Vordergrund: der auf einem Balkon befindliche FOH-Platz mit der DiGiCo SD7 Audiokonsole. (Bild: ASC)

An der Decke befindet sich eine Konstruktion, die in ihrer Form ein wenig an das legendäre „Raumschiff Orion“ erinnert. Ein schwarzer Kreis im Zentrum des halbkugelförmigen Objekts markiert den sogenannten neuartigen „Artisten-Fahrstuhl“: Künstler können hier von der Decke aus mit einem röhrenförmigen Fahrstuhl auf die Bühne gelangen – dabei erhält dieser Auftritt durch die am Tubus angebrachten LED-Tiles zusätzliche Dramatik. Verbleibt der Fahrstuhl in der Decke, können die Künstler alternativ an Seilen oder an einem Trapez aus einem Ausgang steigen, der sich beim Öffnen von Lamellen in der Mitte des Objekts ergibt. Der Artisten-Fahrstuhl ist mit diversen Scheinwerfern sowie einem Showlasersystem bestückt; ein konventioneller umlaufender Vorhang ist ebenfalls vorhanden.

Das schiffsweit eingesetzte Intercom-System stammt von dem zur Bosch Gruppe gehörenden Hersteller RTS Intercom Systems und gruppiert sich um eine ADAM-M-Matrix, die im Broadcast Center untergebracht ist. Die Techniker nutzen unter anderem drahtlose DECT-basierte TR-1800 Vierkanal-Beltpacks mit Headsets aus der HR-Serie.

Kleine Technikinseln in den umlaufenden Balkonen sind mit Scheinwerfern, Kameras, Antennen und Lautspre-chern versehen. (Bild: ASC)

Licht und Ton

Zur Bühnenbeleuchtung werden im Vergleich zu einem Theater an Land viele Movinglights verwendet, um größtmögliche Flexibilität zu erreichen, denn auf See dürfen an Bord keine Leitern verwendet werden. Daher nutzt man Scheinwerfer, deren Position man ferngesteuert verändern kann. Die fest montierten Scheinwerfer wie beispielsweise ETC Source Four können bei Bedarf während des Aufenthalts in einem Hafen neu ausgerichtet werden – hier können die Techniker Leitern nutzen. Zur Lichttechnik im Theatrium gehören unter anderem Martin MAC Quantum, Martin MAC Quantum, Martin MAC Encore, Elation SixBar 500 & 1000, Elation ACL 360 Bar, GLP Impression X4 Bar20, ETC Source 4 LED Series 2 und Martin JEM Glaciator Bodennebelmaschinen.

Obwohl die Shows komplett vorprogrammiert wurden, sind bei Aufführungen grundsätzlich Techniker für Ton, Licht/Video und Rigging anwesend, um im Bedarfsfall eingreifen zu können. Damit ist man für den Fall gerüstet, dass ein Künstler seinen Einsatz verpasst oder nicht an der richtigen Stelle steht. Der FOH-Platz befindet sich mittig auf einem Balkon und umfasst eine DiGiCo SD7 Audiokonsole. Die Lichttechnik wird über ein grandMA-Pult von MA Lighting gesteuert. Videocontent ist auf Servern von XI-MACHINES abgelegt.

Subwoofer befinden sich nicht nur links und rechts auf der Bühne, sondern auch unterhalb von Sitzgelegenhei-ten sowie in Schmuckgitter geschützten Inseln auf den Emporen. (Bild: ASC)

Fest installiert sind im Theatrium fünf Kameras, die sich vom Broadcast Center aus steuern lassen. Bilder vom Live-Geschehen lassen sich auf Bildschirme schalten, die in an den Zentralbereich des Theatriums angrenzenden Arealen verteilt sind. So haben Gäste, die in einer der Bars Platz nehmen, die Möglichkeit, dem Bühnengeschehen zu folgen.

Die Lautsprecher im Theatrium stammen durchweg von d&b audiotechnik – das Soundsystem ist mit Modellen aus den Serien V, Y und E ausgestattet. Subwoofer befinden sich nicht nur links und rechts auf der Bühne, sondern auch unterhalb von Sitzgelegenheiten sowie in Schmuckgitter geschützten Inseln auf den Emporen. Die abgesetzten Tieftöner werden mit einer zur Main-PA passenden Verzögerungszeit betrieben.

Bei der Konstruktion von AIDAnova wurde darauf geachtet, dass die in den an das Theatrium angrenzenden Kabinen schlafenden Gäste nicht durch Veranstaltungen gestört werden. Zur Entkopplung der Lautsprecher von der Schiffskonstruktion wird unter anderem ein spezieller Schaumstoff verwendet, welcher die Übertragung von Schwingungen reduziert. Die Raumakustik in der Spielstätte wurde mithilfe diverser Maßnahmen optimiert; akustisch wirksam sind unter anderem perforierte, mit Dämmmaterial hinterlegte Deckenelemente, zahlreiche gepolsterte Sitzgelegenheiten und der großflächig ausgelegte Teppichboden.

Von der Bühne kommende Audiosignale werden in der Regel auf DiGiCo SD-Racks geführt und anschließend digital per Glasfaserleitung distribuiert. Zentrales Element der Glasfaser-Infrastruktur bildet ein „Broaman Route66“ AutoRouter von Optocore, der als „Übersetzer“ zwischen den über Lichtwellenleiter eingehenden Signalen und dem DiGiCo-System fungiert. Die Glasfaser-Infrastruktur ist zudem für künftige AV-technische Entwicklungen ausgelegt, so dass Endgeräte wie beispielsweise digitale Audiopulte gegebenenfalls gegen neuere Produkte ausgetauscht werden können, ohne dass die Verkabelung neu verlegt werden müsste. Die natürlich auch an Bord verlegten analogen Patchfelder stammen vom Hersteller Ghielmetti.

RTS Intercom Systems
Ein RTS Intercom Systems wird zur schiffsweiten Kommunikation der Entertainment-Crew genutzt. (Bild: ASC)

Die Audiosysteme sind auf der AIDAnova in zwei Bereiche unterteilt: Neben den im Entertainment-Bereich eingesetzten Audioprodukten ist der andere Teil dem sicherheitsrelevanten PAGA-System („Public Adress General Alarm“) zugeordnet. Im Entertainment-Bereich kommt für die schiffsweite Verteilung von Audiosignalen ein Q-LAN-Netzwerk von QSC zum Einsatz. Alle Venues sind auf diese Weise miteinander verbunden. Eine Verbindung zum PAGA-Part, der ebenfalls auf einem Q-LAN-Netzwerk beruht, wird analog über Tielines hergestellt. Hintergrund ist, dass dem PAGA-Part mit seinen zahlreichen Deckeneinbaulautsprechern (getrennt in A/B-Linien, netzwerkfähige Endstufen aus der CXD-Q Serie) die Server für die Wiedergabe von Hintergrundmusik zugeordnet sind. Unterschiedliche Channels werden in verschiedene Bereiche des Schiffs gestreamt, so dass beispielsweise in der Sushi House Gastronomie eine andere Klangkulisse hörbar ist als im italienisch inspirierten Bella Donna Speisebereich. Um auch die Entertainment-Venues an die Hintergrundbeschallung anbinden zu können, wurde die Querverbindung zwischen beiden Systemen eingerichtet.

Steuerungsmöglichkeiten sind unter anderem durch QSC Touchpanels (TSC-7) gegeben, an denen beispielsweise ein Kanal für die Hintergrundmusik oder lokale Inputs ausgewählt werden können. Über das QSC Q-SYS-System werden via TCP/IP auch Steuerbefehle an die Verstärker von d&b audiotechnik übermittelt, in denen Presets (z. B. passend zum aktuellen Bühnengeschehen) umgeschaltet werden. Sogar ein Speaker-Sharing ist möglich: Bei bestimmten Gelegenheiten werden Deckeneinbaulautsprecher aus dem PAGA-System gemeinsam mit Subwoofern aus der Entertainment-Anlage betrieben; die Subwoofer müssen dabei im Gegensatz zu den PAGA-Komponenten nicht an eine USV angebunden sein.

Jedes Venue auf der AIDAnova ist mit einer eigenen QSC Q-SYS Core110f-Systemzentrale ausgerüstet; der dezentralisierte Aufbau mit insgesamt 24 Core110f soll für mehr Betriebssicherheit sorgen und einen „Single Point of Failure“ in Form einer übergeordneten Main-Matrix vermeiden. Die Cores sind miteinander verbunden, so dass eine Signalübertragung möglich ist. Jeder Q-SYS Core-Prozessor bietet lokale Ein- und Ausgänge, Signalverarbeitung, Steuerung, Konferenzkamera-Routing, Endpoint-Bridging, hochwertige Echounterdrückung und Equalizer-Funktionen.


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