Neben der Punktquelle und dem unendlich ausgedehnten Flächenstrahler ist eine weitere idealisierte Schallquelle der unendlich lange Linienstrahler in Form eines im Radius pulsierenden Zylinders. Dieser strahlt, wie es der Name schon vermuten lässt, eine Zylinderwelle ab.
Die insgesamt abgestrahlte Leistung verteilt sich hier bei einer Verdopplung der Entfernung vom Mittelpunkt des pulsierenden Zylinders auf eine zweifach größere Fläche, womit sich die Leistungsdichte auf ½ (= –3 dB) reduziert und der Schalldruckpegel nur um den Faktor 0,707 (= –3 dB) abfällt. Für eine Punktquelle oder eine beliebige andere sphärische Wellenfront ergibt die gleiche Berechnung einen Pegelverlust von 6 dB pro Entfernungsverdopplung.
Im realen Leben gibt es natürlich weder unendlich ausgedehnte Strahleranordnungen noch ideal homogen schwingende Flächen. So beginnt eine Lautsprechermembran bei hohen Frequenzen ausgeprägte Partialschwingungen auszubilden, sodass die Membran in vielen einzelnen Teilflächen agiert, die auch gegenphasig schwingen können. Eine reale Strahlerzeile in Anlehnung an die Linienquelle wird häufig aus einzelnen übereinander angeordneten Lautsprechern aufgebaut, deren Membranen keine durchgehende Fläche ergeben.
Ebenso gibt es weder den unendlich kleinen Strahler noch den mit einer unendlichen Ausdehnung in eine oder mehrere Richtungen. Trotzdem können die Modelle der Punkt- und Linienquelle sowie des Flächenstrahlers zur Beschreibung real existierender Strahlerflächen herangezogen werden. Wann ein Strahler die Eigenschaften der idealisierten Quellen annimmt, hängt in erster Linie von seiner Größe, von der Wellenlänge und vom Abstand des Betrachtungspunktes zur Quelle ab.
Grundsätzlich kann eine Linienquelle entweder aus einer einzelnen Membran bestehen, z. B. bei einem Bändchenlautsprecher, oder aus vielen einzelnen Quellen zusammengesetzt werden. Letzteres geht mit der Einschränkung einher, dass es eine obere Grenzfrequenz gibt, oberhalb der keine kohärente Wellenfront mehr auftritt.
Im Abstrahlverhalten entstehen dann für höhere Frequenzen als diese Grenzfrequenz unerwünschte Nebenmaxima. Daraus erwächst die Problematik, dass man auf der einen Seite sehr kleine Lautsprecher verwenden muss, um auch bei hohen Frequenzen noch eine kohärente Abstrahlung zu erhalten, auf der anderen Seite aber gerne größere Systeme einsetzen möchte, die auch tiefe Frequenzen noch gut abstrahlen.
Die Line-Array-Komponenten aller größeren PA-Systeme sind aus genau diesem Grund als 2- oder 3-Wege Systeme aufgebaut, die auf ihren jeweiligen Frequenzbereich optimiert sind. Mit Einzelchassis wird daher in der Regel nur bis zur einer Frequenz von maximal 1,5 kHz gearbeitet. Für den darüber liegenden Frequenzbereich kommen dann Hochtontreiber mit speziellen Waveguides zum Einsatz.
Ein Line-Array ausschließlich mit Breitbandtreibern aufzubauen erfordert daher einige Kompromisse und stellt besondere Anforderungen an die verwendeten Chassis. Ein Beispiel mit einem typischen Lautsprecher in dieser Bauform soll die Zusammenhänge erläutern. Insgesamt zwölf Chassis mit 2,5“ Durchmesser sind dichtest möglich aufgereiht, sodass ein Abstand von 7 cm zwischen den Mittelpunkten zweier Membranen bleibt. Das Abstrahlverhalten einer solchen Anordnung lässt sich betrachten als Überlagerung der Abstrahlcharakteristik einer einzelnen Membran mit der einer Anordnung aus aufgereihten Punktquellen in entsprechendem Abstand.
In einer einfachen Simulation ist das Verhalten der zwölf Punktquellen gut zu veranschaulichen. Die Abbildungen in Tabelle 1 zeigen die Polardiagramme für ausgewählte Frequenzen, bei denen die Bereiche mit Auslöschungen, Nebenmaxima und neuen Hauptmaxima sowie deren Positionen gut zu beobachten sind.
Bei sehr tiefen Frequenzen, wo die Wellenlänge noch groß im Vergleich zur gesamten Anordnung ist, arbeiten alle zwölf Punktquellen als ein Strahler mit kugelförmiger Abstrahl-charakteristik (Tab. 1a). Mit zunehmender Frequenz (Tab. 1b) schnürt sich dann das Polardiagramm ein. Sobald die Wellenlänge der Gesamtausdehnung der Anordnung entspricht, das ist hier bei 404 Hz (Tab. 1c), entsteht senkrecht zur Hauptabstrahlrichtung ein erstes Minimum mit völliger Auslöschung.
Steigt die Frequenz jetzt weiter an, so wandert dieses Minimum nach vorne zur 0°-Achse und bei ±90° entsteht ein neues so genanntes Nebenmaximum (Tab. 1d), das deutlich geringer ist im Pegel als das Hauptmaximum bei 0°. Auch dieses wandert mit zunehmender Frequenz auf die 0°-Achse zu und es entstehen bei ±90° abwechselnd neue Minima und Nebenmaxima (Tab. 1e). Im Pegel werden diese Nebenmaxima zunächst immer kleiner, bis eine Frequenz erreicht wird, deren halbe Wellenlänge dem Abstand zweier benachbarter Punktquellen zueinander entspricht. Oberhalb dieser Frequenz beginnen die jetzt noch neu entstehenden Nebenmaxima im Pegel wieder zuzunehmen.
Wird dann eine Frequenz, die auch die kritische Frequenz genannt wird, erreicht, deren ganze Wellenlänge dem Abstand der Punktquellen zueinander entspricht, so entsteht bei ±90° ein neues Hauptmaximum (Tab. 1f) mit einem Pegel, der dem des Hauptmaximums bei 0° entspricht. Dieser Verlauf wiederholt sich immer weiter, sodass jetzt wieder neue Nebenmaxima erst mit fallender Tendenz und dann mit steigender Tendenz entstehen, bis bei der doppelten kritischen Frequenz wieder neue Hauptmaxima erscheinen (Tab. 1g).
Für ein Line-Array aus diskreten Quellen lässt sich daraus ableiten, dass der Abstand nicht größer als höchstens eine Wellenlänge sein darf, wenn keine neuen seitlichen Hauptmaxima im Richtdiagramm erscheinen sollen. Steckt man den Anspruch noch ein wenig höher, so dass alle Nebenmaxima zu den Rändern hin abfallen sollen, dann darf der Abstand eine halbe Wellenlänge nicht überschreiten.
In der Praxis kommt einem noch der Umstand zur Hilfe, dass man es nicht mit idealen Punktquellen zu tun hat, sondern mit Strahlern, die schon jeder für sich eine Richtcharakteristik ausbilden.
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Für den Heimbereich soll man die Zeile in zwei Raumecken montieren. Länge von der Decke bis zum Boden, so dass sich durch Spiegelung eine unendlich lange Zeile ergibt. Wer hat Raum, Zeit und Geld (etwa 40 gute Breitbänder werden benötigt), um das auszuprobieren? Der Klangeindruck sollte sehr gut sein (keine Auslöschungen durch Wandreflexionen im Nahbereich). Evtl. mit Sub zur Ergänzung.
Super Artikel! Danke!
Mit welchem Programm wurden die Simulationen durchgeführt?
Viele Grüße