Unter der Bezeichnung Panaray MSA12X stellte Bose unlängst einen modularen, DSP-gesteuerten Lautsprecher auf Basis der bekannten MA12EX-Zeile vor. Bis zu drei Einheiten lassen sich zu einem System konfigurieren und mit dem Bose Array Tool an die jeweilige Beschallungssituation anpassen. Wir stellen Hardware und Software vor und zeigen erste Messungen aus unserem Akustiklabor.
Zu den bekanntesten Installationslautsprechern von Bose gehört die kompakte Zeile MA12EX, die bei einer Länge von einem knappen Meter zwölf hauseigene Breitbänder beherbergt und als universell einsetzbares Werkzeug in Räumen mit schwieriger Raumakustik respektive langer Nachhallzeit gilt. Die MA12EX kann dabei durch die Kaskadierung mehrerer Einheiten in der Länge auch für größere Reichweiten eingesetzt werden. Wie bei allen passiven Zeilen besteht jedoch auch hier immer das Problem der optimalen Ausrichtung auf die Zuhörerfläche. Für ein ansteigendes Auditorium gelingt das mit entsprechender Länge und gerader Ausrichtung einfach.
Etwas schwieriger wird es jedoch, wenn sich die Zuhörer in der Ebene befinden oder sogar eine zweite Ebene in Form einer Empore hinzukommt. Möchte man zudem vermeiden, mögliche Wandflächen hinter den Zuhörern zu beschallen, dann stoßen einfache passive Zeilen schnell an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Verschärft wird das Problem noch, wenn die Zeilen aus optischen Gründen nicht geneigt montiert werden sollen.
Eine Lösung dazu findet sich in Form DSP-gesteuerter aktiver Zeilenlautsprecher, bei denen jeder Treiber in der Zeile einen eigenen Verstärkerkanal besitzt und über einen DSP individuell gefiltert angesteuert werden kann. Über die Filterung kann das Richtverhalten auf elektronischem Wege eingestellt und so an die Umgebung angepasst werden. Die theoretischen Grundlagen dazu sind seit Langem bekannt. Die in der Praxis flexibel umsetzbare Nutzung wurde jedoch erst mithilfe der DSP-Technik möglich. Der niederländische Hersteller Duran Audio leistete an dieser Stelle bereits vor 25 Jahren Pionierarbeit und machte die DSP-Zeile zu einem Standardwerkzeug in der Beschallungstechnik. Heute bieten diese Art Lautsprecher nahezu alle führenden Hersteller in verschiedensten Varianten und Größenordnungen an.
Für den potentiellen Anwender stellt sich nun die Frage: Gibt es Unterschiede, und wenn ja, wo und wie machen sich diese bemerkbar? Der erste Teil der Antwort darauf bezieht sich auf klassische Audiotechnik: Welche Treiber werden eingesetzt, wie leistungsfähig sind die Verstärker, und wie sehen Gehäuse und Montagezubehör aus? Das alles hängt vom Einsatzbereich und den Anforderungen ab. Soll die DSP-Zeile bei gemäßigten Pegeln primär Sprache übertragen, dann reichen kleine Treiber in der Größenordnung von 2″ bis 4″ und kleine Verstärker mit Leistungen von einigen Watt. Ist es jedoch das Ziel, große Flächen mit Musiksignal zu versorgen, dann sind große Mehrwege- Systeme mit kräftigen PA-Chassis und Verstärkerleistung von einigen Hundert Watt gefragt.
Soweit sind die Zusammenhänge aus der Beschallungstechnik bekannt. Neu hinzu kommt jetzt das Processing, mit dessen Hilfe das Beamsteering ausgeführt wird. An dieser Stelle gibt es große Unterschiede, sowohl den Bedienkomfort der Software wie auch die damit erzielbaren Ergebnisse betreffend. Manche Hersteller arbeiten lediglich mit einer einfachen Delay- und Pegeleinstellung; andere nutzen aufwendige FIR-Filtertechniken, um das Beamforming zu optimieren. Die Konfiguration des Abstrahlverhaltens betreffend, reicht die Bandbreite von der einfachen Einstellung von Neigungs und Öffnungswinkel bis hin zu voll automatisch auf die Hörerflächen optimierende Funktionen mit Auto-EQ, Sperrflächen und vielem mehr.
Auch die beste Software muss sich jedoch an den Grenzen der akustischen Möglichkeiten orientieren, die durch zwei entscheidende Parameter bestimmt werden. Das sind – für tiefe Frequenzen – die Länge der Zeile und – für hohe Frequenzen – deren Segmentierung. Um bei tiefen Frequenzen noch ein wirksames Beamforming zu erzielen, sollte die effektive Länge der Zeile mindestens der doppelten Wellenlänge entsprechen. Bei 350 Hz wären das knappe 2 m. Zu den hohen Frequenzen hin ist der Abstand der Einzelquellen relevant. Sobald die Wellenlänge kleiner als der Quellenabstand wird, entstehen im Abstrahlverhalten Nebenmaxima, die durch das Beamforming zwar reduziert, aber nicht mehr grundsätzlich vermieden werden können. Spezielle Fenstertechniken reduzieren die Nebenmaxima zwar, führen dann aber auch zu Verlusten beim erreichbaren Maximalpegel.
Schauen wir unter diesen Aspekten auf die Bose MSA12X, dann sind die Voraussetzungen gut. Die notwendige Länge lässt sich bei Bedarf durch die Kaskadierung der Zeilen erreichen; und mit zwölf 21/4″-Treibern auf einem knappen Meter Länge ist auch der Quellenabstand für die meisten Anwendungen hinreichend klein. Äußerlich ist die MSA12X nur auf der Rückseite von der passiven MA12EX zu unterscheiden. Hier ist das Elektronikmodul aufgesetzt, wodurch sich die Bautiefe um 67 mm auf 206 mm vergrößert. Die Breite des Gehäuses beträgt 106 mm und die Länge 984 mm. Wichtig bei vielen Installationen ist vor allem die Breite des Gehäuses, wenn es darum geht, die Zeile unauffällig an Säulen, Stützen oder Trägern anzubringen. Ein schönes Beispiel dazu zeigt die Bose-Installation im Ratssaal Garbsen, wo zwei jeweils 2 m lange Arrays an den Rahmen der Fenster angebracht wurden. Die Leistung der Verstärker in der MSA12X wird mit beachtlichen 12 × 50 W RMS angegeben, womit die Treiber voll ausgelastet werden können.
Mit der MSA12X blickt man bei Bose auf Installationen in Hörsälen, Ratssälen, Konferenzräumen, Museen und Verkehrsstationen aller Art. Es geht somit primär um eine qualitativ gute Sprachwiedergabe in akustisch schwieriger Umgebung. Es können maximal drei Einheiten zu einer langen Zeile zusammengesetzt werden, für die dann eine realistische Reichweite von 30 m bei maximal 101 dB Spitzenpegel angegeben wird. Das entspricht einer allgemein anerkannten Abschätzung für DSP-Zeilen, womit pro Meter Zeilenlänge ca. 10 m Reichweite möglich sind. Diese einfache Schätzformel berücksichtigt nicht nur den möglichen Schalldruck, sondern anhand praktischer Erfahrungen auch das Verhältnis von Direktschall zu Diffusschall in mehr oder weniger halligen Räumen. Dort lässt ab dieser Entfernung der subjektive Eindruck der direkten Ansprache und somit auch der Sprachverständlichkeit durch den Lautsprecher nach. Für die MSA12X können ein oder zwei Beams mit Öffnungswinkeln von bis zu 30° für ein Modul und bis zu 40° für zwei oder drei Module eingestellt werden. In allen Fällen liegt das akustische Zentrum des bzw. der Beams immer in der Mitte der Zeile. Die Signalzuspielung kann entweder analog symmetrisch oder via Dante- Audionetzwerk erfolgen. Das Dante-Interface gehört zur Standardausstattung der MSA12X. Für eine Konfiguration mit zwei Beams sind beide völlig unabhängig voneinander und können über zwei Eingangswege via Dante-Interface sogar mit separaten Signalen bespielt werden.
Die Verbindung zwischen den Modulen besteht aus einem kurzen Netzkabel mit Kaltgerätesteckern und einem Netzwerkkabel. Mechanisch werden die Module über eine Verbindungsschiene auf der Rückseite verbunden. Für die Montage gibt es Wandhalter, die oben und unten an der Zeile befestigt werden und ein horizontales Schwenken der Zeile um bis zu ±90° ermöglichen. Sollte es erforderlich sein, kann die MSA12X auch noch über ein Safety Cable an der Deckelplatte gesichert werden.
Wie gut eine DSP-Zeile ihre Aufgabe erfüllt, hängt zum einen von deren Möglichkeiten und Filterberechnungen ab, aber auch ganz wesentlich von der richtigen Einstellung für den jeweiligen Anwendungsfall. Letzteres geschieht in der Regel über eine zugehörige PC-Software, die sich bei Bose „Array Tool“ nennt. Wohl ganz bewusst hat man hier auf komplexe Einstellmöglichkeiten und ebensolche Darstellungen des Abstrahlverhaltens verzichtet, so dass man auch als Neuling mit der Software schnell klar kommt und Fehler vermieden werden. Das Array Tool nimmt keine direkte Verbindung mit den Lautsprechern auf, sondern nutzt dazu den Bose Control Space Designer (CSD), der zur Konfiguration aller Bose-Systeme dient. Die im Array Tool erzeugten Beam-Settings werden als solche abgespeichert und können dann in der CSD-Software an die betreffenden Lautsprecher übertragen werden. Die CSD-Software übernimmt auch alle weiteren Konfigurationen und die Überwachung der Lautsprecher. Beim Array Tool gibt es drei Tabs, genannt Venue, Speaker/ Analysis und Report. Unter „Venue“ wird die Hörerfläche eingegeben, und unter „Speaker/Analysis“ werden die Lautsprecher positioniert und eingestellt. „Report“ erstellt eine Übersicht des aktuellen Projektes. Für die Einstellung des Beamformings verbindet man zunächst grafisch die Unterkante der Zeile mit der Vorderkante der Hörerfläche auf Ohrhöhe und anschließend die Oberkante der Zeile mit dem Ende der Hörerfläche. Danach erfolgt die Auswahl zwischen Flat Floor, Raked Floor oder Steer/Spread.
Je nach Auswahl wird damit das Abstrahlverhalten optimiert. Die so ermittelten Einstellungen werden dann mit „Send to CSD“ übertragen. Neben den Beam-Parametern wird in zwei weiteren Fenstern die Pegelverteilung über der Hörerfläche und im Schnitt angezeigt. Dabei lässt es sich auswählen, ob der Pegel breitbandig, in Oktav- oder Terzbändern oder für die „Vocal Bands“ für die Oktavbänder von 1 bis 4 kHz angezeigt wird. Das alles geschieht extrem schnell, so dass sich jede Änderung sofort verfolgen lässt. Möchte man es genauer wissen und eine Simulation der MSA12X in einem Raum berechnen, dann steht dazu die mittlerweile kostenlose Bose Modeler Software zur Verfügung. EASE GLL oder CLF Daten gibt es bislang leider noch nicht.
Zum Test standen zwei MSA12X-Einheiten zur Verfügung. In einem ersten Schritt wurden zunächst die Frequenzgänge on axis gemessen – mit einer Beam-Einstellung von 0° Neigungswinkel und 0° Öffnungswinkel. ABB. 02 zeigt die beiden Kurven, die einen gut nutzbaren Frequenzbereich von ca. 70 Hz angefangen bis 18 kHz zeigen. Über alles betrachtet gibt es eine leichte Tendenz zur Höhenbetonung, die speziell bei größeren Entfernungen durchaus von Vorteil ist. Die zugehörigen Phasengänge in ABB. 03 zeigen das für einen Breitbänder typische und günstige linearphasige Verhalten. Lediglich zu tieferen Frequenzen hin dreht sich die Phase durch das akustische und elektrische Hochpassverhalten.
Trotz der kleinen 21/4″-Breitbänder bietet die MSA12X einen weit ausgedehnten Frequenzgang, der eine unverfärbte und qualitativ gute Sprachwiedergabe ermöglicht. Auch der Musikwiedergabe steht hier nichts im Wege. Hier kann man dann bei Bedarf noch einen Subwoofer ergänzen, der die MSA12X unterhalb von 80 Hz unterstützt.
Kommt man zum Thema Directivity, dann gilt es hier, die horizontale und die vertikale Ebene zu betrachten. Während es bei „normalen“ Lautsprechern meist nur kleinere Unterschiede in den beiden Ebenen gibt, die typischerWeise durch das Hochtonhorn bestimmt werden, fallen die Unterschiede bei Lautsprecherzeilen extremer aus. Horizontal ist die Abstrahlung eher breit und vertikal sehr eng. Bei DSP-gesteuerten Zeilen kommt hinzu, dass das vertikale Verhalten in gewissen Grenzen eingestellt werden kann. In der horizontalen Ebene ist es jedoch fix und wird durch das Verhalten des einzelnen Treibers bestimmt.
Bei einem Breitbänder bedeutet das eine vom Durchmesser abhängige, zu hohen Frequenzen hin kontinuierlich zunehmende Bündelung der Schallabstrahlung. Bei der MSA12X versucht man, diesem Effekt dadurch ein wenig entgegenzuwirken, indem man die Breitbänder wechselnd leicht gegeneinander verdreht. Laut Datenblatt resultiert daraus ein sehr breiter Abstrahlwinkel von 160° bis 4 kHz. Die entsprechende Messung dazu aus ABB. 04 bestätigt die 160° sogar bis knapp oberhalb von 5 kHz. Darüber hinaus engen sich die 6-dB-Isobaren auf ca. 90° ein, die dann auch bis über 15 kHz aufrecht erhalten werden, womit sich die MSA12X sehr gut für in der Breite ausgedehnte Publikumsflächen eignet.
Zwei weitere Isobarenmessungen aus ABB. 05 und ABB. 06 stellen das vertikale Verhalten bei maximaler Bündelung (0° Öffnungswinkel) und 0° Neigungswinkel dar. Für ABB. 05 wurde eine einzelne MSA12X gemessen, und für ABB. 06 ein Array mit zwei Einheiten. Aus den Isobarenkurven lassen sich mehrere interessante Aspekte erkennen. Das wäre zum einen die ausgeprägtere Bündelung bei tiefen Frequenzen für die längere Zeile. Einen Öffnungswinkel von ±30° erreicht die 2-m-Zeile schon ab 200 Hz, was der 1-m-Zeile erst ab 400 Hz aufwärts gelingt.
Bild: Anselm Goertz
ABB. 04: Horizontale Isobaren einer MSA12X mit knappen 160° Öffnungswinkel
(–6 dB) bis 5 kHz. Darüber hinaus schnüren sich
die Isobaren auf einen immer noch recht breiten Öffnungswinkel
von ca. 90° ein. Das horizontale Abstrahlverhalten ist unabhängig
von der Länge des Arrays.
Bild: Anselm Goertz
ABB. 05: Vertikale Isobaren einer einzelnen MSA12X in der Einstellung
mit 0° Neigungs- und 0° Öffnungswinkel
Bild: Anselm Goertz
ABB. 06: Vertikale Isobaren eines Arrays mit zwei MSA12X in der
Einstellung mit 0° Neigungs- und 0° Öffnungswinkel
Beide Zeilen lassen zudem aufgrund des identischen Quellenabstandes ab ca. 5 kHz aufwärts die unvermeidlichen Nebenmaxima im Abstrahlverhalten erkennen. Betrachtet man die beiden Isobarendarstellungen genauer, dann fällt auf, dass die längere 2-m-Zeile bei hohen Frequenzen scheinbar breiter abstrahlt als die kürzere 1-m- Variante. Dies passt nicht mit der Theorie der mit zunehmender Frequenz und Länge ausgeprägter werdenden Bündelung in der Schallabstrahlung zusammen.
Die Ursache liegt hier bei der extremen Einstellung mit 0° Öffnungswinkel, was gleichbedeutend damit ist, dass alle Treiber ungefiltert fullrange arbeiten und die Zeile somit wie ein passives System als einfache ausgedehnte Linienquelle arbeitet. Die Linienquelle strahlt damit speziell bei hohen Frequenzen zunächst annährend eine Zylinderwelle ab, die erst in größerer Entfernung in eine sphärische Wellenfront übergeht. Der Übergang wird auch als Nahfeld-Fernfeld-Übergang bezeichnet. Bei einer Messentfernung von 8 m, wie es hier der Fall ist, entsteht dann bereits durch die 2 m breite zylindrische Wellenfront und deren Abbildung auf eine Kreisbahn in 8 m Entfernung ein scheinbarer Öffnungswinkel von 15°. Bei der 1-m-Zeile sind das lediglich 7°, womit sich das scheinbar breitere Abstrahlverhalten der längeren Zeile erklärt. Könnte man die Messung in einer deutlich größeren Entfernung durchführen, dann würde dieser Effekt verschwinden und die lange Zeile entsprechend spitzere Isobaren zeigen.
Die Isobarenmessungen aus ABB. 05 und ABB. 06 haben bislang nur das Verhalten der MSA12X für 0° Neigungswinkel und maximale Bündelung gezeigt, was mehr oder weniger dem der passiven Varianten entspricht, wo alle Treiber das gleiche Signal erhalten. Vom Beamforming im eigentlichen Sinne kann man daher hier noch nicht sprechen.
Für die nachfolgenden Isobaren wurden daher einige exemplarische Winkel mithilfe des Bose Array Tools eingestellt. Abb. 07 zeigt dazu einen um 20° geneigten Beam mit 25° Öffnungswinkel, gemessen mit dem Array aus zwei MSA12X. Der aus den Isobaren abzulesende Öffnungswinkel fällt mit 40° aus den schon vorab erläuterten messtechnischen Gründen wieder etwas breiter aus. Der Neigungswinkel von –20° wird genau eingehalten.
An seine Grenzen stößt das Beamforming bedingt durch den Quellenabstand oberhalb von 4 kHz. Ebenfalls mit 20° Neigungswinkel für den Beam wurden die Isobaren aus ABB. 08 gemessen. Der Öffnungswinkel wurde jetzt auf 0°, d. h. maximale Bündelung, gesetzt. Die exakt erreichten –20° lassen sich mit dem engen Beam jetzt sehr schön nachvollziehen. Einen Spezialfall mit zwei Beams für ±20° zeigen die Isobaren aus ABB. 09. Bei den Nebenmaxima oberhalb von 4 kHz scheinen sich die beiden Beams gegenseitig günstig zu beeinflussen, so dass die seitlichen Ausläufer weniger deutlich auffallen. Nach unten hin wird die klare Unterteilung der Beams bis 500 Hz aufrechterhalten.
Bild: Anselm Goertz
ABB. 07: Vertikale Isobaren für eine Beam-Einstellung mit 20° Neigungs-
und 25° Öffnungswinkel für ein Array mit zwei MSA12X
Bild: Anselm Goertz
ABB. 08: Vertikale Isobaren für eine Beam-Einstellung mit 20° Neigungs-
und 0° Öffnungswinkel für ein Array mit zwei MSA12X
Bild: Anselm Goertz
ABB. 09: Vertikale Isobaren für eine Beam-Einstellung mit zwei
Beams bei ±20° mit jeweils 0° Öffnungswinkel für ein Array mit
zwei MSA12X
Zu den wichtigsten Merkmalen eines professionellen Beschallungslautsprechers gehört der erreichbare Maximalpegel. Der Wert entscheidet darüber, wie und wofür ein Lautsprecher eingesetzt werden kann und wie effizient er im Kosten/Nutzen-Verhältnis ist. Zur Bestimmung des Maximalpegels gibt es verschiedene Methoden zur Messung oder zur Berechnung, wobei speziell Letzteres nur grobe Anhaltspunke bzw. Idealwerte liefert ohne Berücksichtigung von Powercompression und Verzerrungen.
Möchte man für eine sinnvolle Aussage nicht nur den Schalldruckpegel messen, sondern auch die dabei entstehenden Verzerrungen berücksichtigen, können als Messsignale Sinusbursts oder ein Multitonsignal als Kombination mehrerer Sinussignale eingesetzt werden. Auf der akustischen Seite ist die Messgröße der Schalldruck, der meist als Mittlungspegel Leq über einen definierten Zeitraum angegeben wird. Als weitere Größe es gibt es dann noch den Spitzenpegel Lpk. Betrachtet man z. B. ein nicht komprimiertes Rosa Rauschen, dann sind die Spitzenwerte in diesem Signal ungefähr um den Faktor 4 größer als der Mittlungspegel. Dieses Verhältnis ist der Crestfaktor. Gleiches gilt für die elektrische Seite. Hier sind es der Effektivwert und der Spitzenwert der Spannung, die das Signal statistisch beschreiben. Für ein Sinussignal als Beispiel beträgt der Spitzenwert das 1,414-fache (3 dB) des Effektivwertes.
Wichtig ist es zudem zu wissen, dass bei akustischen Messungen zum erreichbaren Maximalpegel von Lautsprecheranlagen immer der Mittlungspegel Leq zur Bewertung verwendet wird. Betrachten wir zunächst die Messung mit 185 ms langen Sinusburst- Signalen in ABB. 10. Hier wird der Pegel mit einem Sinussignal für eine Frequenz so lange erhöht, bis ein bestimmter Verzerrungsanteil, typisch 3 % oder 10 %, erreicht wird. Der dabei gemessene Schalldruck als Mittlungspegel für die Dauer der Messung wird als Messwert festgehalten.
Diese Messung wird über einen zu definierenden Frequenzbereich in Frequenzschritten von 1/12 Oktaven durchgeführt. Am globalen Verlauf und an der Gleichmäßigkeit der Kurven lässt sich ablesen, in welchen Frequenzbereichen ein Lautsprecher Stärken und Schwächen hat und ob es mögliche lokale Schwachpunkte gibt. Auffällig erscheint hier zunächst, dass die 3 %- und 10 %-Kurven ab 250 Hz aufwärts in beiden Messreihen nahezu deckungsgleich sind, was im Sinne der Eindeutigkeit einer Messung nicht sein kann. Der Grund liegt darin, dass die eigentlichen Werte für die 10 %-Kurve hier gar nicht erreicht werden, da schon vorher ein Limiter eingreift. Der Messalgorithmus erkennt den Limiter und bricht die Messung dann für diese Frequenz ab.
Erwartungsgemäß liefert das Array aus zwei MSA12X zunächst ca. 6 dB mehr Pegel als eine einzelne MSA12X. Bei höheren Frequenzen verliert sich der Gewinn jedoch und kehrt sich oberhalb von 3,5 kHz sogar in einen kleinen Verlust um. Die Begründung könnte auch hier wieder in der Nahfeld-Fernfeld-Problematik liegen, wo man sich bei 8 m Messentfernung für den Mittelhochtonbereich noch im Nahfeld oder Interferenzbereich befindet und die Addition der Quellen aus der längeren Zeile weniger effektiv ist. Unabhängig davon werden umgerechnet auf 1 m Entfernung beachtliche 115 bzw. 121 dB erreicht, wobei auch diese Werte nicht direkt mit denen „normaler“ Lautsprecher zu vergleichen sind, da bei 8 m Messentfernung für tiefe Frequenzen im Fernfeld und für hohe im Nahfeld gemessen wurde. Der Begriff „normale Lautsprecher“ ist dabei im Sinne einer Quelle zu verstehen, für die man sich bei 8 m Messentfernung für den gesamten Frequenzbereich eindeutig im Fernfeld befindet.
Die Basis der zweiten Messungen zum Thema Maximalpegel ist ein Multitonsignal, bestehend aus 60 Sinussignalen mit Zufallsphase, deren spektrale Gewichtung beliebig eingestellt werden kann. Für die nachfolgenden Messungen in ABB. 11 und ABB. 12 wurde die Gewichtung eines mittleren Musiksignals (grüne Kurve) gewählt. Der Crestfaktor des so synthetisierten Messsignals, der das Verhältnis vom Spitzenwert zum Effektivwert beschreibt, liegt bei einem praxisgerechten Wert von 4 entsprechend 12 dB.
Für den aus dieser Art der Messung abgeleiteten Verzerrungswert werden alle Spektrallinien aufaddiert, die nicht im Anregungssignal vorhanden sind, d. h. die als harmonische Verzerrungen oder als Intermodulationsverzerrungen hinzu gekommen sind. Auch bei dieser Art der Messung wird der Pegel so lange erhöht, bis der Gesamtverzerrungsanteil (TD = Total Distortions) einen Grenzwert von 10 % (–20 dB) erreicht oder Limiter eine weitere Erhöhung des Pegels verhindern. Unter diesen Bedingungen erreichte eine einzelne MSA12X für ein typisches Musikspektrum nach EIA-426B in 8 m Entfernung im Freifeld unter Vollraumbedingungen einen Spitzenpegel von 104 dB. Der Mittlungspegel lag bei 91 dB. Das Array mit zwei MSA12X erreicht ebenfalls in 8 m Entfernung einen Spitzenwert von 110 dB und einen Mittlungspegel von 97 dB. Das Datenblatt gibt dazu für eine MSA12X 103 dB Spitzenwert in 10 m und 102 dB für ein Array aus zwei MSA12X in 20 m an. Jeweils auf 8 m umgerechnet sind das 105 bzw. 110 dB, worin sich eine gute Übereinstimmung findet. Die im Datenblatt angegebenen Mittlungspegel liegen jeweils 6 dB höher, da hier von einem auf 6 dB Crestfaktor komprimiertem Testsignal ausgegangen wurde.
Abschließend wurde für den Test noch ein kleiner Probeaufbau im Lager neben dem Messraum improvisiert. Die maximal mögliche Entfernung zum Lautsprecher beträgt hier ca. 17 m. Ein Array aus zwei MSA12X wurde dazu mit Hilfe eines Gabelstaplers auf eine Höhe Unterkante des Lautsprechers 2 m über dem Boden gebracht. Der Aufbau entsprach somit einer nicht ganz untypischen Standardsituation für den Einsatz einer 2-m-Zeile. Das Beamforming wurde mit einem Beam für eine Hörerfläche beginnend bei 2 m bis 16 m eingestellt. Das MSA12X-Array konnte so die anvisierte Fläche gleichmäßig und klanglich angenehm be schallen. Sprache und Musik klangen gleichermaßen ausgeglichen und gut bei einer ebenfalls guten Sprachverständlichkeit.
Die lange erwartete DSP-gesteuerte Lautsprecherzeile von Bose mit der Typenbezeichnung MSA12X kombiniert bewährte Technik aus der passiven MA12EX mit einer neu entwickelten, zwölfkanaligen Elektronik. Mit lediglich 65 mm mehr an Bautiefe bleibt dabei die schlanke Bauform unverändert erhalten, was für viele Auswahlverfahren schon ein kräftiges Pfund sein dürfte. Die MSA12X kann zur Arrays mit bis zu drei Einheiten kaskadiert werden und verfügt standardmäßig bereits über ein Dante-Interface. Ansteuerung, Vernetzung und Überwachung erfolgen über den Bose Control Space Designer (CSD). Für die Einstellung des Beamformings wurde mit dem Array Tool eine kleine Zusatzsoftware entwickelt, die ohne großes Aufheben schnell und intuitiv die Anpassung der MSA12X an die gegebenen Verhältnisse ermöglicht.
Der Preis für eine MSA12X als UvP beträgt 3.250,– Euro zzgl. MwSt., womit man sich für den laufenden Meter DSP-Zeile in der mittleren Preisklasse befindet. Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass man bei Bose mit der MSA12X ein Produkt geschaffen hat, das zwar weder sensationelle Neuerung bietet noch mit besonders ausgefeilter oder komplexer Software aufwarten kann, dafür aber vermutlich für den Großteil der möglichen Anwendungsfälle für DSP-Zeilen genau den Bedürfnissen der Anwender entspricht. Der Lautsprecher ist unauffällig, kompakt, einfach zu bedienen und zu installieren und klingt schon direkt im ersten Hingriff gut und kräftig.