Ein LED-Chip strahlt aufgrund seiner Physik immer schmalbandig farbig. Wieso gibt es dennoch weiße LEDs oder LED-Leuchten, die weißes Licht abstrahlen? Dazu gibt es unterschiedliche Lösungsansätze, die wir im Folgenden einmal näher betrachten wollen.
Zunächst wollen wir klären, was überhaupt weißes Licht ist. Ruft man sich den Physikunterricht oder etwa das legendäre „Dark Side of The Moon“-Plattencover von Pink Floyd in Erinnerung, so sieht man, dass ein Prisma das weiße Licht in seine Spektralfarben zerlegt. Das Prinzip funktioniert auch umgekehrt. Mischt man einzelne Lichtfarben zusammen, ergibt dies wiederum weißes Licht. Nun ist das Auge-Hirn-System kein physikalisches Messsystem, sondern für die komplexe Aufgabe „Leben“ optimiert worden. So erkennt der Mensch weißes Licht bereits, indem man zwei Komplementärfarben wie Blau und Gelb im geeigneten Verhältnis zusammenmischt. Zugegeben, das ist dann ein ziemlich fades Weiß. Ein besseres Ergebnis ergibt sich, wenn man z. B. Rot, Grün und Blau zusammenmischt. Hieraus folgt: Je mehr Spektren hinzukommen, um so qualitativ hochwertiger wird das Weiß. Über die Lichtqualität werden wir uns dann in einer weiteren Folge auseinandersetzen; jetzt gilt es, die verschiedenen Arten von weißem Licht mit LEDs zu mischen.
Wir greifen das eben genannte Prinzip auf und mischen ein Weiß aus Blau und Gelb. Dieses Gelb ist allerdings nicht rein, sondern ein breitbandiges Gemisch aus verschiedenfarbig abstrahlenden Phosphorverbindungen. Das Prinzip ist von der Leuchtstofflampe wohl bekannt: UV-Strahlung in der Leuchtstofflampe regt Phosphorschlämmungen an der Röhrenwand zum Leuchten an. Bei der LED wählt man allerdings keine UV-abstrahlende LED, sondern eine blaue und trägt auf diesen Chip eine Phosphormischung auf. Das blaue Licht des Chips durchdringt die Phosphorschicht und regt diese dabei zum Leuchten an. In der Summe der Spektren sehen wir ein weißes Licht. Die Lichtfarben Warmweiß, Kaltweiß bzw. alle Farbtemperaturen können mit der Phosphormischung recht genau erreicht werden. So sind die gängigen LED-Lichtfarben in den Farbtemperaturen 2800K, 3000K, 3200K, 3500K, 4000K, 5000K, 5600K oder 6500K erhältlich.
Wie auch bei der Leuchtstofflampe ist die Qualität stark abhängig von der verwendeten Phosphorkombination und dem Stoffgemisch. Die Wahl der Phosphorverbindung ist auch für die Langzeitbetrachtung von Bedeutung: Üblicherweise altert Phosphor schneller als der LED-Chip, so dass sich im Laufe der Lebenszeit die Lichtfarbe immer weiter ins Bläuliche verschiebt. Zusätzlich ist noch die Art des Auftrages von Bedeutung. Bei Arrays mit vielen nebeneinander angeordneten Chips (um den benötigten Lichtstrom zu liefern) sollte die Schichtdichte über das ganze Array nicht stark variieren, da ansonsten je nach verwendeter Optik die beleuchtete Fläche auch fleckig aussehen kann. Oft ist auch eine Färbung ins Gelbliche zum Rand hin zu beobachten, weil dort mehr Phosphor durchleuchtet wird und somit das Verhältnis Blauanteil zu Phosphorfarbe zu Ungunsten des Blaus ausfällt.
Um ein möglichst originalgetreues Retrofit für eine Allgebrauchslampe bereitstellen zu können, bringt man statt des Wolframfadens einen LED-Chip auf einen Drahtträger auf. Dieser linienförmige LED-Chipträger hat nahezu Fadenform und wird in einem Glaskolben ähnlich der Allgebrauchslampe platziert. Um eine möglichst warmweiße Lichtfarbe und eine hohe Farbqualität wie bei der Glühlampe zu erreichen, hat man nach jedem vierten blauen LED-Chip einen rot abstrahlenden LED-Chip angeordnet.
Im Beispiel beinhaltet das Leuchtmittel nun fünf rote und 21 blau strahlende LEDs auf einem Drahtträger, der wiederum komplett mit einer Phosphorschlämmung umzogen ist. Damit wird eine qualitativ hochwertige und warme Lichtfarbe erzielt. Der rot abstrahlende LED-Chip sorgt für eine verstärkte Abstrahlung im Rotbereich, was wir von Glühfadenlampen her kennen, und kompensiert damit die Schwäche der davor beschriebenen Weißlicht-LED. In dieser Anordnung kommt das Leuchtmittel ohne Vorschaltelektronik aus. Denn wenn man vier LED-Fäden mit fünf roten und 21 blauen LEDs in Reihe schaltet, ist man über 240 V Betriebsspannung. So gesehen ist es ein gelungenes Konzept für ein funktionierendes Retrofit. Über die Anforderungen wie Dimmbarkeit oder Betrieb über Gleichstrom, wenn einmal die Notbeleuchtung anspringen soll, werden wir uns gesondert auseinandersetzen. Hier geht es erst einmal um die Arten der Weißlicht-Generierung.
Beim Remote Phosphor-Verfahren ist das Prinzip der Farbmischung identisch, jedoch wird die Phosphorschicht nicht auf den LED-Chip aufgetragen. Vielmehr handelt es sich um eine Blaulicht-Leuchte, vor die eine Phosphorscheibe auswechselbar befestigt wird. Der Vorteil hierbei: Man kann unterschiedlich gemischte Phosphorscheiben recht schnell austauschen. Je nach Zusammensetzung der Phosphormischungen können Farbtemperaturen und Lichtqualitäten bestimmt werden.
Damit ist man bei der Wahl der Farbtemperatur flexibel und muss sich nicht von vorherein festlegen, sondern kann nachträglich auch die Lichtstimmung von Kaltweiß auf Warmweiß wechseln. Ein weiterer Vorteil des Phosphorscheiben-Wechselsystem: Der altersbedingten Farbdrift kann durch Erneuern der Phosphorscheiben vermieden werden.
Möchte man dynamisch von einer warmweißen zu einer kaltweißen Lichtstimmung wechseln, so bedient man sich oft eines Weißlichtarrays, auf dem kaltweiße und warmweiße LED-Chips abwechselnd angeordnet sind. Diese können nun getrennt angesteuert werden. Damit verschiebt sich die Lichtfarbe von einem Punkt zum anderen. Da das beinahe stufenlose Überblenden von einer Lichtfarbe zur anderen in einer geraden Linie verläuft, verlässt man, je nach Ausgangspunkt der einzelnen LED-Lichtfarbe, die Nähe der planckschen Kurve. Die Lichtqualität wird zwangsläufig variieren.
Möchte man die Farbtemperatur nicht nur in einer geraden Line verschieben, sondern entlang der planckschen Kurve, benötigt man eine andere Technik, die es erlaubt, den gemischten Farbpunkt frei im Farbraum zu verschieben. Diese Freiheit erreicht man nur, indem man mit mehreren Grundfarben einen Farbraum aufspannt, innerhalb dessen dann jeder Farbort erreichbar ist. Aus der Farbenlehre wissen wir, dass man mit den Grundfarben Rot, Grün und Blau jeden Weißpunkt mischen kann. Jedoch lässt dabei die Lichtqualität sehr zu wünschen übrig, da viele Lichtfrequenzen nicht im Spektrum vorhanden sind und deshalb auch nicht vom beleuchteten Objekt reflektiert werden können. Deshalb ist hier die Maxime: Je mehr verschiedenfarbige LEDs zusammenkommen, umso lückenloser kann das Lichtspektrum wiedergegeben werden, und die Lichtqualität steigt.
Eine andere Möglichkeit ist es, neben den reinen LED-Farben auch LED-Chips einzusetzen, die zwar in einer Farbe wie Amber oder Lindgrün strahlen, aber aus einem blauen Chip und entsprechenden Phosphorfarben zusammengemischt werden, um dann in der gewünschten dominanten Farbe zu leuchten. Durch die Phosphorsorten wird die Lichtfarbe auch nicht mehr so schmalbandig wiedergegeben wie bei dem reinfarbigen LED-Chip. Damit kann man die Lücken im Lichtspektrum gleichmäßiger auffüllen. Demgegenüber steht, dass man mit dieser Lichtfarbe keinen tief gesättigten Farbton erhält. Zum Zwecke eines variablen Weißpunktes im Zusammenspiel mit den anderen farbigen LEDs ist dies jedoch eine durchaus attraktive Lösung, um hohe Lichtqualitäten zu erreichen.
Musste man sich bei konventionellen Leuchtmitteln über die Art – z. B. Halogenlampe oder Entladungslampe in den verschiedenen Typen – entscheiden, wird nun die Vielfalt der Varianten durch die LED als Leuchtmittel immer größer. Verlangt man jedoch von seiner Lampe nicht nur ein statisch stabiles Weiß, sondern möchte dynamische Lichtfarbwechsel nutzen, wird man bei der Auswahl des LED-Systems schnell eingeschränkt – mit all den Vor- und Nachteilen, die jedes System mit sich bringt. Im nächsten Beitrag widmen wir uns der Nachbildung von Halogenlicht-Eigenschaften sowie dem Austausch von Halogen- und LED-Leuchtmitteln (Retrofit).