Digital Signage – Werben und Informieren in der Elbphilharmonie
Vielseitiges Informationsnetzwerk in der Elbphilharmonie
von Helga Rouyer-Lüdecke,
Das digitale Informationssystem der Elbphilharmonie erlaubt den Mitarbeitern, interne Prozesse zu koordinieren, während die Besucher über Veranstaltungen informiert werden und zudem die Möglichkeit haben, Veranstaltungen auch außerhalb der Konzertsäle live zu verfolgen.(Bild: Helga Rouyer-Lüdecke:)
Kein Zweifel, für Liebhaber konzertanten Live-Musik ist die Hamburger Elbphilharmonie der „Place to be“. Das im Januar 2017 eröffnete Konzerthaus ist nicht nur architektonisch gesehen eine Attraktion, sondern zieht auch die Konzertbesucher weltweit an. Im ersten Jahr nach der Eröffnung besuchten rund 850.000 Menschen die über 600 Konzerte in der Elbphilharmonie, mehr als 70.000 Menschen nahmen an Konzerthausführungen und über 60.000 am Musikvermittlungsprogramm des Hauses teil.
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Die Vielzahl an Gästen, gastierenden Künstlern und Mitarbeitern des Hauses erfordert ein Informationssystem, das sowohl die Gäste und Interessenten extern als auch die Künstler und Mitarbeiter intern ins Bild setzt. Dies geschieht durch ein digitales System, das Digital Signage und IPTV kombiniert. Das Management der Elbphilharmonie setzt hierbei auf eine Lösung des in Hamburg ansässigen Dienstleisters PMS Perfect Media Solutions GmbH. Das Konzept von PMS erlaubt es, unterschiedliche interne Abläufe in einem einheitlichen System zusammenlaufen zu lassen und zu koordinieren, während die Besucher und Gäste der Elbphilharmonie über Wissenswertes zu den stattfindenden Veranstaltungen informiert werden und zudem die Möglichkeit haben, Veranstaltungen auch außerhalb der Konzertsäle live zu verfolgen.
Anforderungen und Herausforderungen
Bereits zu Baubeginn war es Wunsch der Verantwortlichen in der Elbphilharmonie, ein sogenanntes „Late-Arrival-System“ zu integrieren: Verspätete Besucher sollten das gewünschte Konzert über Monitore auch vom Foyer aus verfolgen können. Zu diesem Zweck wurden Kameras in den Veranstaltungssälen installiert, die Bild und Ton in den Vorraum übertragen. Bedingt durch die bekanntermaßen lange Bauphase mussten die Systeme immer wieder angepasst werden – die Technologien der zu Baubeginn installierten Geräte und System waren zum Zeitpunkt der Fertigstellung bereits wieder veraltet. Außerdem kamen in dieser Zeit aus den verschiedenen Geschäftsbereichen des Hauses neue Anforderungen auf. Dies stellte die Verantwortlichen vor die Herausforderung, einen Weg zu finden, die Vielzahl der Systeme auf den neuesten Stand zu bringen und in ein einheitliches System zu integrieren, das „weiß“, wann welche Inhalte aus den Sälen in die Foyers zu übertragen sind.
Auch die schieren Dimensionen der Elbphilharmonie als Veranstaltungshaus stellten eine Herausforderung an PMS dar. Wenn Abläufe wie in einem Uhrwerk ineinander greifen müssen, behindern lange und unübersichtliche Wege über mehrere Stockwerke hinweg den Informationsfluss. Zudem erschweren es unabhängig voneinander agierende Systeme den Mitarbeitern, reibungslose Abläufe zu gewährleisten. Es war also ein System erforderlich, das relevante Informationen und Anweisungen zum richtigen Zeitpunkt an die entsprechenden Verantwortlichen spielt, damit diese einsehen können, was sich wann und wo, vor beziehungsweise im Haus abspielt. Last but not least war für die Betreiber bei der Integration die Einhaltung von datenschutzrechtlichen Vorschriften unabdingbar.
Dynamische Zugriffsrechte für den Datenschutz
Das auf die Erfordernisse der Elbphilharmonie zugeschnittene Informationssystem basiert auf der PMS-eigenen Content Management Software PerfectShow und umfasst auch IPTV-Komponenten des Anbieters Exterity. Durch diese Kombination konnte in der Elbphilharmonie ein stringentes, vielseitig einsetzbares System implementiert werden, das interne Arbeitsprozesse erleichtern hilft und Besucher sowie Künstler über Aktuelles und Wissenswertes genau informiert.
Neben der Software wurden insgesamt 170 Monitore installiert; mit Ausnahme von sieben Eyevis Displays im Ticketing-Bereich wurden ausschließlich NEC-Displays verbaut. Etwa 30 der NEC-Flachbildschirme wurden in große runde Spiegel (siehe PROFESSIONAL SYSTEM Ausgabe 3.2017, „Moderne Technik hinter edlem Interieur“) eingelassen und befinden sich im Foyer, während weitere Monitore in öffentlichen Bereichen wie der Plaza oder der Konzertkasse montiert sind. Auch in den Fluren der Verwaltung oder im Backstage- Bereich sind Monitore zu finden – sie dienen zur Information der Mitarbeiter und Künstler backstage. Dank der ausgeklügelten Szenarien- Steuerung mit dem dazugehörigen Rechtemanagement können die Veranstalter gezielt und zeitlich abgestimmt Inhalte auf die jeweiligen Monitore spielen. Um dabei Datenschutzrichtlinien einzuhalten, ist nur bestimmten Mitarbeitern der Zugriff auf das System erlaubt – sie wählen sich mithilfe von dynamischen Zugriffsrechten zu festgelegten Zeiten in eine für sie bestimmte Auswahl an Steuerungselementen und Kameras ein. So kann eine präzise Prozessnavigation und -abwicklung gewährleistet werden. Diese komplexe Kombination aus Schalt- und Zugriffsrechten wurde so optimiert, dass sie zudem einfach bedienbar ist.
Content-Management bei Live-Veranstaltungen
Content-Redaktion der Elbphilharmonie fasst die abzuspielenden Inhalte mithilfe von sogenannten Timestamps zeitlich aufeinanderfolgend in einem Mediaplan zusammen. So wird sichergestellt, dass nur die für bestimmte Veranstaltungen relevanten Informationen abgespielt werden. Da es bei Live-Veranstaltungen jedoch immer auch zu Verspätungen kommen kann, wird in diesem Mediaplan lediglich eine zeitliche Abfolge festgelegt und nicht die minutengenaue Übertragung. Diese übernimmt der Inspizient, dem der Mediaplan für den jeweiligen Abend zur Verfügung gestellt wird. Er steuert die Befehle zum Programmwechsel der Monitore und entscheidet, dass der Content zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgestrahlt wird. Werden beispielsweise vor einem Konzert Informationsblöcke wie Preis- und Veranstaltungshinweise auf den Bildschirmen eingeblendet, kann der Inspizient zu Beginn mit einfachen Handgriffen die Übertragung von Bild und Ton aus den Sälen ins Foyer veranlassen.
In das interne PerfectShow-System wurde darüber hinaus auch das Outdoor-LED-Display am Eingangsbereich der Elbphilharmonie integriert. Die 66,15 m2 große Medienfassade, zusammengesetzt aus LED-Modulen mit 10 mm Pixel Pitch, stammt von der Firma S[Quadrat] (jetzt zu NEC gehörig) und ist aufgrund einer speziellen Rahmenkonstruktion nur 16 cm tief. Bespielt wird die Medienfassade mit Inhalten wie Lichteffekte, Texte, Logos, Werbung oder auch Videosequenzen.
Arbeitssparend und flexibel
Arbeitsersparnis und Flexibilität sind die Hauptvorteile des kombinierten Digtal-Signage/ IPTV-Systems im Vergleich zum „analogen“ händischen Erstellen von Programmhinweisen. So werden die Mitarbeiter entlastet, da sie die gemeinsame Hard- und Software sowohl für externe als auch interne Abläufe und Steuerungen nutzen können. Kurzfristige Änderungen und Korrekturen können spontan vorgenommen und kurzerhand auf den gewünschten Monitoren für die Besucher eingeblendet werden. Auch „schwarze“ Displays lassen sich vermeiden: Kassenmonitore, die gerade nicht im Einsatz sind, können mit Backup-Content bespielt werden. Sobald die Kasse besetzt ist, kann der Mitarbeiter seinen Monitor aktivieren und relevante Informationen zu Preisen und Platzverfügbarkeiten einblenden. Auch verspätete Besucher kommen auf ihre Kosten und haben die Möglichkeit, das Geschehen im betreffenden Saal bis zum Nacheinlass vom Foyer aus zu verfolgen. In den Pausen und nach dem Konzert wird die Bühnenübertragung auf Knopfdruck unterbrochen; stattdessen werden wieder selektierte Beiträge wie Programmhinweise oder Ankündigungen für Signierstunden gezeigt.
Im Backstage-Bereich dient das Informationssystem auch dazu, dass sich die Künstler ganz in Ruhe auf ihren Auftritt vorbereiten und zum Beispiel auf dem Monitor über verfügbare Räume und Einsatzzeiten informieren können. Vor Auftrittsbeginn können sie einen prüfenden Blick in den Saal werfen (Livekamera-Bild) und sich einen Eindruck über die Lage verschaffen oder sich zur Entspannung dem Lieblingsfernsehprogramm widmen.
Das Elbphilharmonie Kulturcafé, das Elbphilharmonie Besucherzentrum und Büroflächen gegenüber der Elbphilharmonie wurden zwischenzeitlich ebenfalls an das System angebunden. 2018 kam zudem eine von PMS entwickelte Multiview-Streaming-Lösung hinzu, die aus je 18 Kamera-Streams neue Multiview- Streams erzeugt und so über das IPTV-System den Mitarbeitern entsprechend der dazugehörigen Rechteszenarien einen Überblick über die aktuelle Lage im Konzerthaus bietet. Derzeit wird der neue Standort im Vespucci Haus am Sandtorkai, in dem weitere Mitarbeiter von Hamburg Musik und ELBG tätig sind, an das IPTV-System angebunden.
Ausblick
Künftig soll das IPTV- und Digital-Signage- System mit Unterstützung von PMS optimiert und weiter ausgebaut werden. Dabei liegt der Hauptfokus darauf, den Mehrwert für die Besucher zu steigern. So wird etwa an die Möglichkeit gedacht, Bus- und Bahnverbindungen auf den öffentlichen Displays einzublenden, um Gäste nach dem Konzert über aktuelle Fahrplanrouten-, -zeiten und -änderungen auf dem Laufenden zu halten.
Außerdem sollen weitere Standorte wie die Laeiszhalle oder die Konzertkasse in der Hamburger Innenstadt von PMS mit IPTV und Digital-Signage-Technik ausgestattet sowie mit einer entsprechenden Szenarien-Steuerung verknüpft werden. So können Besucher anderer Institutionen und Servicepunkte über das Veranstaltungsangebot auf dem Laufenden gehalten werden.