Was ist die richtige Lichttechnik für Shops und Showrooms?
von Alexander Schwarz, Artikel aus dem Archiv vom
Sowohl das Internetgeschäft als auch die verhältnismäßig hohen Mieten in den Innenstädten machen es dem Einzelhandel immer schwerer, weiterhin rentable Geschäfte zu betreiben. Die bewährten, doch inzwischen teils fragwürdigen Strategien der Vergangenheit werden überdacht und man bedient sich moderner Medientechnik, um sich neu zu positionieren. Die richtige Beleuchtungslösung kann dabei ebenfalls ein wichtiges und unterstützendes Kommunikationsinstrument sein.
Belebte Fußgängerzonen in den Groß- und Kleinstädten Deutschlands gibt es nach wie vor. Doch dieses Hoheitsgebiet des Einzelhandels scheint sich in einem massiven Strukturwandel zu befinden, denn das Angebot und die daraus resultierende Vielfalt reduzieren sich zusehends. Leere und ständig wechselnde Verkaufsräume sind nur ein Indiz für diese Entwicklung und sorgen bei den Konsumenten für Verwirrung – wenn nicht sogar für Unmut. Diesem Trend entgegenwirkend entstehen immer größere und auffälligere Einkaufszentren, in denen sich sowohl kleinere Unternehmen als auch Markenstores der jeweiligen Hersteller tummeln. Letztere versuchen gleichzeitig, die Innenstädte zu beleben und über Markenbindung und zielgruppengerechte Inszenierungen den Handel vor Ort am Leben zu halten.
Das verändert nicht nur die offensichtliche Außenwirkung der Straßen und Plätze, sondern auch die Verkaufsflächen unterliegen einem maßgeblichen und strukturellen Wandel. Dabei spielen visuelle Effekte, wie sie durch multimediale Anwendungen und spektakuläre Lichtinszenierungen möglich geworden sind, für den modernen Ladenbau eine große Rolle. Die technischen Möglichkeiten sind heute schon immens und sollen dabei helfen, genau das umzusetzen, was im Internethandel nur sehr schwer zu realisieren ist: emotionsgeladene (Einkaufs)Erlebniswelten.
Seit jeher zermartern sich Marketingprofis den Kopf darüber, wie sich die Warenpräsentation den Bedürfnissen der Konsumenten möglichst wirkungsvoll anpassen bzw. verbessern lässt. Die Raumgestaltungmit all ihren Themen und Untergruppen spielt hier eine entsprechend große Rolle, wenn es darum geht, den potenziellen Kunden zu verführen. Durch den Einzug der LED-Technik mit all ihren Möglichkeiten und Eigenschaften hat die Lichttechnik bzw. der aktivere Umgang mit ihr zusehends an Bedeutung gewonnen. In der Anfangsphase des technologischen Wandels war es besonders reizvoll, die Energieeinsparpotenziale der neuen Lichtlösungen zu nutzen. So wichtig dieses Argument nach wie vor ist, konzentrieren sich die Hersteller und Planer inzwischen auf die eigentliche Lichtqualität in all ihren Facetten. Und da hat die LED neben den farbigen Steuerungsoptionen, die bislang nur der professionellen Bühnenbeleuchtung vorbehalten war, so einiges zu bieten.
Das Licht lässt sich flexibler einsetzen als je zuvor. Beinahe jede vorstellbare Lichtquelle ist realisierbar bzw. der gewünschten Wirkung anzupassen. Während man früher „nur“ mit den Oberflächenfarben und Formen einzelner Leuchten spielen konnte, damit das Licht dem Markenverständnis und der Vorstellung der Kunden entspricht, so sind die neuen Optionen vielfältiger und vor allem zielgerichteter. Die Lichtqualität hat die konventionellen Lösungen inzwischen übertroffen, so dass spannenden Inszenierungen mit einer verbesserten Farbwiedergabe und Lichtlenkung nichts mehr im Wege steht. Die Stores lassen sich wesentlich passender bzw. angepasster darstellen, um dem Betrachter das Gefühl zu vermitteln, die Innenarchitektur verschmelze mit der Lichtinstallation zu einer großen Darbietung.
Die Zeit der Aufmerksamkeitssteigerung durch Massenpräsentationen scheint jedenfalls im gehobenen Marktsegment gänzlich verschwunden. Und selbst preisbewusste Marken rücken ihre Waren in ein Licht, das einemmusealen Charakter nahekommt. Der Wunsch, den Kunden in eine andere, von der Firmenphilosophie geprägte Traumwelt zu entführen, wird hier durch vielfältige Maßnahmen erzielt, zu denen die allgemeine Raumarchitektur, akustische Erlebnisse und lichttechnische Effekte gehören. Die eigentliche Ware wirkt beinahe nebensächlich bzw. es gerät in Vergessenheit, welche Ambitionen hinter dieser Inszenierung stehen, so dass sich der Konsument gerne und bewusst auf dieses Schauspiel einlässt.
Das Ziel, die Besucher letztendlich zum Kauf zu verführen, wird über ein entsprechend positives Erlebnis, welches sich mit der Marke, deren Inhalten und Versprechen verknüpft, ausgelöst. Und dieses Gefühl soll anhalten und prägen, damit es zu entsprechenden Impulskäufen und bestenfalls Folgeumsätzen kommt. Diese neuen Einkaufswelten heben sich ganz bewusst von den Standards der Vergangenheit ab, um ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Internetverkauf zu generieren. Ansprechende und passende Lichtfarben, rhythmische RGB-Farbwechsel und scharf getrennte Lichtkegel/Flächen, die bestimmte Artikel hervorheben, sind hier nur einige zielführende Möglichkeiten. Es ist ein spannender Spagat zwischen Wohlfühlatmosphäre und aggressiver Produkt- bzw. Markendarstellung, der sich mit der Wahl der passenden Beleuchtungslösung unterstützen lässt.
Insbesondere der Bekleidungsfachhandel spielt gerne mit diesen neuen Möglichkeiten der Warenpräsentation und ruft alle möglichen und passenden Effektdarstellungen ab. Letztendlich lassen sich diese flexiblen „Regeln“ gut auf alle Produktsparten und Warenpräsentationen projizieren – außer jedoch auf Supermärkte. Dabei ist der Begriff „Regel“ schon längst überholt, denn hier existieren keine Grenzen und auch kaum allgemeingültige Vorschriften, die sich über alle Gewerke stülpen lassen. Und trotzdem gibt es aufgrund der oftmals recht gleichbleibenden Raumstruktur der Ladenlokale ein paar Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt – oder eben nicht. Denn allen Stores gleich bleibt der Anspruch an eine ausreichende Grundbeleuchtung, die eine angenehme und gefahrlose Navigation durch das Angebot ermöglicht – insbesondere auf den Definierten Wegen.
Die Raumatmosphäre wird markant durch Lichtfarbe, Farbwiedergabe, Kontraste und Lichtverteilung definiert und sorgt meist schon vor Betreten des Ladenlokals für den gewünschten Eindruck. Eine entsprechende Aufteilung der Räume in einzelne Verkaufszonen erleichtert die Orientierung und erlaubt es, visuelle Highlights zu setzen, um die Besucher zu führen. Durch differenzierte Helligkeitsniveaus und Farbwechsel wird die Aufmerksamkeit auf bestimmte Zonen gelenkt, die dem Anbieter wichtig sind. Aktionsware wird gerne über eng strahlende, an die Größe des Produkts angepasste Strahler realisiert, um diese zu fokussieren. Vitrinen lassen sich effektvoll über kleine Strahler ober dezente Profilleuchten in ebenso minimalistischer Form in Szene setzen.
Schaufenster sollten mit Systemtechnik ausgestattet werden
Im Schaufensterbereich wird gerne aufgrund der geforderten Flexibilität durch wechselnde Gestaltung auf Systemtechnik zurückgegriffen, um eine unkomplizierte und am besten werkzeuglose Anpassung der Lichtwirkung an neue Gegebenheiten zu erreichen. Da Kassenbereiche am ehesten mit Bildschirmarbeitsplätzen zu vergleichen sind, sollte hier für das Personal eine ausreichende und vor allem blendfreie Beleuchtungslösung angestrebt werden. Die Zonen für die Anprobe in Bekleidungsgeschäften werden gerne in einer warmen Lichtfarbe gehalten, um hier einen möglichst entspannenden Wohlfühlcharakter zu erzeugen.
Ein hoher Farbwiedergabeindex (mindestens > 90) ist in jedem Fall notwendig, um die Ware farblich gut erkennen und vor allem definieren zu können. Über Farbverschiebungen bzw. die Hervorhebung einzelner Farben lassen sich bestimmte Töne besser akzentuieren, um die Aufmerksamkeit noch weiter zu steigern. Allerdings ist dabei auch Vorsicht geboten, um eine möglichst realistische Beurteilung der Farben zu ermöglichen ohne den Konsumenten zu sehr zu verwirren. Eine angemessene Helligkeit und gute Farbwiedergabe spielen hier die wichtigsten Rollen.
Was für Bekleidungsgeschäfte oder andere Stores gilt, lässt sich nicht unbedingt auf Supermärkte bzw. Lebensmittelgeschäfte übertragen. Das hat zum einen den Hintergrund, dass es sich hierbei eher selten um ein luxuriöses Einkauferlebnis, sondern eher um eine zwingende Notwendigkeit handelt. Zum anderen erfordern die Eigenart der Ladenstruktur und deren Waren differenzierte Lichtwirkungen und Farben. Dass der Lebensmitteleinkauf nicht unbedingt zu den spaßbehafteten Einkäufen zählt, heißt jedoch keineswegs, dass hier kein gesteigerter Wert auf den Wohlfühlfaktor des Einkäufers gelegt wird. Denn auch in Bezug auf den täglichen Einkauf hat man erkannt, dass sich die Kunden durch die richtige Beleuchtungsinstallation positiv beeinflussen lassen und es so zu einer längeren Verweildauer und signifikanten Kundenbindung kommen kann.
Also wird auch der klassische Supermarkt im Rahmen seiner Möglichkeiten dahingehend inszeniert – jedoch mitmerklichen Unterschieden zu den bereits beschriebenen Stores. Sowohl das Warenangebot als auch die Art der Präsentation erlauben hier nicht den gleichen Spielraum. Im Supermarkt ist die schattenfreie Gang- und Regalbeleuchtung von entscheidender Bedeutung für ein erfolgreiches Konzept. Die Waren müssen an jeder Stelle im Regal gleich beleuchtet und gut erkennbar sein. Da inzwischen viele Produkte und Verpackungen zahlreiche Textinformationen aufweisen, muss die Grundbeleuchtung auch das Lesen ermöglichen. Akzentbeleuchtung wird, wenn überhaupt, auf Aktionsflächen, Displays oder Plakaten eingesetzt, gehört aber selten zur Standardbeleuchtung im Lebensmittelhandel.
Das Markenverständnis bzw. die Darstellung erfolgt meist über Farben, Logos und Formen – das Licht spielt da eher eine untergeordnete Rolle. Und das liegt in erster Linie daran, dass eine gute Warenpräsentation hier den entscheidenden Faktor bildet und die Kaufentscheidung in erster Linie beeinflusst. Gesteuert wird dies maßgeblich über die Lichtfarbe und eine entsprechende Helligkeit. Obst und Gemüse stellt sich sehr vielfarbig dar und wird vorzugsweise mit warmen Lichtfarben und einer sehr guten Farbwiedergabe ausgeleuchtet. Fleisch und Wurst hat einen hohen Rotanteil und das weiße Fett sollte sichtbar sein. Dieser Effekt kann mit Farbfiltern oder entsprechend nachgeregelten LED-Modulen verstärkt werden. Kühles bis leicht warmes Licht eignet sich, um die Frischewirkung von Fisch zu unterstützen. Käse hingegen – insbesondere die gelblichen Varianten – wird gerne mit warmem Licht ausgeleuchtet, damit dieser möglichst appetitlich erstrahlt. Die goldgelbe Farbe von Backwaren lässt sich über einen goldenen Filter oder eben auch über die selektive Anpassung einer LED verstärken.
Bild: Bäro GmbH & Co. KG / Andrea Martiradonna
Bild: Bäro GmbH & Co. KG / Andrea Martiradonna
Bild: Bäro GmbH & Co. KG / Andrea Martiradonna
Bei allen Lebensmitteln sollte die Farbwiedergabequalität entsprechend hoch sein, was eine geschmackvolle Inszenierung in der passenden Lichtfarbe garantiert. Da die meisten Lebensmittel auch temperaturempfindlich sind, kann die LED hier ihre Vorteile durch die geringe Wärmeabstrahlung voll ausspielen. Auch die reduzierten UV-Anteile haben diesbezüglich eine positive Wirkung im Vergleich zu konventioneller Beleuchtung. Sonderbereiche wie Relaxzonen und Cafés, die immer mehr Bedeutung in modernen Supermärkten erlangen, genießen dabei natürlich ein paar Freiheiten hinsichtlich einer angemessenen Beleuchtung. Insgesamt sollte die Beleuchtung auf einem stimmigen Gesamtkonzept beruhen, das die jeweiligen Bereiche individuell berücksichtigt und auf eventuelle bauliche Veränderungen flexibel reagieren kann.
Optionale Lichtsteuerungen für Shops und Showrooms lassen sich wie folgt grob unterscheiden: RGB-Farbwechsel, Farbtemperaturwechsel (bzw. Human Centric Lighting, HCL) und bedarfsgerechte Helligkeitssteuerung. Während sich wirkungsvolle Farbspiele bereits durchaus in vielen Anwendungen etabliert haben und schon manchmal als überfrachtet bewertet werden, so ziehen die beiden anderen Themen erst so langsam in die moderne Shopwelt ein. Dabei ist eine HCL-Steuerung, also biodynamisches Licht, in der üblichen Form bzw. dem Urgedanken folgend, nur bedingt sinnvoll. Letztendlich sollen die Verkaufsbereiche eine fest definierte Wirkung haben und nicht dem Tagesverlauf folgend die Lichtfarbe ändern. Das würde den eventuell gewünschten Effekt zerstören. Doch es gibt durchaus sinnvolle Anwendungsfelder, in die sich solche Steuerungen integrieren lassen, beispielsweise Umkleidekabinen.
Bereits während der letzten Euroshop wurde ein Konzept vorgestellt, das die Lichtfarbe in den Umkleidekabinen dem jeweiligen Umgebungslicht des anvisierten Einsatzbereichs eines Kleidungsstücks anpassen kann. So würde ein Abendkleid eher in warmer Lichtfarbe und ein Businessanzug eher unter kalter Bürobeleuchtung anprobiert werden. Möglich wird dies über Chips am Kleidungsstück, die beim Betreten der Kabine von Sensoren ausgelesen werden, die dafür sorgen, dass die Lichtfarbe entsprechend nachgeregelt wird. Auch lassen sich veränderliche Aktionsflächen und Eventzonen durch regelbare Beleuchtungslösungen den individuellen Ansprüchen anpassen, was den flexiblen Einsatz einer solchen Beleuchtungsanlage verbessert. Eine bedarfsgerechte Schaltung bzw. Helligkeitsregelung, die in erster Linie einen Energieeinspareffekt erzielen soll, wird wohl in den öffentlichen Verkaufsräumen eher nicht eingesetzt werden. Zu groß ist die Wirkung und auch Verführung von hellen und akzentuierten Flächen, um in Hinblick auf den Kosten- Nutzen-Faktor wirklich von Bedeutung zu sein. Im Gegenteil: Eine solche Lichtsteuerung könnte durchaus verwirrend und kontraproduktiv wirken. In Nebenräumen wie Treppenhäusern, Sanitärzonen oder Mitarbeiterbereichen ist der Einsatz einer solchen Lichtlösung aber denkbar und auch rentabel.
Einen etwas anderen Weg, der auch weitgehend unter das Thema Lichtsteuerung fällt, wurde in einem Lebensmittelmarkt getestet: Es handelt sich dabei um ein lichtbasiertes Positionierungssystem, das Kunden per Smartphone und App durch den Verkaufsraumindividuell zu den gewünschten Produkten führt. Die App ist darüber hinaus auch dazu geeignet, Informationen zum Warensortiment und zu aktuellen Verkaufsaktionen auf dem Smartphone anzuzeigen. Die Indoor-Navigation eröffnet zahlreiche Optionen für weitere Anwendungen. Marktleiter können beispielsweise die Informationen darüber, wie stark einzelne Bereiche frequentiert sind, dazu nutzen, die Wege durch die Verkaufsräume zu optimieren. Oder sie können Anregungen sammeln, welche Bereiche attraktiver gestaltet werden müssten.
Denkbar ist auch, den Kunden anhand ihrer Suchanfragen passende, weitere Artikel anzubieten oder ihnen ganze Menüs zusammenzustellen, um sie zu den benötigten Waren zu führen. Ob sich diese Form des modernen Einkaufs durchsetzen kann und der Kunde einen echten Mehrwert darin sieht, bleibt abzuwarten. Für die Betreiber eines solchen Systems ist der Nutzen bei entsprechender Verwendung natürlich unumstritten: detaillierte Informationen zum Einkaufsverhalten der Kunden. Das wären dann die modernen Cookies des stationären Fachhandels.