Das in Hamburg beheimatete ZAL, Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung, verfügt über ein Virtual-Reality-Labor mit einer 4K 3D-Powerwall, um Luft- und Raumfahrtprojekte realitätsnah und in Echtzeit zu simulieren.
Das ZAL ist das technologische Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk der zivilen Luftfahrtindustrie in der Metropolregion Hamburg. Es soll die Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und der Stadt Hamburg bilden – mit dem Ziel, den weltweit drittgrößten Standort der zivilen Luftfahrt in Hamburg zu sichern und kontinuierlich auszubauen. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Integration und Industrialisierung von innovativen Luftfahrttechnologien.
In enger Abstimmung mit dem Luftfahrtcluster Hamburg Aviation bündelt das ZAL die Technologiekompetenz der Hansestadt in der zentralen Einrichtung ZAL TechCenter, um Synergieeffekte zu schaffen. Dieses Anfang 2016 in Hamburg-Finkenwerder eröffnete Forschungszentrum bietet auf mehr als 26.000 m2 Nutzfläche Raum für ca. 600 Arbeitsplätze, verteilt auf Büroflächen, Labore und Hallen. Ausgestattet mit hochwertiger Forschungs- und Testinfrastruktur für ausgewählte Luftfahrtthemen wird hier die Industrialisierung neuer Technologien vorangetrieben werden.
3D-Projektion im VR-Labor
Interessierte Partner des ZAL haben im Tech- Center die Möglichkeit, sich auf den offenen Kommunikationsflächen, in den Hallen, Laborbereichen und Büros Arbeitsplätze einzurichten und gemeinsam Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten voranzutreiben. Dazu gehört auch die Nutzung der verschiedenen Forschungs- und Testeinrichtungen des Tech- Centers, zu denen das im Frühjahr 2016 eröffnete VR-Labor zählt. Dieser Virtual-Reality- Bereich umfasst neben einem Zuschauerraum für bis zu 30 Personen auch einen Projektionsraum samt Technikraum. Der Nutzer kann hier in 3D Neuentwicklungen und Produkte präsentieren sowie Entwicklungen begutachten oder neue Technologien und Produkte überprüfen – z. B. in einer stereoskopischen (3D) Betrachtung von Bauteilen, Rumpfsegmenten, etc.
Zentrales Element im Projektionsbereich des VR-Labors ist eine von der Viscon GmbH geplante und installierte 3D-Powerwall in 4K-Auflösung. Viscon ist spezialisiert auf die Konzeption und Umsetzung von High-End- Projektionssystemen in Sachen Virtual Reality und Visual Simulation. Ein speziell für 3D ausgelegter Beamer von Christie projiziert die Bilder auf eine 6 m breite und 3,18 m hohe, von der Firma Viscon erstellte Rückprojektionsscheibe, die genug Platz bietet, um auch große Objekte oder Umgebungen im Originalmaß darstellen zu können. Dies ist beispielsweise ein wichtiger Punkt für den Flugzeugbau, da aufgrund der virtuellen Darstellung die Erstellung kostspieliger Modelle entfällt.
Die VR-Anlage im ZAL ist so angelegt, dass ein Hauptakteur mittels Trackingsystem (AR Tracking) mit einem speziellen haptischen Widget, einem sogenannten Handtarget, die dargestellten Objekte präsentieren und damit interagieren kann, während die weiteren Teilnehmer mithilfe aktiver Shutterbrillen in die virtuelle Welt eintauchen und das Geschehen mitverfolgen. Zu diesem Zweck sind an den Shutterbrillen und am Handtarget kleine Kugeln befestigt. Diese sogenannten (passiven) Marker können abgestrahltes Infrarotlicht reflektieren. Insgesamt acht Infrarot-Kameras erfassen das reflektierte Infrarotlicht und können dann anhand der XYZ-Koordinaten der Kugeln die Position der Nutzer ermitteln und an das VR-System weitergeben. Dieses berechnet dann in Echtzeit die zur Position des Nutzers passende Ansicht der simulierten Umgebung. Eine weitere Besonderheit des VR-Labors dürfte ein Audiosystem sein, das z. B. die Lärmbelastung bei Flugzeugen o. ä. simulieren kann. Das Surroundsound-System ist dazu u. a. mit horngeladenen 18″-Subwoofern ausgestattet, die 130 dB Schalldruck liefern können.
Wiedergabe von 4K-Inhalten
In Anbetracht der Projektionswand von 6 x 3,18 m, die eine entsprechende Bildgröße zulässt, war ein Projektor mit sehr hoher Auflösung und Lichtleistung erforderlich, um auch kleinste Details noch gut „heranzoomen“ und bearbeiten zu können. Diese Aufgabe löst im VR-Labor ein Christie Mirage 304K Aktiv-Stereo-Projektor, der native 4K-Inhalte in 3D mit einer Bildwiederholfrequenz von 120 Hz wiedergeben kann. Der Projektor ist mit einem 0,9:1-Objektiv mit fester Brennweite bestückt, um die Projektions-einheit nahe genug an der Scheibe zu positionieren, ohne Bildverzerrungen zu riskieren. Eric Küpper, Managing Director bei Viscon, erwähnt neben der hohen Leistungsfähigkeit des Projektormodells auch die Beschaffenheit des Lampensystems als einen der Entscheidungsgründe: „… darüber hinaus verfügt der Christie Mirage 304K über ein modulares Lampensystem. Somit ist eine Ausfallsicherheit gegeben, die bei 1-Lampen-Geräten nicht gegeben ist. Das ist insoweit sehr wichtig, da die VR-Anlage von unterschiedlichen Unternehmen und primär von technisch ungeschulten Anwendern genutzt wird.“
Guido Grun, VR-Experte der ZAL GmbH ergänzt: „Ein weiterer Grund für die Verwendung des Christie-Digitalprojektors und eines aktiven 3D-Systems war schlichtweg die Tatsache, dass wir hierbei mit nur einem Projektor auskommen und trotzdem nicht auf Lichtleistung oder eine native 4K-Auflösung verzichten müssen. Das spart natürlich enorm Kosten. Bei einem passiven Polarisationssystem wäre eine Doppelprojektion erforderlich”.
Da aktive Shuttersysteme aufgrund der verwendeten Filter und Brillen viel Licht „schlucken“ und neben der Arbeit an der Projektion auch der Zuschauerraum als Arbeitsraum dienen sollte, war die hohe Lichtleistung von 30.000 ANSI Lumen des Mirage 304KProjektors ebenfalls von Vorteil. Die Installation ist als Clustersystem angelegt, bei dem die jeweiligen Partner des Rechnerverbunds konkurrierend Zugriff auf einen Shared Storage haben und per LWL-Switch mit dem Server verbunden sind.
Für die Datenberechnung nutzt ebenfalls jeder sein eigenes System. „Wir verwenden die TechViz-Software, die auf den Videospeicher des Systems zugreift und die Daten an zwei Clients verteilt“, so Grun. Jeder Client berechnet dabei ein Bild, insgesamt beträgt die Bildwechselfrequenz 120 Bilder pro Sekunde, d. h., 60 Bilder entfallen auf das linke und 60 Bilder auf das rechte Auge. Für die 3D-Visualisierung kommt zudem die Grafiksoftware Catalyst (AMD) sowie eine Anzahl von weiteren Programmen zum Einsatz.
Exkurs 3D-Projektion
„3D“ steht für Stereoskopie, das räumliche Sehen von Objekten. Dies wird dadurch erzeugt, dass das rechte und linke Auge dabei unterschiedliche Bilder aus einem geringfügig anderen Blickwinkel liefern. Die Bilder werden dann im Sehzentrum zu einem räumlich wirkenden Bild zusammengesetzt. Diese Eigenschaft wird bei der 3D-Projektion genutzt, damit der Betrachter die normalerweise zweidimensionale Darstellung als räumlich wahrnimmt. Dazu muss er allerdings zumeist eine Spezialbrille (3D-Brille) aufsetzen. Die Funktionsweise der 3D-Brillen basiert auf Filterung, damit das linke bzw. das rechte Auge nur das jeweils passende Halbbild erfasst.
Es gibt unterschiedliche Arten der 3DProjektion – grob unterscheidet man dabei zwischen passiver und aktiver Stereoprojektion: Bei der passiven Stereo- 3D-Projektion werden zwei Projektoren benötigt, die jeweils das Bild des linken und des rechten Auges gleichzeitig auf eine Leinwand projizieren. Die erforderliche Kanaltrennung (Separierung des linken und rechten Bildes) geschieht durch Polarisationsfilter vor den Projektorlinsen und in den 3DBrillen. Zusammen bewirkt dies, dass der Betrachter mit dem linken Auge nur das linke und mit dem rechten Auge nur das rechte Bild wahrnimmt. Bei der aktiven 3D-Projektion, die im ZAL TechCenter zum Einsatz kommt, wird die sogenannte Shuttertechnik verwendet. Hier reicht ein Projektor aus, der abwechselnd die Bilder für das rechte und linke Auge projiziert. Dabei sollte der Projektor in der Lage sein, die doppelte Anzahl an Bildern je Sekunde zu projizieren, um eine flimmerfrei Betrachtung zu gewährleisten. Für die getrennte Wahrnehmung der Bilder je Auge kommt eine Shutterbrille zum Einsatz. Je Bild werden die Brillengläser wechselseitig geöffnet oder abgeschottet, so dass das jeweilige Auge nur das dafür vorgesehene Bild zu sehen bekommt.
Hervorragende Querschnittstechnologie
Das VR-Labor am ZAL kann nicht nur von Forschern des Innovationszentrums genutzt werden. Auch externe Interessenten haben die Möglichkeit, von der neuen Technologie zu profitieren und das VR-Labor anzumieten. Laut Grun ist VR eine hervorragende Querschnittstechnologie, um die Zusammenarbeit unterschiedlicher Gewerke zu fördern und in kürzerer Zeit optimierte Ergebnisse zu erzielen. Dies gelte jedoch nicht nur für die Luftfahrtindustrie. Dank des VR-Labors steht wegweisenden Neuentwicklungen aus dem Hamburger Forschungs- und Entwicklungszentrum jedenfalls nichts mehr im Wege.