ELA-Anlage: Die Planung und Installation in Bahnhöfen
von Anselm Goertz, Artikel aus dem Archiv
Vor einiger Zeit wurde im Kölner HBF mit großem Aufwand eine komplett neue ELA-Anlage installiert, die speziell auf die schwierigen Verhältnisse des Bahnhofs zugeschnitten wurde. AV-Spezialist Anselm Goertz hat 2012 eine ausführliche Case Study über die Planung und Installation der ELA-Anlage für PROFESSIONAL SYSTEM verfasst – auch wenn die Fallstudie nun schon länger zurückliegt, ist sie eine interessante Grundlage für die Planung von elektroakustischen Anlagen in öffentlichen Räumen.
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Der Kölner Hauptbahnhof gehört mit Hamburg, Frankfurt, München und Berlin zu den fünf meist frequentierten Bahnhöfen im Einzugsbereich der Deutschen Bahn. 280.000 Reisende nutzen den Bahnhof täglich, hinzu kommen noch die vielen Kunden der zahlreichen Ladenlokale und der Gastronomie in den Passagen des Bahnhofs. Eine solch große Menschenmenge erfordert für einen reibungsarmen Betrieb sichere und klare Informationen über Ankunfts- und Abfahrtszeiten sowie mögliche Fahrplanänderungen oder Abweichungen anderer Art vom normalen Betrieb.
Dazu gehört auch die Alarmierung der Reisenden im Notfall, d. h. bei Rauchentwicklung, Brand, Bombendrohungen, Überfall oder bei anderen Einsätzen von Polizei- und Rettungskräften. Neben den Anzeigetafeln erfolgen diese und andere Hinweise primär über Ansagen und somit über eine Lautsprecheranlage. Die Bahn unterscheidet hier für ihre Bahnhöfe zwischen der reinen Fahrgastinformation und der Notfallwarnanlage, die nach dem Brandschutzkonzept des Kölner Bahnhofs für alle frei zugänglichen Bereiche erforderlich ist.
Vorschriften und Normen
Im Rahmen der Modernisierung des Bahnhofs standen ab dem Jahre 2005 vor allem der Brandschutz und die Notfallalarmierung im Fokus der Arbeiten. Die bereits deutlich in die Jahre gekommene Lautsprecheranlage sollte dabei vollständig erneuert und gemäß den geltenden Vorschriften ausgerüstet werden. Letzteres bedeutet seitens der Bahn eine Ausstattung nach den internen Richtlinien zur „Beschallung auf Bahnsteigen“.
Für Notfallwarnanlagen ohne automatische Alarmierung ist ansonsten die auch heute noch wirksamen Systemnorm EN 60849 für elektroakustische Notfallwarnsysteme zu beachten. Für durch die Brandmeldeanlage automatisch gesteuerte Sprachalarmanlagen wurde die EN 60849 zwischenzeitlich durch die VDE 0833-4 ersetzt. Der Unterschied liegt primär in der Messmethode für die Sprachverständlichkeit (mit oder ohne Verdeckung) und bei der Auswahl der Komponenten, die nach VDE 0833-4 der jeweiligen EN54 Norm entsprechen müssen.
Für den Kölner Bahnhof ohne automatische Alarmierung war zu Baubeginn und ist auch heute noch ausschließlich die EN 60849 der Maßstab für das Notfallwarnsystem. Eine automatische Alarmierung wurde seitens der Feuerwehr explizit nicht gewünscht, um eine unkontrollierte Evakuierung zu vermeiden. Ist eine Anlage als Notfallwarnsystem nach den geltenden Normen ausgeführt, dann gibt es auch seitens der Bahn keine darüberhinausgehenden Anforderungen mehr.
Aufgabenstellung und Randbedingungen
Konkret bedeutet das, dass in allen relevanten Bereichen unter den gegebenen Randbedingungen eine Sprachverständlichkeit von STI = 0,5 zu erreichen ist. Der Wert ist über eine hinreichende Anzahl Messpunkte als Mittelwert abzüglich der Standardabweichung zu bestimmen. Anwendung findet dabei das Messverfahren nach 60268-16 aus dem Jahre 1998 ohne Berücksichtigung der pegelabhängigen Verdeckung bei Sprache. Sprache überträgt die in ihr enthaltenen Informationen großteils über die Modulation. Diese wird sowohl durch Störschall wie auch durch den nachklingenden Raumhall verringert.
Die grundsätzlich entscheidenden Randbedingungen beim Thema Sprachverständlichkeit sind daher die Raumakustik und der mögliche Störschall. Die Raumakustik wird primär durch die Nachhallzeit charakterisiert und der Störschall durch den Pegel und seine spektrale Verteilung sowie den zeitlichen Verlauf. Zwei einfache Regeln beschreiben hier die Zusammenhänge mit der Sprachverständlichkeit: 1) Liegt die mittlere Nachhallzeit unter 1,5 s, dann kann für den geforderten Wert von STI = 0,5 eine einfache verteilte Lautsprecheranordnung (z. B. Deckeneinbaulautsprecher) flächendeckend eingesetzt werden.
Liegt die Nachhallzeit über 1,5 s, dann muss diese entweder durch entsprechende raumakustische Maßnahmen reduziert werden oder es müssen selektiv arbeitende Lautsprecher eingesetzt werden. 2) Beträgt der Störabstand, also das Verhältnis vom Sprachsignal- zum Störpegel 10 dB oder mehr, dann hat der Störpegel keinen signifikanten Einfluss mehr auf die Sprachverständlichkeit. Während die erste Größe der Nachhallzeit relativ einfach und zuverlässig messtechnisch zu bestimmen ist, ist die Festlegung des Störpegels ein hoch kritisches Thema.
Wird der Störpegel zu niedrig eingestuft, dann reicht der Nutzsignalpegel der Anlage im Notfall nicht aus, wird der Störpegel zu hoch angesetzt, dann wird die Anlage womöglich sinnlos überdimensioniert und damit unnötig teuer. 3 dB mehr oder weniger bedeuten hier die doppelte oder halbe erforderliche Verstärkerleistung. Besonders schwierig gestaltet sich die Festlegung des Störpegelniveaus, wenn der Störpegel stark fluktuierend und auch noch ortsabhängig ist, z. B. so, wie auf einem Bahnhof.
Man könnte einen Tagesmittelwert messen, der in vielen Situationen, z. B. bei ein- und ausfahrenden Zügen, zu niedrig wäre. Den absoluten Spitzenwert im Laufe eines Tages heranzuziehen wäre sicherlich zu viel des Guten in der anderen Richtung. In diversen Diskussionen mit den Verantwortlichen bei der Bahn und beim Eisenbahnbundesamt gab es einen gewissen Konsens darüber in einer Langzeitmessung über 30 s Abschnitte zu mitteln und dann den lautesten Abschnitt einer Messperiode zu Grunde zu legen.
Messungen in den Gleishallen von Köln, Hamburg und Berlin Friedrichstraße ergaben dabei Werte in einer Größenordnung von 85 dBA, die exakt mit dem Wert in der Richtlinie zur „Beschallung auf Bahnsteigen“ übereinstimmen, wo als bahntypischer Umgebungslärm für Gleishallen 85 dBA aufgeführt werden. Abb. 1 zeigt die zugehörige Messung, die neben den Summenpegeln mit linearer und mit A-Bewertung auch die einzelnen Terzbandpegelwert enthält.
Zur Berechnung der Auswirkung auf die Sprachverständlichkeit werden die Oktavbandpegel der Bänder von 125 Hz bis 8 kHz benötigt. Der Einzahlwert eines Summenpegels reicht hier nicht aus, da die einzelnen Frequenzbänder unterschiedliche Anteile an der Sprachverständlichkeit haben. Die zweite wichtige Größe der Nachhallzeit muss für die unterschiedlichen Raumbereiche getrennt bestimmt werden. Für die Bahnsteige sind das die Bereiche in der Halle, zwischen Halle und Bahnhofsgebäude und unter den diversen Dächern außerhalb der Halle.
Abbildung 2 zeigt dazu die gemessenen Nachhallzeiten in Abhängigkeit von der Frequenz. Sehr deutlich ist hier der ausgeprägte Nachhall der großen Halle zu erkennen sowie deren Einfluss auf den eigenständig überdachten Bahnsteig 1 zwischen der Halle und dem Bahnhofsgebäude. Sichtlich gutmütiger fällt der Verlauf für die beiden außerhalb der Halle liegenden Bahnsteige 5 und 6 aus. In der Halle steigt die Nachhallzeit im mittleren Frequenzbereich auf 4,5 s an.
Zu den hohen Frequenzen hin gibt es dann wieder mehr absorbierende Flächen und die Absorption der Luft wirkt sich verstärkt aus. Zu den tiefen Frequenzen fällt die Nachhallzeit im Gegensatz zu anderen großen Gebäuden ebenfalls wieder ab, da hier die Glasflächen des Hallendachs absorbierend wirken bzw. den Schall nach außen entweichen lassen (Transmission).
Für die Bahnsteige in der Halle liegen die Randbedingungen somit fest, die eine Nachhallzeit von bis zu 4,5 s und 85 dBA Störpegel vorgeben. Die Ausgangsbedingungen sind damit schwierig aber nicht hoffnungslos. Die lange Nachhallzeit erfordert in jedem Fall eine gezielt selektive Beschallung der relevanten Flächen mit gleichzeitig möglichst wenig Beschallung aller anderen Bereiche. Aus dem Störpegel geht hervor, dass die Anlage einen Sprachsignal pegel von 95 dBA erreichen sollte. Letzteres ist quasi gleichbedeutend mit der Forderung einer vom momentanen Störpegel abhängigen automatischen Pegelanpassung, da die Anlage ansonsten zu den meisten Zeiten mit 95 dBA Ansagepegel viel zu laut wäre, was sowohl die Reisenden als auch die Nachbarschaft des Bahnhofs als störend empfinden würden.
Nicht weniger wichtig als die Gleishalle war die Erfassung der akustischen Rahmenbedingungen für die Eingangshalle und die Passagen. Hier wurde ein Störpegel von 75 dBA angesetzt. Die Nachhallzeit in der Eingangshalle wurde zu 6 s bestimmt und in der angrenzenden D-Passage mit hoher Decke zu 3 s. Beide Werte mussten als gegeben hingenommen werden, da bauliche Veränderungen wegen des bestehenden Denkmalschutzes nicht in Erwägung zu ziehen waren. Anders verhielt es sich in den restlichen Passagen mit niedrigen Decken, wo bereits eine abgehängte, allerdings nicht absorbierenden Decke installiert war, die im Rahmen der Brandschutzertüchtigung ausgetauscht werden sollte.
Ohne absorbierende Decke betrug hier die Nachhallzeit ca. 2 s, was eine Beschallung mit Deckenlautsprechern verbietet. Für die neue Decke wurde daher eine komplette Lochblechverkleidung mit hoch absorbierenden Eigenschaften eingeplant, die die Nachhallzeit auf ca. 0,6 s reduziert und somit eine komfortable Beschallung mit Deckenlautsprechern möglich macht. Zusätzlich ergibt sich der angenehme Effekt, dass durch die absorbierende Decke generell der Lärmpegel in den Passagen deutlich sinkt und ein insgesamt angenehmeres akustische Klima entsteht. Foto 5 zeigt die Deckenverkleidung und einen der vielen Altec- Deckeneinbaulautsprecher im Detail.
Planung und Simulationen
Als Generalplaner für alle elektrischen Anlagen im Kölner HBF agiert die Firma pbe-Beljuli aus Pulheim, die 2005 ein auf Beschallungstechnik spezialisiertes Planungsbüro für die Lautsprecheranlage hinzu zog. Für die drei Bereiche des Bahnhofs, Gleishalle, Passagen und Eingangshalle wurden EASE Modelle erstellt und auf die messtechnisch gegebenen raumakustischen Verhältnisse angepasst. Abbildung 3 zeigt als Beispiel das Modell der Gleishalle mit vielen schönen Details. Die ca. 2.100 Flächen des Modells und eine Menge von über 500 Lautsprechern im finalen Zustand stellten mit den aktuellen Rechnern 2006 eine gewisse Herausforderung dar, die die Geduld der Anwender durchaus auf die Probe stellte.
Für die Beschallung der Gleishalle wurden zunächst verschiedene Konzepte mit großen Zeilen sowohl aktiv wie auch passiv oder auch mit den schon vom neuen Berliner Hauptbahnhof bekannten DSP-gesteuerten Scheiben verfolgt. Das beste Ergebnisse in Kombination mit vertretbarem Installationsaufwand lieferte jedoch eine ganz klassische Lösung nach dem Prinzip der Perlenkette.
An einem Tragseil über dem Bahnsteig werden Lautsprecher in mehr oder weniger dichter Abfolge möglichst nahe an den Zuhörern angebracht, die aus kurzer Distanz den betreffenden Bahnsteig versorgen. Durch die kurze Entfernung wird ein gutes Verhältnis von Direktschall zu Raumschallanteilen erzielt. Die Dichte der Lautsprecher hängt vom Abstrahlwinkel für die hohen Frequenzen und auch vom erforderlichen Pegel ab.
Für die Bahnsteige in Köln fiel nach einer Hörprobe die Wahl auf ein sehr bewährtes 2-Wege Chassis von Altec, das in einem zylinderförmigen Gehäuse eingebaut paarweise in Y-Anordnung am Tragseil mit jeweils 5 m Abstand befestigt wurde. Foto 1 zeigt das Tragseil mit den Lautsprechern. Außerhalb der Halle unter den Polonyi Dächern wurden die Lautsprecher an Pendeln abgehängt und auf den Bahnsteigen 5 und 6 als Vierer-Stern an den Dachstützen befestigt.
Pro Bahnsteig kommt man so in der Summe auf etwas mehr als 100 Lautsprecher, was bei 30 W pro Lautsprecher über 3 kW pro Bahnsteig macht. Ein solcher Wert verwunderte zunächst manch einen erfahrenen Installateur, wo man sonst auf Bahnsteigen dieser Länge eher mit 300 W auskam. Die Begründung liegt ganz einfach darin, dass man in Köln die klare Anforderung gestellt hat, auch bei 85 dBA Störpegel noch eine hinreichend verständliche Ansage zu ermöglichen, was dann einen Sprachsignalpegel von 95 dB erfordert.
Ob genau das möglich ist, sollte die Simulation zeigen. Als Beispiel dient hier der mittlere Bahnsteig 3 in der Halle, der die ungünstigsten raum – akustischen Voraussetzungen mitbringt. Abbildung 5 zeigt dazu zunächst das Simulationsergebnis für die Direktschallpegelverteilung der Frequenzbänder der 1, 2 und 4 kHz Oktaven. Damit lässt sich einschätzen, wie gleichmäßig die Abdeckung bei den für Sprache besonders wichtigen mittleren und hohen Frequenzen ist.
Das mit einem hoch auflösenden 0,5 m Raster gerechnete Mapping lässt eine gleichmäßige Beschallung ohne Lücken und Hotspots erkennen. Zur Bestimmung des mit einem Sprachsignal möglichen Pegels wurden die Lautsprecher im Modell mit einem Signalspektrum entsprechend 60268-16 für einen männlichen Sprecher voll ausgesteuert. Den damit erreichbaren A-bew. Gesamtschallpegel zeigt das Mapping in Abbildung 6.
Die Berechnung erfolgte hier mit dem EASE Aura Modul in einem 3 m Raster, was 380 Punkten auf dem abgebildeten Bereich entspricht. Die weiteren Parameter für die Berechnung waren 190.000 Schallteilchen pro Lautsprecher und eine berechnete Impulsantwortlänge von 4 s. Mit den gleichen Parametern wurde auch die Sprachverständlichkeit berechnet. Das Mapping zeigt hier einen nahezu flächendeckenden Pegel von mittleren 100 dB. Die Berechnung geht allerdings von einem Crestfaktor von nur 3 dB (Sinussignal) aus.
Ein unkomprimiertes Sprachsignal hat dagegen einen Crestfaktor von 12 dB und mehr. Würde man das zugrunde legen, dann wären von der EASE-Berechnung für den Sprachsignalpegel 9 dB abzuziehen, womit selbst diese großzügig dimensionierte Anlage noch 4 dB zu schwach wäre und mehr als verdoppelt werden müsste. In der Praxis kann man jedoch davon ausgehen, dass für den Alarmfall, wenn besonders hohe Pegel gefordert sind, ein Kompressor das Sprachsignal kräftig verdichtet, wo sich die Reduzierung bis auf einen Crestfaktor von 6 dB bewährt hat. Geht man von diesem Wert aus, dann ist der erreichbare Sprachsignalpegel 3 dB geringer als in der Simulation, d. h. ca. 97 dBA. Die Pegelanforderung wäre somit erfüllt.
Entscheidend ist jedoch die über alles erreichte Sprachverständlichkeit. Die Berechnung dazu erfolgte ebenfalls mit einem Sprachspektrum für Vollauslastung der Lautsprecher. Zusätzlich wurde noch das Störspektrum aus Abbildung mit 85 dBA Summenpegel für die Simulation hinzugezogen. Abbildung 7 zeigt dazu zwei Mappings für die STI-Werte. Oben für den STI ohne Berücksichtigung des Störgeräusches und unten mit Störgeräusch.
Die roten Flecken im Mapping in der Mitte des Bahnsteiges sind durch einige berechnete Punkte entstanden, die sich innerhalb von Einbauten befanden. Lässt man diese außen vor, dann wird ein Mittelwert von ca. 0,62 erreicht, der sich mit Störgeräusch nur geringfügig reduziert.
Messungen
Während und nach Abschluss der Installation erfolgte in langen Nachtschichten die Einmessung und Inbetriebnahme der Anlage gemeinsam mit der ausführenden Firma. Eingestellt wurden dabei die Pegelverhältnisse, die Filter zur Entzerrung der Lautsprecher und die Delays für die peripheren Bereiche außerhalb der Bahnsteige. Alle Einstellungen konnten komfortabel an den P64 DSP-Systemen in den Zentralen vorgenommen werden. Bei der abschließenden Kontrollmessung wurden alle Bereiche nochmals komplett für die Sprachverständlichkeit und den erreichbaren Maximalpegel geprüft.
Das Messraster auf den Bahnsteigen betrug dabei ca. 6 m. Für Bahnsteig 3 ergaben sich daraus die Werte nach Tabelle 1 und 2, die sowohl für den STI wie auch für den Maximalpegel eine gute Übereinstimmung mit den Simulationen zeigen. Der finale STI-Wert als Mittelwert abzüglich der Standardabweichung von 0,53 bei 12 dB Störabstand erfüllt die Vorgaben nach EN 60849 gut
TSPL Summe A-bew. Gesamtschallpegel mit einem Sprachersatz-rauschen mit 6 dB Crestfaktor SPL S dBA Mittelwert 97,1 Maximalwert 100,5 Minimalwert 93,7 Tabelle 1: Messwerte der Sprachsignal pegel in der Gleishalle auf Bahnsteig Nr. Sprachverständlichkeit STI Mittelwert 0,61 Mittelwert – Standardabweichung 0,53 Tabelle 2: Messwerte der Sprachverständlichkeit in der Gleishalle auf Bahnsteig Nr. 3
Eingangshalle mit Zeilen
Nach den ausführlichen Erläuterungen zur Gleishalle soll die akustisch nicht minder schwierige Eingangshalle nicht ganz unbeachtet bleiben. 6 s Nachhallzeit erfordern auf jeden Fall extrem scharf richtende Lautsprecher. Die Anforderung an den Maximalpegel fällt bei nur 75 dBA Störpegel im Vergleich zur Gleishalle jedoch deutlich weniger kritisch aus. Bei der Planung war die Zielsetzung ganz klar in die Richtung möglichst weniger, dafür aber gezielt abstrahlender Lautsprecher. Dieser Ansatz konnte in fast idealer Weise mit einer fünf Meter langen Duran Intellivox DC500 DSP-Zeile umgesetzt werden, die mit ca. 50 m Reichweite die gesamte Eingangshalle abzudecken in der Lage ist.
Lediglich hinter dem Info-Point ergab sich dabei eine Versorgungslücke, die durch ein kleine DC115 Zeile geschickt aufgefüllt wer – den konnte. Unter Sicherheitsaspekten ergibt sich mit einer einzigen großen Zeile für die ganze Halle das nicht zu leugnende Problem der fehlenden Redundanz im Falle eines Defektes. Der einzige Ausweg bestand hier darin, eine zweite Zeile gleicher Bauart anzubringen. Da es keine alternative Position zu der ersten Zeile gab, wurde die Havarie-Zeile direkt neben die erste gehängt.
Für die Signalzuspielung gibt es getrennte Zuleitungen und für den Fall eines Stromausfalls auch eine USV. Skeptiker könnten nun behaupten, dass z. B. im Falle eines Brandes des Fahrkartenautomats unter den Zeilen, natürlich beide Zeilen ausfallen würden, was so auch richtig ist. Dann wäre aber die Gefahrenquelle auch offensichtlich direkt in der Gleishalle zu erkennen und man würde auch ohne Ansage die Halle verlassen.
Die an die Eingangshalle angrenzenden D-Passage mit Zugängen zum Bahnhofshotel und zum Reisezentrum ist mit 3 s Nachhallzeit weniger kritisch, wenngleich auch noch weit davon entfernt mit „normalen“ Lautsprechern beschallt werden zu können. Hier wurden daher an beiden Kopfseiten der Passage je zwei Duran DC280 eingeplant, womit auch automatisch schon die erforderliche Redundanz beim Ausfall einer Zeile oder deren Zuspielung gegeben war.
Mit einer Reichweite von ca. 35 m können die Zeilen die ca. 65 m lange D-Passage von beiden Seiten aus einstrahlend gut abdecken. Die Simulationsergebnisse zeigten für die Eingangshalle eher knappe Werte für die Sprachverständlichkeit und für die D-Passage einen Wert mit reichlich Reserven.
Passagen mit Akustikdecken
Neben der bereits erwähnten D-Passage gibt es im Bahnhof mit der A-, B-, C- und E-Passage noch vier weitere Bereiche mit Geschäften und Gastronomie aller Art. Die Gesamtfläche dieser Bereiche beträgt ca. 5.000 m2 mit einer Deckenhöhe von 2,4 m bis 3,9 m. Aus akustischer Sicht handelt es sich somit um so genannte Flachräume.
Für die Beschallung bieten sich in erster Linie Deckenlautsprecher in großer Anzahl und hinreichender Dichte an. Dieses Konzept funktioniert aber nur dann, und wirklich nur dann, trotz häufig gerne anders lautender Behauptungen, wenn die mittlere Nachhallzeit bei höchstens(!) 1,5 s und besser noch deutlich darunter liegt. Konkret bedeutet das, eine Akustikdecke ist zwingend erforderlich.
Genau so wurde es hier auch flächendeckend umgesetzt, womit die Nachhallzeit von vorher 2 s auf 0,6 s reduziert werden konnte. Als Lautsprecher wurden die bewährten 2-Wege Altec 408 eingesetzt, allerdings nur in einer 6 W-Ausführung. Die Zielsetzung bestand darin, im Alarmfall einen Sprachsignalpegel von 85 dBA erreichen zu können.
Zentralen und Vernetzung
Schon die schiere Größe des Kölner Hauptbahnhofs legte es nahe mit verteilten Zentralen für die ELA Anlage zu arbeiten. Die Kabellängen wären ansonsten extrem groß geworden, was bei den hohen Leistungen speziell für die über 500 Lautsprecher in der Gleishalle ungünstig gewesen wäre. Es wurden daher vier Zentralen installiert, wovon zwei sich aufgeteilt nach Ost- und Westhälfte die Versorgung der Gleishalle teilen und zwei weitere Zentralen sich ortsnahe um die Passagen sowie die Eingangshalle kümmern.
Die Anlage ist ein bewährtes Dynacord Promatrix System, das pro Zentrale drei große ELA-Schränke belegt. Die „Intelligenz“ der Anlage steckt in je einer P64 pro Zentrale. Die P64 von Dynacord ist ein digitaler Audio Matrix Manager mit je 32 Ein- und Ausgängen und in weiten Bereichen skalierbarer DSP-Leistung. Die Ein- und Ausgänge können mit Steckkarten mit je acht analogen oder digitalen Ein- bzw. Ausgängen bestückt werden.
Zusätzlich gibt es auch noch ein optionales CobraNet-Interface, das hier für die Vernetzung der Zentralen untereinander genutzt wurde. CobraNet und Ethernet werden zwischen den Zentralen über redundante Glasfaserleitungen übertragen. Die analogen Signale aus der Promatrix-Anlage werden in den jeweiligen Zentralen direkt in die P64 eingespeist.
Lediglich die West-Zentrale der Gleishalle bekommt ihr Signal ausschließlich über die CobraNet-Verbindung von der Ost-Seite. Anders gestaltet es sich mit den automatisch generierten Ansagen, die alle in einer Zentrale beim alten Posttunnel generiert und eingespeist und dann über das CobraNet im gesamten Bahnhof verteilt werden. Im Rahmen der Modernisierung der ELA Anlage wurde von RSR Datacom auch das komplette Ansagezentrum überarbeitet und neu ausgestattet.
Bild: Anselm Goertz
Bild: Anselm Goertz
Bild: Anselm Goertz
Die Standard-Ansagen kommen heute von der automatischen „Ansage Maschine“ mit Sprachbausteinen. Zusätzlich sind noch individuelle Ansagen aus dem Ansagezentrum und von den Aufsichten auf den Bahnsteigen möglich. Aktuell gibt es bei den automatischen Ansagen, die selbstverständlich in hoher Qualität aufgenommen sind, noch einen Engpass bei der Bandbreite und Auflösung auf dem Weg in die ELA-Anlage. Im Vergleich zu direkt eingesprochenen Ansagen fällt dieser Unterschied deutlich auf. Abhilfe ist jedoch schon in Sicht und soll in Kürze eingebaut werden.
Neben der normalen Signalverteilung wird das CobraNet auch noch für Monitorfunktionen genutzt, mit der alle Ein- und Ausgänge aller Geräte im Netz von einer zentralen Stelle aus abgehört und kontrolliert werden können. Die Monitorfunktion trug so bei der Inbetriebnahme der Anlage auch erheblich dazu bei, dass Fehler und Störungen schnell aufgedeckt und lokalisiert werden konnten. Über die Störpegelmikrofone besteht zudem die Möglichkeit während der Einstellarbeiten direkt das Ergebnis von der Zentrale aus zu kontrollieren.
Steuerung
Alle Einstellung an der Anlage können von einer Zentrale aus vorgenommen werden, wo man sich in einfacher Weise mit einem Notebook ins Netzwerk einlogt, einen Monitorlautsprecher anklemmt und schon die gesamte Anlage im Griff hat. EQs, Kompressoren, Delays, Limiter u. Ä. sind allesamt interne Stellgrößen, die von der normalen Bedienoberfläche aus nicht mehr zugänglich sind. Hier finden sich nur noch die Pegelsteller, Mute- und Monitor-Knöpfe für alle Ein- und Ausgänge und die wichtigen Einstellungen für die automatische Pegelanpassung. Die automatische Pegelanpassung verläuft in zwei Stufen.
Zunächst muss dafür Sorge getragen werden, dass alle Eingangssignale möglichst gleich laut in die Anlage hereinkommen. Bei automatischen Ansagen ist das schon von vornherein weitgehend sichergestellt.
Direkt eingesprochene Ansagen können jedoch im Pegel stark schwanken und werden daher über eine spezielle Kombination aus je zwei Limitern und Kompressoren sowie einer automatischen Gain-Regelung aus der P64 im Pegel angeglichen. Das Verfahren funktioniert in der Regel sehr gut, findet jedoch bei direkter Einsprache über die Bahnsteigmikrofone in den Aufsichtshäuschen wegen der Rückkopplungsgefahr auch seine Grenzen. Auf der Ausgangsseite bedeutet die automatische Pegelanpassung eine Anpassung an die Umgebungslautstärke, die in einem Bahnhof heftigen Schwankungen unterlegen ist.
Die in der Gleishalle anzutreffenden Störpegel schwanken je nach Situation zwischen 65 und 85 dBA, was eine Beschallung mit konstantem Pegel unmöglich macht. Durch die große Ausdehnung der Gleishalle kann es zudem vor – kommen, dass auf einer Seite, wo vielleicht gerade eine laute Lokomotive steht, der Störpegel sehr hoch ist, während es am anderen Ende ruhig ist.
Um den Störpegel möglichst gut zu erfassen, gibt es in der Gleishalle über den Bahnsteigen insgesamt 32 Störpegelmikrofone, die sich zwischen den Lautsprechern an den Tragseilen befinden. Weitere 10 Störpegelmikrofone finden sich in den niedrigen Passagen und je eines in den aktiven DSP-Zeilen der Eingangshalle und in der D-Passage.
Die Signale der Störpegelmikrofone laufen ebenfalls alle in den P64 der Zentralen auf. Dort werden die Störpegel zunächst mit einem Bewertungsfilter bearbeitet, in der Dynamik komprimiert und dann für die Ambient Noise Control Module der P64 aufbereitet. Welche Freiheiten die Ambient Noise Control hat, wird von der Bedienoberfläche aus eingestellt. Für die Bahnsteige gibt es drei Zustände. Den normalen Tagesbetrieb mit Ansagepegeln von 72 bis 82 dB, den abgesenkten Nachtbetrieb mit Pegeln von 67 bis 72 dBA und den Alarmmodus wo fest auf 95 dBA geschaltet wird, was auch der Maximalpegel der Anlage ist.
Zusätzlich können noch einzelne Bahnsteige im Pegel reduziert werden, was speziell bei Bahnsteig 5 und 6 zum Schutz der Anwohner und Hotels am Breslauer Platz praktiziert wird. Die eingestellten Tages- und vor allem auch Nachtpegel stellen einen mit vielen Iterationsschritten gefundenen Kompromiss zwischen dem Schutz der Anwohner vor zu lauten Durchsagen und dem Bedürfnis der Reisenden nach gut verständlichen Informationen dar. So kann es unvermeidlich auch immer mal wieder vorkommen, dass im Nachtbetrieb eine Ansage unverständlich ist.
In direkter Nähe von lauten Störquellen reicht der maximale Nachtpegel dann nicht mehr aus. Kompromisse dieser Art sind jedoch unvermeidlich. In den Passagen dient die Pegelanpassung primär dazu, sich den schwankenden Verhältnissen so anzupassen, dass man auch bei hohen Störpegeln durch viele Personen, Fußballfans, etc. noch etwas verstehen kann, auf der anderen Seite die Ansagen in ruhigen Zeiten aber auch nicht störend laut sind, was vor allem auch die Betreiber der Gastronomie und Shops in den Passagen betrifft.
Jede Passage verfügt zudem über eine eigene Regelung. Auch hier wurde in mehreren Iterationsschritten ein Kompromiss gefunden, der tagsüber mit Pegeln von 70 bis 75 dBA arbeitet und in der Nacht mit 55 bis 75 dBA. Im Alarmfall wird hier ein Pegel von 85 dBA gesetzt, was dem Maximalpegel der Anlage in den Passagen entspricht.
Großer Einsatz
Der Kölner Hauptbahnhof mit seiner extrem großen Anzahl von Fahrgästen, Zugbewegungen und einer 5.000 m2 großen Passage unterhalb der Bahnsteige stellt logistisch in jeder Hinsicht eine Herausforderung dar. Die Beschallungsanlage spielt dabei eine der tragenden Rollen. Zum einen im Alltagsbetrieb, wenn es um Fahrgastinformationen und allgemeine Hinweise aller Art geht und natürlich im Alarmierungsfall bei Brand, Evakuierung und anderen Störfällen, wo die Beschallungsanlage zum wichtigsten Medium der Sicherheitskräfte wird.
Ein Konsortium aus diversen Firmen, Planern sowie freien Technikern und Projektleitern hat diese Anlage in den vergangenen Jahren mit großem Einsatz auf den neusten Stand der Technik gebracht. Moderne DSP gesteuerte Controller und Lautsprecher zeigen hier unter schwierigsten Bedingungen, dass sich mit moderner Technik und dem Wissen um deren richtigen Einsatz vieles verbessern lässt. Es besteht somit die berechtigte Hoffnung, dass in Köln der Ausspruch „Ich versteh nur Bahnhof“, nicht mehr ganz so oft zu hören sein wird.
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