Case Study

Großer Erfolg für AV over IP beim Staatstheater Nürnberg

Am Staatstheater in Nürnberg erfolgt sehr erfolgreich die Distribution der AV-Signale via AV over IP. Rund 700 Veranstaltungen jährlich im Opernhaus und auf drei Bühnen im Schauspielhaus stellen hohe Anforderungen an das AV-Signalmanagement. AV over IP ist auch ein Themenschwerpunkt bei den Vorträgen auf der „The AVcon“, der begleitenden Ausstellung zur LEaT con  vom 22. bis 24.10.24 in Hamburg

(Bild: Konrad Fersterer)

Boris Brinkmann ist der Leiter der Ton- und Videotechnik am Staatstheater Nürnberg und hat sich seinerzeit sehr intensiv mit der Fragestellung auseinandergesetzt, wie die verschiedenen AV-Signale effektiver zu verteilen seien. Zu dieser Zeit wurden einzelne Signale überwiegend point to point verkabelt und übertragen. Das stieß an seine Grenzen, angesichts des steigenden Bedarfs. Überhaupt grenzten auch die langen Distanzen die problemlose Signalübertragung mittels HDBaseT ein: „Das Verkabeln hat auch erst mal gut funktioniert, im Opernhaus besser mit ‚point to point‘-Verbindungen, die wir individuell gezogen haben. Im Schauspielhaus, das 2010 saniert worden ist, laufen alle Leitungen über die ‚Medienzentrale‘, zum Beispiel an die X-Boxen auf der Bühne. Und dort hatten wir längenmäßig immer mehr Schwierigkeiten.“

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Die Kosten für diese Form der Anbindung waren dabei nicht unerheblich. Gleichzeitig stiegen die Ansprüche an die Video-Übertragungen im umfangreichen Repertoire-Betrieb des Staatstheaters. Es waren nicht mehr nur sporadische Verbindungen, sondern ständige Anforderungen zu erfüllen. Die Leitungslängen führten vermehrt zu instabilen Signalen. Die „point to point“-Verbindungen reichten nicht mehr aus, zumal auch der Verkabelungsaufwand erheblich anstieg.

Was ist die passende Technologie?

Vor diese Fragestellung gestellt, konzipierte Boris Brinkmann die passende Lösung für das Staatstheater. Die Anforderungen definierte er aufgrund der bisherigen Erfahrungen: „Es hat bei uns zu viel Energie gebraucht, bis das gewünschte Signal tatsächlich dort ankam, wo es hin soll. Wir wünschten ein System, das auf jeden Fall über das Netzwerk laufen sollte, so dass nicht mehr für jedes Gerät eine Leitung gezogen werden müsste.“ Gleichzeitig stand die zukünftige Netzwerk-Usability im Vordergrund: „Die angebundenen Geräte müssten schnell und problemlos über ihre MAC-Adressen auffindbar sein.“

In der Sondierungsphase wurde auch der Standard SMPTE ST 2110 begutachtet. Hier sprachen jedoch hohe zu erwartende Kosten und die nicht perfekte Abstimmung auf die Bildformate der Bühnen gegen einen Einsatz. „Bei uns ist der Video-Einsatz im Staatstheater eher als ein „Nebenprodukt“ zu sehen, so dass dieser Standard mit seinen Aufwänden eher im Business der Fernsehsender liegen dürfte.“ Zusätzlich wäre der ST-2110-Standard auf das Format 16:9 fokussiert und würde so nicht die Bühnen-Bedürfnisse abbilden. Die Projektionen erfolgen im Staatstheater Nürnberg überwiegend im Format 16:10 über WUXGAAuflösung mit 1.920 × 1.200 Px, häufig würden die Bühnenbilder sogar noch quadratische Bildfelder erfordern, eher in Richtung 4:3-Bildformat. Und so wurde der Einsatz im SDVoE-Standard (Software Defined Video over Ethernet) präferiert.

Netzwerk im Staatstheater Nürnberg
Im Staatstheater existiert ein leistungsfähiges Netzwerk, das in drei Bereiche eingeteilt ist: Überwachung und Steuerung, Audinate Dante und ZeeVee AV over IP (Bild: Dominik Roennecke)

AV-Distribution mit ZeeVee

Von Anfang an war es Boris Brinkmann wichtig, dass im Betrieb „kein spezieller Netzwerkspezialist benötigt wird. Das nächste wichtige Kriterium war eine GUI-Bedienoberfläche, die einfach zu bedienen ist“.

Bei näherer Betrachtung kam die AV-over-IP-Lösung von ZeeVee infrage mit der übersichtlichen Bedienung, der unproblematischen Erkennung und Einbindung der aktiven Endpunkte und der EDID-Verwaltung für „die verschiedenen Auflösungen bei der Projektion und den vielen verschiedenen LED-Formaten, die eben nicht einem Fernsehformat entsprechen“. So stellte sich das System ideal für die existierende Zuspielung über ein Coolux-System dar, das stets an individuelle Formate angepasst wurde.

ZeeVee-Decoder
Die ZeeVee-Decoder sind teilweise mobil vorgesehen, je nach Visualisierung auf der Bühne (Bild: Dominik Roennecke)

IT-Integration und Struktur der AV-over-IP-Lösung

Bei der Sanierung im Jahr 2010 hatte der Fachplaner vorausschauend ausreichend Netzwerkanbindungen in Kupfer wie auch als Glasfaser in den Gebäuden vorgesehen. So war es möglich, das neue Video-over-IP-System mit einem verhältnismäßig geringen Aufwand zu integrieren: „Wir haben das selbst realisiert, da wir die Qualifikattion im Haus haben.“ Für die Netzwerkstruktur wurden AV-Switche von Netgear vorgesehen, die in der Tonregie, der Medienzentrale und an weiteren Knotenpunkten installiert wurden. So sind die einzelnen Bühnen sternförmig über Glasfaser angebunden. Beispielsweise ist der Uplink von der Regie zur Medienzentrale mit einer Bandbreite von 80 Gbit für Videodaten ausgestattet.

Im Staatstheater waren bis dato zwei voneinander getrennte Netzwerke jeweils über Cisco Switche für die Überwachung und Steuerung (Audio- Endstufen, Funkempfänger, Videoprojektoren, PTZ-Kameras) und für das Audio-Dante-Netzwerk im Einsatz. Die physikalische Trennung wurde aus Betriebssicherheitsgründen gewählt und bei der Erweiterung um das Video-Netzwerk konsequent beibehalten: „Wir haben ein sehr aufwendiges Audio- Dante-Netzwerk, das für den Betrieb überaus wichtig ist.“

Das Dante- Netzwerk ist daher unabhängig und redundant ausgelegt, was einen unterbrechungsfreien Wechsel bei Ausfall einer Netzwerkleitung ermöglicht. Und so wurde das Video-over-IP-Netz ebenfalls physikalisch unabhängig aufgebaut. Das Signal-Management sieht dabei vor, dass die Audiosignale über das Dante-Netzwerk distribuiert werden und die reinen Videosignale über das neu geschaffene AV over IP-Netzwerk übermittelt werden. Perspektivisch soll die Struktur jedoch weiterentwickelt und über separate VLANs (Virtual Network) organisiert werden unter Einsatz von zusätzlichen Netgear Switchen.

Glasfaser - und Kupferkabel
Das kombinierte Kupfer- und Glasfaser-Netzwerk ermöglicht Uplinks von bis zu 80 Gbit/s (Bild: Dominik Roennecke)

Die Video-Signalwege sind so strukturiert, dass die Videoquellen über Datapath-Karten in das Coolux-System eingespeist werden und vor dort aus über ZeeVee-Encoder in das Netzwerk übergeben werden. Für die Umsetzung von Gast-Dramaturgien kann die Zuspielung alternativ direkt eins-zu-eins an die Encoder erfolgen ohne Einsatz der Coolux Pandoras Box. An den Senken, zum Beispiel Projektoren für Bühnenprojektionen, erfolgt mit ZeeVee-Decodern die Signalübergabe an den Projektor mittels HDMI.

Das AV-over-IP-System im Staatstheater umfasst rund 20 Encoder und Decoder. Teils sind die Einheiten fest an Quellen oder Senken installiert und teils flexibel, für den individuellen Bühnen-Einsatz in Abhängigkeit der jeweiligen Dramaturgie.

Video-Verteilung via „Zyper Management Platform“

Wo vor dem Aufbau des AV-over-IP-Netzwerks noch Kabel individuell verlegt werden mussten, um Video-Inhalte für die verschiedenen Inszenierungen bereitstellen zu können, wird die AV-Distribution nun am PC oder am Tablet verwaltet. Einmal eingerichtet, kann so inzwischen viel Zeit eingespart werden, ohne dass Kabel für „point to point“-AV-Signale neu verlegt werden müssen.

Die ZeeVee Zyper Mangagement Platform (ZMP) läuft fest verbaut auf einen eigenen Rechner im Netzwerk, wird jedoch von beliebiger Stelle im Hause aus über das Web-Interface ortsunabhängig bedient. Werden für Inszenierungen Senken räumlich umpositioniert, werden die zwischengeschalteten Decoder automatisch von der ZMP erkannt und können direkt im Web-Interface mit den gewünschten Signalwegen konfiguriert werden.

Hierbei kommt ein weiteres vorteilhaftes Merkmal der ZMP zum Einsatz: die Wahl verschiedener Presets. Für die Vielzahl an Programmen und ihre dazugehörigen Proben können die individuellen Signalwege mittels Presets jederzeit per Mausklick gewechselt werden. Das erhöht die Effizienz für den Betrieb mit über 700 Veranstaltungen über das Jahr.

ZeeVee-Encoder
An der zentralen Zuspielung speisen die fest installierten ZeeVee-Encoder die AV-Signale in das Netzwerk ein (Bild: Dominik Roennecke)

Nachdem sich das AV-over-IP-System im Betrieb sehr gut bewiesen hat, sind nun Erweiterungen geplant, die mittels neuer Netzwerkknoten- und ZeeVee-Endpunkte erschlossen werden sollen. Hierzu gehören beispielsweise das Opernhaus, die Kammerspiele und das „Extended Reality Theater – XRT in der 3. Etage“, die zukünftig eingebunden werden sollen. Die freie Skalierbarkeit von AV-over-IP-Systemen ist ein weiterer Vorteil dieser Technologie.

Ein Beispiel aus der Praxis ist die Veranstaltungsserie „Reingequatscht“, bei der verschiedene Aufführungen live aus den Kammerspielen oder dem Schauspielhaus ins „XRT“ übertragen werden. Dort kommentiert das Regie- Team die Inszenierung ebenfalls live vor einem kleinen Publikum unter Einsatz einer LED-Bildfläche. Um das standardisierter handhaben zu können, „wünsche ich mir eine Umsetzung, für die wir nicht mehr Signalleitungen händisch verlegen müssen“, so Boris Brinkmann. Und so ist diese Erweiterung im AV-over-IP-System bereits fest geplant.

Zukunftssicher, weil frei skalierbar

Ausgehend von der Startkonfiguration des AV-over-IP-Netzwerks werden im Staatstheater Nürnberg nach und nach weitere Bereiche mit einbezogen. „Unser Bühnenbetrieb wird ständig medialer“, so die Erkenntnis des Leiters der Ton- und Videotechnik.

Aufgrund der Skalierbarkeit der Technologie kann Boris Brinkmann die AVover- IP-Struktur problemlos erweitern. Das System wächst mit den Anforderungen mit. Die ZeeVee Zyper Mangagement Platform ist dabei für ihn ein „individualisierter Werkzeugkasten“, der für einen professionellen AV-Betrieb sorgt.


AVcon Hamburg: Themen-Cluster AV over IP

„The AVcon“ ist der neue Markenname für die begleitende Ausstellung zur LEaT con für den Festinstallationsmarkt, die vom 22. bis 24.10.24 in Hamburg stattfinden wird (www.leatcon.com/avcon/). Die thematische Fokussierung auf den gesamten ProAV-Markt ist die logische Konsequenz aus den Ansprüchen des Marktes sowie der kontinuierlichen Annäherung von AV und IT. Der Technologie AV over IP und Fragestellungen zur AV-Distribution via Standard-Netzwerk ist auf der AV Stage einer von drei Themenschwerpunkten.

So befasst sich Jean Lapierre von Matrox mit dem IPMX-Format, gibt Claudio Becker-Foss ein Überblick über netzwerkbasierte Audioformat, stellt Holger Wiesenberg von Audinate das Dante-Ökosystem als Komplettlösung für Audio, Video, Management und Monitoring in AV-over-IP-Systemen vor und beantwortet Sebastian Oeynhausen die Frage „Aktive Linienstrahler mit Beam Steering und strukturierte Verkabelung (PoE) – passt das zusammen?“ Wer zu einem Vortrag kommen möchte oder auf der Ausstellung vorbeischauen will, kann hier Tickets buchen. Das Programm von LEaTcon und AV con finden Sie hier.


Zahlen und Fakten zum Staatstheater Nürnberg

Mit über 700 Veranstaltungen der Sparten Musiktheater, Sprechtheater, Ballett und Konzert pro Saison ist das Staatstheater Nürnberg das größte Mehrspartenhaus Bayerns und erreicht mit seinem Programm, das auch die Theaterpädagogik PLUS umfasst, über 290.000 Besuche. Ein fortlaufender Spielbetrieb aller Sparten wird an sieben Tagen pro Woche und an 325 Tagen im Jahr ermöglicht. Das Staatstheater Nürnberg bindet rund 10.000 Abonnent: innen pro Spielzeit, die in rund 30 verschiedenen Abonnements eine große Auswahl attraktiver Angebote finden. Mit der sogenannten „Schulplatzmiete“ gibt es zudem ein bereits seit 70 Jahren etabliertes Modell für die Ansprache von Schüler:innen. Jährlich zählt das Staatstheater Nürnberg rund 56.000 Besuche von Schüler:innen. Mit rund 650 festangestellten Mitarbeiter:innen verfügt das Staatstheater über einen hochqualifizierten Personalstamm, inklusive fünf festangestellter Ensembles (Orchester, Opernensemble, Opernchor, Ballettensemble, Schauspielensemble). Unter Berücksichtigung weiterer Mitarbeiter:innen der Tochtergesellschaften Staatstheater Nürnberg Service GmbH und Staatstheater Nürnberg Gastronomie GmbH sowie der Gäste und Aushilfen werden pro Spielzeit rund 1.000 Mitarbeiter:innen beschäftigt. Zu den Immobilien des Staatstheaters Nürnberg gehören am Richard-Wagner-Platz das Opernhaus sowie das Schauspielhaus. Die Theaterwerkstätten, das Zentrallager sowie weitere Büroflächen sind dezentral verortet.

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