Schallpegelmesser – Wie berechnet man den Schalldruckpegel?
von Anselm Goertz, Artikel aus dem Archiv vom
Der klassische Handpegelmesser kann heute wesentlich mehr als nur einen Schallpegelwert anzeigen. Was die kleinen Helfer mittlerweile alles können und wie man sie am besten einsetzt, zeigt die Artikelreihe zum Thema akustische Messungen auf. Der erste Teil befasst sich mit Schallpegelwerten sowie deren Frequenz- und Zeitbewertung.
Jeder kennt die Diskussion darüber, wie laut ein Konzert, ein Störpegel oder ein Sprachsignal ist. Häufig werden dann sehr unterschiedliche Werte genannt. So liegt z. B. das Limit zum Schutz von Konzertbesuchern vor zu hohen Pegeln bei 99 dB. Ein Konzertbesucher zückt dann sein Smartphone mit Pegelmesser App und liest 125 dB ab. Wie kommt es dazu? Um einen alten Spruch zu zitieren: Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Es gilt also, etwas genauer hinzuschauen und die Werte differenziert zu betrachten.
Nimmt man die DIN 15905-5 zum Thema „Maßnahme zur Vermeidung einer Gehörgefährdung des Publikums durch hohe Schallemissionen elektroakustischer Beschallungstechnik“ zur Hand und schaut nach der Definition der zitierten 99 dB, dann handelt es sich hier um einen A-bewerteten Mittlungspegel (äquivalenter Dauerschallpegel) für eine Zeitspanne von 30 Minuten. Genau ausgedrückt haben wir es mit einem Beurteilungspegel LAeq für eine Beurteilungszeit von T = 30 Minuten zu tun. Damit ist der Wert als Messwert klar definiert.
Gleichzeitig gilt aber als Grenzwert für den Spitzenpegel ein Limit von 135 dB als Spitzenschalldruckpegel LCpeak. Konkret bedeutet das: Man geht davon aus, dass bei einem Mittlungspegel von 99 dBA auch Spitzenpegel von 135 dB vorkommen können. An diesem Bespiel wird schnell deutlich, dass die Angabe eines Schalldruckwertes nur im Zusammenhang mit seiner Definition einen Sinn ergibt. Sonst passiert es schnell, dass der eine den Mittlungspegel meint und der andere den Spitzenpegel misst oder umgekehrt – und schon kommt es zum Vergleich der vorab zitierten Äpfel und Birnen.
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Schalldruck als Messwert
Was steckt nun dahinter und was wird gemessen? Gemessen wird der Schallwechseldruck, der dem atmosphärischen Druck überlagert ist. Die Einheit ist Pascal (Pa = N/m2 ). Man kann sich daher Schalldruck auch als Wechselanteil vorstellen, der einem hier sehr viel größeren Gleichanteil überlagert ist. Während sich der atmosphärische Gleichdruck in einem Bereich von 101.325 Pa (= 1 atm) bewegt, liegt der als Hörschall bezeichnete und für den Menschen wahrnehmbare Wechseldruck in einer Größenordnung von 20 µPa bis 200 Pa.
Dieser Wertebereich ist aber immer noch relativ groß und die menschliche Wahrnehmung orientiert sich nicht an der absoluten sondern an der relativen Änderung des Schalldrucks. Daher arbeitet man nicht mit den Druckwerten selbst, sondern mit einer daraus abgeleiteten logarithmischen Größe: dem Schalldruckpegel. Da alle logarithmischen Pegelwerte einen Bezugswert benötigen (wie z. B. dBV bei Spannungen auf 1 V bezogen wird), bedurfte es auch hier eines Bezugswertes. Dieser wurde mit 20 µPa definiert. Das entspricht der typischen Hörschwelle einer normal hörenden Person im mittleren Frequenzbereich.
Ein Schalldruck von 1 Pa entspricht somit einem Schalldruckpegel von 94 dB. Pegelmesser zeigen, wie es der Name schon sagt, direkt den Schalldruck als Pegelwert in dB an. Eine Pegelveränderung von 1 dB ist gerade eben wahrnehmbar, eine von 3 dB hingegen deutlich.
Bei höheren Pegeln (> 40 dB) entspricht eine Veränderung von 10 dB einer Verdopplung oder Halbierung des Lautheitsempfindens. Bei sehr geringen Pegeln werden auch schon kleinere Veränderungen als Verdopplung oder Halbierung bewertet.
Wie man aus eigener Erfahrung weiß, werden Töne unterschiedlicher Frequenz bei gleichen messtechnischen Pegeln unterschiedlich laut wahrgenommen. Die Ursache liegt in der frequenzabhängigen Empfindlichkeit des Gehörs. So liegt die Hörschwelle eines normal hörenden Menschen bei einem 1 kHz Sinuston knapp über 0 dB, für einen 50 Hz Sinuston jedoch bei ca. 50 dB. Zusätzlich ist die Frequenzabhängigkeit des Gehörs auch noch vom Pegel selber abhängig.
Wie diese Zusammenhänge aussehen, zeigt das Diagramm für Kurven gleicher Lautstärke in ABB. 01. Das sind die so genannten Isophone, die bereits 1933 von Fletcher und Munson in ihrer grundsätzlichen Form bestimmt wurden.
Die abgebildeten Kurven entsprechen in ihrem Verlauf der ISO 226 von 1987. In der ISO 226 von 2003 wurden die einzelnen Verläufe ein wenig revidiert. Als Größe für das subjektive Maß der Lautstärke wurde daher der Lautstärkepegel LN mit der Einheit Phon eingeführt. Für einen 1 kHz Ton entspricht der messbare Schalldruckpegel LP in dB dem Lautstärkepegel LN in Phon.
Ein 50 Hz Sinus mit einem Schalldruckpegel LP von 76 dB entspricht jedoch nur einem Lautstärkepegel LN von 50 dB. D.h., ein 50 Hz Ton mit einem gemessenen Schalldruckpegel von 76 dB wird genauso laut empfunden wie ein Ton bei 1 kHz mit 50 dB. Wie sich ebenfalls aus ABB. 01 entnehmen lässt, werden die Kurven gleicher Lautstärke mit zunehmendem Pegel flacher.
Bei geringen Pegeln ist das Ohr somit speziell für tiefe Frequenz – relativ betrachtet – deutlich unempfindlicher als bei höheren Pegeln. Die an vielen, vor allem älteren, Radiogeräten noch zu findende „Loudness korrekt“ trägt genau diesem Verhalten Rechnung. Bei geringer Lautstärke werden die tiefen und ein wenig auch die hohen Frequenzen angehoben, womit ein ausgeglichenerer Frequenzgang in der Wahrnehmung entsteht. Mit zunehmender Lautstärke wird die Loudness-Kurve dann flacher.
Diese Art der Loudness-Kompensation stellt zwar nur eine Näherung dar, sorgt aber immerhin für eine gewisse Kompensation der Hörkurven. Um die hier beschriebene Hörwahrnehmung auch bei der Pegelmessung zu berücksichtigen, gibt es entsprechende Filter. Diese bilden die Hörkurven nach und ermöglichen so eine der Lautheitsempfindung näher kommende Pegelmessung.
Typische Filter dafür sind der A- und der C-Filter. Man spricht dann auch von A- oder C-Bewertung. ABB. 02 zeigt die Filterkurven für eine A-, B-, C- und D-Bewertung. Zusätzlich sind noch je ein Hochpass- und ein Tiefpassfilter abgebildet, die alles außerhalb des Hörbereiches ausblenden. Frequenzen unterhalb von 20 Hz bezeichnet man als Infraschall und oberhalb von 20 kHz als Ultraschall. Infraschall kann bei sehr hohen Pegeln wahrgenommen werden, wobei allerdings die Unterscheidung zwischen dem tatsächlichen Hören des Schalls und dem Fühlen von Vibrationen schwerfällt.
Die Bewertungskurven sind angelehnt an die Kurven gleicher Lautstärke für folgende Lautstärkepegel LN (siehe auch ABB. 02):
* A-Bewertung: 20 – 40 Phon
* B-Bewertung: 50 – 70 Phon
* C-Bewertung: 80 – 90 Phon
* D-Bewertung: sehr hohe Schalldrücke von 120 Phon
Die Filterfunktionen und auch die zugehörigen Normen stammen noch aus der Zeit rein analoger Messtechnik, in der die Realisierung präziser Filter mit Umschaltung recht aufwendig war. Viele Messwerte werden daher auch heute noch der Einfachheit halber als A-bewertet definiert, auch wenn die Pegelwerte wesentlich höher liegen als der für A-Bewertung angemessene Pegel. Ein gutes Bespiel dafür ist der Grenzwert zum Schutz des Publikums, der zu 99 dBA definiert wurde. Eine C-Bewertung wäre an dieser Stelle angemessener. Gänzlich unbewertete Messungen werden als Z-bewertet oder als linear bewertet bezeichnet.
Einfache Pegelmesser verfügen oft nur über die Varianten der A- oder Z-Bewertung, wobei die A-Bewertung für Schallpegelmessungen noch der bessere Kompromiss ist. Moderne und etwas teurere Geräte bieten dann meist auch noch die C-Bewertung. B- und D-Bewertungsfilter sind nur selten anzutreffen, da es nur wenige Messvorschriften gibt, bei denen diese Filter benötigt werden. So wird z. B. die D-Bewertung ausschließlich zur Beurteilung von Fluglärm verwendet – und das auch nur in manchen Ländern, jedoch nicht in Deutschland. Bei der Angabe eines Pegelwertes wird die Frequenzgewichtung als erster Index in der Form LA, LC oder LZ angegeben.
Für die Bewertung im Zeitbereich sind zwei Arten von Messwerten zu unterscheiden: Die angezeigten Momentanwerte auf dem Pegelmesser und die über bestimmte Zeitintervalle gemessenen Werte, z. B. der Mittlungspegel oder der Spitzenwert. Aus diesen Werten können weitere Werte, wie der Perzentilpegel oder der Beurteilungspegel, abgeleitet werden.
Beide berücksichtigen unterschiedliche Aspekte und werden mit diversen Korrekturfaktoren und Zuschlägen berechnet. Näheres hierzu an spä- terer Stelle. Für den Momentanwert der Anzeige haben sich noch aus der Zeit analoger Messtechnik drei Einstellungen etabliert: Fast (F), Slow (S) und Impuls (I). Die Unterschiede liegen in den Anstiegs- und Abfallszeitkonstanten für die Anzeige. Für die meist verwendete Einstellung Fast betragen beide Zeitkonstanten 125 ms und für die Einstellung Slow 1 s. In der Einstellung Impuls beträgt die Anstiegszeitkonstante 35 ms und die Abfallzeitkonstante 1,5 s.
Kurze Impulse werden damit schnell erfasst und bleiben hinreichend lange in der Anzeige sichtbar. Unabhängig von den Zeitkonstanten gibt es meist noch eine Peak Hold-Funktion, die innerhalb eines Zeitfensters den Maximalpegel für die Messung speichert. Ursprünglich waren die Zeitkonstanten als gehörrichtige Bewertung von unterschiedlichen Signalformen gedacht, was heute jedoch nicht mehr genutzt wird.
Die Werte stellen lediglich noch eine allgemeine Konvention für die Erfassung des Momentanwertes auf einem Pegelmesser dar. Bei der Angabe eines Pegelwertes wird die Zeitgewichtung als zweiter Index in der Form LAF, LAS oder LAI angegeben. Grundsätzlich betrachtet stellt die zeitliche Bewertung des Pegels eine Tiefpassfilterung des gemessenen Pegelverlaufes mit einem einfachen RC-Tiefpass 1.Ordnung dar.
Die Eckfrequenz fc des Tiefpassfilters errechnet sich aus der Zeitkonstanten T mit:
Je kürzer die Zeitkonstante, desto schneller ist die Reaktion auf eine Pegeländerung. Die Zeitkonstante von 125 ms in der Einstellung Fast bewirkt nach dem abrupten Ende eines konstanten Signals einen Abfall der Anzeige mit ca. 34 dB/s.
In der Einstellung Slow fällt die Anzeige mit ca. 4,3 dB/s ab und bei Impuls mit ca. 3 dB/s. ABB. 05 zeigt dazu die Reaktion der Pegelanzeige auf einen 3 s langen einzelnen Burst. In ABB. 06 ist die Reaktion der Pegelanzeige auf sich alle 2,5 s wiederholende 250 ms kurze Impulse dargestellt. An diesem Beispiel wird deutlich, wie die Einstellung Impuls auch kurze Pegelspitzen auf der Anzeige sichtbar macht, die bei Slow nicht zu erkennen wären.
Kommen wir zur wichtigsten und meist genutzten Messgröße in der Schallpegelmessung, dem Mittlungspegel oder auch äquivalenten Dauerschallpegel. Da nur wenige zu messende Töne oder Geräusche kontinuierlich vorliegen, wird zur Bewertung ein zeitlicher Mittelwert herangezogen. Dazu wird eine Mittlungsdauer T definiert, die je nach Art der Messung zwischen wenigen Sekunden bis zu vielen Stunden betragen kann. Eine zeitliche Gewichtung erfolgt dabei nicht.
Alle Anteile im Zeitraum T gehen entsprechend ihrer Dauer, Häufigkeit und Intensität ein. Die Bezeichnung für den äquivalenten Dauerschallpegel ist Leq. Die Berechnung erfolgt als energetische Mittelung entsprechend folgender Gleichung:
Ein kontinuierliches Geräusch, das über 30 Minuten energetisch gemittelt einen Leq von 85 dB ergibt, würde bei gleicher Mittlungsdauer aber nur 15 Minuten Dauer des Geräusches einen Wert von 82 dB als Leq liefern. Eine Halbierung oder Verdopplung der Einwirkungsdauer senkt oder erhöht somit den Mittlungspegel jeweils um 3 dB. ABB. 07 zeigt dazu drei Pegelverläufe über der Zeit, die alle über den gesamten Zeitraum als Leq gemittelt den gleichen Mittlungspegel ergeben. Ein weiteres Beispiel zur Verwendung von Mittlungspegeln mit unterschiedlichen Zeitintervallen ist die Pegelmessung während einer Sportveranstaltung.
In ABB. 08 ist der über zwei Stunden gemessene Pegelverlauf dargestellt. Die rote Kurve zeigt hoch aufgelöst die Leq-Werte für jedes einzelne kurze Messintervall (dt) mit einer Länge von jeweils 5 s. Der Pegelmesser bestimmt hier den Kurzzeit Leq für 5 Sekunden und speichert diese Werte zusammen mit dem Zeitverlauf ab. Aus den 5 s-Werten lassen sich dann anschließend die Leq-Werte für beliebige längere Zeitintervalle bestimmen. So zeigt die blaue Kurve den gleitend ermittelten Mittlungspegel für die Dauer von 5 Minuten und die grüne Kurve für die Dauer von 30 Minuten. Über die gesamte Messdauer von zwei Stunden gemittelt beträgt der Mittlungspegel 88,4 dBA. Die lautesten 5 Minuten erreichen dem gegenüber einen Wert von 95 dBA.
Im zweiten Teil dieser Artikelreihe wird sich PROFESSIONAL SYSTEM mit den Pegelmessgeräten und diversem Zubehör befassen. Dazu gehören die Messmikrofone, Kalibratoren, Generatoren und spezielle Lautsprecher für Messungen der Nachhallzeit oder Sprachverständlichkeit.
Weitere Themen sind die Geräteklassen, deren Genauigkeiten sowie die weitergehende mess technische Analyse mit Hilfe der Real Time Analyser (RTA) Funktion. Im dritten Teil stehen dann konkrete Messungen häufig benötigter Größen auf dem Programm. Dazu gehören der Beurteilungspegel, der Sprachsignalpegel, der Störpegel, die Sprachverständlichkeit und die wichtige raumakustische Größe der Nachhallzeit.
[6. 5. 2021] Korrektur eines Schreibfehlers: Es musste korrekt heißen “Infraschall kann bei sehr hohen Pegeln wahrgenommen werden, wobei allerdings die Unterscheidung zwischen dem tatsächlichen Hören des Schalls und dem Fühlen von Vibrationen schwerfällt.”
[6. 5. 2021] Korrektur eines Schreibfehlers: Es musste korrekt heißen “Infraschall kann bei sehr hohen Pegeln wahrgenommen werden, wobei allerdings die Unterscheidung zwischen dem tatsächlichen Hören des Schalls und dem Fühlen von Vibrationen schwerfällt.”