Das vor gerade einmal fünf Jahren entwickelte Konzept der lichtbasierten Datenübertragung kommt langsam aus dem Forschungsstadium heraus. Entwickler am Dresdner Fraunhofer-Institut haben ein Li-Fi-Kommunikationsmodul entwickelt, das die drahtlose Vernetzung von Geräten abseits der herkömmlichen WLAN-Technik ermöglicht.
Das Internet of Things (IoT) ist inzwischen auch im professionellen Bereich längst zum Standard für die drahtlose Vernetzung von Geräten geworden. Nicht nur in der industriellen Fertigung wird diese Art der Installation für eine wachsende Zahl von Anwendern interessant. Dafür gibt es mehrere Gründe. In „intelligenten Fabriken“ von morgen sollen Prozesse vollkommen automatisiert und die Fertigung und Logistik zunehmend „informatisiert“ werden. Dafür müssen immer mehr Sensoren, Maschinen, Steuer- und Regeleinheiten miteinander kommunizieren, was wiederum dazu führt, dass hohe Datenmengen anfallen und übertragen werden müssen.
Nachteile von drahtgebundenen und WLAN-Systemen
Allerdings sind die immer noch weitverbreiteten Stecksysteme für drahtgebundene Feldbusoder Ethernetsysteme recht verschleißanfällig. Sie können nur mit einer begrenzten Häufigkeit umgesteckt werden, bevor sie nur noch lose sitzen. Derartige Systeme sind nicht zuletzt recht inflexibel und oft genug aufwendig und teuer in der Wartung. Das Verlegen von Kabeln ist je nach Anwendung zu schwierig. Kein Wunder, dass drahtlose, WLAN-gestützte Alternativen zur Datenübertragung immer häufiger fest verlegte Kabelverbindungen ersetzen.
Was die hohen Anforderungen z. B. der Automatisierungstechnik an Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit angeht, gelangt aber auch WLAN schnell an seine Grenzen. Wenn dann noch andere drahtlose Verfahren wie Bluetooth-Anwendungen dazukommen, nimmt das Funkchaos nur weiter zu. Sie können kritische Störungen verursachen, da sie teilweise in den gleichen Frequenzbereichen funken. Das führt zu Mehrfachbelegungen der Kanäle und Inter – ferenzen.
Lichtbasierte Übertragung als Alternative
Bei der optischen Datenübertragung des Dresdner Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme (IPMS) sollen diese Probleme nicht auftreten. Sie nutzt Visible Light Communication (VLC), bei der die Daten mit Hilfe von Lichtfrequenzen zwischen 400 und 800 Terahertz übertragen werden. Ähnlich einem Morsecode werden die Daten durch das Flackern von LED-Leuchten übertragen.
Die Voraussetzung ist eine ungestörte Sichtverbindung zwischen Lichtemitter und Sensor. Für das menschliche Auge sind diese Lichtsignale nicht zu bemerken, ein Betrachter nimmt lediglich eine ruhig leuchtende Lichtquelle wahr. Beim Fraunhofer IMPS wurde ein Konzept zur Einsatzreife gebracht, das für den zeitkritischen Einsatz in intelligenten Automatisierungssystemen genauso geeignet sein soll wie für die Verwendung durch Menschen. Durch die Nutzung des Lichtspektrums gibt es keinerlei Störungen von oder durch funkbasierte Systeme.
„Die möglichen Bandbreiten von bis zu 12,5 Gigabit pro Sekunde sind zehn Mal schneller als bei verfügbaren WLAN-Funklösungen“, erklärt Projektleiter Dr. Alexander Noack. „Trotzdem konnten wir auf Distanzen bis 50 mm sehr gute Echtzeiteigenschaften erreichen und Latenzzeiten von weniger als einer Millisekunde nachweisen.“ Dieses Einsatzfeld der Kurzdistanz solle als Ersatz von kurzen Kabeln und Steckverbindern dienen. Die niedrigen Verzögerungswerte müssen in der Mediensteuerung nicht unbedingt erreicht werden.
Das bedeutet, dass die möglichen Entfernungen einzelner Komponenten durchaus größer sein können. Für größere Distanzen hat das Institut den sogenannten „Li-Fi-Hotspot“ entwickelt. Dieser kann sich auf einer Fläche von ca. 5 × 5 m gleichzeitig mit mehreren Nutzern bei Datenraten bis 100 Megabit pro Sekunde austauschen. Grundsätzlich können aber auch größere Entfernungen bis zu 30 m noch bedient werden. Die treiberlosen Sende-/Empfangsmodule des IPMS vereinen einen optischen Transceiver und einen Protokoll-Controller mit einer Giga – bit-Ethernet-Schnittstelle und lassen sich so mit industrieüblichen Systemen kombinieren.
Einfache Erweiterung vorhandener Infrastrukturen
Li-Fi-Installationen erlauben daher die Erweiterung vorhandener Infrastrukturen, ohne dass weitere unabhängige und kostenträchtige Kommunikationskanäle eingerichtet werden müssen. Das ist vor allem dann von Vorteil, wenn bereits konventionelle Technologien von anderen Anwendungen genutzt werden oder der Einsatz von funkbasierten Systemen aufgrund starker elektromagnetischer Wechselwirkungen nicht möglich ist.
Die Schnittstellenkommunikation für das Li-Fi-Modul kann individuell an die Anforderungen eines bereits bestehenden Kommunikationsnetzes, z. B. Ethernet, Gigabit Ethernet, RS422, RS232 CAN oder Profinet, angepasst werden. Die Module sind so konzipiert, dass sie ohne Installation zusätzlicher Software auf Plug-and-Play-Weise arbeiten können. Neben der hohen Nettodatenrate und der Echtzeitfähigkeit spielen in diesem Anwendungsszenario Sicherheitsaspekte eine große Rolle.
Zwar stellt die erforderliche Sichtverbindung zwischen Emitter und Empfängersensor einen der Hauptschwachpunkte der optischen drahtlosen Datenübertragung dar. Diese Einschränkung ist jedoch nicht nur nachteilig, denn der Zugriff auf den Datenstrom ist nur durch die direkte Einführung eines Empfängers in den Übertragungskanal möglich. Damit ist das unbemerkte Abhören von Kommunikationen praktisch unmöglich und ebenso sicher wie der direkte Zugriff über einen Stecker oder Kabelanschluss.
Vor Lauschern und Hackern sicher
Li-Fi-Kommunikation will die Flexibilität der drahtlosen Kommunikationstechnologie mit der Sicherheit herkömmlicher kabelgebundener Lösungen verbinden. Es sind keine offenen Kontakte vorhanden. Das System bleibt auf jeder Seite der Kommunikation vollständig geschlossen. Aufgrund der potenziell hohen Netto-Datenraten müssen Verbindungen oft nur kurzzeitig aufrechterhalten werden, beispielsweise beim Herunterladen der neuen Firmware oder beim Hochladen von Sensordaten.
Das Fraunhofer IPMS entwickelt und fertigt Transceiver für Li-Fi-Docking-Applikationen mit Abmessungen bis hinab zu 2 mm Kantenlänge. In dieser Entfernung ist überdies eine drahtlose Energieversorgung möglich. Der Datenaustausch zwischen Hotspot und Anwender ist auf einen definierten Bereich beschränkt und beeinträchtigt somit nicht die anderen Hotspots in der Nähe, so dass die volle Bandbreite jeder Li-Fi-Verbindung genutzt werden kann. Die am Fraunhofer IPMS entwickelte Technologie bietet neben Li-Fi-Broadcast-Modulen, die Daten in eine Richtung senden, die Möglichkeit einer echtzeitfähigen und bidirektionalen „Full Duplex“- Kommunikation.
Einsatz in Konferenzsituationen
Damit, so Noack, sei die Li-Fi-Technik sehr gut für Anwendungsszenarien wie etwa eine Konferenzumgebung geeignet. Veranstaltungsteilnehmer könnten ihre z. B. im Rahmen des BYOD-Konzepts mitgebrachten Geräte via Li-Fi mit dem Firmennetzwerk verbinden. Auf diese Weise ließen sich beispielsweise Smartphones, Tablets und Laptops schnell an im Raum befindliche Projektoren oder Displays anbinden.
Neben der schon erwähnten hohen Sicherheit gegenüber unerwünschten Mitlauschern stellt Li-Fi mit einer zuverlässig hohen Bandbreite einen weiteren Anwendungsvorteil in Aussicht: Anders als im WLAN, das bei einer steigenden Zahl von Nutzern dem einzelnen Anwender immer kleinere Datenübertragungsraten zur Verfügung stellt, entfällt diese Einschränkung bei lichtbasierter Übertragung.
Das eröffne laut Noack auch andere Einsatzfelder wie Großraumbüros, in denen eine Reihe lichtemittierender Hotspots installiert werden könnte. Mitarbeiter könnten über bidirektionale Verbindungen an die Firmen-IT andocken. Theoretisch sei – die Installation entsprechender Hotspots im Gebäude vorausgesetzt – der Datenzugriff an jedem Ort im Gebäude möglich.
Der Markt muss noch warten
Ob sich Li-Fi als ernsthafter Konkurrent zu bestehenden WLAN-Lösungen etablieren könne, hänge auch von den Kosten ab, so Noacks Einschätzung. Derzeit werde im Markt vor allem über günstige Preise konkurriert – da könne ein neues, noch nicht verbreitetes Produkt naturgemäß zunächst nicht mithalten. Dennoch sei das Fraunhofer IMPS bereits mit einer Reihe von Interessenten im Gespräch, um verschiedene Anwendungslösungen zu realisieren.
Diese Entwicklungen seien jedoch noch sehr am Anfang und die beteiligten Unternehmen würden zum jetzigen Zeitpunkt noch den Gang an die Öffentlichkeit scheuen. Wer sich unter kommerziellen Mediensteuerungsexperten umhört, trifft beim Thema Li-Fi noch auf einige Zurückhaltung. Inwieweit Visible Light Communication etwa bei drahtlosen Präsentationslösungen zum Tragen kommen könnte, dazu halten sich die entsprechenden Hersteller noch bedeckt. Dennoch verspricht das Li-Fi-Konzept einiges an Verbesserungen, was Sicherheit wie Bandbreite für die Signalübertragung angeht.